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Veröffentlicht am 09.11.2022

Glück und Glas

Auf tapsigen Pfoten ins Glück
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Rückt die Adventzeit näher, darf auch ein Weihnachtsroman nicht fehlen. Einer, der jedes Jahr auf meiner "Must read" Liste steht, ist der alljährliche Hunde-Liebesroman von Petra Schier.

Dieser Band handelt ...

Rückt die Adventzeit näher, darf auch ein Weihnachtsroman nicht fehlen. Einer, der jedes Jahr auf meiner "Must read" Liste steht, ist der alljährliche Hunde-Liebesroman von Petra Schier.

Dieser Band handelt von Jana, die als Glaskünstlerin arbeitet. Wer bereits eines oder mehrere Bücher der Autorin gelesen hat, trifft eine alte Bekannte wieder. Ihre einzigartigen Glaskunstwerke sind in der ganzen Stadt bekannt und besonders beim jährlichen Adventmarkt sehr beliebt.
Als Jana von einer Weiterbildung nach Hause kommt, stellt sie mit Entsetzen fest, dass in ihrem Geschäft und im Lager eingebrochen wurde. Teilweise wurden sogar einige ihrer Glasobjekte mutwillig zerstört. Kurze Zeit später erhält sie auch noch Drohbriefe. Die Polizei ist leider machtlos. Deswegen engagiert sie auf Empfehlung einen Privatdetektiv, der auch gleichzeitig für ihren Schutz sorgen soll. Oliver und seine Bordeauxdogge Scottie ziehen kurzfristig bei Jana ein, bis alle technischen Sicherheitsvorkehrungen getroffen sind.
Jana und Oliver könnten unterschiedlicher nicht sein und der Start ist nicht gerade vielversprechend. Während sich in Janas Leben alles um ihre Kunst dreht und Elfen und Einhörner einen großen Teil davon einnehmen, ist Olivers Leben klar strukturiert. Magie oder Übersinnliches kommt darin nicht vor.

Die winterliche und romantische Stimmung fängt Petra Schier wieder wunderbar ein. Die beiden Protagonisten sind jedoch sehr unterschiedlich und dass die Funken nach einiger Zeit sprühen, ist vom Weihnachtsmann gar nicht wirklich geplant. Zusätzlich ist Jana Olivers Klientin und er muss Distanz wahren. Doch die Anziehungskraft zwischen den beiden ist groß...

Diesmal hat Petra Schier auch spannende Krimi-Elemente eingefügt, was mir gut gefallen hat. Jana erhält nicht nur einen, sondern weitere Drohbriefe, die jeweils zerstörte Kunstwerke von ihr enthalten. Alle rätseln, wer die sympathische Künsterlin bedrohen könnte, die in der Stadt allseits beliebt ist. Ich habe fleißig mitgeraten, aber habe daneben getippt. Die Auflösung ist aber auf alle Fälle schlüssig.

Natürlich spielt wieder der flauschige Vierbeiner eine große Rolle, dessen Gedanken wir in kursiver Schrift lesen können. Diesmal kam mir Scottie jedoch bis zur zweiten Hälfte der Geschichte fast zu kurz. Kleine erotische Szenen dürfen ebenfalls nicht fehlen und natürlich gibt es wieder kurze Kapitel rund um den Weihnachtsmann, seiner Frau, den Rentieren und den Elfen.
Aber ganz besonders mag ich den Zauber des Adventmarktes mit dem altmodischen Karussell und der "besonderen Playlist".

Wie schon bei den anderen Hunde-Weihnachtsromanen ist die Geschichte wieder in 25 Kapitel unterteilt, die man als Adventkalender lesen könnte. Doch das habe ich noch nie geschafft! Man muss einfach weiterlesen und diese zauberhaften Geschichten so schnell wie möglich inhalieren.

Fazit:
Der alljährliche Weihnachts-Hunderoman von Petra Schier hat mich auch diesmal wieder verzaubert. Ich habe die Portion Hunde- und Liebesglück sehr genossen und hatte schöne Lesestunden, die meine Vorfreude auf die Adventzeit steigern konnte. Jedes Jahr einfach ein MUST READ!

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Veröffentlicht am 07.11.2022

Entstehung des Kaufhaus des Westens

KaDeWe. Haus der Träume
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Marie Lacrosse lese ich schon lange und gerne. Zu Beginn schrieb sie noch unter Marita Spang ihre historischen Romane, die in den früheren Jahrhunderten spielten. Unter Marie Lacrosse schreibt sie vorwiegend ...

Marie Lacrosse lese ich schon lange und gerne. Zu Beginn schrieb sie noch unter Marita Spang ihre historischen Romane, die in den früheren Jahrhunderten spielten. Unter Marie Lacrosse schreibt sie vorwiegend im 19. oder beginnenden 20. Jahrhundert.

Diesmal hat sich die Autorin dem Kaufhaus des Westens gewidmet und erzählt die Geschichte dreier Familien, die mit dem Kadewe verbunden sind.
Der Gründer dieses Warenhauses, Adolf Jandorf, hat sich von ganz unten hochgearbeitet. Mit seinen Brüdern hat er einige kleinere Kaufhäuser aufgebaut, bis er sich seinen Wunsch eines großen Luxuskaufhauses erfüllte. Sein Sohn Harry scheint jedoch kein Interesse zu haben, das Imperium später zu übernehmen.

Jandorfs bester Freund ist der Firmenjustiziar Paul Bergmann. Dessen Sohn Johannes arbeitet als Einkäufer im KaDeWe. Er ist ein sehr offener und warmherziger Mensch, hütet jedoch ein dunkles Geheimnis. Seine Tochter Judith besucht die von Alice Salomon gegründete Soziale Frauenschule und hofft durch diese Ausbildung die Qualifikation für ein Hochschulstudium zu erhalten. Judith setzt sich vorallem für Kinder aus der Unterschicht im jüdischen Teil des Scheunenviertels ein. Sie kämpft verzweifelt gegen die dort herrschenden sozialen Bedingungen.

Neben den Jandorfs und Bergmanns aus der gehobenen Schicht, begleiten wir noch die Arbeiterfamilie Krause. Mutter Käthe leitet die Putztruppe im KaDeWe und bringt ihre Kinder Rieke und Robert als Lehrlinge im KaDeWe unter. Ihr Mann tyrannisiert die Familie und schlägt sich zu Beginn mit Gelegenheitsarbeiten durch, bis er immer mehr dem Alkohol verfällt. Rieke steigt beruflich immer weiter auf, muss jedoch gleichzeitig die ganze Familie versorgen. Hunger und Armut sind das tägliche Brot der Krauses. Als der Erste Weltkrieg ausbricht, verändert sich das Leben aller drei Familien schlagartig....

Die Handlung des ersten Teiles startet im Jahr 1907 und endet 1926, wobei der Fokus auf den 1910er- und 1920er-Jahren liegt. Das Kaufhaus ist dabei der Dreh- und Angelpunkt des Buches.
Gespannt habe ich den Werdegang von Rieke und Judith verfolgt, die alleine schon durch ihre Lebensumstände in völlig unterschiedlichen Bereichen für ihr Glück kämpfen und im Laufe der Geschichte Freundinnen werden. Der Einblick ins Kaufhausgeschehen, wie auch die privaten Schicksalsschläge haben die manchmal etwas ausufernden politischen Darstellungen aufgelockert. Das historische Hintergrundwissen der Autorin fließt wieder wunderbar in die fiktive Geschichte ein und gibt ein sehr detailliertes Bild der damaligen Zeit. Besonders die Superinflation nach dem verlorenen Krieg und die daraus resultierenden Folgen sind spannend erzählt und hinterließen ein etwas banges Gefühl in meiner Magengegend.

Marie Lacrosse verfügt über einem bildhaften und detaillierten Erzählstil. Die Sprache ist der Zeit angepasst und sehr dialoglastig. Die Figuren sind alle bildhaft und authentisch dargestellt. Ich konnte sie mir wunderbar vorstellen und habe oftmals um einige von Ihnen gebangt und gehofft.

Zu Beginn gibt es eine Personenübersicht der handelnden Figuren mit Vermerk zu den historischen Persönlichkeiten. Im Nachwort erzählt die Autorin über ihre Recherchen und der Arbeit am Roman....sehr interessant! Die letzten Kapitel geben bereits Hinweise, wie es im zweiten Teil, der am 14. Juni 2023 erscheinen wird, weitergehen könnte.

Fazit:
Ein sehr interessanter erster Teil über die Entstehung des Kaufhaus des Westens und einer bildhaften Darstellung der Zeit vor, während und nach dem Ersten Weltkrieg in Berlin. Gelungen!

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Veröffentlicht am 05.11.2022

Atmosphärischer Wienkrimi aus der k.u.k. Zeit

Aurelia und die letzte Fahrt
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Von Beate Maly habe ich bereits einige historische Romane und Krimis gelesen. Dabei ist die Zeitspanne, in der ihre Geschichten spielen, breit angesiedelt. Von der Türkenbelagerung in Wien 1530 bis hin ...

Von Beate Maly habe ich bereits einige historische Romane und Krimis gelesen. Dabei ist die Zeitspanne, in der ihre Geschichten spielen, breit angesiedelt. Von der Türkenbelagerung in Wien 1530 bis hin zu den Krimis um Ernestine Kirsch und Anton Böck, die nach dem Ersten Weltkrieg ermitteln. Ich habe fast alle ihre Bücher gelesen.

Nun hat die Autorin im Dumont Verlag mit "Aurelia und die letzte Fahrt" den wahrscheinlich ersten Band einer neuen Krimi-Reihe veröffentlicht.
Diesmal befinden wir uns im Jahre 1871. Aurelia von Kolowitz hält nichts von Konventionen. Die junge Grafentochter zeichnet heimlich unter Pseudonym Karikaturen für den Figaro. Als sie eines Tages wieder die Kutsche mit ihrer Lieblings-Fiakerin Frieda Horvath nimmt, finden die beiden darin einen toten Offizier - mit heruntergelassener Hose. Anscheinend war eine Prostituierte mit dem Offizier in der Kutsche, was Frieda große Probleme einbringt. Der Fall geht an Janek Pokorny und seinen Assistenen Johannes Hofer. Aber auch Aurelia lässt dieser Mord keine Ruhe und vorallem will sie nicht glauben, dass der oberflächliche Stich mit einem winzigen Messer den Tod des Offiziers verursacht hat.

Die kaiserlichen Polizeiagenten, die zur Sicherheitswache gehören und in Zivil ermitteln, haben es seit ihrer Erschaffung im Revolutionsjahr 1848 nicht leicht. Noch immer scheint das Militär das Sagen zu haben und das wird auch fleißig ausgenutzt. Auch Janek rennt bei seinen Ermittlungen gegen Mauern......
Dabei kommt er selbst aus ärmlichen Verhältnissen. Seine Familie wanderte aus Böhmen ein und sind einfache Ziegelarbeiter. Durch ein Stipendium hat er eine gute Schulausbildung genossen und trotzdem kämpft er als kaiserlicher Polizeiagent um Anerkennung, die ihm oftmals verwehrt wird. Zusätzlich bekommt er einen Kunstraub zugeteilt, der weitere Probleme bringt.

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Perspektive von Aurelia und Janek erzählt. Die Beiden sind ein ziemlich ungewöhnliches Gespann. Aber auch die Nebenfiguren, wie Sebastian, der Diener von Aurelia oder der Advokat Nepomuk, werden sehr lebendig dargestellt. Aber auch Fiakerin Frieda oder Mitzi Voda und Josefa Sobotka tragen viel zur Geschichte bei, wie jede noch so kleine Nebenfigur. Alle Charaktere sind vielschichtig angelegt und überzeugen. Gefallen hat mir auch der kleine Querverweis zur Apotheke Böck, aus der wohl fünfzig Jahre später Anton Böck aus einer anderen Krimireihe der Autorin entstammt.

Die Atmosphäre von Wien während der k.u.k. Zeit hat Beate Maly wieder großartig eingefangen. Wir sind dabei, wenn Johann Strauß seine Konzerte gibt, erleben rauschende Ballnächte und ärgern uns über den Staub, den der Bau der neuen Ringstraße einbringt.

Im Nachwort erklärt Beate Maly, dass sie sich an einem wahren Verbrechen orientiert hat und dabei die Idee zu dieser Geschichte entstanden ist.

Fazit:
Eine spannende neue Reihe, die ich sicher weiterverfolgen werde, wenn es Nachschub gibt. Der Krimi hat mich mit viel Wiener Flair zur Zeit der k.u.k. Monarchie und tollen Figuren sehr gut unterhalten.

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Veröffentlicht am 02.11.2022

Im ewgen Eis

The Dark
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Ein weiterer Locked-Room Thriller hat mich erreicht =) Ich mag diese Art von Krimis/Thriller sehr.
Diesmal sind wir auf einer Forschungsstation in der Antarktis. Für die Notärztin Kate North ist es eine ...

Ein weiterer Locked-Room Thriller hat mich erreicht =) Ich mag diese Art von Krimis/Thriller sehr.
Diesmal sind wir auf einer Forschungsstation in der Antarktis. Für die Notärztin Kate North ist es eine Flucht aus ihrem derzeitigen Leben, als sie sich für den Job auf einer UN-Forschungsstation im ewigen Eis bewirbt. Sie springt für den verunglückten französischen Stationsarzt Jean-Luc ein. Sie erwartet ein ganzes Jahr voller Dunkelheit und Kälte im ewigen Eis...und ein Mörder.

Die gnadenlose Kälte schließt 13-köpfige Crew in der Forschungsstation ein und die monatelange Dunkelheit bringt nach und nach alle an ihre Grenzen. Schon nach kurzer Zeit ahnt Kate, dass der Tod ihres Vorgängers kein Unfall gewesen ist. Als es zu einem weiteren Todesfall auf der Station kommt, ist sich Kate sicher, dass sich ein Mörder unter ihnen befindet. Wem kann sie noch trauen?

Die Atmosphäre im ewigen Eis, die andauernde Dunkelheit und die Kälte hat Emma Haughton großartig eingefangen. Das dunkelblaue/nachtschwarze Cover mit der Taschenlampe und den erhabenen Eiskristallen ist richtig gelungen. Ich konnte mir die Kälte, die Dunkelheit und die Abgeschiedenheit im Eis sehr gut vorstellen. Verbindungen zur Außenwelt gibt es keine mehr, nachdem Kate eingetroffen und die Wintermonate begonnen haben.

Kate leidet seit einem schweren Unfall unter massiven Ängsten und ist tablettenabhängig. Wie sie den Gesundheitscheck bestanden hat, ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel. Auch während des Aufenthaltes greift sie regelmäßig in den Medikamentenschrank. Die klaustrophobische Enge auf der Forschungsstation und die Locked Room Thematik tun das Übrige.
Kate nervt außerdem regelmäßig mit ihren impulsiven und unbedachten Äußerungen und Handlungen. Die Spannung zwischen den Teilnehmern der Forschungsstation wird immer deutlicher und sorgt für eine greifbare Dramatik in der Geschichte.

Erzählt wird aus der Ich-Perspektive von Kate. Ihr Geheimnis wird nach und nach aufgedeckt. Bis die Handlung jedoch an Fahrt aufnimmt, dauert es einige Zeit. Zuerst werden alle zwölf Teilnehmer vorgestellt. Dabei hilft auch das Personenverzeichnis gleich am Anfang des Buches. Trotzden sind die Charaktere nur teilweise gut ausgearbeitet. Einige aus der internationalen Forschercrew hatte ich immer bildhaft vor Augen und konnte sehr schnell eine Beziehung zu ihnen aufbauen. Andere blieben allerdings blass und hinterließen bis zum Ende keinen bleibenden Eindruck.

Im letzten Drittel kommt die langersehnte Spannung auf und ich habe das Buch dann in einem Rutsch durchgelesen. Der Showdown ist gelungen und bietet jede Menge Nervenkitzel. Dabei kommt es jedoch auch zu einigen Logikfehlern. Am Ende fragte ich mich: Was war eigentlich das Motiv des Täters? Dazu gibt es nämlich keine Erklärung...


Fazit:
Tolles Setting und wunderbare atmosphärische Stimmung im ewigen Eis. Die aufkommende Spannung zwischen der Forschercrew ist gelungen, jedoch kommt der Thriller erst so richtig ab der zweiten Hälfte in Fahrt. Am Ende fragte ich mich jedoch, was eigentlich das Motiv des Täters war? Für ein Debüt nicht schlecht, aber es gibt noch jede Menge Luft nach oben.

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Veröffentlicht am 29.10.2022

Erschütternd

Das Wolfsmädchen
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Nachdem der Historiker Dr. Christian Hardinghaus bereits in seinen Büchern über die Zeitzeugen des Zweiten Weltkrieges berichtet und jeweils Frauen, Männer und den Kindersoldaten eine Stimme gegeben hat, ...

Nachdem der Historiker Dr. Christian Hardinghaus bereits in seinen Büchern über die Zeitzeugen des Zweiten Weltkrieges berichtet und jeweils Frauen, Männer und den Kindersoldaten eine Stimme gegeben hat, erzählt er in "Das Wolfsmädchen" über ein ganz besonderes Schicksal. Stellvertretend für die Gruppe von Kindern, die 1945/46 aus dem ehemaligen Ostpreußen vor den sowjetischen Truppen nach Litauen geflohen sind, spricht Ursula Dorn über ihre Erlebnisse, die teilweise sehr schwer zu verdauen sind. Christian Hardinghaus hat ihr Schicksal in diesem Roman dokumentiert und wieder einen sehr interessanten Zeitzeugenbericht, gemeinsam mit der heute über Achzigjährigen Ursula Dorn, verfasst.

Als elfjähriges Mädchen flüchtet sie aus Königsberg, dem heutigen Kaliningrad, das bis fast zum Ende des zweiten Weltkrieges verschont blieb. Doch nach dem Kriegsende überrennen die sowjetischen Truppen Ostpreußen und lassen eine Spur der Verwüstung hinter sich. Königsberg wird von den Sowjets besetzt und die Einwohner systematisch ausgehungert. Das ehemalige Ostpreußen gibt es nicht mehr und trotzdem bleiben die meisten Königsberger in der Stadt, wo sie elendig verhungerten. Auch Ursulas Mutter Martha weigert sich mit ihren Kindern die zerbombte Stadt zu verlassen. Als Ursula keine Möglichkeiten mehr sieht irgendwo Nahrung aufzutreiben, springt sie auf den nächsten Güterzug ohne zu wissen, wohin der Zug fährt. Sie landet in Litauen, wo die Menschen noch genug zu Essen haben. Dort wird sie mit Nahrung versorgt, kann sich waschen und endlich wieder in einem Bett schlafen. Nachdem sie sich etwas erholt hat, geht sie zurück nach Königsberg und versorgt die nächste Zeit ihre lethargische Mutter und ihre Geschwister. Doch eines Tages kann Ursula nicht mehr zurück....

Im Großen und Ganzen war mir der Begriff "Wolfskinder" bekannt, jedoch habe ich noch keinerlei Literatur dazu gelesen. Nach dieser erschütternden Lektüre empfinde ich es als großes Versäumnis der Deutschen Republik, dass diese Schicksale totgeschwiegen wurden. Tausende von Kinder mussten täglich um ihr Leben kämpfen. Sie hungerten, frierten und waren völlig auf sich alleine gestellt. Die Schilderungen von Ursula Dorn sind teilweise kaum zu ertragen. Als es auch in Litauen nichts mehr zu holen gibt, weil es den Einheimischen verboten wurde den deutschen Kindern zu helfen, wird die Lage unerträglich. Zwischen den litauischen Partisanen und den sowjetischen Truppen aufgerieben, müssen die Kinder täglich um ihr Leben fürchten. Sie hausen in den Wäldern und verrohen zunehmend. Erst durch die Gefangennahme und Deportierung in die DDR, wird versucht ein "normales" Leben für die ostpreußischen Flüchtlinge wiederherzustellen... Große Hilfe gibt es dabei kaum.

Das Desinteresse von Ursulas Mutter und ihr gefühlskaltes Benehmen hat mich durchgehend entsetzt. Sie hat sich weder um ihre Kinder gesorgt, noch hat sie Verantwortung übernommen. Ursula ist mit ihren zwölf Jahren in die Mutterrolle geschlüpft und hat versucht allen das Leben zu retten. Was für eine Bürde für ein zwölfjähriges Mädchen! Auch wenn man erkennt, dass die Mutter an einer schweren Depression litt, empfand ich ihr Benehmen bereits vor der Vertreibung kaum anders. Meistens hat sich nur der Vater oder die Tante um die Kinder gekümmert.

Positiv fand ich, dass Ursula Dorn ihre Geschichte im hohen Alter erzählte. Sie hat ihre Erlebnisse aufgeschrieben und wollte diese den Menschen mitteilen. Das Schreiben war für sie eine Art Selbsttherapie. Umso unverständlicher war es für mich, dass kein Verlag Interesse an ihrer Geschichte hatte bzw. diese nicht verlegen wollte. Erst viel später wurde ihr Buch doch noch veröffentlicht. 2020 fuhr Ursula Dorn noch einmal nach Kaliningrad. Dieser Besuch war für sie alles andere als einfach und sehr schmerzhaft.

Am Ende des Buches kommen noch zwei weitere ehemalige Wolfskinder zu Wort. Im Abschluss warnen alle drei von einer Eskalation durch den Ukraine Krieg, was mich mehr als beunruhigt zurückgelassen hat.

Fazit:
Wer wie ich bereits mehrere Bücher des Historikers und Autors gelesen hat, weiß wie einfühlsam und hervorragend recherchiert Christian Hardinghaus die Lebensgeschichten der letzten Zeitzeugen des Zweiten Weltkrieges zu Papier bringt. Seine Bücher sind wertvolle Berichte für alle nachfolgenden Generationen und immer wieder eine Leseempfehlung!

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