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Veröffentlicht am 14.10.2021

Vom guten Freund zum Liebhaber?

Plätzchen gesucht, Liebe gefunden
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Jedes Jahr freue ich mich auf den Weihnachts/Hunderoman von Petra Schier, der für mich die Vor-Weihnachtszeit einläutet. Seit 2019 erscheint jedoch der Großteil der Weihnachtsromane schon im September. ...

Jedes Jahr freue ich mich auf den Weihnachts/Hunderoman von Petra Schier, der für mich die Vor-Weihnachtszeit einläutet. Seit 2019 erscheint jedoch der Großteil der Weihnachtsromane schon im September. Ich habe keine Ahnung, warum die Verlage schon im Spätsommer damit beginnen. Mir ist es auf jeden Fall viel zu früh!
Doch nun sind die Temperaturen bei uns ganz schön gefallen und es ist teilweise schon frostig...da greife ich gerne zu einem Weihnachtsroman. Petra Schiers Romane sind dabei immer die ersten, die ich lese.

Es handelt sich hier zwar um eine Reihe, aber jeder Roman ist in sich abgeschlossen und kann auch alleinstehend gelesen werden. Aufgebaut sind die Geschichten immer ähnlich, doch mittlerweile habe ich die Familie Sternbach und ihre vierbeinigen Fellknäuel alle lieb gewonnen - genauso wie die Szenen mit dem Weihnachtsmann und den Elfen. Ganz besonders mag ich den Besuch des Adventmarktes mit dem altmodischen Weihnachtskarussel, das in jedem Roman seine ganz besondere Wirkung hat und nicht nur mich verzaubert.

Diesmal begleiten wir Ricarda und Frank. Ricarda und ihr Zwillingsbruder Patrick sind seit der Schulzeit mit Frank befreundet. Die Drei sind ein richtiges Kleeblatt. Frank geht jedoch nach dem Abi für sein Studium ins Ausland. Nach langer Zeit kehrt Frank nun zurück in die Heimat, um die Anwaltskanzlei seines Vater zu übernehmen. Zusätzlich soll er sich um die Pudeldame Naila kümmern, die sein verstorbener Großvater zu sich geholt hatte und nun ein neues Plätzchen sucht.
Ricarda hasst Romantik und glaubt nicht an die Liebe, obwohl sie seit ihrer Teenagerzeit in Frank verliebt ist. Als er ins Ausland ging, hat er ihr damit unwissentlich das Herz gebrochen. Dabei ahnt Ricrada nicht, dass auch Frank schon sehr lange Gefühle für sie hat. Doch beste Freunde können kein Liebespaar werden. Ricarda ist überzeugt davon, dass damit auch die Freundschaft zerstört werden würde und dies will sie auf keinen Fall riskieren.

Naila ist eine etwas exentrische Pudeldame. Sie ist sehr wasserscheu und eher auf Ricarda fixiert, als auf ihr neues Herrchen Frank. So hat der Weihnachtsmann und seine Elfen ein leichtes Spiel...so denkt er sich...
Doch dem ist nicht so, denn Ricarda hat schon vor Jahren eine Schutzmauer um sich herum gebaut, die auch Frank nicht durchdringen kann.

Die winterliche und romantische Stimmung fängt Petra Schier wieder wunderbar ein. Auch mein Nicht-Romantiker-Herz schlägt bei diesen süßen Weihnachtsromanen mit einem Schuss Erotik immer höher. Die angesprochenen erotischen Szenen sind diesmal aber kaum erwähnenswert, denn diesmal entwickelt sich die wiederaufkommende Liebe sehr langsam und zart. Das Hauptaugenmerk liegt vorallem auf dem fehlenden Vertrauen...etwas, dass Ricarda nicht aufbauen kann. Neben humorvollen Szenen bekommt der Leser aber auch ernste Themen, sowie einen Schuss Romantik serviert. Petra Schier kennt dabei das genau Mischverhältnis dieses Cocktails sehr gut.

Der Schreibstil ist lebendig, herzlich, intensiv und emotional. Die Dialoge sind spritzig und bringen mich immer zum schmunzeln. Die Figuren sind facettenreich und sprühen voller Leben. Die Gedanken von Naila sind wie üblich in kursiver Schrift abgedruckt.
Der Roman ist wieder in 25 Kapitel aufgeteilt und am Ende gibt es diesmal köstliche Rezepte.

Fazit:
Jedes Jahr freue ich mich in der Vorweihnachtszeit auf den neuen Hunderoman von Petra Schier. Ich fühle mich bei den Sternbachs schon richtig heimisch und freue mich immer auf ein Wiedersehen. Auch diesmal habe ich die Portion Hunde- und Liebesglück sehr genossen und hatte schöne Lesestunden.

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Veröffentlicht am 11.10.2021

Die Anfänge des Teehauses Ronnefeldt

Die Teehändlerin
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Ich bin zwar eine begeisterte Kaffeetrinkerin, aber Romane über die Entstehung von Tee oder wie er nach Europa kam, finde ich mega interessant.

In "Die Teehändlerin" erlaubt uns Susanne Popp einen kleinen ...

Ich bin zwar eine begeisterte Kaffeetrinkerin, aber Romane über die Entstehung von Tee oder wie er nach Europa kam, finde ich mega interessant.

In "Die Teehändlerin" erlaubt uns Susanne Popp einen kleinen Einblick in das frühe 19. Jahrhundert nach Frankfurt. Dort besitzt Tobias Ronnefeldt einen kleinen Tee- und Kolonialwarenhandel. Seine Frau Friederike ist abermals schwanger, als er nach China zu einer Expedition und Forschungsreise über Teeanbau aufbricht. Kurz vor seiner Abfahrt erleidet sein Prokuist einen schweren Unfall, der ihn auf längere Zeit arbeitsunfähig macht. Kurzfristig stellt Tobias einen Mann ein, dem Friederike jedoch nicht traut, weil sie ihn von früher kennt.

Susanne Popp nimmt uns mit in das Frankfurt im frühen 19. Jahrhundert und zeigt die vielen gesellschaftlichen Zwänge der Frauen auf. Friederike interessiert sich sehr für das Teegeschäft, ist jedoch als Frau an die Konventionen gebunden. Es wird nicht gern gesehen, dass sie während der Abwesenheit ihres Ehemannes im Geschäft steht oder neue Ideen einbringt. Selbst ihre Schwester sieht es als "unnatürlich" an, denn Geschäfte führt nun einmal nur der Mann. Die Frau gehört ins Haus zu den Kindern. Doch Friederike kommt den Prokuristen auf die Schliche und es gelingt ihr ihn mit Hilfe ihres Schwagers Nicolaus loszuwerden.

Für die erste Hälfte benötigte ich etwas mehr Zeit, um in die Geschichte zu finden. Kleine Längen schlichen sich während des Lesens ein und einige Begebenheiten fand ich zu ausschweifend erzählt. Doch ab der Mitte - ab dem Zeitpunkt - als wir auch einen kleinen Blick nach China werfen dürfen, hatte mich der Roman endlich gepackt.

Die Autorin zeigt nicht nur, wie schwierig es damals war, mehr über den Teeanbau zu erfahren, sondern setzt sich auch mit dem damaligen Frauenbild auseinander. Gesellschaftspolitische Themen werden ebenfalls angesprochen. Der große Zwist zwischen den verschiedenen Glaubensrichtungen wird immer wieder aufgegriffen, aber auch politische Interessen, wie die Idee einer Republik, werden thematisiert.

Die Entwicklung Friederikes zu einer selbstbewussteren und im Rahmen dieser Zeit selbstständigeren Frau wird von der Autorin gelungen dargestellt.

Das Thema Tee kam mir hingegen viel zu kurz. Dies ist auch ein Kritikpunkt vieler Leser, die ebenfalls an der Leserunde bei Lovelybooks teilnahmen.

Zum Ende gab es leider auch noch einige offene Stränge, die hoffentlich im zweiten Band aufgeklärt werden.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist angenehm zu lesen. Die Charaktere sind gut gezeichnet. Mit Tobias wurde ich allerdings nicht ganz warm.
Die Autorin lässt die Protagonisten aus verschiedenen Erzählperspektiven erzählen. So erhalten wir auch Einblicke in Tobias Gedanken, wie auch in die von Friederikes Schwester Käthchen, Julius Mertens oder Paul Birkholz.
Am Beginn der Klappbroschur gibt eine Karte des alten Frankfurts und ein Personenverzeichnis. Am Ende findet man nochmals eine Art Ahnengalerie. Beigefügt ist auch ein Lesezeichen, was ich richtig toll fand.

Im Nachwort erklärt die Autorin welche Themen und Figuren ihrer Fantasie entsprungen sind und welche tatsächlich mit der Geschichte der Familie Ronnefeldt verbunden sind.

Fazit:
Mit dem ersten Drittel habe ich mich etwas schwer getan, denn der Roman hatte für mich doch einige Längen. Danach fand ich gut in die Geschichte und habe die Anfänge der Familie Ronnefeldt gerne gelesen. Gewünscht hätte ich mir allerdings etwas mehr Tee-Content. Für den Auftakt einer Familiensaga okay, aber für mich gibt es noch Luft nach oben.

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Veröffentlicht am 09.10.2021

Glänzender Abschluss der Trilogie

Die Hafenschwester (3)
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In einer kleinen, aber feinen Leserunde mit der lieben Sabine von Buchmomente und mit der Autorin Melanie Metzenthin, die uns netter Weise wieder begleitet hat, haben wir diesen dritten und leider letzten ...

In einer kleinen, aber feinen Leserunde mit der lieben Sabine von Buchmomente und mit der Autorin Melanie Metzenthin, die uns netter Weise wieder begleitet hat, haben wir diesen dritten und leider letzten Teil der Reihe gelesen. Vielen lieben Dank Melanie für die wiederholte tolle und sehr informative Begleitung!

Im letzten Band der Reihe begleiten wir die ehemalige Hafenschwester Martha ab dem Jahr 1923 während der Weimarer Republik bis hin zum Ende des Zweiten Weltkrieges. Mit der Zeit verlagert sich der Fokus auf die Kinder von Paul und Martha, die sehr unterschiedlich sind. Damit wird die Handlung noch runder und interessanter.
Ich war wieder sofort mitten im Geschehen, obwohl ich den zweiten Band vor einiger Zeit gelesen habe. 1923 ist das Jahr der Weltwirtschaftskrise und der Hyperinflation. Die Menschen schleppen die Geldscheine in Koffern zum Einkaufen. Das Geld, das Martha und Paul für ihren ältesten Sohn Rudi gespart haben, ist genauso verloren, wie weitere Ersparnisse. Das macht ihnen gewaltiges Kopfzerbrechen, obwohl es ihnen im Vergleich zu anderen Menschen noch ganz gut geht, denn Marthas Arbeit ist nach wie vor gefragt. Paul hingegen muss um seinen Job bangen, da die Werft immer weniger abwirft.
Rudi gibt seinen Eltern ebenfalls so einige Sorgen auf. Das Jus-Studium, das er nach dem Abitur beginnt, ist nicht so wirklich seines, obwohl er unbedingt Anwalt werden wollte. Zusätzlich fühlt er sich ungeliebt und sucht Zuflucht in Frauengeschichten. Davon wird ihm eine zum Verhängnis...
Ein ganz besonderer Charakter ist Alfred. Ihm ist schon früh klar, dass er zur Polizei gehen will und er findet in Henny schon bald die Frau fürs Leben.
Ella, die Jüngste der Studt-Kinder, möchte in die Fußstapfen der Mutter treten und Medizin studieren.
Doch alle drei Kinder müssen sich mit der Erfüllung ihrer Träume gedulden, als die NSDAP immer mehr an Macht gewinnt. ...

Die Spannung beginnt sich langsam aufzubauen und schraubt sich immer mehr in die Höhe. Vorallem zur Zeit des Zweiten Weltkrieges, der Bombardierung Hamburgs und Fredi's gefährliche Mission halten den Leser in Atem. Melanie Metzenthin schafft es wieder großartig uns Martha und ihre Familie näher zu bringen und mit diesem letzten Band den Abschied noch schwerer zu machen. Ich war zu jedem Zeitpunkt mitten drinnen und habe mit Martha gebangt, mit Ella mitgefühlt und geweint, Fredi bewundert und über Rudi immer wieder den Kopf geschüttelt. Vorallem Ella habe ich bedauert, die immer wieder zurückstecken muss.

Heinrich und Li Meng spielen ebenfalls wieder eine große Rolle, ebenso wie ihre Kinder Arthur und Lilli. Dabei wird vorallem Lilli im Laufe der Zeit eine sehr wichtige Figur.

Henny, Fredi's Frau, macht meiner Meinung nach den größten Wandel durch. Von der naiven 16jährigen, die perfekt in das zukünftige Frauenbild der Nazis passt, wandelt sie sich zu einer richtig toughen Frau, die Stärke zeigt und ihre Familie beschützt - komme, was wolle.

Fredi ist eindeutig der Charakter, der das Herz des Lesers erobert. Ihm gilt meine volle Bewunderung! In der Mordkommission gewinnt die SA immer mehr an Macht. Fredi muss der Partei beitreten, bleibt sich aber selbst treu und versucht sich nicht verdächtig zu machen. Als Leser erhält man einen sehr detaillierten Einblick, wie der Polizeiapparat von der SA und der SS durchsetzt wird und die unliebsamen Gegner erntfernt werden. Ein sehr gefährliches Spiel!

Die Charaktere entwickeln sich alle im Laufe der Geschichte weiter und bleiben facettenreich und authentisch. Sie sind liebevoll gestaltet und man hat das Gefühl alle persönlich zu kennen. Die Entwicklung von Rudi, Fredi und Ella, aber auch von Martha und Paul, wird durch die gesellschaftlichen Umstände und politischen Zwänge beeinflusst. Als Leser erlebt man diese hautnah mit.

Es ist schade, dass die doch etwas lange Zeitspanne von mehr als zwanzig Jahren in einem Band komprimiert werden musste. Einige Hintergründe sind dadurch nur kurz angeschnitten oder erwähnt.

Fazit:
Ein wunderbarer Abschluss dieser Trilogie, bei dem diesmal die Kinder der Hafenschwester Martha im Mittelpunkt stehen. Melanie Metzenthin überzeugt wieder mit einem exzellent recherchiertem historischen Hintergrund und verwebt ihre Familiengeschichte zu einem spannenden Roman, den ich kaum aus der Hand legen konnte. Von mir gibt es für die gesamte Reihe eine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 07.10.2021

Ikone im Ullstein Verlagshaus

Vor Frauen wird gewarnt
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Vicki Baum...wer kennt heute diese bereits in den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts berühmte Schriftstellerin, die im Ullstein Verlag arbeitete und zusätzlich einen Autorenvertrag hatte? Ich kenne ...

Vicki Baum...wer kennt heute diese bereits in den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts berühmte Schriftstellerin, die im Ullstein Verlag arbeitete und zusätzlich einen Autorenvertrag hatte? Ich kenne ihren Namen nur aus meiner Zeit als Kind in der Bücherei in der ich ausgeholfen habe. Damals standen ihre Bücher augenfällig in den Regalen. Leider findet man diese heutzutage kaum mehr. Wie wäre es mit einer Neuauflage liebe Verlage?

Heid Rehn hat sich dieser außergewöhnlichen Frau angenommen. In ihrem biografischen Roman "Vor Frauen wird gewarnt", anlehnend an Vicki Baums Bestseller "Vor Rehen wird gewarnt" widmet sie sich der Schriftstellerin und ihrem Leben. Dabei werden die fünf entscheidenden Jahre, in den Vicki Baum der große Durchbruch gelang, beschrieben.
Die Erzählung beginnt mit dem Zeitpunkt, als die in Wien als Hewdig Baum geborene Autorin, getrennt von Mann und Kindern nach Berlin zieht. Im Ullstein-Verlagshaus erhält sie die einmalige Chance Karriere zu machen. Zu dieser Zeit ist nicht nur die Verlagbranche eine von Männern dominierende, sondern generell sind nur wenige Frauen berufstätig. Doch Vicki Baum ist eine sehr selbstbewusste und vorallem freiheitsliebende Frau, die ein selbstbestimmtes, emanzipiertes Leben lebt. Ihr Mann Richard, Dirigent und erster Kapellmeister, bleibt vorerst mit den beiden gemeinsamen Söhnen in Mannheim zurück, wo er seiner Arbeit nachgeht. Beide nehmen die Treue nicht sehr genau, halten jedoch trotzdem aneinander fest.

Mir blieb leider über längere Zeit die Person Vicki Baum fremd, obwohl sie auf der anderen Seite sehr lebendig dargestellt wird. Sie ist arbeitswütig und versucht immerzu die Achtung ihres Umfeldes zu erringen. Oftmals fragte ich mich, woher diese Frau die Energie nahm? Nach einem langen Tag im Verlag, der meistens mit Überstunden endete, schrieb sie danach an ihren Romanen und ging mehrmals die Woche und am Wochenende in die beliebten Tanzlokale, zu Opernvorstellungen oder anderen Kulturevents. Immer wieder wird auch einem Mantra gleich erwähnt, dass sie nicht mehr die Jüngste sei. Umso mehr erstaunte mich ihre Energie. Für mich war sie schlussendlich einfach zu perfekt dargestellt.

Ich hatte außerdem oftmals das Gefühl auf der Stelle zu treten - besonders im ersten Abschnitt. Da fehlte es mir sehr an Spannung. Mir ist bewusst, dass es sich hier um einen biografischen Roman handelt und man als Autorin authentisch bleiben muss. Man kann nicht einfach weitere spannende Geschichten dazu erfinden. Trotzdem waren es für mich doch so einige Längen...
Auch die politische Brisanz dieser Zeit - die Anfänge der Braunhemden und des Judenhasses - wird nur kurz angerissen. Vicki Baum wird sich der Gefahr auch gar nicht bewusst (wie leider so vielen Juden), obwohl sie selbst jürdische Wurzeln hat.

Gefallen haben mir hingegen die Einblicke in den Ullstein Verlag und die Beziehungen untereinander. Die von Männern dominierende Branche war teilweise von Vicki Baum hingerissen, auf der anderen Seite gab es jedoch viele Skeptiker. Wie leider auch noch heute üblich, musste sie viel mehr Arbeit stemmen, um bei den männlichen Kollegen und Vorgesetzten anerkannt zu werden. Außerdem mochte ich ihre emanzipierte Art und ihren Einsatz für die Gleichberechtigung der Frauen. Sie ging sogar zum Boxtraining und machte damit einmal mehr klar, dass Frauen sich hinter Männer nicht zu verstecken brauchen. Sie war ihrer Zeit einfach ziemlich voraus....
Gelungen dargestellt ist auch die damalige Atmosphäre. Man erlebt die wilden Zwanziger in der Metropole Berlin, wo die Nacht zum Tag gemacht wurde und die Menschen feierten, als gäbe es kein morgen.

Ihre Bücher wurden in der Zeit der Nationalsozialismuses verboten und wurden Opfer der Bücherbrennungen. Der Roman endet mit einem Neuanfang in Amerika, wo Vicki weitere Erfolge feiert. Am Ende befindet sich noch eine Nachbemerkung der Autrin und ein Personenverzeichnis.

Fazit:
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass biografische Romane um berühmte Frauen nicht wirklich meins sind. Natürlich ist "Vor Frauen wird gewarnt" in erster Linie ein Roman und subjektiv, trotzdem gab es für mich einige Längen. Vicki Baum wurde mir außerdem zu sehr als Überfrau dargestellt. Neugierig auf ihre Romane hat mich Heidi Rehn aber allemal gemacht...

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Veröffentlicht am 05.10.2021

Bis zum letzten Tanz

Bis zum letzten Tanz
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Sehr gespannt war ich auf diesen Roman von Katharina Schöndorfer, der in Wien ab 1938 spielt. Gleich zu Beginn erinnert sich im Jahre 2018 die hundertjährige Lotte an ihrem rundem Geburtstag zurück an ...

Sehr gespannt war ich auf diesen Roman von Katharina Schöndorfer, der in Wien ab 1938 spielt. Gleich zu Beginn erinnert sich im Jahre 2018 die hundertjährige Lotte an ihrem rundem Geburtstag zurück an ihre Zeit als junge Frau.
Als Zwanzigjährige Waise kommt Lotte nach Wien, nachdem sie ihr Elternhaus in Oberösterreich verlassen musste. Nach dem Tod der Eltern muss sie Geld verdienen und folgt ihrer Freundin und Nachbarin Gisi in die Bundeshauptstadt. Der Hunger ist ihr ständiger Begleiter. Dank des Apfelstrudel Geheimrezeptes ihrer Mutter findet sie schlussendlich im Café Schwarz eine Anstellung. Im Café bekommt sie neben ihrem Lohn auch etwas zu Essen. Doch die Arbeit ist hart und die Chefin schikaniert sie, wo sie nur kann. Lotte verliebt sich unwissentlich in ihren Sohn Erich und die Beiden kommen sich näher. Doch die junge Liebe dauert nur kurz, denn Erich wird eingezogen. Fast zeitgleich verschwindet auch ihre beste Freundin Gisi. Während die Jahre vergehen, gibt es weder ein Lebenszeichen von Erich, noch von Gisi. Die Lebensmittel werden in der Stadt immer weniger und so entschließt sich Lotte nach Hause nach Oberösterreich zu fahren und bei den Nachbarn und Bauern Lebensmittel einzukaufen oder zu tauschen. Dabei lernt sie den GI Richard kennen, der ihr neuen Lebensmut schenkt. Die Beiden verlieben sich ineinander....

Lotte kam mir zu Beginn wirklich sehr naiv vor. Sicherlich war es damals etwas komplett anderes, plötzlich vom Land in die Hauptstadt Österreichs zu ziehen -noch dazu mutterseelenallein. Doch gerade in der Stadt merkt man doch viel schneller, wie sich politisch alles entwickelt und die Veränderungen vonstatten gehen. So richtig konnte ich keine Beziehung zu Lotte aufbauen, obwohl sie von der Autorin sehr gut gezeichnet wurde. Erst im letzten Drittel, als sie durch die schlimmen Nachkriegsjahre zu einer bewundersnwerten Stärke fand, bekam ich besseren Zugang zu ihr. Lottes Zerissenheit, ihre Einsam- und Traurigkeit konnte ich sehr gut nachvollziehen.

Die einzelnen Figuren, vorallem die Nebencharaktere, sind sehr lebendig dargestellt. Frau Schwarz, die Rosenblums, die Besucher des Cafés und Evi habe ich alle bildhaft vor mir gesehen. Auch unsere Bundeshauptstadt hatte ich immer vor Augen und begleitete Lotte durch den 1. Bezirk.

Hungrig sollte man bei dieser Lektüre ebenfalls nicht sein. Nicht, weil man dauernd vom Essen liest...dass auch, aber vorallem weil man ständig vorgesetzt bekommt, wie der Hunger an Lotte nagt. Man durchlebt mit ihr die Kriegsjahre, die tiefe Spuren an den Menschen hinterlassen. Der tägliche Überlebenskamp der Frauen während des Krieges wird sehr lebendig dargestellt. Viel öfter liest man von den Männern und was sie alles furchtbares an der Front erlebt haben, aber wie die Frauen während der Bombennächte und den schrecklichen Hungerwintern überleben mussten, davon liest man viel zu wenig. Katharina Schöndorfer hat die Folgen, die der Krieg und die Gefangenschaft mit sich gebracht haben, ebenfalls thematisiert und sehr ausdrucksstark dargestellt. Deshalb verstand ich umso weniger, dass sich Lotte so überhaupt nicht für die Politik interessierte bzw. sich nicht informierte.

Was ich sehr spannend fand war, dass man endlich auch einmal zu lesen bekommt, wie diejeningen in Österreich, die der russischen Besatzungszone unterstellt waren, zu leiden hatten. Ich habe noch heute die Worte meiner Großmutter im Ohr, die immer wieder betonte, wie grausam die Russen waren...nur zu den Kindern waren sie freundlich und nett. Katharina Schöndorfer greift dieses Thema auf und erzählt wie schutzlos, vorallem die Frauen, vor ihnen waren.
Das Ende hat die Autorin gut gewählt. Es lässt mich allerdings auch nachdenklich zurück. Unwillkürlich stellt man sich die Frage, ob die Entscheidungen, die man trifft, immer die Richtigen waren und was gewesen wäre, hätte man eine andere getroffen....

Am Ende gibt es wieder den Zeitsprung ins Jahr 2018. Ich habe mir danach den Prolog nochmals durchgelesen, um ein vollständiges Bild zu bekommen.

Fazit:
Ein Roman, der den täglichen Überlebenskamp der Frauen während des Krieges und in der Nachkriegszeit widerspiegelt, eingebettet in die Kulisse Wiens. Eine Geschichte, die nachdenklich macht und mich trotzdem gut unterhalten hat.

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