Licht und Schatten
Blankenese - Zwei FamilienIn "Blankenese: Licht und Schatten", dem neuen Familienroman von Michaela Grünig, stehen zwei Familien im Vordergrund. Diese kommen aus unterschiedlichen Schichten. Während die Familie Casparius in einer ...
In "Blankenese: Licht und Schatten", dem neuen Familienroman von Michaela Grünig, stehen zwei Familien im Vordergrund. Diese kommen aus unterschiedlichen Schichten. Während die Familie Casparius in einer herrschaftlichen Villa an der Elbchaussee wohnt und Besitzer einer Reederei sind, lebt die Familie Hansen in ärmlichen Verhältnissen. Irma Hansen, Kapitänswitwe und Mutter, hat im Krieg zwei ihrer Söhne verloren und lebt mit den restlichen Kindern auf engstem Raum. Ihr Mann hat für die Reederei Casparius gearbeitet und Irma macht diese für das Unglück und den Tod ihres Mannes verantwortlich.
John Casparius ist Kriegsheimkehrer, hat einen seiner besten Freunde am Schlachtfeld verloren und nach seiner Rückkehr hat seine Verlobte die Verlobung gelöst. Die ehemals florierende Reederei, die er übernehmen soll, ist durch die politischen Turbulenzen angeschlagen. Als er eines Morgens am Elbstrand spazieren geht und seinen trüben Gedanken nachhängt, sieht er eine junge Frau, die vermeintlich ins Wasser gehen will. Leni Hansen, eine junge Sattlerin, nutzt jedoch die Morgenstunden, um zu schwimmen. Er ist verzaubert von ihrer erfrischenden und unkonventionellen Art. Doch Leni, die aus der einfachen Arbeiterschicht stammt, ist der Familie Casparius nicht gut genug und ihnen außerdem, durch eine frühere Begebenheit, ein Dorn im Auge. John setzt sich jedoch gegen seinen Vater durch und heiratet Leni und das Schicksal nimmt seinen Lauf....
Der Roman spielt von 1919 bis 1939 und wird aus drei verschiedenen Perspektiven erzählt und zwar aus der Sicht von Leni, John und Lenis Mutter Irma. Durch die teilweise großen Zeitsprünge konnte ich leider zu manchen Figuren keine richtige Beziehung aufbauen. Einzig Irma ist mir bald ans Herz gewachsen, die es als Kapitänswitwe und Kneipenwirtin nicht einfach hat.
Die Liebe zwischen Leni und John konnte ich nicht ganz spüren und die Hochzeit ging mir ebenfalls etwas zu schnell. Während ich Leni schneller "greifen" konnte, blieb mir John etwas fremd. Vorallem hat mich seine Verstocktheit und Sturheit oftmals verzweifeln lassen. Die Nebencharaktere sind jedoch wieder sehr liebevoll und lebendig gezeichnet.
In dieser großen Zeitspanne von zwanzig Jahre nehmen auch die politischen Hintergründe einen großen Raum ein. Die immer stärker werdende NSDAP und die Verfolgung der Juden tritt dabei in der zweiten Hälfte des Romans immer mehr in den Vordergrund. Vorallem John und seine Schwester Felicitas sind durch ihre jüdische Mutter in Gefahr, auch wenn sie denken, dass sie als Halbjuden mehr oder weniger geschützt sind.
Der Schreibstil von Michaela Grünig ist bildhaft und lebendig. Der damalige Zeitgeist ist perfekt eingefangen.
Man spürt auf den fast 500 Seiten die Veränderungen im Land durch die Inflation, die Weltwirtschaftskrise und dem Erstarken der Nationalsozialisten. Michaela Grünig hat diese Zeit lebendig werden lassen und wieder hervoragend recherchiert.
Weitere Themen sind Liebe, Intrigen, Verrat, Zusammenhalt, Einfluss und Macht. Die fast fünfhundert Seiten lasen sich schnell weg und ich habe mich dabei sehr gut unterhalten.
An die "Palais Heiligendamm Trilogie" kommt der erste Band dieser Dilogie (?) jedoch leider nicht heran. Trotzdem bin ich schon sehr neugierig, wie es mit den Familien Casparius und Hansen weitergehen wird....
Fazit:
Ein toller Auftakt, der mir jedoch zu große Zeitsprünge hatte, um ganz in die Geschichte eintauchen zu können. Ein erster Band mit Höhen und Tiefen, der noch ein bisschen Luft nach oben hat.