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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.02.2023

Schonungsloser Thriller

Stigma (Milosevic und Frey ermitteln 1)
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Unter dem Pseudonym Lea Adam schrieben Regina Denk und Lisa Bitzer einen schonungslosen Thriller, der unter die Haut geht. Zu Recht gibt es am Beginn des Buches eine Triggerwarnung. Und wer sich noch immer ...

Unter dem Pseudonym Lea Adam schrieben Regina Denk und Lisa Bitzer einen schonungslosen Thriller, der unter die Haut geht. Zu Recht gibt es am Beginn des Buches eine Triggerwarnung. Und wer sich noch immer nicht sicher ist, ob er das Buch lesen soll, der kann einfach in die ersten Seiten reinlesen, die ein sehr genaues Bild über den weiteren Verlauf des Thrillers geben.

Unsere beiden Ermittler Jagoda "Milo" Milosevic und ihr Kollege Vincent Frey werden mit einem außergewöhnlichen Mordfall konfrontiert, der viele Rätsel aufgibt. Der Tote im Stadtpark hat eine mit Kabelbinder fixierte Mülltüte über dem Kopf, daneben liegen seine herausgetrennten Augen. Der Mann mit dem durchschnittlichen Namen Michael Schmidt scheint ein ebenso durchschnittliches Leben geführt zu haben. Doch dann häufen sich die Indizien, dass es Übergriffe auf Frauen gab. Als ein zweiter Toter mit Müllsack über dem Kopf und abgeschnittenen Ohren gefunden wird, ist klar, dass hier ein Serientäter mordet und man in die Richtung von Sexualstraftaten ermitteln muss.

Der Thriller beschäftigt sich mit einem Thema, bei dem sich für Frauen seit Jahrzehnten, nein Jahrhunderten, nichts geändert hat! Übergriffige Männer, lückenhafte Strafverfolgung, unzureichende Bestrafung und die Angst vor Anzeigen und selbst bloß gestellt zu werden. Immer wieder wird das Opfer wie der eigentliche Täter behandelt. Hat man die Situation nicht regelrecht herausgefordert? Mit Blicken, zu kurzen Röcken oder ganz einfach, weil man eine Frau ist?
Ich muss zugeben, dass wohl niemand in der Leserunde Mitleid mit den ermordeten Männern hatte, nachdem man mehr über diese erfahren hat. Sie sind immer wieder durch das System geschlüpft und nie zur Verantwortung gezogen wurden. Selbstjustiz und Rache ist der durchgängige rote Faden in "Stigma".

Für die beiden Ermittler erweisen sich die Nachforschungen jedoch als schwierig. Milo und Vince sind sehr gegensätzlich und doch ergänzen sie sich perfekt. Milo ist keine einfache Person und der Leser erfährt viel über ihre familiären Hintergründe und auch warum sie gegenüber ihrem Team wenig über sich selbst Preis gibt. Vince hingegen ist offen und meistens gut gelaunt. Nicht immer kommen seine Späßchen bei Milo an. Wenn jedoch Hilfe benötigt wird, ist er sofort zur Stelle.
Als Milo selbst Drohungen bekommt, verhält sie sich äußert unprofessionell. Diese Handlungsweise konnte ich absolut nicht verstehen und ist ein kleiner Kritikpunkt meinerseits.

Zwischen den Kapiteln befinden sich eigene kurze Passagen von Frauen, denen Gewalt angetan wird. Diese Szenen sind so anschaulich, das man den Schmerz und die Angst der Opfer fast körperlich spürt.

Der Schreibstil der beiden Autorinnen ist flüssig, die Sprache manchmal etwas derb und dialoglastig. Die Spannungskurve wird konsequent hoch gehalten und man fliegt nur so durch die Seiten.

Für mich war es ein regelrechter Pageturner, den ich innerhalb von kurzer Zeit durchgesuchtet habe. Trotzdem sind es im Endeffekt keine 5 Sterne geworden, da mir dafür irgendetwas gefehlt hat und auch die Richtung, in der sich der/die Täter befinden, bald klar war. Zusätzlich fand ich noch ein paar kleine Fehler, die dem Lektorat nicht aufgefallen sind.

Fazit:
Ein schonungsloser Psychothriller, der unter die Haut geht und sich sehr spannend liest. Keine leichte Kost!

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Veröffentlicht am 10.02.2023

Nicht nur für Pferdemenschen

Winterspuren in Arrowwood
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Natascha Birovljev hat mich mit ihrer Willow-Ranch-Reihe schon vor Jahren verzaubert. Nun hat sie einen neuen Roman veröffentlicht, der hoffentlich der Beginn einer neuen Reihe rund um das Örtchen Arrowwood ...

Natascha Birovljev hat mich mit ihrer Willow-Ranch-Reihe schon vor Jahren verzaubert. Nun hat sie einen neuen Roman veröffentlicht, der hoffentlich der Beginn einer neuen Reihe rund um das Örtchen Arrowwood sein wird.

Nicky Charm ist eine erfolgreiche Trickreiterin und Influencerin. Als Tochter einer Countrysängerin und eines Schauspielers ist sie es gewohnt im Rampenlicht zu stehen. Followerzahlen und Klicks sind ihre Welt. Als sie sich bei einem internen Wettkampf gegen ihre größte Konkurrentin Penelope schwer verletzt, stürzt eine Welt für sie zusammen. Als es zu einem weiteren Vorfall kommt, stürzt sich die Presse auf sie und Nicky flüchtet zu ihrer Großmutter nach Arrowwood. Diese war in ihrer Jugendzeit ebenfalls Trickreiterin und besitzt nun eine Art Gnadenhof, die Sleeping Lake Ranch, wo sie heimatlosen und alten Pferden ein Zuhause gibt. Nicky hat die Hoffnung von ihrer Granny den sagenumwobenen Charm-Trick zu lernen, damit sie schnell und effektiv wieder ins Rampenlicht zurückkehren kann. Doch eine innere Blockade und der Tod ihres geliebten Pferdes Diamond Dee verhindert, dass sie wieder aufs Pferd steigen kann.
Die Freundschaft zu Blake und Kateri, zwei Cree aus dem Nakoda Pine Reservat, hilft Nicky über ihren Verlust hinwegzukommen. Blake hilft ihr nach dem schweren Sturz wieder Vertrauen in ihre Fähigkeiten zu finden und ein Job im örtlichen Diner hilft Nicky etwas auf den Boden zu kommen. Vor Ort kann Nicky nicht nur heilen und über ihren schweren Verlust hinwegkommen, sondern kommt ihrer Granny, nach dem frühen Tod ihrer Mutter, ebenfalls wieder näher.
Außerdem ist da auch noch der alte Sattler Tom, der in einer alten Verbindung mit ihrer Granny steht. Nach und nach fügt sie sich in das Kleinstadtleben ein und Klickzahlen werden immer unwichtiger. Bis ihr Dad und ihr Ex-Freund Tyler vor der Tür stehen und Nicky zurück in die Welt von Social Media und dem Pferdesport holen wollen....

Die Geschichte wird aus der Sicht von Nicky, ihrer Großmutter Caroline und von Tom "tenpenny", dem Sattler, erzählt. Die Protagonisten sind alle authentisch und größtenteils sympathisch. Man spürt ihre Sorgen und Ängste, aber auch Neid und Eifersucht.
Nicky war mir zu Beginn nicht wirklich sympathisch. Für sie sind nur Follower und der äußere Schein wichtig, sowie der Wettkampf gegen Penelope. Erst nachdem sie alles verliert, was ihr wichtig war, bemerkt sie, wie oberflächlich sie gelebt hat. Doch auch diese Sichtweise findet erst langsam den Weg zu ihrem Inneren. Den Wandel hat Natscha Birovljev authentisch dargestellt.

Tom ist ein sehr talentierter Sattler und Eigenbrötler. Er hadert mit sich und einem Versprechen, dass er den First Nations gegeben hat. Er fühlt, dass er dieses nicht mehr einhalten kann und ihm die Zeit davonläuft. Seine weltbekannten Sättel stellt er deswegen seit Jahren nicht mehr her und übernimmt stattdessen nur mehr kostenlose Reparaturen für die Cree.
Granny Caroline ist glücklich ihre Enkelin nach Jahren wiederzusehen. Doch auch sie hat Geheimnisse vor Nicky, die mit der Familie und Tom zusammenhängen.

Der Schreibstil von Natascha Birovljev ist auch diesmal wieder sehr bildhaft und lebendig. Man fühlt die Verbundenheit der Autorin zur kanadischen Landschaft. Die Tier- und Naturbeschreibungen konnten mich - wie schon in ihren anderen Romanen - absolut fesseln und begeistern.

Natascha Birovljev hat viele Themen in diesem Roman miteingewoben: Trickreiten, Pferde, Social Media, die Sattlerei, die First Nations, Familie und Liebe. Trotz der Vielfalt passt hier alles perfekt zusammen. Obwohl ich nie ein Pferdemädchen war und vor diesen wunderschönen Tieren Respekt habe, lese ich gerne über die Liebe zu Pferden, wenn es nicht überhand nimmt. Für mich war es hier genau richtig. Einzig über die First Nations hätte ich gerne wieder mehr gelesen, wie in Nataschas Willow-Ranch-Reihe.

Fazit:
Ein wunderbarer Auftakt einer neuen Reihe, die wieder nach Kanada führt und über das Trickreiten und das Showbusiness erzählt. Die wunderbaren Landschaftsbeschreibungen und das Leben der Cree ist dabei das "Tüpfelchen auf dem i". Ich empfehle diesen außergewöhnlichen Roman gerne weiter!

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Veröffentlicht am 07.02.2023

Spannendes Psychodrama

Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum
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In der Silvesternacht 2018 feiern die befreundeten Familien Wiksell und Andersson mit weiteren Bekannten und Nachbarn ins neue Jahr. Während die 17jährigen Töchter Smillla und Jennifer mit Schulfreunden ...

In der Silvesternacht 2018 feiern die befreundeten Familien Wiksell und Andersson mit weiteren Bekannten und Nachbarn ins neue Jahr. Während die 17jährigen Töchter Smillla und Jennifer mit Schulfreunden im Reihenhaus der Anderssons das erste Mal ohne Eltern feiern, sind Frederik und Nina Andersson bei Lollo und Max Wiksell eingeladen. Mit dabei haben die Anderssons auch ihre jüngeren Söhne Anton und Vilgot. Die traditionelle Silvesterparty der Freunde artet alkoholisch ziemlich aus und selbst als Leser hat man den Wunsch die Location schnellstmöglichst wieder zu verlassen. Am Neujahrstag folgt die Ernüchterung: Jennifer, die Tochter der Wiksells, hat die Party bei Smilla vorzeitig verlassen und ist nicht zu Hause angekommen. Was ist passiert?

Am Cover steht Roman, doch das Attribut Spannungsroman oder Drama passt für die Geschichte viel besser. Erzählt wird aus vier verschiedenen Perspektiven.
Als Leser erkennt man sehr schnell, dass die Freundschaft der beiden Familien nur mehr oberflächlich besteht und sich die drei Freundinnen von damals, Lollo, Nina und Malena, immer mehr voneinander entfernt haben. Nicht nur durch die verschiedenen familiären Situationen, sondern auch durch Neid oder Missgunst, trennten sich die Wege der drei Freundinnen. Während Lollo und Max beruflich äußert erfolgreich sind und sich nur mit dem Besten zufrieden geben, leben Nina und Frederik in einem Reihenhaus. Frederik hat den Beruf als Lehrer seinem Architekturstudium vorgezogen, denn er liebt den Umgang mit Teenagern. Nina hingegen ist unzufrieden mit ihrer Ehe, mit ihrer Figur und auch ein stückweit neidisch auf Lollo und ihr riesiges Haus nebst dem ganzen Geld. Malena hingegen ist noch immer auf der Suche nach dem richtigen Partner und kreuzt jedes Jahr zu Silvester mit einem anderen Mann an ihrer Seite auf. Doch die Tradition zu Silvester gemeinsam zu feiern, halten die drei Frauen noch immer aufrecht.

Mich hat die Geschichte immer mehr und mehr in den Bann gezogen, obwohl uns die Autorin auf eine bestimmte Fährte zu locken versucht - was ihr auch gut gelingt. Doch ist die Lösung wirklich so offensichtlich?
Da wir aus der Sicht von vier Personen lesen, blicken wir sehr schnell hinter ihre Fassaden. Eine der vier legt allerdings ein sehr seltsames Verhalten an den Tag. Malin Stehn hat bei dieser Figur wirklich eine grandiose Charakterstudie erschaffen. Ich habe mich gefragt, wie ich wohl reagieren würde und konnte einige Empfindungen nachvollziehen, andere wiederum überhaupt nicht. Immer wieder blickt man als Leser hinter die Abgründe der menschlichen Seele und erkennt wie wichtig es den Menschen ist, den Schein nach außen zu wahren. Und als Mutter fragt man sich vielleicht auch, wie gut kenne ich mein Kind, dessen Freunde und dessen Freizeitaktivitäten?

Während sich die psychologische Spannung zwar langsam, aber stetig aufbaut, erwartet dem Leser im letzten Drittel nicht nur eine, sondern gleich mehrere unerwartete Wendungen, die einem den Boden unter den Füßen wegziehen, jedoch logisch sind. Die Frage was mit Jessica tatsächlich geschah, ist fast zweitrangig, denn das psychologische Drama der Erwachsenen ist in diesem Roman das Grundgerüst der Story.
Nur in der Mitte kamen ein paar kleine Längen auf, aber sonst hat mich "Happy New Year" überrascht und sehr gut unterhalten.


Fazit:
Ein spannendes Psychodrama, dass nur in der Mitte ein paar kleine Hänger hat, aber danach mit einem fulminaten Abschluss den Leser fassungslos zurücklässt. Ich fand es großartig und empfehle das Buch gerne weiter!

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Veröffentlicht am 05.02.2023

Typischer britischer Krimi

Der Tote von Wiltshire - Lockyer & Broad ermitteln
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Das ist mein erstes Buch von Katherine Webb und ihr erster Krimi. Natürlich kenne ich die Autorin den Namen nach und ich habe auch zwei ihrer historischen Romane noch auf meinem SuB. Umso neugieriger war ...

Das ist mein erstes Buch von Katherine Webb und ihr erster Krimi. Natürlich kenne ich die Autorin den Namen nach und ich habe auch zwei ihrer historischen Romane noch auf meinem SuB. Umso neugieriger war ich auf ihren Genrewechsel, der mich sehr an Lucinda Riley erinnerte. Auch ihr Krimi, der erst nach ihrem Tod veröffentlicht wurde, hat mir sehr gut gefallen und hat ebenfalls dieses britische Whodunit Flair.

Wie bereits angesprochen, haben wir es hier mit einem typischen britischen Ermittlerkrimi zu tun. Vor vierzehn Jahren wurde auf dem Anwesen von Professor Ferris ein Mann erstochen. Matthew Lockyer war damals frisch zum Ermittlerteam gestoßen. Er verhaftete die Haushälterin des Professors, Hedy Lambert, nachdem alle Indizien gegen sie sprachen. Hedy beteuerte jedoch immer ihre Unschuld.
In der Zwischenzeit wurde DI Lockyer nach seinem letzten Fall, der etwas missglückt ist, in die Cold Case Abteilung gesteckt. Als Hedy ihn aus dem Gefängnis anruft und um einen Besuch bittet, kommen die Zweifel von damals wieder hoch. Nach seinem Besuch bei der ehemaligen Hausangestellten möchte er den Mordfall nochmals aufrollen. Gemeinsam mit seiner jungen Kollegin Constable Gemma Broad graben die beiden viele verlorene und vergessene Hinweise zum Fall wieder aus und entdecken mehr, als ihnen lieb ist....

Es dauert etwas bis dieser Krimi an Fahrt aufnimmt. Die ersten 100 Seiten konnten mich noch nicht wirklich mitreißen. Danach fand ich allerdings immer besser in die komplexe Geschichte. Katherine Webb glänzt dabei auch mit überraschenden Wendungen, die ich als sehr gelungen empfand. Man möchte unbedingt wissen, ob Hedy nun wirklich die Tat begangen hat oder nicht. Es gibt jede Menge Verdächtige, obwohl der eigentliche Mord vor bereits vierzehn Jahren begangen wurde. Dunkle Geheimnissse kommen ans Licht und die Zahl der Verdächtigen steigt. Der Krimi nimmt immer mehr an Fahrt auf und hat mich schlussendlich richtig gepackt.

Die Charaktere sind lebendig gezeichnet. Matthew Lockyer trägt zwar, wie viele Ermittler in Krimis, einiges an Altlasten mit sich herum, doch diese sind nicht die typischen Eigenschaften, die wir aus anderen Büchern kennen. Gemma bleibt persönlich noch etwas blass, aber als Constable ist sie eine große Bereicherung für Lockyer. Sie sieht die Dinge aus einer anderen Perspektive und geht auch völlig unvoreingenommen an den Fall heran.
Alle Nebenfiguren sind ebenfalls wunderbar authentisch.

Die Auflösung ist gelungen und war für mich überraschend und doch reiht sich alles logisch aneinander. Mir gefällt Katherine Webbs Krimidebüt und werde diese Reihe auf jeden Fall weiter verfolgen.

Am Ende gibt es noch einen kleinen Cliffhanger, der auf den wohl kommenden Fall blicken lässt.


Fazit:
Geduld lohnt sich hier! Nach dem eher zähen Einstieg wird die Geschichte immer komplexer und spannender! Ich werde diese neue Krimireihe auf jeden Fall weiter verfolgen. Wer typische britische Whodunit-Krimis mag, kann hier zugreifen.

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Veröffentlicht am 30.01.2023

Düsterer historischer Krimi

Adler, Weibliche Kriminalpolizei, Berlin
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Ich habe schon sehr viele historische Krimis gelesen, die auch während der Zeit des Zweiten Weltkrieges spielen, jedoch ist dieser Krimi anders.
Obwohl hier eine weibliche Kommissarin die Hauptprota ist, ...

Ich habe schon sehr viele historische Krimis gelesen, die auch während der Zeit des Zweiten Weltkrieges spielen, jedoch ist dieser Krimi anders.
Obwohl hier eine weibliche Kommissarin die Hauptprota ist, bekommen wir es nicht mit einer Frau zu tun, die wie so oft in historischen Romanen eine starke Einzelgängerin ist. Ebenso hat der Autor die Zeit des Zweiten Weltkrieges nicht am Rande, sondern sehr plakativ eingesetzt. Im jeden Kapitel findet man passende Zitate von Hitler oder Goebbels, die das abscheuliche Gedankengut der NS-Diktatur aufzeigen. Darauffolgend bekommt es der Leser mit grausamen Morden an Frauen, sowie an Menschen, die dem System nicht passen zu tun: Juden, Sozialisten, Kommunisten, Homosexuellen und andere.

In den dunklen S-Bahnzügen Berlins treibt ein Serienmörder sein Unwesen, der auf brutalste Art Frauen vergewaltigt, tötet und aus dem Zug schmeißt. Um ihn zu fassen, wird eine Einheit aus Kriminalpolizisten mit Hilfe der weiblichen Kriminalpolizei gegründet. Neu hinzu kommt Luise Adler, die von einer Kriminalassistentin direkt zur Kommissarin befördert wird, was manchen männlichen Kollegen nicht wirklich schmeckt. Zusätzlich mischt auch noch die Sicherheitspolizei mit, eine Unterabteilung der Gestapo, die ihr eigenes Süppchen kocht und gegen die Kriminalpolzei arbeitet. Diese versucht die Morde den Feinden oder Untermenschen zuzuordnen.
Die Verdunklung am Abend begünstigt die Überfälle auf die Frauen. Die Opfer werden alle mehr oder weniger vorgestellt. Die Anzahl der Figuren ist zahlreich. Neben den Opfern und ihren Angehörigen, steht natürlich die weiblichen Kriminalpolizei unter Polizerätin Grete Hartmann und Kommissarin Luise Adler im Mittelpunkt. Oscar Zach, Kriminalassistent und Partner von Luise bei den Ermittlungen, dient nur widerwillig den neuen Machthabern und ist dem Alkohol verfallen. Sein Vorgesetzter, Kriminalrat Lüdke, stellt sich ebenfalls gegen die Staatspolizei. Diese besteht aus Obergruppenführer Görnitz und einiger seiner fanatischer Ideologie durchzogenen Sipo-Mitarbeiter. In keinem anderen Krimi habe ich die manipulative Staatspolizei so schlimm empfunden, wie hier. Dazu kommt die absolut unwürdige und herablassende Art von Görnitz gegenüber Frauen. Er spricht Luise Adler nicht an und bezeichnet sie - selbst in ihrem Beisein - nur "als Ding". Seine Art hat mir den Hals vor Wut anschwellen hat lassen.

Bei den Zivilisten trifft man sowohl auf Widerständler, aber auch solchen, die ganz mit der Nazi-Ideologie konform gehen. Dazu gehört das Ehepaar Schenk, die ein Kinderheim führen und behinderte Kinder gemäß der NS-Rassenlehre der Euthanesie zuführen. Dieser Krimi ist also wirklich brutal und heftig.

Mein Kritikpunkt sind die immer wieder wechselnden Perspektiven, die nicht angezeigt oder durch neue Kapitel markiert werden. Sie tauchen mitten im Erzählstrang auf und man benötigt einige Zeit um sich wieder neu zu orientieren. Das hat den Erzählfluss oftmals sehr gestört, was ich schade finde.

Fazit:
Ein brutaler historischer Krimi, der einen etwas anderen Einblick in die Arbeit der Kriminalpolizei zur Zeit von Staatspolizei und Gestapo, aufzeigt. Verdunklung 1940 soll der erste Band einer Reihe werden und ich bin schon gespannt auf die Nachfolgebände.

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