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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.10.2016

Britt-Marie konnte mich nicht überzeugen

Britt-Marie war hier
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Wer von Fredrik Backman "Oma lässt grüßen und sagt es tut ihr leid" gelesen hat, kennt Britt-Marie, die Hauptprotagonistin aus diesem Roman, bereits als nörgelnde und pedante Frau. Sie ist nicht gerade ...

Wer von Fredrik Backman "Oma lässt grüßen und sagt es tut ihr leid" gelesen hat, kennt Britt-Marie, die Hauptprotagonistin aus diesem Roman, bereits als nörgelnde und pedante Frau. Sie ist nicht gerade ein Sympathiecharakter und das ändert sich auch nicht in ihrer eigenen Geschichte, die der Autor hier geschrieben hat. Denn Britt-Marie treibt ihre Mitmenschen an den Rand des Wahnsinns...

Britt-Marie ist anders. Neben ihrem zwanghaften Putzfimmel ist sie außerdem unhöflich und pingelig. Als ihr Ehemann sie betrügt, verlässt sie ihn und ist das erste Mal völlig auf sich alleine gestellt. Sie ist jedoch so weltfremd, dass es beim Lesen richtig weh tut ;) Mit ihrer Art nervt sie nicht nur den Leser, sondern auch die Dame am Arbeitsamt, die sie aufsucht, um einen Job zu finden. Keine leichte Angelegenheit für eine Frau jenseits der Sechzig und ohne jegliche Joberfahrung. Die einzige Chance ist der Job als Hausmeister im Jugendzentrum von Borg.

Natürlich ist die Handlung und auch die Erzählweise, wie vom Autor gewohnt, gewollt überzogen.Es kommt auch der Humor nicht zu kurz, doch die "Sonnenscheingeschichte" mit dem das Buch beworben wird, trifft hier nicht zu, denn die Grundidee ist bedrückend. Der Ort Borg in Schweden steht für viele kleine Orte in ganz Europa. Die Auslagerung der Geschäfte außerhalb des Ortszentrums und die fehlenden Perspektiven für die Menschen sind hier ein zentrales Thema. Fredrik Backman kann auch sozialkritisch! Auch Britt-Marie wird damit konfrontiert, denn eigentlich wird auch sie nicht mehr gebraucht. Und in Borg selbst ist das Einzige, das den Einwohnern geblieben ist, die Liebe zum Fußball. Nur leider ist die Mannschaft furchtbar schlecht und ihnen fehlt noch dazu ein Trainer. Da kommt Britt-Marie gerade richtig, die jedoch völlig ungeeignet für den Job ist. Sie hasst Fußball, die lauten und quengelnden Kinder und ihre unsaubere Umgebung. Doch mit der Zeit arrangieren sich die Einwohner von Borg und Britt-Marie....

Durch ihre agressive Art und ihrem Putzzwang fällt es einem schwer Sympathie für Britt-Marie aufzubringen. Doch dem Autor gelingt es im Laufe des Romans, dass der Leser diese spröde Frau doch noch irgendwie zu lieben beginnt. Man kann auch sehr viel zwischen den Zeilen lesen und die Geschichte hat sicherlich Potenzial, doch mich konnte sie nicht wirklich begeistern. Nur streckenweise fand ich in einem guten Lesefluss und in die Handlung hinein und lebte mit Britt-Marie mit. Doch der Rest ließ mich eher kalt und das Ende hat mich leider eher negativ überrascht.
Für mich konnte keines seiner Folgebücher mit "Ein Mann namens Ove" mithalten und ich fürchte, dass wird mein letzter Roman des Autors gewesen sein.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist sehr einfach gehalten, die Sätze sind kurz und wirken eher schlicht. Es gibt viele Wiederholungen und unzähliche Nebencharaktere, denen es teilweise an Tiefe fehlt und man deswegen auch etwas den Überblick verliert. Der gewohnte Humor des Autors blitzt nur hin und wieder durch. Die Gesellschaftskritik und die Ernsthaftigkeit zwischen den Zeilen wurde jedoch von Fredrik Backman trefflich umgesetzt.


Fazit :
Insgesamt bekommt der Roman von mir gerade noch 3 Sterne, denn die Geschichte konnte mich nicht durchgehend fesseln und auch das Ende war nicht ganz meins. Die Sozialkritik, die durchschimmert, fand ich allerdings gelungen.Trotzdem denke ich, dass es mein letztes Buch des Autoren gewesen ist....

Veröffentlicht am 28.09.2016

Roros und seine Geheimnisse

Das Geheimnis der Mittsommernacht
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Den Roman der Autorin Christine Kabus durfte ich in meiner ersten Leserunde bei der Lesejury von Bastei Lübbe lesen. Dieser besteht aus zwei verschiedenen Handlungssträngen, die Ende des 19. Jahrhunderts ...

Den Roman der Autorin Christine Kabus durfte ich in meiner ersten Leserunde bei der Lesejury von Bastei Lübbe lesen. Dieser besteht aus zwei verschiedenen Handlungssträngen, die Ende des 19. Jahrhunderts spielen und deren Hauptprotagonisten Sofie Svarstein und Clara Ordal sind.

Im ersten Erzählstrang lernen wir Sofie kennen, Tochter des in Røros hochangesehenen Kupferminenbesitzers Ivar Svartstein. Dieser ist ein hartherziger Mann, dessen Frau gerade beim Versuch, ihm endlich den ersehnten männlichen Erben zu schenken, verstarb. Während Ivar einfach zu den Tagesgeschäften übergeht und seine egoistische Tochter Silje kaum eine Träne verdrückt, ist Sofie, die Jüngste der Familie zu Tode betrübt.

Im zweiten Erzählstrang lernen wir Clara Ordal kennen. Gemeinsam mit ihrem Mann Olaf und dem kleinen Sohn Paul sind sie im Begriff von Bonn nach Deutsch-Samoa auszuwandern. Ein verlockendes Jobangebot hat den Juristen seine Zelte in Deutschland abbrechen lassen, doch kurz vort der Abreise erhält er einen Brief von seiner Mutter aus Norwegen, seiner ursprünglichen Heimat. Olaf, der den Kontakt zu seinen Eltern abgebrochen hat, wird gebeten an das Sterbebett seiner Mutter zu eilen. Clara besteht auf eine Reise in Olafs Heimat, bevor sie in die Südsee aufbrechen. Doch kaum angekommen, erkennen die Beiden, dass alles ganz anders ist, als sie dachten und kurz darauf kommt es in Røros zu einem folgenschweren Unglück....

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Sofie und Clara erzählt, wobei mir im Laufe des Romans Clara mehr ans Herz wuchs. Bis sich die beiden Frauen schlussendlich treffen, dauert es aber geraume Zeit. Und auch das im Klappentext angekündigte gemeinsame Geheimnis ist mehr "Aufhänger", als es die Geschichte der beiden Frauen beeinflusst.
Beide Frauen müssen sich jedoch in der Männergesellschaft behaupten. Sofie, die von ihrem Vater kaum wahrgenommen wird, interessiert sich sehr für die Rolle der Frau und das gesellschaftliche System in Norwegen. Sie beginnt ehrenamtlich in der kleinen Bibliothek zu arbeiten, jedoch bleibt sie trotzdem die etwas naive reiche Tochter ihres Vaters. Clara hingegen steht nach einer persönlichen Tragödie plötzlich als alleinstehende Mutter mit Kind und noch dazu als verhasste Katholikin in Røros da. Für sie ist es lebensnotwendig Arbeit zu finden, um für Paul zu sorgen und ihnen ein Dach über dem Kopf zu gewährleisten.

Rund um diese beiden Frauen hat Christine Kabus eine Geschichte geschrieben, die teilweise leider sehr vorhersehbar ist. Es ist nicht nur einmal passiert, dass ich mir nach einem bestimmten Satz der Autorin, bereits ausmalen konnte, was passieren wird - und genauso traf es auch ein! Somit hatte ich leider wenige Überraschungsmomente! Dazu gab es kleine unlogische Passagen. Auch verlor sich Christine Kabus immer wieder in Nebenschauplätze und einige begonnenen Handlungsstränge, wie die anfangs oftmals erwähnten politischen Vorgänge, verliefen sogar ins Leere. Die teilweise detaillierten Beschreibungen ließen in der Mitte des Romans einige Längen aufkommen, nur die bildhaften Darstellungen der winterlichen norwegischen Landschaft war hier eine Ausnahme. Man spürt direkt die Begeisterung und Liebe der Autorin zu Norwegen. Leider genügt das nicht für einen Roman, der mich überzeugen soll......dazu war er viel zu vorhersehbar.

Schreibstil:
Christine Kabus schreibt flüssig und sehr bildhaft. In diesem Roman war er allerdings auch teilweise zu detailliert. Die bildhaften Beschreibungen der norwegeischen Landschaft fand ich jedoch gelungen und hat Fernweh in mir ausgelöst, vorallem weil Norwegen schon seit Jahrzehnten auf meiner "unbedingt besuchen wollen"-Liste steht!

Fazit:
Leider hat mich mein erstes Buch der Autorin enttäuscht zurückgelassen. Die Geschichte hatte unnötige Längen, war klischeehaft und vorhersehbar. Ich werde der Autorin trotzdem noch eine Chance geben, denn bisher habe ich nur sehr gute Rezensionen zu ihren anderen Romanen gelesen und außerdem habe ich noch ein Buch im SuB Regal.

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Veröffentlicht am 27.09.2016

Ein Plädoyer an den Frieden

Marlene
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Ich liebe Romane, die während der Weltkriege spielen und "Honigtod" hatte mir letztes Jahr, als ich es las, sehr gut gefallen. Mit "Marlene" hatte ich allerdings so meine Probleme...

Der Einstieg beginnt ...

Ich liebe Romane, die während der Weltkriege spielen und "Honigtod" hatte mir letztes Jahr, als ich es las, sehr gut gefallen. Mit "Marlene" hatte ich allerdings so meine Probleme...

Der Einstieg beginnt in der Gegenwart bzw. im Jahr 2012. Marlene ist eine alte Dame und hat ihre Memoiren niedergeschrieben. Kurz vor der Veröffentlichung hat sie ihre Familie und Freunde zusammengerufen und möchte ihnen ihre Lebensgeschichte als Widerstandskämpferin in eigenen Worten erzählen. Dabei ist mir ein Zitat in Erinnerung geblieben, das Marlene als fast 94-jährige zu ihren jungen Freunden sagt: "Wann halten wir noch inne, wann holen wir Atem? Wir sind so rasant geworden, wir überholen uns ja noch selbst!" ...und dem kann ich wirklich nur zustimmen!

Und so knüpft das Buch direkt dort an, wo "Honigtod" aufgehört: In der Prinzregentenstraße in München inmitten zerbombter Häuser. Auch das Haus ihrer Freundin Deborah und ihren Bruder Wolfgang ist nur mehr Schutt und Asche. Marlene ist überzeugt, dass beide den Tod gefunden haben und entschlossen, die gemeinsam begonnene Arbeit allein fortzusetzen. So führt Marlenes Weg weg von München und zurück nach Polen, wo sie sich mit weiteren Widerstandskämpfern treffen und gegen das Naziregime kämpfen will. Die erst 15-jährige Trudi schließt sich Marlene ungefragt an.
Die gemeinsame Zugfahrt lässt die beiden Frauen bereits erahnen, dass ihre Pläne nicht so leicht umzusetzen sind. Die folgenden leider unwahrscheinlichen Zufälle und einige zähe Passagen ließen mich schwer in die Geschichte hineinfinden. Sie begann mich zu ermüden und ich legte den Roman immer wieder zur Seite. Auch das Verhalten von Trudi und Marlene war teilweise so unglaubwürdig, dass mir die Erlebnisse fast wie in einem James Bond Film vorkamen. Marlene, bekannt als Wiederstandskämpferin, wird immer wieder verhaftet und normaler Weise hätte spätestens die zweite Festnahme ihren sicheren Tod bedeutet. (Ich spoilere hier jetzt nicht wirklich, wenn ich sage, dass sie alles überlebt, denn im Prolog erzählt sie ja ihre Geschichte) Dieser Abschnitt und der folgende, den Trudi und Marlene in Ausschwitz verbracht haben, konnte mich leider überhaupt nicht überzeugen, vorallen nachdem ich schon andere Lektüre über Ausschwitz gelesen habe.

Das letzte Drittel fand ich dann wesentlich besser. Es zeigte die schwierige Zeit der Besetzung durch die Aliierten. Man liest zwischen den Zeilen wie unterschiedlich die Besatzungsmächte sich gegenüber den Deutschen verhalten haben und wie schlecht es den Menschen nach Beendigung des Krieges ging. Marlene kämpft auch noch nach dem Ende des Krieges für ihre Werte und für die Freundschaft zu Deborah.

Gerade im letzten Teil des Buches erinnert Hanni Münzer daran, wie schnell uns wieder ein Weltkrieg einholen kann und wie erschreckend nahe wir bereits an einem solchen Punkt stehen.
Die Geschichte über Marlene soll nicht nur unterhalten und zerstreuen, sondern auch wachrütteln und an diese schreckliche Zeit erinnern, die wir nie vergessen dürfen!

Schreibstil:
Der Schreibstil von Hanni Münzer ist flüssig und lässt sich gut lesen. Manchmal ist er sehr ausführlich, dann wieder gar nicht. Man merkt allerdings, dass die Autorin viel recherchiert hat und es gelingt ihr auch hervorragend über diese schreckliche Zeit zu berichten, ohne diese zu verherrlichen oder zu zensieren.
Den Kapiteln werden sogenannte "Zeitsplitter" vorangestellt. Hier erfährt der Leser zur damaligen Zeit aktuelle Schlagzeilen, Fakten oder Wehrberichte.

Fazit :
Die Autorin hält hier ein Plädoyer für den Frieden und erinnert, wie schnell sich Geschichte wiederholen kann. Sehr gut recherchiert! Trotzdem konnte mich die Geschichte, besonders im Mittelteil, nicht packen. Kritisieren muss ich auch die eher unglaubwürdigen Zufälle, die mich enttäuscht zurück lassen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Grado im Regen

Grado im Regen
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Wenn ich heute so aus dem Fenster schaue, passt die Stimmung der letzten Tage perfekt zum Buch: Grau in grau und Dauerregen.
Im Prolog erlebt der Leser einen Banküberfall, der nicht so ganz abläuft, wie ...

Wenn ich heute so aus dem Fenster schaue, passt die Stimmung der letzten Tage perfekt zum Buch: Grau in grau und Dauerregen.
Im Prolog erlebt der Leser einen Banküberfall, der nicht so ganz abläuft, wie sich die beiden Räuber das eigentlich vorgestellt hatten. Das Ganze läuft etwas aus dem Ruder. Mit dieser kleinen Vorgeschichte beginnt dieser Krimi, der wie der Titel schon verrät, in Grado in Italien spielt.

In den ersten Kapiteln lernen wir einige der Protagonisten kennen, wobei uns die Autorin im Unklaren lässt, wie viel Zeit seit dem Banküberfall im Prolog vergangen ist. Die Speziellste der weiblichen Hauptprotagonisten ist Angelina Maria. Sie ist eine alte Dame, die von ihren Dämonen aus der Vergangenheit heimgesucht und allgemein als verrückte Alte abgestempelt wird. So nimmt auch niemand ihren Anruf bei der Polizei ernst, als sie einen Mord an einer Meerjungfrau meldet. Aber auch Francesa, eine junge Frau, die vor kurzem ihren Mann verlassen hat, beobachtet Tag für Tag eine junge Frau, die sie an eine Nixe erinnert und die sie auf Leinwand festgehalten hat. Doch eines Tages ist die "Meerjungfrau" verschwunden....

Neben Angelina und Francesca, die nicht nur an ihrer zerbrochenen Ehe laboriert, sondern ernsthaft erkrankt ist, lernen wir noch die Schülerin Laura kennen, die jeden Morgen vor dem Unterricht frische Backwaren austrägt und dabei die eine oder andere wichtige Beobachtung macht. Die vierte der Hauptprotagonisten ist Maddalena Degrassi, die zuständige Kommissarin und letzte Affäre von Francescas Mann Tomaso. Außerdem lernen wir noch Stefano kennen, einen Barbesitzer, der in Francesca verliebt ist, und eine wichtige Rolle im Buch spielt.

Es dauert relativ lange, bis in diesem Krimi Spannung aufkommt. Die erste Hälfte des Buches benötigt viel Zeit um die vier weiblichen und zwei männlichen Hauptrotagonisten vorzustellen. So wird man langsam mit dem Leben der einzelnenen Figuren konfrontiert. Dabei geht es aber größtenteils um Beziehungsprobleme und um die wirren Gedankengänge von Angelina Maria. Jedoch ist eben die "irre Alte" die einzige Zeugin des Mordes. Bis die Polizei beginnt Spuren nachzugehen, schwebt bereits die Nächste von ihnen in Gefahr.
Leider plätscherte für mich die Geschichte erst einmal dahin, bis sie endlich im letzten Drittel spannend wurde. Auch die Ermittlungen der Polizei bleiben eher im Hintergrund. Ich muss sagen, dass mir das für einen Krimi leider zu wenig ist.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist locker und gut zu lesen. Die Handlung ist gut aufgebaut, komplex und das Ende ist logisch. Das Buch lebt größtenteils von den interessanten Charakteren, die die Autorin hier geschaffen hat und die wirklich gelungen sind.

Fazit :
Ein ruhiger und atmosphärischer Krimi, bei dem mir leider die Spannung gefehlt hat. Für mich wirkt die Geschichte eher wie ein Beziehungsroman mit einem temporeichen Finale. Ich hätte mir mehr davon erwartet....

Veröffentlicht am 15.09.2016

Guter Start, aber leider ein sehr unglaubwürdiges Ende

Sonnensegeln
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Marita lebt seit sie denken kann auf der ostfriesischen Insel Amrun und hat auch nicht wirklich vor, dies zu ändern. Sie ist Ende Vierzig, geschieden, Mutter eine Teenagertochter und liebt ihren Beruf ...

Marita lebt seit sie denken kann auf der ostfriesischen Insel Amrun und hat auch nicht wirklich vor, dies zu ändern. Sie ist Ende Vierzig, geschieden, Mutter eine Teenagertochter und liebt ihren Beruf als Krankenschwester. Doch mit dem neuen Vorgesetzten, der nicht viel von liebevoller Fürsorge der krebskranken Patienten hält, kommt sie gar nicht klar. Als sie eine Annonce entdeckt, in der eine private Pflegerin für einen alten Herren in Südfrankreich gesucht wird, denkt sie das erste Mal über eine Veränderung nach. Nach einem heftigen Streit mit ihrem Boss, kündigt sie kurzentschlossen. Ihre Tochter Sophie, die kurz vor dem Abitur steht, ermutigt sie auf die Annonce zu antworten. Tatsächlich erhält Marita die Stelle und hat nun etwas Bammel vor der Veränderung. Doch nun kann sie nicht mehr zurück und macht sich auf den Weg nach Grasse in Südfrankreich. Der alte Mann, den sie pflegen soll, erweist sich allerdings als sehr starrköpfig. Gemeinsam mit seinem Sohn Lucien und den Hausangestellten, leben die Beiden inmitten von Jasmin- und Rosenfeldern, denn die Lefleurs sind alteingessessene Parfumhersteller. Hat Marita anfangs noch große Schwierigkeiten mit dem eigenwilligen Georges und seinen Zicken, schließt sie die Hausangestellte Ségolène und deren Familie sofort ins Herz. Diese hilft ihr bei ihren Französischkenntnissen, macht sie mit ihren Freunden bekannt und unterstützt sie, wenn ihr Patient wieder ausgesprochen schlechte Laune hat.

Der Beginn des Romans hat mir sehr gut gefallen. Marita, die ihren Beruf über alles liebt und bei den Patienten sehr beliebt ist, kann nicht fassen, dass ihr Boss nur an Kostenoptimierung denkt und ihr vorhält sich zu lange mit den Patienten zu beschäftigen. Ihre Wut und Enttäuschung konnte ich sehr gut nachfühlen und auch die daraus resultierenden Zweifel, ob sie sich nicht verändern soll. Als sie den Schritt wagt mit ihren eher bruchstückenhaften Französischkenntnissen nach Südfrankreich auftzubrechen, kann ich auch ihre leichte Panik gut nachvollziehen. Mit Ende Vierzig so einen Sprung ins kalte Wasser zu wagen, ist nicht einfach. Wie sie langsam das Herz von Georges Lefleur gewinnt und auch hinter sein Geheimnis kommt, fand ich herzerfrischend. Neben der Pflege des alten Mannes findet Marita noch Zeit und Gelegenheiten Grasse und Umgebung kennen zu lernen. Die Beschreibungen der wunderschönen Gegend, der Duft der Blüten und auch die Erklärungen über die Parfümherstellung, fand ich einfach gelungen. Man möchte am liebsten sofort die Koffer packen und Urlaub in Südfrankreich machen.

Jedoch gab es für mich auch jede Menge Kritikpunkte. Marita, in Amrun noch eingefleischter Single, wird plötzlich von drei Männern umgarnt. Kurz vor ihrer Abreise lernt sie Knut kennen, mit dem sie stundenlang telefoniert und sich sehr gut versteht. In Grasse läuft ihr der charmante Francois über den Weg, der ihr den Hof macht und sich für sie als Fremdenführer betätigt und dann ist auch noch der verstockte Lucien, der Sohn des Patienten. Diese Anhäufung an plötzlichen Verehrern kam mir einfach zu unrealistisch vor. Ich bin selbst in dem Alter und frage mich wo ich bitte diese Herren finden kann? ;)
Die Entscheidung, die Marie getroffen hat, konnte ich auch nicht wirklich nachvollziehen, blieb doch die aufkommende Liebe zwischen ihr und ihrem letztendlichen Herzblatt einfach nur blass.
Auch das letzte Drittel des Romans war mir einfach zu sehr an den Haaren herbeigezogen. Hier kann ich leider nicht näher darauf eingehen, sonst würde ich spoilern, aber meiner Meinung nach, hätte man das Ende sicher auch anders lösen können. Durch diesen Abschluss verlor die Geschichte für mich leider die Authentizität und den Reiz, den sie vorher ausgeübt hatte....

Es gibt auch noch einen zweiten Handlungsstrang in der Vergangenheit, der von einem Bo Rickleffs erzählt. Dieser Mann stammt aus Amrun und kam im 18. Jahrhundert nach Südfrankreich und macht dort sein Glück. Obwohl ich im Allgemeinen eingeschobene Erzählstränge aus der Vergangenheit liebe, hätte man diesen hier auch ohne weiteres weglassen können. Er trägt nicht wirklich zur Geschichte bei, auch wenn die beiden Stränge ganz zum Schluss zusammenführen.

Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin ist lebendig, flüssig und bildhaft. Die wunderbaren Schauplatzbeschreibungen und auch die Darstellung der Charaktere ist wirklich gelungen.

Fazit :
Ein locker, leichter Sommerroman, der gut beginnt und stark nachlässt. Durch die gelungene Beschreibung der Landschaft und der Düfte stellt sich sehr schnell Fernweh ein. Doch die manchmal sehr unlogische Geschichte und vorallem das total an den Haaren herbeigezogene Ende, lässt mich etwas enttäuscht zurück und so kann ich gerade noch 3 Sterne für den Roman vergeben.