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Veröffentlicht am 27.12.2016

Die Gräuel der Nachkriegszeit

Trümmerkind
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Die meisten meiner Blog-Leser wissen, dass Bücher, die von den Weltkriegen erzählen, ganz oben auf meiner Wunschliste stehen und an denen ich kaum vorbeigehen kann. Deshalb hatte ich auch "Trümmerkind" ...

Die meisten meiner Blog-Leser wissen, dass Bücher, die von den Weltkriegen erzählen, ganz oben auf meiner Wunschliste stehen und an denen ich kaum vorbeigehen kann. Deshalb hatte ich auch "Trümmerkind" von Mechthild Borrmann sofort auf meiner Wunschliste, sobald ich das Buch in der Vorschau sah. Der Droemer Knaur Verlag hat mir das Buch als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt - vielen Dank!

Der Roman wird als Gegenwartsliteratur oder historischer Krimi gehandelt. Ich denke es ist eine Mischung daraus, da er sich aus den folgenden drei Handlungssträngen und Zeitebenen zusammensetzt:
1945: Familie Anquist, die auf ihrem Gut in der Uckermark in Nordostdeutschland lebt
1947: Agnes Dietz, deren Mann im Krieg verschollen ist und sich in Hamburg in der Nachkriegszeit mit ihren zwei Kindern durchschlagen muss
1992: Anna Meerbaum, geschiedene Lehrerin in Köln, die von einer eventuellen Erbschaft in der Uckermark erfährt und sich die Heimat ihrer Mutter ansehen will

Diese drei Handlungsstränge wechseln kapitelweise und anfangs fragt man sich noch, wie diese wohl zusammenhängen. Doch nach und nach kristallisieren sich einige Gemeinsamkeiten heraus und Puzzlestein um Puzzlestein fügt sich diese Geschichte zu einem Gesamtbild.
"Trümmerfrauen" wurden die Frauen der Nachkriegszeit genannt, die maßgeblich beim Aufbau der zerstörten Städte halfen. Eine dieser Trümmerfrauen ist Agnes Dietz, die während des Tages Steine klopft und abends an ihrer Nähmaschine sitzt, um für die reichen Engländerinnen zu schneidern. Hanno, ihr Ältester, sucht tagsüber unter den Trümmern der zerbombten Häuser nach brauchbaren Dingen, die er am Schwarzmarkt verkaufen kann. Eines Tages, als er eine tote Frau im Keller eines Hauses findet, steht plötzlich ein kleiner Junge vor ihm, der nicht spricht. Hanno und seine Schwester Wiebke nehmen ihn mit nach Hause, wo er zuerst versorgt und später, obwohl die Not groß ist, auch in die Familie aufgenommen wird.
Clara Anquist, die Tochter eines Pferdezüchters und Gutsbesitzers, verliert hingegen ihr Zuhause nach der Niederlage der Deutschen. Die rote Armee enteignet die Familie und bringt Flüchtlinge zum Gut. Das Schicksal meint es nicht gut mit der Familie, aber auch Clara zeigt Mut und Stärke in dieser Zeit und versucht die Familie über die Runden zu bringen. Auch sie werden zu Flüchtlingen, die sich zuerst in die englische Besatzungszone flüchten und danach nach Spanien zu Bekannten wollen.....
Anna Meerbaum hingegen erfährt, dass ihre Mutter nach der Öffnung des eisernen Vorhanges Entschädigungsansprüche stellen oder eine Rückübertragung des elterlichen Gutshofs in der Uckermark beantragen könnte. Sie versucht mit ihr darüber zu sprechen, doch diese möchte davon nichts hören. Seit Annas Kindheit blockt sie jegliche Fragen zu ihrer Vergangenheit ab und versucht mit Hilfe von Alkohol zu vergessen. Sie verbietet ihrer Tochter nachzuforschen, doch Anna stellt sich den Dämonen ihrer Muttert und benötigt mehr Stärke, als sie ahnt...

Drei starke Frauen, die so schnell nicht aufgeben und die es nicht leicht im Leben haben. Dabei hat Anna nicht mit dem Krieg oder der Nachkriegszeit zu kämpfen, sondern mit den Dämonen ihrer Mutter und einer Vergangenheit, die auch Annas Leben total auf den Kopf stellen wird.
Mechthild Borrmann versteht es diese Zeit sehr bildhaft und realistisch darzustellen. Das lange Anstellen für ein Stück Brot oder Butter, die Enteignungen und Vergewaltigungen und von Menschen, die die Hoffnung trotzdem nicht aufgeben. Beginnt der Roman anfangs noch ruhig, hat er zum Ende hin kriminalistische Elemente, die mich an die Seiten fesselten.

Schreibstil:
Mechthild Borrmann hat einen wunderbaren Schreibstil, der sehr bildgewaltig und atmosphärisch ist. Die Charaktere sind hervorragend ausgearbeitet und entwicklen eine Tiefe, die mich beeindruckt hat. Man spürt die drückende Atmosphäre der Nachkriegszeit und all die Entbehrungen, die die Menschen erleiden. Mit dem Krimiplot kommt auch die Spannung am Ende nicht zu kurz.


Fazit:
Ein großartiger und atmosphärischer Nachkriegsroman, der einem packt und nicht mehr loslässt. Die Charaktere sind hervorragend ausgearbeitet und lebendig. Eine Geschichte, in die man eintaucht und die man erst mit der letzten Seite zufrieden zuklappt, wobei sich die Gräuel des Krieges nicht so leicht abschütteln lassen...

Veröffentlicht am 21.12.2016

Das Geheimnis des Lebens

Niemand weiß, wie spät es ist
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Der neue Roman des österreichischen Autors René Freund hat mich wieder davon überzeugt, dass wir hier in Österreich wirklich hervorragende Schriftsteller haben, denen man mehr Aufmerksamkeit schenken sollte.
Ich ...

Der neue Roman des österreichischen Autors René Freund hat mich wieder davon überzeugt, dass wir hier in Österreich wirklich hervorragende Schriftsteller haben, denen man mehr Aufmerksamkeit schenken sollte.
Ich habe bereits zwei Bücher von René Freund gelesen: "Liebe unter Fischen" meine Rezi und "Mein Vater, der Desserteur" meine Rezi. Dieser ist jedoch ein biografischer Roman aus dem Leben seines Vaters. Beide Bücher haben mir sehr gut gefallen und deswegen war ich schon sehr neugierig auf René's neuen Roman, den ich mir aus der Bücherei mitgenommen habe.

Die Inhaltsangabe klingt eigentlich nicht wirklich neu. Irgendwo habe ich schon ähnliche Klappentexte gelesen, die allerdings meistens mit humorigen Romanen in Verbindung gebracht wurden. Auch in "Niemand weiß, wie spät es ist" klingt Humor durch, jedoch ist dieser einfühlsame Roman keine wirkliche Komödie, sondern eher eine kleine Selbstfindung der Hauptprotagonistin.
Diese heißt Nora, ist Französin und wird nach dem Tod ihres Vaters Klaus mit seinem ungewöhnlichen letzten Willen konftrontiert. Sie soll gemeinsam mit einem österreichischen Notariatsgehilfen die Urne ihres Vaters an einem noch unbekannten Ort in Österreich bringen. Mittels Videobotschaft oder Briefen wird die nächste Teilstrecke, die die Beiden zurücklegen müssen, bekannt gegeben.
Nora ist außer sich vor Wut. Die chaotische Journalistin, die das französische "laissez-faire" liebt, soll in die von ihr ungeliebte Heimat ihres Vaters reisen. Noch dazu mit Bernhard, diesem pedantischen und langweiligen Schnösel, der die notarielle Aufsicht hat. Nora will diese Reise so schnell wie möglich hinter sich bringen und rechnet so gar nicht mit einer Art Schnitzeljagd durch Österreich....vorallem nicht zu Fuß! Denn in ihrem Koffer sind mehr Cocktailkleider als praktische Hosen und an den Füßen trägt sie Stöckelschuhe statt Wanderschuhe......

Mit viel Humor, bei dem wir Österreicher vom Autor ein bisschen auf die Schippe genommen werden, beschreibt René Freund nun den Weg von Nora von Wien ausgehend Richtung Westen. Dabei kommen sie auch in meiner Gegend vorbei und ich habe mich zerkugelt über die Bermerkungen über unsere Region ;)
Größtenteils zu Fuß soll Nora sich durch die anfängliche Hügellandschaft und spätere Bergwelt quälen. Wie sich die beiden sehr ungleichen Charaktere zusammenraufen, ist wunderbar beschrieben. Auch die lebendigen Schilderungen der oft eskalierenden Szenen zwischen Nora und Bernhard, sowie die bildhafte Beschreibung der Umgebung, lassen viele Bilder im Kopf entstehen.
Die melancholischen Einschübe durch die Botschaften des verstorbenen Vaters zeigen auch eine andere Seite von ihm, die Nora nicht kannte. Hier hält der Autor immer etwas inne und lässt auch manchmal dem Leser etwas nachdenklich zurück. Bernhard, der notarielle Begleiter, zeigt ebenfalls immer mehr überraschende Eigenschaften, die Nora ihm nie zugetraut hätte.
Hat man den Klappentext gelesen, erwartet man als Leser eine 08/15 (Liebes-)geschichte, doch René Freund hält hier eine Überraschung bereit, mit der der Leser nicht wirklich rechnet. Mich konnte er auf jeden Fall mit seiner unvorhersehbaren Wendung verblüffen.
Dieses Ende und die wunderbare Beschreibung der Reise zum Ich, die Nora antritt, machen diesen Roman zu etwas Besonderem.

Schreibstil:
René Freund hat einen sehr einnehmenden Schreibstil, der mich überzeugt und berührt. Die humorvollen Einlagen haben mich schon bei "Liebe unter Fischen" begeistert. Auch die sehr bildhaften Beschreibungen der gemeinsamen Reise von Wien ausgehend Richtung Westösterreich waren absolut gelungen. Da ich sehr viele Regionen kannte, die der Autor beschrieben hat, fühlte ich mich fast wie zuhause ;)

Fazit:
"Niemand weiß, wie spät es ist" ist meiner Meinung nach der beste Roman des Autors, den ich bis jetzt gelesen habe (die Biografie seines Vater zähle ich hier nicht mit!). Ich habe mitgelacht und mitgefiebert, wohin Noras Vater sie schlussendlich schickt und welches Geheimnis es zu entdecken gibt. Von mir gibt es eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 21.12.2016

Eine großartige Reihe, die mich immer wieder aufs Neue überzeugt!

Die Nightingale-Schwestern
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"Die Nightingale Schwestern - Sturm der Gefühle" - Band 3 der Reihe, die ich dieses Jahr für mich entdeckt habe und die ich wirklich liebe, schließt nahtlos an den Vorgängerband an.
Das Leben von Helen, ...

"Die Nightingale Schwestern - Sturm der Gefühle" - Band 3 der Reihe, die ich dieses Jahr für mich entdeckt habe und die ich wirklich liebe, schließt nahtlos an den Vorgängerband an.
Das Leben von Helen, Millie und Dora geht weiter und die erste der drei Freundinnen, Helen, ist bereits im letzten Jahr der Ausbildung und steht kurz vor der Abschlussprüfung. Doch das Schicksal meint es nicht gut mit ihr und schlägt grausam zu. Auch ihre kaltherzige Mutter macht Helen noch immer das Leben schwer....
Millie und Dora sind mittlerweile gut eingearbeitet und kommen im Krankenhausalltag ganz gut zurecht. Dora leidet jedoch unter der Heirat von Nick und Ruby. Auch ihr Bruder Pete bereitet ihr Sorgen, der sich den rechtsradikalen Schwarzhemden angeschlossen hat. Die Übergriffe auf Juden durch die Anhänger dieser Schlägertruppe werden immer häufiger und bald sind auch Freunde von Dora davon betroffen. Außerdem lässt sich Joe nicht abwimmeln und zeigt seine kranke Eifersucht. Millie hingegen vermisst ihren Sebastian, der in diesen unruhigen Zeiten in Berlin als Journalist arbeitet....

Während in Band 2 Helen etwas im Hintergrund stand, ist sie hier wieder mehr präsent. Die Schwierigkeiten von Dora und Millie in der Ausbildung sind diesmal dafür etwas weniger detailliert beschrieben, denn dieser Band befasst sich mehr mit dem turbulenten Liebesleben der drei Mädchen, sowie der beginnenden Judenhetze. Trotz der kleinen Verlagerung auf die privaten "Gefühlsstürme" wird es hier nie kitschig, sondern leider auch sehr traurig....mehr möchte ich hier nicht verraten.
Als Leser der Reihe ist man sofort wieder mitten im Geschehen und hatte das Gefühl die drei Freundinnen erst vor kurzem "verlassen" zu haben. Ich kann es kaum erwarten band zu lesen, der am 13. Jänner erscheinen wird.

Diese Reihe ist wirklich zu meiner absoluten Lieblingsreihe avanciert. Ich kann immer wieder nur wiederholen, dass man sich nicht von Titel und Cover "abschrecken" lassen sollte! Hier steckt viel mehr zwischen den Buchdeckeln, als man erwartet!

Schreibstil:
Ich kann mich nur immer wieder wiederholen, denn Donna Douglas versteht es einfach den Leser ans Buch zu fesseln. Die Charaktere entwickeln sich in jedem Band weiter und keiner der drei Bände - wie oft bei Trilogien - büßt hier an Spannung und Inhalt. Es gibt keine Längen und man ist sehr schnell in einem Sog, der einem nicht aufhören lässt zu lesen.

Fazit:
Auch der dritte Band konnte mich genauso fesseln und überzeugen wie die ersten beiden Bände. Hier gibt es keinen "Mittelband" wie so oft bei Trilogien, bei denen man das Gefühl hat, die Reihe würde in die Länge gezogen! Ein wundervolles Leseerlebnis und eine dicke Leseempfehlung von mir für die Reihe rund um die Nightingale Schwestern. Wieder volle fünf Sterne!

Veröffentlicht am 19.12.2016

Für Historien- und Russlandfans

Das Mädchen aus St. Petersburg
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Vorab muss ich sagen, dass ich den Klappentext nicht wirklich gelungen finde. Hier handelt es sich keineswegs um eine reine Liebesgeschichte, rauschende Empfänge und Bälle. Vielmehr erwartet uns in diesem ...

Vorab muss ich sagen, dass ich den Klappentext nicht wirklich gelungen finde. Hier handelt es sich keineswegs um eine reine Liebesgeschichte, rauschende Empfänge und Bälle. Vielmehr erwartet uns in diesem fast 500 Seiten dicken Roman jede Menge Kriegsgeschehen und politische Machtspielchen. Man liest über die revolutionären Ideen eines Lenin und lernt auch den stalinistischen Henker Bogdan Kobulov kennen. Der Roman erzählt vom Schicksal mehrerer Personen, die einem teilweise sehr nahe gehen. Deswegen finde ich auch den Titel des Buches nicht ganz glücklich gewählt, denn mir war unsere Hauptprotagonistin Marie, eben diese junge Frau aus St. Petersburg, vorallem in der Mitte des Romans fast zu wenig gegenwärtig.

Mit Marie lernen wir eine anfangs eher unbedarfte, aber sehr sympathische und engagierte junge Frau kennen. Aus dem Adel kommend, versucht sie während des Krieges ebenfalls ihren Beitrag zu leisten, nachdem ihr Verlobter Pjotr und ihr Bruder Nikolaj eingezogen wurden, um gegen Österreich und Deutschland zu kämpfen. Im Lazarett lernt sie den wesentlich älteren und verheirateten Alexei kennen. Die Beiden verlieben sich ineinander, kämpfen aber gegen die unerlaubte Liebe an. Der Krieg hilft ihnen dabei, denn der für nur wenige Monate angekündigte Kampf verbreitet sich über ganz Europa und schließlich den Rest der Welt. Interessant fand ich, dass Deutschland Russland sehr lange überlegen war und diese kaum mit einem Sieg rechneten. Doch die Russen stehen zu dieser Zeit an einem weiteren Scheidepunkt. Die Arbeiter beginnen sich zu erheben und stellen sich gegen den Zar und seine Familie. Die Romanovs verlieren ihr Leben und die Bolschewiki übernehmen die Macht. Diese geschichtliche Umwälzung im Zarenreich und den damals unabhängigen baltischen Ländern, sind auch in "Das Mädchen aus St.Petersburg" sehr genau beschrieben. Man sollte sich deshalb entweder für historische Romane oder russische Geschichte interessieren, wenn man dieses fast 500 Seiten starke Buch lesen will!

Die Charaktere fand ich sehr lebendig beschrieben. Besonders Nikolai, Maries Bruder, lag mir am Herzen, der sehr menschlich agierte und sich seines Standes nicht brüstete. Die ungewöhnliche Freundschaft zwischen ihm und den Kosaken Iwanov, der eine komplett andere Herkunft hat und einen niedrigen Rang beim Militär begleitet, konnte mich berühren. Ebenso wird Iwano's Entwicklung und die interessante Wendung durch die politischen Ereignisse, glaubhaft erzählt. Katja und Fjodor waren ebenfalls zwei starke und sehr sympathische Charaktere, dessen Schicksale mich sehr berührten. Nur mit der großen Liebe von Marie, nämlich Alexei, wurde ich nicht ganz warm, was ich schade finde.
Auch die Einblicke in die Zarenfamilie und die große Beeinflussung durch Rasputin wird verständlich erklärt.

Nina Serova hat hier wirklich ausgezeichnet recherchiert und einen Teil der Familiengeschichte ihres Mannes miteingeflochten. Dessen Großeltern sind 1920 vor den russischen Bolschewiken nach Australien geflohen. Das Zusammenspiel der historischem Begebenheiten und fiktiven Elementen ist der Autorin wirklich gelungen!

Schreibstil:
Neben der großartigen Recherche hat die Autorin auch einen sehr ausdrucksstarken Schreibstil. Er ist der damaligen Zeit angepasst und die Geschichte wurde fesselnd erzählt. Die Kapitelüberschriften erklären dem Leser den Ort und Zeitpunkt der Handlung. Diese wird auch von verschiedenen Protagonisten aus ihrer Sicht, jedoch in der 3. Person, erzählt.

Fazit:
Ein packender und sehr gut recherchierter Roman, bei dem die Liebesgeschichte im Hintergrund steht. Die Autorin hat historische Ereignisse, persönliche Familiengeschichte und fiktive Themen zu einem wunderbaren Roman zusammengesetzt, der mich fesseln konnte. Nur die Hauptprotagonistin kam mir ein bisschen zu kurz. Für Historien- und Russlandliebhaber zu empfehlen!

Veröffentlicht am 02.12.2016

Hinter den Kulissen von Martinsfehn

Ihr einziges Kind
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In einer Leserunde bei Lovelybooks durfte ich den Krimi "Ihr einziges Kind" von Barbara Wendelken, den 3. Teil der Martinsfehn-Reihe lesen. Leider habe ich Teil 1 und 2 noch nicht gelesen, werde dies aber ...

In einer Leserunde bei Lovelybooks durfte ich den Krimi "Ihr einziges Kind" von Barbara Wendelken, den 3. Teil der Martinsfehn-Reihe lesen. Leider habe ich Teil 1 und 2 noch nicht gelesen, werde dies aber nachhholen, da mich dieser Krimi wirklich überzeugt hat!

Als Renke Nordmann von der Kripo in Martinsfehn zu seinem ehemaligen Mitschüler Dr. Cord Cassjen gerufen wird, erfährt er, dass Cord's erst wenige Tage alter Sohn Casper verschwunden ist. Seine Frau Silvana leidet an einer Wochenbettpsychose und steht unter starkem Medikamenteneinfluss. Als Renke seine Kollegen hinzuzieht, wird der kleine Casper im Gartenhaus der Nachbarn gefunden. Doch Silvana kommt nicht zur Ruhe und dann wird Renke neuerlich zu den Cassjen's gerufen. Diesmal gibt es tatsächlich einen Toten: Cord wurde erschossen und Silvana ist mit dem kleinen Casper verschwunden. Nola van Heerden von der Kripo in Leer wird zum Mordfall hinzugezogen und beginnt mit Renke zu ermitteln. Doch für die Einheimischen ist die zugezogene und um einiges jüngere zweite Frau des Doktors einwandfrei die Täterin. Für Nola passt sie nicht ins Täterprofil und sie bangt um den kleinen Casper, den seine Großmutter, die hartherzige Inhaberin einer Spirituosenfabrik, bereits als Erbe für den Familienbetrieb ins Auge gefasst hat. Ihre Nichte Tineke hingegen, die sich sehr für die Firma einsetzt, wird übergangen. Aber auch die restlichen Familienmitglieder und Bekannten der Cassjen sind keine unbeschriebenen Blätter...

Mit dem Einstieg in die Reihe hatte ich keinerlei Probleme. Jeder Fall ist abgeschlossen und Vorkenntnisse sind nicht unbedingt erforderlich. Rinke Nordmann und Nola van Heerden sind zwei sehr sympathische Ermittler, die man gerne bei ihren Recherchen zum Fall begleitet. Kleine private Details der Polizisten machen es auch Neueinsteiger wie mir einfach, der Geschichte zu folgen. Ich liebe es außerdem mitzurätseln und habe den Beiden die ganze Zeit über die Schulter geschaut ;), wobei ich zugeben muss, dass ich keine Ahnung hatte, wer hinter all den Morden steckt. Denn bei einem einzigen Mord bleibt es hier nicht....

Selten weist ein Krimi so charismatische Figuren auf. Sämtliche handelnden Personen sind richtig lebendig beschrieben. Ich hatte von jedem Einzelnen ein sehr klares Bild. Dabei hat die Autorin auch nicht mit unsympathischen Charakteren gespart. Nachdem ich selbst auf dem Land wohne, kenne ich einige dieser typischen Szenen nur zu gut, wie z. Bsp. die völlige "Freisprechung" einer möglichen Tat durch einen Politiker durch die örtliche Polizei. Denn auch in Martinsfehn ist nichts, wie es scheint. Hinter der angeblichen heilen Welt, die nach außen hin transportiert wird, versteckt sich ein Sumpf aus Macht und Gier. Der Plot ist dicht und die Autorin konnte mich mit vielen unvorhersehbaren Wendungen immer wieder auf falsche Fährten schicken. Alle Erzählstränge führen am Ende zu einem logischen Schluss zusammen. Der hohe Spannungsbogen bleibt konstant bestehen. Ich fühlte mich als Leser mitten im Geschehen und konnte das Buch kaum aus der Hand legen! So stelle ich mir einen guten Krimi vor!

Schreibstil:
Der Schreibstil von Barbara Wendelken ist sehr temporeich, flüssig und sie versteht es grandios falsche Fährten zu legen. Atmosphärisch dicht undcharismatische Figuren runden das Ganze perfekt ab.

Fazit:
Ein absoluter Pageturner! So stelle ich mir einen Krimi vor: ein dichter Plot, unvorhersehbare Wendungen, viele Tatverdächtige und ein temporeicher Schreibstil, der mich an den Seiten kleben ließ! Dass ich die Vorgängerbände nicht kannte, hat hier keine Rolle gespielt. Diese werde ich mir nun selbstverständlich zulegen und die Autorin hat außerdem einen neuen Fan gewonnen....