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Veröffentlicht am 23.11.2021

Girl from Space

Mixtape 86
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Bücher, die in den Achziger Jahren spielen, mag ich besonders gerne. Das versetzt mich immer wieder zurück in meine eigene Jugendzeit, die zwar nicht immer einfach, aber richtig aufregend war. Zusätzlich ...

Bücher, die in den Achziger Jahren spielen, mag ich besonders gerne. Das versetzt mich immer wieder zurück in meine eigene Jugendzeit, die zwar nicht immer einfach, aber richtig aufregend war. Zusätzlich liebe ich auch die Musik der 1980iger und deshalb habe ich mich für den Debütroman von Katrin Friedrich "Mixtape 86" sofort beworben.

Hannover im Frühjahr 1986. Die fünfzehnjährige Franka fühlt sich ziemlich einsam, vorallem nachdem sich ihre beiden Freundinnen Cat und Jenny nach den Osterferien ohne Grund von ihr zurückziehen. Für Jenny steht nun ihr Freund Markus im Mittelpunkt, während Cat sich generell immer mehr absondert. Von ihrer Familie bekommt Franka keinen Halt. Ihre Mutter ist eine Frau, der Demonstrationen gegen Atommüll oder eine offene Beziehung wichtiger sind, als ihre Tochter. Franka spielt in ihrem Leben keinerlei Rolle. Franka's Vater ist Universitätsprofessor und viel im Ausland unterwegs.
Von Beginn an habe ich mit Franka mitgelitten, die in in dieser schwierigen Zeit voller Selbstzweifel und ohne Selbstbewusstsein vollkommen auf sich gestellt ist. Ziemlich verstört hat mich, dass Frankas Mutter den Möchtegernkünstler Peter Punker in ihr Zimmer einquartiert.
Welche Mutter käme auf die Idee ihrer Teenagertochter einen erwachsenen Mann ins Zimmer zu legen?? Ehrlich gesagt war ich schockiert! In einem kleinen Nebensatz erfährt man auch noch, dass dieser Peter Franka als Zwöljährige betatscht hat! Die Autorin hat es vollkommen unterlassen hier näher darauf einzugehen und hat die Situation als völlig normal hingestellt. So etwas geht überhaupt nicht!!!! In einem Coming-of-Age Roman mit einer Zielgruppe, die selbst in Frankas Alter ist, hat so etwas nichts verloren! Das ist auch mit ein Grund, warum ich einen ganzen Stern abgezogen habe.
Generell hat mich Frankas Familiensituation ziemlich aufgeregt und auch sehr betroffen gemacht. In diesem Alter braucht man mehr als sonst Unterstützung von seinen Eltern, auch wenn es der Zeitpunkt ist, wo sich die Kinder abzunabeln beginnen.
Diese teilweise drückende Stimmung hat mich zu Beginn mit dem Roman nicht wirklich Freund werden lassen. Doch mit der Reise in die USA beginnt Hoffnung aufzukommen und die Atmosphäre in der Geschichte verändert sich.

Den ersten kleinen Hoffnungsschimmer erfährt Frankas Leben, als sie an Stelle von Cat, die erkrankt, an einem Schüleraustausch in den USA teilnehmen darf. Obwohl ihre Mutter strikt dagegen ist und auch kein Geld für die Reise hat, fliegt Franka an Stelle ihrer Freundin nach Amerika. In der Austauschfamilie erfährt sie das erste Mal, wie sich eine Mutter normaler Weise ihrem Kind gegenüber verhält und sie lernt Adam kennen. Beide verlieben sich ineinander und ab diesem Zeitpunkt hat der Roman endlich die gewünschte Lockerheit erreicht, die ich mir gewünscht hatte. Es geht dabei nicht nur um die Liebe, sondern um Geborgenheit, sich selbst anzunehmen und zu akzeptieren.

Das Thema Erwachsen werden wird von der Autorin sehr gut umgesetzt. Ich konnte mich jederzeit in Franka hineinversetzen und habe mit ihr mitgelitten. Sie wird sehr authentisch dargestellt und hat mich in manchen Situationen öfters auch an mich in diesem Alter erinnert.
Allerdings fand ich manche Charaktere, sowohl in Deutschland, als auch in den USA, ziemlich überzeichnet. Der Schreibstil ist einfach und die Sätze sind relativ kurz gehalten.
Das Ende kam mir etwas zu plötzlich bzw. hätte ich mir noch ein paar Seiten mehr gewünscht.

Das titelgebende Mixtape bekommt Franka von Cat als eine Art Abschiedgeschenk zum Ende ihrer Freundschaft. Es bleibt Frankas ständiger Begleiter und David Bowie ihr Held.

Fazit:
Ein teilweise wunderbar erzählter Coming-of-Roman, der allerdings einige Ansätze hat, die mir nicht gefallen haben. Dies setzt auch meine Bewertung etwas herab. Die Figur Franka ist jedoch sehr authentisch dargestellt worden mit all ihren Zweifeln und der Unsicherheit in dieser Lebensphase.

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Veröffentlicht am 20.11.2021

Absoluter Pageturner mit kleinen Schwächen

Die Nacht – Wirst du morgen noch leben?
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Jan Beck alias Joe Fischler hat nach "Das Spiel" nun mit "Die Nacht" einen weiteren Pageturner geschrieben, der mich an die Seiten kleben hat lassen.
Diesmal geht es um einen unbekannten Mann, der sich ...

Jan Beck alias Joe Fischler hat nach "Das Spiel" nun mit "Die Nacht" einen weiteren Pageturner geschrieben, der mich an die Seiten kleben hat lassen.
Diesmal geht es um einen unbekannten Mann, der sich selbst "der Nachtmann" nennt. Fünf Menschen hat er bereits entführt und hält sie in Glaskästen gefangen. Jede Nacht soll einer von ihnen sterben, falls seine Forderungen nicht erfüllt werden. in einem Online-Stream spricht der Nachtmann direkt zu den Menschen, während der Countdown läuft und das perfide Spiel beginnt...

Als Leser erleben wir die Geschehnisse aus verschiedenen Perspektiven. Zuerst lernen wir Hanna Carlsen kennen, die sich eine kurze Auszeit genommen hat und auf dem Moselsteig wandert. Als ein Gewitter aufzieht, verliert sie die Orientierung. Die Scheinwerfer eines Autos verprechen zuerst Hilfe, doch der Mann, der daraus aussteigt, hat etwas ganz anderes im Sinn.
Damit startet die Geschichte, die mich sofort gefangen genommen hat. Doch dann nimmt die Spannung etwas ab und die Ereignisse bis zum Zusammentreffen von Europol-Sonderermittlerin Inga Björk und dem Ex-Cobra Mitglied Christian Brand hätten meiner Meinung nach auch etwas gekürzt werden können. Danach zieht die Spannungskurve aber wieder an und man lernt die anderen Figuren kennen, die im Laufe der Geschichte eine größere Rolle einnehmen werden. Besonders berührt haben mich dabei die kindlichen Berichte des siebenjährigen Benjamin. All diese Charaktere scheinen zu Beginn keinerlei Zusammenhänge aufzuweisen. Zum Ende hin führen jedoch die einzelnen Handlungsstränge perfekt zusammen und legen auch das Motiv des Täters frei.

Trotz der vielen Charaktere behält man den Überblick. Die Perspektivwechsel sind übersichtlich und verwirren nicht. Als Ermittlerteam haben sich Brand und Björk weiter entwickelt. Beide ergänzen sich perfekt und werden langsam aber sicher zum "Dream-Team". Man hofft due ganze Zeit über, dass die Beiden die Maschinerie des Nachtmanns, die nach dem Dominoprinzip läuft, stoppen können. Gemeinsam mit Hanna erlebt man hautnah mit, auf welche grausame Weise ihre Mitgefangenen ums Leben kommt. Ein geradezu hoffnungsloses Unterfangen für Björl und Brand, weil keinerlei Anhaltspunkte für die Auswahl der Menschen in den Glaskästen zu finden sind.

Jan Beck hat auch diesmal wieder sehr innovative Ideen, was das Töten betrifft. Einiges fand ich jedoch etwas zu sehr an den Haaren herbei gezogen. War mir bei "Das Spiel" das Ende etwas "too much", empfand ich hier den Einsatz der Tötungsmaschinerie etwas überladen. Vorallem frage ich mich, wozu man überhaupt diesen Aufwand betreibt? Rache geht auch einfacher....hat aber auch nicht diesen Effekt. Auch hier ist meine Kritk, wie schon bei vielen anderen Thrillern, die ich in letzter Zeit gelesen habe, dass mir alles einfach zu überdreht/überzogen vorkommt. Man hat manchmal das Gefühl, dass sich die deutschsprachigen Thrillerautoren gegenseitig überbieten müssen mit ihren Ideen. Trotzdem fand ich hier einige Ansätze wirklich sehr innovativ und orginell.
Mir hat der erste Band etwas besser gefallen, aber auch hier gehen die Meinungen der Leser auseinander.

Schreibstil:
Joe Fischler schreibt als Jan Beck fesselnd und temporeich. Der Autor hat auch diesmal wieder einen richtigen Pageturner geschaffen. Die kurzen Kapitel mit kleinen Cliffhangern, fordern dazu auf, immer noch ein weiteres Kapitel zu lesen. Der Autor baut immer wieder unerwartete Twists ein, die man nicht kommen sieht und somit die Spanungsbogen erhalten bleibt.

Fazit:
Wieder ein absoluter Pageturner, der mir aber an manchen Stellen einfach zu weit hergeholt vorkam. Trotzdem hat er mir so einige Gänsehaut Momente beschert und vorallem bin ich wieder durch die Seiten geflogen. Insgesamt hat mir aber "Das Spiel" noch etwas besser gefallen, als dieser zweite Teil. Wer Spannung und Gänsehaut sucht und sich unterhalten lassen will, ist hier richtig.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.11.2021

Absoluter Pageturner mit ein paar kleinen Schwächen

Die Nacht – Wirst du morgen noch leben?
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Jan Beck alias Joe Fischler hat nach "Das Spiel" nun mit "Die Nacht" einen weiteren Pageturner geschrieben, der mich an die Seiten kleben hat lassen.
Diesmal geht es um einen unbekannten Mann, der sich ...

Jan Beck alias Joe Fischler hat nach "Das Spiel" nun mit "Die Nacht" einen weiteren Pageturner geschrieben, der mich an die Seiten kleben hat lassen.
Diesmal geht es um einen unbekannten Mann, der sich selbst "der Nachtmann" nennt. Fünf Menschen hat er bereits entführt und hält sie in Glaskästen gefangen. Jede Nacht soll einer von ihnen sterben, falls seine Forderungen nicht erfüllt werden. in einem Online-Stream spricht der Nachtmann direkt zu den Menschen, während der Countdown läuft und das perfide Spiel beginnt...

Als Leser erleben wir die Geschehnisse aus verschiedenen Perspektiven. Zuerst lernen wir Hanna Carlsen kennen, die sich eine kurze Auszeit genommen hat und auf dem Moselsteig wandert. Als ein Gewitter aufzieht, verliert sie die Orientierung. Die Scheinwerfer eines Autos verprechen zuerst Hilfe, doch der Mann, der daraus aussteigt, hat etwas ganz anderes im Sinn.
Damit startet die Geschichte, die mich sofort gefangen genommen hat. Doch dann nimmt die Spannung etwas ab und die Ereignisse bis zum Zusammentreffen von Europol-Sonderermittlerin Inga Björk und dem Ex-Cobra Mitglied Christian Brand hätten meiner Meinung nach auch etwas gekürzt werden können. Danach zieht die Spannungskurve aber wieder an und man lernt die anderen Figuren kennen, die im Laufe der Geschichte eine größere Rolle einnehmen werden. Besonders berührt haben mich dabei die kindlichen Berichte des siebenjährigen Benjamin. All diese Charaktere scheinen zu Beginn keinerlei Zusammenhänge aufzuweisen. Zum Ende hin führen jedoch die einzelnen Handlungsstränge perfekt zusammen und legen auch das Motiv des Täters frei.

Trotz der vielen Charaktere behält man den Überblick. Die Perspektivwechsel sind übersichtlich und verwirren nicht. Als Ermittlerteam haben sich Brand und Björk weiter entwickelt. Beide ergänzen sich perfekt und werden langsam aber sicher zum "Dream-Team". Man hofft due ganze Zeit über, dass die Beiden die Maschinerie des Nachtmanns, die nach dem Dominoprinzip läuft, stoppen können. Gemeinsam mit Hanna erlebt man hautnah mit, auf welche grausame Weise ihre Mitgefangenen ums Leben kommt. Ein geradezu hoffnungsloses Unterfangen für Björl und Brand, weil keinerlei Anhaltspunkte für die Auswahl der Menschen in den Glaskästen zu finden sind.

Jan Beck hat auch diesmal wieder sehr innovative Ideen, was das Töten betrifft. Einiges fand ich jedoch etwas zu sehr an den Haaren herbei gezogen. War mir bei "Das Spiel" das Ende etwas "too much", empfand ich hier den Einsatz der Tötungsmaschinerie etwas überladen. Vorallem frage ich mich, wozu man überhaupt diesen Aufwand betreibt? Rache geht auch einfacher....hat aber auch nicht diesen Effekt. Auch hier ist meine Kritk, wie schon bei vielen anderen Thrillern, die ich in letzter Zeit gelesen habe, dass mir alles einfach zu überdreht/überzogen vorkommt. Man hat manchmal das Gefühl, dass sich die deutschsprachigen Thrillerautoren gegenseitig überbieten müssen mit ihren Ideen. Trotzdem fand ich hier einige Ansätze wirklich sehr innovativ und orginell.
Mir hat der erste Band etwas besser gefallen, aber auch hier gehen die Meinungen der Leser auseinander.

Schreibstil:
Joe Fischler schreibt als Jan Beck fesselnd und temporeich. Der Autor hat auch diesmal wieder einen richtigen Pageturner geschaffen. Die kurzen Kapitel mit kleinen Cliffhangern, fordern dazu auf, immer noch ein weiteres Kapitel zu lesen. Der Autor baut immer wieder unerwartete Twists ein, die man nicht kommen sieht und somit die Spanungsbogen erhalten bleibt.

Fazit:
Wieder ein absoluter Pageturner, der mir aber an manchen Stellen einfach zu weit hergeholt vorkam. Trotzdem hat er mir so einige Gänsehaut Momente beschert und vorallem bin ich wieder durch die Seiten geflogen. Insgesamt hat mir aber "Das Spiel" noch etwas besser gefallen, als dieser zweite Teil. Wer Spannung und Gänsehaut sucht und sich unterhalten lassen will, ist hier richtig.

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Veröffentlicht am 18.11.2021

August Emmerich in Not

Der letzte Tod
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Der fünfte Band um August Emmerich und seinem Kollegen Ferdinand Winter spielt diesmal im Jahre 1922. Doch für die Wiener Bevölkerung werden die Jahre nach Kriegsende nicht besser. Der Unterschied zwischen ...

Der fünfte Band um August Emmerich und seinem Kollegen Ferdinand Winter spielt diesmal im Jahre 1922. Doch für die Wiener Bevölkerung werden die Jahre nach Kriegsende nicht besser. Der Unterschied zwischen Arm und Reich wird immer größer und die Inflation steigt ins Unermessliche.
Während auf der Straße immer mehr Menschen betteln und verhungern, löffelt eine kleine Gruppe bei ihren ausufernden Partyexzessen Kaviar. August Emmerich ist vorallem fassungslos, dass seine geliebten Zigaretten bereits pro Stück 120 Kronen kosten, worauf er immer wieder hinweist. Selbst die "Hühnerarmee" kann ihn nicht wirklich trösten. Der Benimmkurs, den er im letzten Band über sich hat ergehen lassen müssen, hat nicht wirklich gefruchtet und Emmerich eckt weiterhin bei jedem an. Einzig sein Assistent Winter nimmt ihn so wie er ist. Zu Emmerichs Unmut bekommt er auch noch einen Psychoanalytiker zugeteilt. August hält von dieser "neuen Masche" allerdings überhaupt nichts und fürchtet, dass alle Verbrecher wegen einer traumatischen Kindheit in Zukunft freigesprochen werden.

In diesem fünften Fall haben es der Kriminalkommissar und sein Assistent mit einem kaltblütigen Serienmörder zu tun. In einem versperrten Tresor wird nach Jahren durch Zufall eine männliche, mumifizierte Leiche freigelegt. Es bleibt aber nicht bei einem Toten, sondern es hat den Anschein, als würde jemand Gefallen daran finden Menschen auf kleinen Raum verdursten und ersticken zu lassen. Doch August Emmerich hat diesmal nicht nur mit einem grausamen Serienmörder zu kämpfen, sondern ebenso mit seinen drei traumatisierten Kindern, denen er mehr Zeit widmen sollte. Außerdem setzt ihm sein neidischer Kollege Brühl den bereits erwähnten Psychoanalytiker Sándor Adler vor die Nase und dann wäre noch der Besuch bei seinem leiblichen Vater ausständig. Dem noch nicht genug, trachtet ihm ein ganz besonderer Zeitgenosse nach seinem Leben. ....

Der Fall ist sehr facettenreich. Erstmals begibt sich Emmerich auch ins benachbarte Budapest. Der zuständige Kommissar unterstützt ihn bei seinen Ermittlungen, wie auch der oberste Polizeipräsident, der ihn dazu ermutigt in weiteren Nachbarstaaten nach ähnlichen Fällen zu suchen.

Die Figuren entwickeln sich weiter und als Leser hat man immer wieder Spaß daran unsere Hauptprotagnisten dabei zu begleiten. Vorallem Ferdinand Winter wird immer selbstständiger. Der Psychoanalytiker Sándor Adler ist eine einteressante neue Figur, der wir hoffentlich auch im nächsten Band wieder begegnen. Auch einige historische Persönlichkeiten, wie der Spekulant Camillo Castiglioni und Polizeipräsident Johann Schober sind in die Handlung eingebaut. Schober ist uns ja bereits in anderen Bänden begegnet, doch diesmal hat er maßgeblichen Anteil daran, dass es in Zukunft eine internationale Zusammenarbeit zwischen der Polizei geben wird. Es ist der Beginn von Interpol und Johann Schober ist der Gründer.

Alex Beer schreibt wie gewohnt wunderbar atmosphärisch. Die Unterschiede zwischen Arm und Reich wird sehr plastisch dargestellt und man begibt sich wieder ins Wien der Nachkriegszeit. An einer Stelle im Buch hatte ich sogar einen Wiedererkennungseffekt zur Gegenwart, was mir etwas Bauchweh verursacht hat. Ich bin immer wieder verblüfft wie Alex Beer recherchiert und Dinge auf den Punkt bringt, die uns das Wien der damaligen Zeit und die politische Situation so präsent macht. Eine kleine Ungereimtheit ist mir allerdings aufgefallen und der Dialekt hat mir manchmals zu wenig Raum eingenommen. Der Cliffhanger am Ende des Krimis lässt auf einen weiteren Band hoffen.

Fazit:
Ein gelungener fünfter Teil, der diesmal so einige Themen beinhaltet. Spannend von der ersten Seite an, sowie hervorragend recherchiert und mit ganz viel Atmosphäre. Ich liebe diese Reihe und freue mich schon auf den sechsten Band.

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Veröffentlicht am 16.11.2021

Der Geschichtenerzähler

Der Flug des Raben
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"Der Flug des Raben" ist der Debütroman von Richard Wagamese, jedoch bereits das dritte Buch, das auf deutsch übersetzt wurde. Leider ist der Autor, der selbst indigene Wurzeln hatte, bereits 2017 verstorben.

Der ...

"Der Flug des Raben" ist der Debütroman von Richard Wagamese, jedoch bereits das dritte Buch, das auf deutsch übersetzt wurde. Leider ist der Autor, der selbst indigene Wurzeln hatte, bereits 2017 verstorben.

Der erst 3-jährige Garnet Raven wird gemeinsam mit seinen Geschwistern von den Behörden seiner Familie im Ojibway Reservat entrissen. Während die älteren Kinder zusammenbleiben dürfen und nach wenigen Jahren wieder ins Reservat zurückkehren, wird Garnet immer wieder weitergereicht. Er kommt von einer Pflegefamilie in die nächste und wächst fern der indianischen Kultur in der Großstadt auf. Als er volljährig ist, verlässt er seine Pflegefamilie und versucht seine Identität zu finden. Er selbst fühlt sich nicht wirklich als Indianer. Am meisten zugehörig fühlt er sich bei seinem schwarzen Freund Lonnie und seiner Familie. Garnet beginnt den R&B und den Blues zu lieben und lässt sich einen Afro-Look machen. Schließlich landet er als Kleinkrimineller im Gefängnis, wo we zwei Jahre bleiben muss. Zwanzig Jahre nach seiner Entführung kann seine Familie ihn endlich ausfindig machen und holt ihn zu sich ins Reservat.

Als richtiger Exot mit Plateauschuhen, grüner Schlaghose und einem Afro am Kopf steigt er aus dem Bus und wird im Dorf zum Gesprächsthema schlechthin. Garnet spricht weder die Sprache seines Stammes, noch weiß er etwas über seine Familie und die Lebensweise der Indianer. Während seine Mutter und seine Geschwister froh sind, Garnet wieder bei sich zu haben, ist für ihn alles fremd - bis ihn Keeper, ein älterer Mann seines Stammes und Freund seines Großvaters, unter seine Fittiche nimmt. Schon bald stellen die Beiden fest, dass sie jede Menge von einander zu lernen haben und sich eine ganz besondere Freundschaft entwickelt..

Richard Wagamese nimmt sich dem Thema der jungen Indianer an, die von den damaligen Behörden in Heime und zu Pflegefamilien gesteckt wurden, um sie zu "missionieren". Man beraubte sie ihrer wahren Identität, ihrem Glauben und Ritualen und versuchte sie "weiß" zu erziehen. Die jungen Menschen fühlten sich verloren und wussten kaum mehr etwas über ihre Abstammung oder der Lebensweise ihres Stammes. Viele landeten früher oder später im Gefängnis oder verfielen dem Alkohol.

In seinem Debütroman "Der Flug des Raben" steckt sicherlich sehr viel persönliches vom Autor. Er selbst wurde ebenfalls in Pflegefamilien groß und litt, wie unser Hauptprotagonist, an Identitätsverlust. Auch Wagamese fand erst mit 23 Jahren seine Familie wieder und war lange zeit auf der Suche nach sich selbst..

Im Roman wird Keeper zum spirituellen Vorbild von Garnet. Langsam führt er ihn an die eigene Kultur heran, bis er das Gefühl hat. langsam angekommen zu sein. Die Verbindung zur Natur und den Tieren ist dabei ein wesentlicher Bestandteil. Aber auch die Gemeinschaft, Liebe und Respekt sind wichtige Themen. Wir könnten uns so einige Scheiben davon abschneiden, wie man mit seiner Umwelt und seinen Mitmenschen umzugehen hat.
Wagamese nimmt uns mit auf eine philosophische Reise und bringt dem Leser die Kultur der Indianer näher. Dabei erzählt er ein einfacher und flüssiger Sprache. Er wird zum Geschichtenerzähler, wie Keeper es Garnet ebenso ans Herz legt. Es gibt ernste und philosophische Passagen, aber auch viele humorvolle.

Es ist noch gar nicht so lange her, dass wir die Schlagzeilen über einen grausamen Fund in Kanada lesen mussten, wo man Skelette von unzähligen Kindern und Jugendlichen indigener Abstammung unweit eines Pflegeheimes gefunden hat. Ein grausames Verbrechen der weißen Bevölkerung und der damaligen Behörden, das mich unheimlich wütend macht.


Fazit:
Ein ruhiger und stimmungsvoller Roman, der uns die Lebensweise und die Weiheiten der indigenen Bevölkerung näher bringt. Es ist an der Zeit die Stimme der First Nations zu hören und ich freue mich schon auf die anderen beiden Romane des Autors, die bereits bei mir eingezogen sind.

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