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Veröffentlicht am 26.10.2017

Ein Corgi fürs Herz

Und dann kam Mr. Willow
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Ist der kleine Hund auf dem Cover nicht absolut herzig? Er hat mein Herz im Sturm erobert. Die Geschichte selbst leider nicht so wirklich.
Der Ausgangspunkt des Romanes ist nicht wirklich neu. Mirka wird ...

Ist der kleine Hund auf dem Cover nicht absolut herzig? Er hat mein Herz im Sturm erobert. Die Geschichte selbst leider nicht so wirklich.
Der Ausgangspunkt des Romanes ist nicht wirklich neu. Mirka wird von ihrem langjährigen Freund zu einem romantischen Wochenende nach London eingeladen. Sie erhofft sich den langersehnten Heiratsantrag und bekommt den Laufpass. Die Tochter des Chefs ist bereits mit ihm verlobt und auch noch schwanger. Mirka fällt aus allen Wolken und ist zutiefst verstört. Sie flüchtet in den angrenzenden Park, wo sich ihr ein kleiner Corgi anschließt und nicht mehr von ihrer Seite weicht. Mirka entschließt sich nicht ohne Hund, den sie Mr. Willow nennt, nach Haus zu fahren. In Deutschland angekommen steht sie kurz davor alles hinzuschmeißen. Ihr Lehrerjob fühlt sich schon längere Zeit nicht mehr richtig an und eine neue Wohnung wäre doch auch nicht schlecht....

Eine Story, die bereits sehr oft zum Thema gemacht wurde. Hier kommt es letztendlich auf die Ausführung der Geschichte und der Schreibweise der Autorin an. In diesem Genre erwartet ich mir keine hochtrabende Literatur. Trotzdem sollte sie glaubwürdig und humorvoll sein, zu fesseln wissen und ein paar unvorhersehbare Wendungen beinhalten. Ich lasse dabei auch gerne meine Seele baumeln und möchte meine Sorgen ausblenden. Das traf bei diesem Roman leider nur teilweise zu.
Der lockere Schreibstil lässt sich sehr zügig lesen, doch den Charakteren fehlt es an Tiefe. Diese sind teilweise oberflächlich beschrieben und nicht authentisch.
Mirka ist eine sehr naive und gutgläubige Person, deren Emotionen ich nicht immer nachvollziehen konnte. Reuben, ihr Freund, ist ein Ekelpaket sondergleichen. Er ist eindeutig überzeichnet. Auch David konnte micht nicht überzeugen. Die Wandlung des anfangs unfreundlichen und unsympathischen Sonnenbrillenträgers zum liebevollen Typen, fand ich nicht glaubwürdig. Diese kam sehr plötzlich und war mir zu widersprüchlich.
Die Liebesgeschichte konnte mich ebenfalls nicht wirklich überzeugen, denn hier fehlte es eindeutig an Emotionen. Ich fühlte absolut kein romantisches Knistern oder überhaupt irgendwelche Gefühle, außer die anfangs große Abneigung gegeneinander. Auch die Zufälle wurden von der Autorin überstrapaziert! Sicherlich gibt es auch im wahren Leben oft Dinge, die man einfach nicht glauben kann, aber diese wiederholten zufälligen Treffen waren einfach zu viel. Eine gewisse Vorhersehbarkeit erwartet man sich als Leser hier ebenso, aber diese sollte doch im Rahmen bleiben. Die Story ist viel zu stark konstruiert und bleibt leider nicht wirklich lange im Gedächtnis.

Obwohl ich jetzt sehr viel Negatives geschrieben habe, ist der Roman auch sehr kurzweilig und lässt sich zügig lesen. Mr. Willow ist ein süßer kleiner Kerl, dem allerdings ebenfalls ein paar nicht sehr realistische Charakterzüge angedichtet wurden. Welcher Hund bleibt wohl über Stunden (Zugfahrt von England nach Deutschland) ohne zu bellen oder winseln in einer Tasche und rührt sich kaum? Trotzdem konnte der süße und lebhafte Corgi mein Herz rühren und hat der Geschichte etwas Spezielles gegeben.
Unterhaltsam ist der Roman allemal und man verbringt ein paar nette Stunden mit Mira, Mr. Willow, Ruben und David.
Bei Liebesromanen greife ich wohl doch in Zukunft lieber wieder zu realistischen und oft auch ernsteren Themen. Trotzdem mag ich auch zwischendurch lockere Romane aus diesem Genre, die jedoch realistisch bleiben sollten.

Schreibstil:
Anna Saalbach hat einen sehr lockeren und flüssigen Schreibstil, der sich zügig weglesen lässt. Der Humor ist gelungen und die Kapitel haben eine angenehme Länge.

Fazit:
"Und dann kam Mr. Willow" ist leider eine eher lauwarme Geschichte mit zu vielen Zufällen, blassen Charakteren und einer großen Vorherhsehbarkeit. Sie lässt sich aber sehr zügig lesen, ist humorvoll und besonders der kleine Corgi erobert das Herz im Sturm. Für mich leider zu kontruiert und farblos. Eine Geschichte, die nicht lange im Gedächtnis bleiben wird. Kann man lesen, muss man aber nicht.

Veröffentlicht am 26.10.2017

Die Bewältigung eines Traumas

Die gute Tochter
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Wird ein neuer Thriller von Karin Slaughter veröffentlicht, steht dieser ohne groß nachzudenken auf meiner MUST-HAVE-to-read Liste. Sie ist eine der Autoren, wo ich blind zum Buch greife, ohne vorher überhaupt ...

Wird ein neuer Thriller von Karin Slaughter veröffentlicht, steht dieser ohne groß nachzudenken auf meiner MUST-HAVE-to-read Liste. Sie ist eine der Autoren, wo ich blind zum Buch greife, ohne vorher überhaupt den Klappentext gelesen zu haben. Auch bei "Die gute Tochter" war das so. Dieses Buch ist ein stand-alone und gehört weder zur Will Trent, noch zur Georgie Reihe.

Die Story beginnt extrem spannend mit dem Überfall auf die Familie des Strafverteidigers Rusty Quinn. Er ist Anwalt von Mördern und Drogendealern. Die Familie wird deswegen von den Einheimischen verachtet. Diese lebt seit dem Brand ihres Eigenheimes, das mutwillig mit einem Molotow-Cocktail in Brand gesetzt wurde, in einem heruntergekommenen Farmhaus. Der neuerliche Überfall, der eigentlich Rusty gegolten hätte, kostet seiner Frau Gemma das Leben. Die beiden Töchter, die fünfzehnjährige Samantha und die dreizehnjährige Charlie sind daraufhin den grausamen Brutalitäten zweier Männer ausgeliefert, die sie ihr Leben lang verfolgen und nie mehr loslassen.
Achtundzwanzig Jahre später ist Charlie Quinn in die Fußstapfen ihres Vaters getreten und arbeitet ebenfalls als Anwältin in der Kleinstadt Pikeville. Aber hier enden die Gemeinsamkeiten zwischen Charlie und ihrem Vater. Sie entschied sich, die andere Seite zu vertreten und den Menschen zu helfen, die sich in Schwierigkeiten befinden. Doch dann holt Charlie die Vergangenheit ein, als sie ungewollt Zeugin eines Amoklaufes an einer Schule wird. Dabei werden eine achtjährige Schülerin und der Direktor der Schule getötet. Die Schützin ist Kelly Wilson, ein junges Mädchen, das seit Jahren gemobbt wird..... Aber ist sie wirklich die Täterin?

Die Story wechselt, was für Slaughter eher ungewöhnlich ist, zwischen den Perspektiven der beiden Schwestern. Auch die Rückblicke in die Vergangenheit werden abwechselnd aus der Sicht von Charlie und Samantha erzählt. Während Charlie eher impulsiv ist und oft ohne nachzudenken handelt, ist Samantha ruhiger. Sie hat Pikeville nach dem Überfall verlassen und musste ihr Leben gänzlich ändern. Sie leidet noch immer körperlich an den Übergriffen, scheint aber fester im Leben zu stehen. Sie ist ebenfalls Anwältin, aber für Patenrecht. Die Charaktere sind sehr gut dargestellt und wirken lebendig. Slaughter schreibt ebenfalls sehr detailliert, was die gewünschte Brutalität und die genaue Beschreibung der Gewaltverbrechen genauestens darstellt.
Steht anfangs der Thriller im Vordergrund wird die Geschichte immer mehr zu einem Familiendrama. In der Mitte gab es einige Längen, die ich von der Autorin nicht wirklich gewohnt bin. Sicherlich haben auch die Wiederholungen der Geschehnisse, sowohl beim Überfall auf der Ranch, als auch in der Schule dazu beigetragen. Sicherlich kommen dabei auch ein paar neue Fakten dazu, aber im Großen und Ganzen hat es die Geschichte eher in die Länge gezogen. Und ich habe die Fakten auch schon beim ersten Mal verstanden....

Slaughter bringt das Thema der korrupten US Polizei wieder auf das Parkett. In ihren Thrillern gibt es immer wieder Polizisten, die Frauen als nicht ebenbürtig ansehen. Themen wie Rassismus, fehlende Frauenrechte und Ausgrenzung werden immer wieder aufgegriffen und dürften ihr ein Anliegen sein. Typisch amerikanisch fand ich den Hass der Stadtbewohner auf einen Anwalt, der die böse Seite vertritt. So etwas kann ich mir hier in Europa kaum vorstellen. Auch dass die ganze Familie darunter leiden muss und tätlich angegegriffen wird. Gott sei Dank sind wir hier noch nicht so weit!


Fazit:
Anfangs sehr spannend wird der Thriller mehr und mehr zu einem Familiendrama. Die aktuelle Tragödie steht einige Zeit sehr im Hintergrund und die Bewältigung des Traumas im Mittelpunkt. Bis es zum finalen Showdown kommt, gibt es noch ein paar Längen, aber im Großen und Ganzen hat mir auch "Die gute Tochter" wieder gut gefallen.

Veröffentlicht am 22.10.2017

Außen ein Augenschmaus - innen ein Genuss!

Der Meisterkoch
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Dieser Roman lässt sich etwas schwer in ein Genre einordenen. Er ist nicht wirklich ein historischer Roman, auch wenn er im Jahre 1600 spielt. Es ist mehr oder weniger eine (Märchen-)Erzählung mit einer ...

Dieser Roman lässt sich etwas schwer in ein Genre einordenen. Er ist nicht wirklich ein historischer Roman, auch wenn er im Jahre 1600 spielt. Es ist mehr oder weniger eine (Märchen-)Erzählung mit einer kleinen Prise Magie und auch einer Spur Fantasy. Trotzallem spielt die Geschichte im Topkapi Palast Anfang des 17. Jahrhunderts.

Wie ein Märchen aus 1001 Nacht beschreibt der türkische Schriftsteller Saygin Esin die Geschichte des Küchenmeisters. Den Namen unseres Hauptprotagonisten erfahren wir erst ganz am Schluss, aber in Rückblenden erzählt uns der Autor vom Schicksal des Meisterkoches. Diesem gelang als kleiner Junge als Einziger die Flucht, als eines Tages der machthungrige Sultan anordnete, alle männlichen Verwandten zu ermorden. Der alte Küchenchef erkennt das große Talent des kleinen Jungen, der ein "Geschmacksbeherrscher" ist. Von nun an geht der angehende Küchenmeister in die Lehre angesehener Köche. Danach wird er zum Studium der Astrologie und der Heilkunst geschickt und erlernt das Geheimnis von Aromen und Gewürzen.
Mit seinem perfekten Geschmacksinn, dem exellenten Studium und ein bisschen Magie vermag er die Menschen zu verzaubern und mit seinem selbst zubereitetes Essen den Willen dieser zu lenken.
Das Ziel des Küchenmeisters ist es zurück ins Serail zu schaffen. Dabei hat er allerdings nicht die Macht außerhalb eines Kochtopfes im Auge, sondern er möchte seine große Liebe Kamer aus dem Tempel der Genüsse befreien. Wie er das schaffen will, bleibt bis zum Ende ein Geheimnis....

Beginnend mit der Gegenwart und einem besonderen Festessen im Hause eines Kaufmannes, erleben wir die Fertigkeiten des Küchenmeisters. Er verzaubert mit seinen Gerichten wichtige Staatsmänner und überzeugt sogar den gefürchteten Waffenmeister mit seinen Kreationen. Als er in den Palast des Sultans, als einer von vielen Küchenmeistern gelangt, ist er seinem Ziel näher gekommen.
Die Schilderungen der vielen Küchen und Angestellten im Serail und für wie viele Menschen hier gekocht wird, hat mich nur Staunen lassen. Während die Töpfe klappern und man die verschiedenen Gewürze riechen kann, wird immer wieder in die Vergangenheit zurückgeblendet. Dem Leser wird die beschwerliche Kindheit und die Reise des Küchenmeisters, die ihm schlussendlich zum Palast zurückführen wird, märchenhaft erzählt. Ich wähnte mich in einer der vielen Geschichten von 1001 Nacht. Man sollte diesen Roman auch nicht hungrig lesen, denn obwohl die meisten Speisen fremdländisch und mir unbekannt waren, läuft einem sprichwörtlich das Wasser im Mund zusammen.

Schreibstil:
Der Schreibstil des Autors ist blumig und voller Poesie. Obwohl der Roman im 17. Jahrhundert spielt ist die Sprache nicht historisch, wie in vielen Romanen dieses Genres, sondern wirkt eher modern. Dies störte mich hier allerdings gar nicht, wobei ich dies normaler Weise bei historischen Romanen gerne beanstande. Vermisst habe ich allerdings ein Glossar für die vielen Begriffe und fremdländischen Namen.

Cover:
Leider habe ich weder den Originaltitel des Romans, noch das Orginalcover im Internet gefunden. Auch im Buch selbst und beim Verlag ist nichts vermerkt, was ich sehr schade finde. Gerne hätte ich euch das Originalcover gezeigt!
So möchte ich einige Worte zum Cover des Romans aus dem Atlantik Verlag sagen, das ich einfach traumhaft schön finde. Die Farben rot-gold und die schönen Ornamente samt Abbildungen von Obst, Gemüse, Löffel und einer Teekanne, sowie eine tanzende Frau im linken unteren Teil, stimmen auf den orientalischen Inhalt ein und vermitteln ein besonderes Flair. Ein wunderschönes Cover - außen ein Augenschmaus, innen ein Genuß!

Fazit:
Ein außergewöhnlicher Roman voller Magie, der uns ins Reich der Sinne führt. Ein philosphisches Märchen, bei dem wir den Küchenmeister auf seiner abenteuerlichen Reise zu sich selbst begleiten, während man den Geschmack der Speisen auf der Zunge spürt und die Gerüche der Aromen riecht. Wie ein Märchen aus 1001 Nacht.

Veröffentlicht am 21.10.2017

Dunkle Mächte

Die Prater-Morde
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Band 7 der Krimireihe rund um die Journalistin Sarah Pauli, entführt uns wieder an ein Plätzchen im wunderschönen Wien. Diesmal sind wir im Vergnügungsviertel, dem Wiener Prater, gelandet. Dort versucht ...

Band 7 der Krimireihe rund um die Journalistin Sarah Pauli, entführt uns wieder an ein Plätzchen im wunderschönen Wien. Diesmal sind wir im Vergnügungsviertel, dem Wiener Prater, gelandet. Dort versucht die ambitionierte Kunstfotografin Lucie Viktor für ihren Bildband die andere Seite dieser Vergnügungsstätte festzuhalten. In aussagekräftigen Bildern rund um Obdachlose, möchte sie endlich mit ihrer Fotografie Geld verdienen. Da gelingt ihr ein Schnapschuss, der dies endlich bewirken könnte....

Auch der Steuerberater Linus Freibach hat sich dem Thema der Obdachlosigkeit angenommen. Sein Ziel ist die Politik. Mit dem Geld seiner Frau, einer angesehenen Galeristin, hat er bereits seine eigene Partei gegründet und möchte sich den nächsten Wahlen stellen. Gemeinsam mit zwei Freunden, die Macht und Geld besitzen und keine Skrupel kennen, verfolgen sie einen ausgeklügelten Plan. Da kommt ihnen unverhofft Lucie in die Quere....

Sarah Pauli, unsere altbekannte Journalistin, die sich am liebsten den mystischen und rätselhaften Dingen widmet, ist beim Wiener Boten endlich im Chronik-Ressort angekommen. Bei Recherchen zum bevorstehenden Prater-Jubiläum fällt ihr auf, dass kurze Zeit hintereinander drei Obdachlose verstorben sind. An und für sich nicht unbedingt etwas Außergewöhnliches, aber da Sarah sowieso gerade vor Ort ist, hört sie sich um. Dabei lernt sie Lucie kennen und hört von der jungen Fotografin ein paar Details, die ihren Verdacht bestätigen, dass die Obdachlosen keines natürlichen Todes gestorben sind. Kurz darauf wird Lucie zusammengschlagen...

Nachdem mich "Mord in Schönbrunn" wirklich begeistert hat, ist das bei "Die Prater Morde" diesmal leider nicht ganz der Fall. Mir fehlte es an Spannung und das für Sarah Pauli so typische Faible für Okkultismus. Gerade diese Bräuche und Sarahs Vorliebe für alles Okkulte, sowie das typische Wiener Flair, machen das gewisse Etwas dieser Reihe aus. Davon gab es diesmal eindeutig zu wenig. Die Skrupellosigkeit einzelner mächtiger Männer steht in diesem Teil im Vordergrund, wobei die Bösewichte von Anfang an bekannt sind, was etwas an Spannung nimmt. Macht, Politik und Drogenhandel dominieren die Handlung.
Der Blick hinter die Kulissen der Medien und auch der Polizei wird wieder sehr lebendig dargestellt. Die Kollegen von Sarah beim Wiener Boten treten in diesem Band etwas mehr in den Hintergrund. Im privaten Bereich bleibt alles beim Alten, wobei sich Sarah und David Gedanken machen, zusammenzuziehen.

Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin ist wie gewohnt flüssig, humorvoll und sehr bildhaft. Man freut sich alte Bekannte zu treffen und auf Plätzen zu wandeln, die man kennt und bereits besucht hat.
Die Kapitel sind eher kurz gehalten, die Charaktere authentisch und aus dem Leben gegriffen.

Fazit :
Der siebente Band der Reihe ist etwas anders als seine Vorgänger. Ich vermisste die okkulte Seite von Sarah, verspürte diesmal ein bisschen zu wenig Lokalkolorit und auch der Spannnungsbogen war nicht immer sehr hoch. Trotzdem mag ich diese Reihe und vorallem die unglaubliche Sarah Pauli, Journalsitin mit Spürsinn. Ich vergebe dreieinhalb Sterne und freue mich auf den nächsten Band!

Veröffentlicht am 21.10.2017

Musik ist Macht

Der Klang der Erinnerung
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Fantasy ist ja nicht gerade MEIN Genre, aber wenn es um Musik geht, greife ich auch gerne genrefremden Büchern. Man sollte ja auch hin und wieder seinen Horizont erweitern ;) Bei dieser Geschichte macht ...

Fantasy ist ja nicht gerade MEIN Genre, aber wenn es um Musik geht, greife ich auch gerne genrefremden Büchern. Man sollte ja auch hin und wieder seinen Horizont erweitern ;) Bei dieser Geschichte macht man das sicherlich, denn alleine der Schreibstil der Autorin ist eine kleine Herausforderung! Deswegen empfehle ich jeden, der sich für "Der Klang der Stille" interessiert zuerst in die Leseprobe reinzulesen.

Der Klappentext hat mich fasziniert, denn es geht um Musik und um Erinnerungen. Letztere wurden den Einwohnern der Stadt seit dem großen Bruch genommen. Simon lebt auf dem Land und kommt nach den Tod seiner Eltern nach London - einem London, das wir so nicht kennen. Er soll nach einer Melodie, die ihm seine Mutter zugeflüstert hat, suchen. Auch ein Name wird genannt und die Rabengilde. Simons Mutter war eine der wenigen Menschen, die sich auch nach dem großen Bruch erinnern kann. Sie hat die Gabe die Erinnungen anderen Menschen festzuhalten und zu verwahren. Kaum jemand aus der Rabengilde ist noch übrig, denn beim großen Bruch wurder der Klang zur Waffe. Viele Menschen starben, einige wurden blind und taub und übrig blieben nur mehr die, deren Herzen und Gehör rein waren, und die auf eine neue Harmonie warteten. Die Einwohner der Stadt haben seitdem nur mehr die Erinnerung eines Tages.
Auch Bücher oder Schriften, sogenannte Chiffren, gehören der Vergangenheit an Deshalb helfen sich die Menschen mit Melodien, um gegenseitig zu kommunizieren oder wieder nach Hause zu finden. Jeder geht anders mit dem Gedächtnisverlust um. Einige verlassen sich auf ihr Körpergedächtnis, viele verwenden Gegenstände, aber alle verlassen sich auf die Musik und jeder von ihnen spielt ein Instrument. Musik ist Macht.

"Ein Wanderarbeiter singt das Hin-und-Zurück seiner Tagesreise, die Kadenz seines Liedes endet an unserem Dorfplatz. […] Kaum jemand wagt sich weiter als eine Tagesreise von zu Hause und den dort verwahrten Erinnerungen fort. Schließlich könnte man die Melodie für den Rückweg vergessen."
- Seite 12

Simon ist unser Hauptprotagonist, der kaum in London angekommen, sich dem Pakt der Five Rover anschließt. Lucien ist ihr Anführer, der sich schnell mit Simon anfreundet, denn er erkennt, dass dieser Junge vom Land anders ist. Simon ist ebenso wie seine Mutter ein Hüter der Erinnerungen, was er selbst jedoch noch nicht erkennt. Gemeinsam gehen die Beiden in den Widerstand und haben das Ziel das Carillon, das sich in unter der Erde der inneren Stadt befindet, zu zerstören und den Menschen wieder die Erinnerung zu geben.

Die Grundidee ist wirklich originell! Eine Welt ohne Sprache und voll mit Musik und Klängen. Eine Klangkakaphonie statt einer Überpräsenz der Medien, die uns in der heutigen Welt begleitet. Auch der Verlust der Erinnerung durch einen besonderen Klang, ist eine gänzlich neue Idee. Bekannt war für mich die übliche Elite, die wir in jeder Dystopie finden, die sich von den gewöhnlichen Menschen abhebt und in Wohlstand lebt. Diese finden wir auch hier...
Doch der eigene Schreibstil macht es dem Leser schwer in die Geschichte zu finden. Auch die Charaktere wirkten für mich sehr blass. Ich konnte sie nicht richtig fassen und spürte keinerlei Emotionen bei ihren Weg ins Innere der Stadt, der eigentlich eine Art Widerstandsbewegung sein soll.
Erst ab der Hälfte wurde für mich die Geschichte immer verständlicher. Man gewöhnt sich mehr und mehr an den Schreibstil. Irgendwie hatte ich das Gefühl, umso mehr Erinnerungen Simon findet, umso klarer lässt sich der Roman lesen. Trotzdem kam keine richtige Spannung auf, die mich absolut an das Buch fesseln konnte.

Schreibstil:
Anna Smaill erzählt sehr bildhaft und poetisch. Der Schreibstil ist, neben der guten Grundidee, das Außergewöhnliche an dieser Geschichte, Die Autorin benutzt für ihren Roman die Sprache der Musik. So finden wir viele Fachwörter der Musiktheorie wie lento (langsam), tacet (schweigen, Pause), subito (schnell). Diese werden in die Sätze miteingebracht, was etwas gewöhnungsbedürftig ist. Genauso wie die Schreibweise von Mettall, Leerlinge und Pollizzei. Warum hier Doppelkonsanten verwendet wurden, hat sich mir leider bis zum Ende der Geschichte nicht erschlossen. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Simon.

Fazit :
Ein großartiger Plot, der durch den ziemlich schwierigen Schreibstil und fehlender Spannung leider ziemlich verliert. Deswegen konnte mich die Umsetzung nicht gänzlich überzeugen. Trotzdem fand ich meinen Ausflug in ein für mich eher selten gelesenes Genre interessant.
Wer sich für den Roman interessiert, sollte auf jeden Fall zuerst die Leseprobe lesen.