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Veröffentlicht am 09.03.2022

Empfehlenswertes Jugendbuch zum Thema #gegendasvergessen

Das rote Band der Hoffnung
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Ich lese seit Jahren Bücher rund um den Holocaust, wobei Jugendbücher eher seltener dabei sind. Mit "Das rote Band der Hoffnung" von Lucy Adlington habe ich dies seit langer Zeit wieder einmal gewagt.

Die ...

Ich lese seit Jahren Bücher rund um den Holocaust, wobei Jugendbücher eher seltener dabei sind. Mit "Das rote Band der Hoffnung" von Lucy Adlington habe ich dies seit langer Zeit wieder einmal gewagt.

Die Näherinnen von Ausschwitz gab es wirklich, doch dies ist kein biographisches Buch. Die Autorin hat sich mit Ella eine jugendliche Protagonistin ausgewählt, die damals zu dieser Gruppe hätte gehören können.
Ella ist eine begabte Näherin, die bereits von Kindesbeinen an das Schneiderhandwerk bei ihrer Großmutter gelernt hat - zuerst spielerisch, danach neben der Schule schon mit dem Wunsch einmal einen eigenen Modesalon zu eröffnen. Doch der Krieg kommt dazwischen und Ella wird auf dem Nachhauseweg von der Gestapo einfach aufgegriffen und nach Ausschwitz-Birkenau gebracht. Was dies heißt, wissen wir alle, denn Birkenau war ein reines Vernichtungslager. Als Ella die Chance bekommt in der Schneiderei mitzuarbeiten, nimmt sie diese wahr und findet in Rose eine sehr gute Freundin.

Rose liebt Bücher und Geschichten und versucht die schwere Zeit im Konzenrationslager durch ihre märchenhaften Erzählungen etwas aufzulockern und den Mithäftlingen Hoffnung zu schenken. Sie ist ein herzensguter Mensch, der Mitleid mit jeder Kreatur hat und hilft, wo sie nur kann. Ella ist kreativ und begabt. Sie versteht sehr schnell, wie man im Lager überleben kann, ohne missgünstig zu sein. Sie verbiegt sich nicht und bleibt sich selbst immer treu. Sie weiß genau, dass jedes einzelne Kleidungsstück, dass sie für die SS-Offiziersgattinnen schneidert, zwischen Leben und Tod entscheiden kann. Rose gibt Ella die Hoffnung ihren großen Traum einmal erfüllen zu können und Ella achtet darauf, dass Rose in der grausamen Umgebung voller Hunger, Niedertracht und Willkür nicht untergeht....

Der Beginn hat mich zuerst etwas skeptisch gestimmt, denn für mich war die anfängliche Atmosphäre "zu locker" und die Begebenheiten des Lageralltages nicht in ihrer gänzlichen Brutalität festgehalten. Ich musste mich daran erinnern, dass es sich hier um ein Jugendbuch handelt und keinen biografischen Roman einer Zeitzeugin. Danach kam ich besser in die Geschichte und erlebte mit Ella und Rose den Lageralltag, der mit der Zeit immer schwerer wurde. Gehässigkeiten von KZ-Aufseherinnen bringen beide in aussichtlose Situationen, die lebensbedrohlich werden.

Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft. Ich hatte immer Bilder im Kopf, die sehr lebendig waren. Die Geschichte ist nicht in einzelne Kapitel aufgeteilt, sondern in Farben. Auf diese geht die Autorin in den Abschnitten immer ein und nehmen auch Bezug zum Lager und zur Nähstube.

Der Autorin ist es gelungen die Handlung für Jugendliche so aufzubereiten, dass diese durch die dramatischen Ereignisse im Konzentrationslager nicht überfordert, aber dennoch für das Thema sensibilisiert werden. Damit ist ihr eine Gradwanderung gelungen, die ich bewundernswert finde und mich meine anfängliche Skepsis total vergessen hat lassen.

Mein einziger Kritikpunkt ist das Ende. War die Erzählung die ganzen dreihundert Seiten über realitätsnah und für Jugendliche gut aufbereitet, war der Schluss etwas zu unglaubwürdig und zu märchenhaft. Er passt nicht wirklich zur vorangehenden Geschichte, gibt aber Hoffnung. Hoffnung, die wir im Moment alle nur zu gut brauchen können...


Fazit:
Eine sehr passende Lektüre für Jugendliche, um für das Thema des Holocausts sensibilisiert werden. Lucy Adlerton ist die Gratwanderung gelungen, diese grausame Zeit so aufzubereiten, dass sie authentisch, aber nicht zu grausam rüberkommt und die Jugendlichen verstört. Gerade jetzt finde ich diese Lektüre sehr wichtig, denn das Ende gibt Hoffnung - Hoffnung auf ein neues Leben!

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Veröffentlicht am 18.02.2022

Mord im Eislaufverein

Mord auf dem Eis
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"Mord auf dem Eis" ist der sechste Fall rund um die pensionierte Lehrerin Ernestine Kirsch und ihrem Freund Anton Böck.
Beate Maly entführt uns diesmal zum Wiener Eislaufverein. Wir schreiben das Jahr ...

"Mord auf dem Eis" ist der sechste Fall rund um die pensionierte Lehrerin Ernestine Kirsch und ihrem Freund Anton Böck.
Beate Maly entführt uns diesmal zum Wiener Eislaufverein. Wir schreiben das Jahr 1924. Die Vorweihnachtszeit lässt die Menschen ein bisschen die Sorgen der Nachkriegszeit vergessen und sie strömen zur Eisbahn in der Wiener Innenstadt. Auch die kleine Rosa, Antons Enkelin, lernt mit großer Begeisterung Schlittschulaufen. Ernestine überredet ihren Anton beim Rundttanz mitzumachen, wo sie auch die neuen Hoffnungsträger für die nächsten Winter-Olympiade kennenlernen. Anton lockt allerdings nur das Versprechen sich nach dem Rundtanz eine gute Nachspeise in der Kantine einzuverleiben. Während er genüßlich seine Kuchen und Torten verspeist, beobachtet Ernestine die Menschen um sich herum. Die winterliche Idylle wird jäh zerstört, als eine junge Eiskunstläuferin ermordet wird. Ernestines Neugier ist geweckt und sie versucht hinter den Kulissen mehr über die junge Frau zu erfahren. Diese scheint sich jede Menge Feinde gemacht zu haben. Ihre eigenen Interessen standen dabei immer im Vordergrund, wenn sie Vortele für sich, wie gute Trainingsstunden, herausholen konnte.
Kommissar Erich Felsberg, Heide's Freund und "Bald-Schwiegersohn" von Anton, ist nicht begeistert, dass Ernestine herumschnüffelt, auch wenn sie ihm schon bei anderen Fällen entscheidende Tipps gegeben hat. Im Kommissariat greift in letzter Zeit der Antisemitismus um sich und Erich werden von einem Kollegen immer mehr Steine in den Weg gelegt. Aber Ernestine wäre nicht Ernestine, würde sie aufgeben und so steckt sie wieder einmal ihre Nase in Angelegenheiten, die sie nichts angehen und kommt dabei den Mörder immer näher. Da passiert ein weiterer Mord....

Der historische Krimi lebt vorallem durch das sympathische Seniorenpärchen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Wiener "Miss Marple" und ihr eher schüchterner Apothekerfreund bekennen sich öffentlich noch immer nicht als Paar, obwohl sie das ehemalige Kutscherhäuschen neben der Apotheke renovieren. Anton wird in Zukunft dort mit Ernestine wohnen, während Heide und Erich mit Rosa nach der geplanten Hochzeit das Obergeschoß übernehmen. Doch Ernestine ist sich nicht sicher, ob sie wirklich ihre Eigenständigkeit aufgeben soll...

Während das Verbrechen bei dieser Reihe eher im Hintergrund steht, ist dieser Fall trotzdem spannend geschrieben und ich hatte die 257 Seiten sehr schnell gelesen. Beate Maly schreibt flüssig und sehr bildhaft.
Sie schafft es wieder ganz wunderbar die historische Stimmung und das Wiener Lokalkolorit einzufangen. Der Humor kommt ebenfalls nicht zu kurz. Die Sprache ist der Zeit angepasst. Die Kapitel sind kurz gehalten.

Besonders hervorheben möchte ich das wunderschöne Cover vom Emons Verlag, das wieder im Jugendstil gehalten ist und hervorragend zu den Vorgängerbänden passt. Für mich ist es bisher das schönste Cover der Reihe.

Fazit:
Ich mag das rüstige Schnüfflerpärchen und die Reihe sehr, wobei die einzelnen Teile doch sehr unterschiedlich sind. Diesen Teil fand ich wirklich gelungen und spannend und die Atmosphäre auf der Wiener Kunsteislaufbahn wurde fantastisch eingefangen. Für mich der bisher beste Teil der Reihe.

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Veröffentlicht am 09.02.2022

Wer ist der Feuerteufel?

Feuer im Alten Land
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"Feuer im Alten Land" ist mein zweiter Krimi von Hanna Paulsen, der mich wieder großartig unterhalten und spannende Lesestunden gebracht hat.

Polizeireporterin Gesa Jansen ist gerade bei einem kleinen ...

"Feuer im Alten Land" ist mein zweiter Krimi von Hanna Paulsen, der mich wieder großartig unterhalten und spannende Lesestunden gebracht hat.

Polizeireporterin Gesa Jansen ist gerade bei einem kleinen Brandeinsatz um für die Hamburger Abendpost zu berichten. Seit einiger Zeit versetzt ein Feuerteufel die Gegend in Angst und Schrecken. Kaum hat sie ihre Fotos geschossen, geht der Alarm wieder los. Die Ortsangabe des nächsten Einsatzes lässt Gesas Atem stocken. Es ist die Straße, in der sich das Hotel ihrer Eltern befindet. Kurze Zeit später steht sie fassungslos vor ihrem brennenden Elternhaus, dessen Besitzer ihr Bruder Gunnar ist. Schon bald steht Gunnar, der Feuerwehrmitglied ist, unter Verdacht des Versicherungsbetruges. Gesa lässt diese Verdächtigungen nicht auf ihn sitzten und beginnt auf eigene Faust nachzuforschen. Wäre sie nicht zu klein für den Polizeidienst gewesen, könnte sie jetzt offiziell ermitteln.
Björn Dalmann aus dem Kulturressort, der ihr schon beim letzten Mal als Partner zugewiesen wurde, hilft ihr auch diesmal wieder aus. Das ist gut so, denn Gesa gerät immer mehr ins Visier der Polizei. Ihre Chefin Maike Thomsen versucht hingegen aus der familiären Tragödie mehr für die Hamburger Abendpost herauszuschlagen. Sie verlangt von Gesa den Fall noch vor der Polizei aufzuklären und die Titelstory zu liefern. Als Gunnar jedoch immer mehr ins Visier der Ermittler gerät, wird Gesa von der Berichterstattung abgezogen. Sie soll stattdessen über das große Apfelblütenfest in Cranz und die Wahl der Apfelblütenkönigin berichten. Gesa ist davon genervt und findet es furchtbar langweilig. Als jedoch die noch regierende Apfelblütenkönigin Caroline, die im Hotel von Gunnar arbeitet, nicht zur Übergabe des Titels auftaucht und die Sirene wieder erschallt, ist die Hölle los...

Auch diesmal hat mir das Zusammenspiel der beiden Reporter sehr gut gefallen. Björn ist der Ruhepol der Beiden und ein sehr sympathischer Mann. Gemeinsam sind sie ein kleines Dream-Team, das immer besser zusammenarbeitet, auch wenn Gesa ihm noch immer nichts über ihre schlimmen Erfahrungen als Kriegsreporterin in Syrien und die Folgen daraus, erzählt hat. Der Fokus in diesem Teil liegt aber eindeutig bei der Familie von Gesa.
Die Figuren sind sehr lebendig und facettenreich gezeichnet - bis hin zum kleinsten Nebencharakter. Auch das Lokalkolorit kommt nicht zu kurz. Besonders das Apfelblütenfest und die Verbundenheit zum Alten Land wurden sehr bildhaft dargestellt.

Der Fall ist wieder super spannend. Der langsame und raffinierte Aufbau der Geschichte ist absolut gelungen. Ich habe mit Gesa und Björn mitgefiebert und um Gunnar gebangt, der als mutmaßlicher Feuerteufel den Zorn der Einwohner von Cranz und Umgebung zu spüren bekommt. Die dörfliche Neidgesellschaft, sowie die üblen Verleumdungen, die sich sehr schnell bilden, sind hervorragend dargestellt. Ich komme selbst aus einem kleinen Dorf und weiß, wie schnell sich Gerüchte verbreiten. Ich habe mitgerätselt und versucht unter all den Verdächtigen, den Brandstifter zu finden. Immer wieder musste ich meine Mutmaßungen ändern, denn Hanna Paulsen legt so einige falsche Fährten.
Ich bin wieder begeistert von diesem weiteren Fall und freue mich sehr eine tolle neue Krimiautorin entdeckt zu haben.

Fazit:
Ein spannender Krimi mit facettenreichen Charakteren. Die Autorin konnte mich auch ein zweites Mal richtig überzeugen und ich freue mich schon auf weitere fesselnde Krimiabenteuer. Von mir gibt es eine Leseempfehlung für beide Teile der Reihe!

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Veröffentlicht am 30.01.2022

Deutsch-deutsches Schicksal

Der Palast
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Vor kurzem wurde im TV der Dreiteiler "Der Palast" gezeigt. Die Drehbuchautorin Rodica Doehnert hat dazu auch den Roman geschrieben. Die Serie habe ich nicht gesehen, daher habe ich leider keine Vergleichsmöglichkeit.

Als ...

Vor kurzem wurde im TV der Dreiteiler "Der Palast" gezeigt. Die Drehbuchautorin Rodica Doehnert hat dazu auch den Roman geschrieben. Die Serie habe ich nicht gesehen, daher habe ich leider keine Vergleichsmöglichkeit.

Als titelgebender Schauplatz wurde der Friedrichstadt-Palast gewählt, ein Vorzeige-Objekt aus dem Osten, welches ich als tolles Setting empfand. Nur wenige DDR-Bürger hatten das Privileg dort eine Vorstellung besuchen zu dürfen. In diesem Theater ist Christine Steffen Tänzerin. Die alleinerziehende Mutter der zehnjährigen Lilia kämpft um die Rolle als Solotänzerin. In Ost-Berlin steht die 40 Jahr Feier zur Gründung der Deutschen Demokratischen Republik an und Christine vor einen weiteren Karrieresprung.
Die Westdeutsche Marlene Wenninger sitzt bei einer ihrer Vorstellungen zufällig im Publikum und traut ihren Augen nicht, als sie Christine erblickt, die ihr zum Verwechseln ähnlich sieht. Marlene versucht sie nach der Show abzufangen und mit ihr zu reden. Nach kurzen Recherchen entdecken die jungen Frauen, dass sie im selben Jahr und am selben Tag geboren sind. Marlene lebt jedoch mit ihren Eltern in Bamberg, während Christine in Berlin geboren wurde. Natürlich lässt dieser Umstand den beiden Frauen keine Ruhe und jede von ihnen beschließt der Sache auf den Grund zu gehen...

Christine und Marlene sind äußerlich ident, doch ihre Charaktere sind grundverschieden. Dazu tragen nicht nur die beiden politischen Systeme, in denen sie aufgewachsen sind bei, sondern auch ihre Familien.
Christine ist jung Mutter geworden und steht dennoch mit beiden Beinen fest am Boden. Unterstützt wird sie dabei von Alexander, dem Vater der gemeinsamen Tochter, der ebenfalls im Friedrichstadt-Palast als Musiker auftritt, sowie von ihrer berufstätigen Mutter Rosa und ihren Großeltern.

Marlene ist wohlbehütet in einem alteingesessene Familienunternehmen aufgewachsen und darin eingebunden. Sie hat Betriebswirtschaft studiert, ist Single und wird von ihrem Vater in die DDR geschickt, um geschäftliche Beziehungen aufzubauen. Die Wenninger & Co.KG möchte nämlich einen Teil ihrer Produktion in den Osten auslagern., seit die Metallbranche in der Krise steckt.
Die politischen Ansichten ihrer Heimatländer sind bei beiden Frauen tief verwurzelt und doch versucht jede von ihnen einen Blick in die "fremde Welt" der anderen zu werfen und zu verstehen. Wie sie das machen, müsst ihr selbst lesen...

Der Roman verschafft den Leser einen tiefen Einblick in die Geschehnisse von 1961, als die Mauer über Nacht aufgezogen wurde, sowie das Leben der Menschen in einem geteilten Land bis zum Mauerfall 1989. Der Konflikt, der zwischen den Menschen aus dem damaligen Osten und dem Westen herrschte, wird (soweit ich das beurteilen kann) sehr wirklichkeitsnah dargestellt.

Rodica Doehnert hat eine berührende Familiengeschichte um Christine und Marlene, die nach der Geburt getrennt wurden, geschrieben. In einem einnehmenden Schreibstil und einer fesselnden Story gelingt es ihr das Schicksal der beiden Frauen emotional darzustellen und beide Ansichten ohne Beurteilung zu beschreiben. Berührend ist vorallem der Zeitpunkt, als die Mauer fällt.

Gefallen hat mir auch die kleine Rahmenhandlung aus der Gegenwart in der Lilia bereits als Erwachsene im Flugzeug sitzt und ihrer Sitznachbarin die Geschichte ihrer Familie erzählt. Dabei gibt es auch einen kleinen Einblick, was mit der Familie nach der Wende 1989 passiert.

Die Autorin hat bereits die Romane und Drehbüher zu den beiden Hotelromanen "Das Sacher" und "Das Adlon" veröffentlicht. Ein Glossar und ein Familienstammbaum befindet sich am Ende des Romans, sowie ein Nachwort und eine Danksagung der Autorin.

Fazit:
Ein berührender Roman beginnend mit dem Mauerbau bis zu ihrem Fall - deutsch-deutsche Geschichte anhand des Schicksals einer Familie zwischen Ost und West. Sehr lebendig erzählt. Von mir gibt es eine Empfehlung.

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Veröffentlicht am 04.01.2022

Im Heiligen Land

Die Mission des Kreuzritters
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Der neue historische Roman von Ulf Schiewe führt den Leser ins Heilige Land zur Zeit der Kreuzritter. In seinem neuen Roman ist einer der Hauptprotagonisten Raol de Montalban. Diese provenzialische Familie ...

Der neue historische Roman von Ulf Schiewe führt den Leser ins Heilige Land zur Zeit der Kreuzritter. In seinem neuen Roman ist einer der Hauptprotagonisten Raol de Montalban. Diese provenzialische Familie spielte bereits in "Der Bastard von Tolosa", "Die Comtessa" und "Die Hure Babylon" eine große Rolle. "Die Mission des Kreuzritters" ist jedoch ein eigenständiger Roman.

Wir befinden uns im Jahre 1129 in Jerusalem. Es ist die Zeit nach dem ersten Kreuzzug und Baudouin II. herrscht als König über die Stadt. Er ist der Vater von vier Töchtern und aus Mangel an männlichen Nachfolgern soll Melisende, seine älteste Tochter, einmal die Krone erben. Baudouin bereitet sie für die Aufgaben als zukünftige Königin vor, doch schon damals wird in Zukunft der Ehemann von Melisende regieren. Um den Schmelztigel Jerusalem zu stärken, entscheidet er sich seine Tochter mit dem älteren Grafen Foulques d’Anjou zu verheiraten. Melisende ist entsetzt, denn sie kann den Mann nicht ausstehen und erkennt sehr schnell sein Ansinnen, die Macht an sich zu reißen. Melisende versucht den Vater umzustimmen, doch erfolglos. Die selbstbewusste junge Frau plant daraufhin die Flucht zu ihrer bereits verheirateten Schwester nach Antiochia. Mit einem kleinen Gefolge flüchtet sie aus der Stadt, wird aber unterwegs überfallen und nach Schaizar, einer muslimischen Stadt, die vom Sultan ibn Munquidh regiert wird, gebracht. Dort wird sie gut behandelt, als der Sultan entdeckt, dass er die Tochter des Königs von Jerusalem gefangen genommen hat. Für eine hohe Summe soll Melisende wieder freigelassen werden. Baudouin schickt dafür den Tempelritter Raol de Montalban mit einigen seiner Männer aus....

Ulf Schiewe gelingt es wieder großartig die fiktive Geschichte rund um die Entführung von Melisende in die historische Rahmenhandlung einzubetten. Dabei erfährt der Leser auf spannende Weise mehr über die verschiedenen Religionen, die zu dieser Zeit ihre Machtkämpfe austragen.
Die Entführungsgeschichte ist rein fiktiv, bildet aber den Grundstock zur Beschreibung des politischen Umfelds von Jerusalem. Jerusalem ist der Ort des Zusammentreffens verschiedener Religionen mit ihren jeweiligen Heiligen Stätten und natürlich auch ein Ort des Handels.
Auf dem Rückweg nach Jerusalem, der zu einer atemberaubenden Flucht wird, kommen sich Melisende und Raol näher. Etwas ungewöhnlich für den Autor steht ab diesem Abschnitt die Liebesgeschichte neben den Abenteuern im Vordergrund. Sie wird aber nie kitschig und nimmt nur einen kleineren Teil des Romans ein. Im Vordergrund bleiben immer die Schlacht- und Kampfhandlungen, sowie die abenteuerliche Flucht. Dabei ist die Gefahr, in der sich Melisende und Raol befinden, immer spürbar.

Charaktere:
Die beiden Hauptprotagonisten sind starke und nach außen hin unabhängige Charaktere. Melisende ist zu Beginn eine reiche und etwas verwöhnte Königstochter, die ziemlich unüberlegt die Flucht antritt. Doch im Laufe der Geschichte entwickelt sie sich weiter undist eine sympathische junge Frau, die eigenständig und mutig ist.

Raol de Montalban ist einer der wenigen Überlebenden der Schlacht von Ager Sanguinis und ist danach den Tempelrittern beigetreten. Er ist jedoch desillusioniert und steht nicht wirklich hinter dem christlichen Glauben. Zusätzlich sieht er keinen Sinn in den Kreuzzügen und den Kämpfen zwischen den verschiedenen Religionen, für die alle Jerusalem ein heiliger Ort ist. Doch ein Zurück in seine Heimat Frankreich gibt es für ihn nicht.
Neben den beiden Hauptfiguren treffen wir auf weitere interessante Charaktere: der intelligente und gerissene König Baudouin II., Vater von Melisende; der diplomatisch geschickte Usama ibn Munqidh, Neffe des Emirs von Schaizar und dessen schlauer Verhandlungsführer; der verschlagen Verwandte des Emirs, Qilitsch ad-Din Mahmud, und natürlich der cholerische und berechnende Foulques d’Anjou, potentieller zukünftiger Ehemann von der Thronerbin Melisende.

Der Templerorden war wohl einer der bekanntesten Ritterorden, die "arme Ritterschaft Christie". Sie lebten karg und "im Zölibat", waren jedoch gefürchtete Kämpfer, die aus ganz Europe kamen. Meistens waren es drittgeborene Söhne, die weder erbten, noch den Weg ins Kloster betsreiten durften. So wurde aus den Templern eine gefürchtete Truppe, die aber auch von den Feinden repektiert wurde. Die vorherrschende Aufgabe war vorerst Pilgerwege zu sichern und sich für die ärmere Bevölkerung einzusetzen.

Schreibstil:
Ulf Schiewe hat auch seinen neuen Roman wieder im Präsens verfasst, ohne dass dabei der historische Sprachschatz verloren geht. Die Erzählung ist spannend, atmosphärisch und sehr bildhaft. Ich bin Melisende durch die Berge und entlang der Mittelmeerküste gefolgt, habe jederzeit die Gefahr gespürt und das Leben der einfachen Leute kennen gelernt. Der Autor nimmt sich der politischen Lage und dem Thema der Kreuzzüge an. Er bleibt jedoch neutral und bewertet keine der Religionen.

Auf der Innenseite der Broschur gibt es eine Landkarte, die den Weg der Flucht aufzeigt. Im Nachwort geht der Autor auf die historisch belegten Figuren ein. Ein Glossar und ein Personenrgeister runden den Roman am Ende ab.

Fazit:
Ein weiterer fesselnder historischer Roman des Autors, dessen Bücher ich sehr gerne lese. Bildgewaltig und atmosphärisch reisen wir an der Seite von Melisende und Raol de Montalban durchs Heilige Land und erleben aufregende Abenteuer und blutige Schlachten.Für ganze 5 Sterne reicht es nicht, da es in der Mitte einige kleine Längen gibt, aber das ist bereits meckern auf hohen Niveau. Ich empfehle allen Lesern von historischen Romanen "Die Mission des Kreuzritters" gerne weiter,

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