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Veröffentlicht am 22.02.2021

Fatale Entscheidung

Die verstummte Liebe
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Mit "Die verstummte Liebe" hat Melanie Metzenthin eine Art Vorgeschichte zu ihrer Reihe "Leise Helden" geschrieben. Ich habe beide Bücher ("Im Lautlosen" und "Die Stimmlosen") in meinem SuB Regal und werde ...

Mit "Die verstummte Liebe" hat Melanie Metzenthin eine Art Vorgeschichte zu ihrer Reihe "Leise Helden" geschrieben. Ich habe beide Bücher ("Im Lautlosen" und "Die Stimmlosen") in meinem SuB Regal und werde sie jetzt nacheinander befreien.

Leider spoilert der Klappentext wieder ziemlich und ich bin froh, dass ich ihn nicht gelesen habe, sondern das Buch alleine wegen der Autorin, deren Bücher ich liebe, angenommen habe.

Wir befinden uns im Jahre 1896 in Großbritannien. Helen Mandeville wächst in einem gutbürglichen Haus auf. Nachdem ihr Bruder Henry an Kinderlähmung erkrankt, fällt es Helen zu, einen geeigneten Ehemann zu finden, der die Bankgeschäfte und das Gut der Mandevilles später führen kann. Der Anwalt James Mitchell ist für ihren Vater der geeignete Kandidat. Weder Henry, noch Helen, sind darüber erfreut. Helen versucht die Verlobung so lange wie möglich hinauszuzögern. Es gelingt ihr den Vater zu überreden, vorher noch eine Europareise anzutreten. Dabei lernt sie den charmanten Arzt Ludwig Ellerweg kennen und lieben. Die Eltern sind gegen diese Verbindung, doch Helen will nicht auf ihre große Liebe verzichten und bricht mir der Familie. Sie heiratet Ludwig und lebt in Hamburg. Als Arztgattin hilft sie in der Ordination mit und geht dabei auf. Die Ehe ist glücklich und wird mit der geburt von Sohn Fritz gekrönt. Als ihre Mutter im Sterben liegt und Helen nach England reist, um sich von ihr zu verabschieden, ahnt sie nicht, dass ihr der Erste Weltkrieg dazwischen kommt. Es gibt keine Möglichkeit mehr zu Ludwig und ihren gemeinsamen Sohn Fritz zu gelangen. Zusätzlich ist sie plötzlich Feindin im eigenen Land....

Melanie Metzenthin zeigt in dieser fesselnden und berührenden Geschichte wieder ihre wunderbare Art zu schreiben. Mit emotionaler Tiefe erzählt sie über das Leben von Helen Mandeville. Die sympathische und wagemutige junge Frau, die weiß was sie will, wird im Laufe der Zeit und durch unglückliche Umstände zu einer verbitterten und kaltherzigen Frau. Durch eine einzige falsche Entscheidung hat sie eine furchtbare Kettenreaktion ausgelöst, die nicht nur ihr Leben, sondern auch das Leben anderer zerstört hat. Die Veränderung von Helen, die innerlich zerissen ist, tat mir anfangs weh, doch im Laufe der Geschichte konnte ich oftmals nur den Kopf über sie schütteln.

Der Autorin gelingt es fantastisch, die damalige gesellschaftliche und politische Epoche darzustellen. Wie von ihr gewohnt hat sie hervorragend recherchiert und setzt ihr Wissen gekonnt in ihrem Roman um. Sie fesselt den Leser an die Seiten und man hat das Gefühl direkt mit den Hauptprotagonisten zu leben, lieben und leiden. Natürlich darf bei der Autorin auch der medizinisiche Aspekt nicht fehlen.

Die Charaktere sind lebendig und facettenreich beschrieben. Sie sind nicht schwarz-weiß gemalt, sondern mit Fehlern ausgestattet, die sie realistisch und glaubwürdig darstellen.Sie entwickeln sich weiter und entwickeln Persönlichkeit.

Das Ende bleibt etwas offen, soll aber, wenn man die anderen Bände gelesen hat, stimmig sein.

Fazit:
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung zu dieser aufwühlenden Geschichte, die als Vorgeschichte zur Reihe "Leise Helden" erschienen ist. Melanie Metzenthin versteht es zu fesseln und einen Roman zu erzählen, der unter die Haut geht.

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Veröffentlicht am 18.02.2021

Wann ist es Zeit zu sterben?

Sterbewohl
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Nach "Das Haus" ist "Sterbewohl" mein zweiter Krimi von Olivia Monti. Der Klappenetxt hat mich auch hier sofort angesprochen.

Deutschland in der Zukunft. Der Staat wird schleichend zur Diktatur. Die "Bürgerliche ...

Nach "Das Haus" ist "Sterbewohl" mein zweiter Krimi von Olivia Monti. Der Klappenetxt hat mich auch hier sofort angesprochen.

Deutschland in der Zukunft. Der Staat wird schleichend zur Diktatur. Die "Bürgerliche Partei" hat die Macht übernommen. Alte, kranke und arbeitslose Menschen werden als Belastung angesehen. Nach dem Motto "Wer nichts beiträgt, ist nichts wert" sucht der Staat nach einer Lösung, denn das Sozialsystem ist schon lange an seine Grenzen gestoßen. Deswegen sollen diese Menschen die Allgemeinheit nicht belasten und ab einem bestimmten Alter Sterbeseminare besuchen. Ihnen wird die Pille "Sterbewohl" angeboten, um zu vermeiden an Demenz zu erkranken oder ein Pflegefall zu werden. Die Entscheidung sei freiwillig und man kann jederzeit abreisen. Doch warum kennt niemand jemanden, der aus dem Seminar wieder zurückgekommen ist?

Diese Briefe sollten eigentlich erst Menschen ab 80 Jahren erhalten, doch Nadja hat gerade ihre erste Rentenzahlung erhalten, als auch schon eine Einladung zum Sterbeseminar ins Haus flattert. Nadja ist erst 65 und wollte nun endlich ihre Freizeit mit den Dingen verbringen, für die sie früher keine Zeit hatte. Sie ist gesund und fit und soll in zwei Wochen zum Sterbeseminar in einem Luxushotel auf Fehrmann einchecken? Nicht nur Nadja, sondern auch ihre Freunde Anna, Max und Fred, mit denen sie ein Mietshaus teilt, um sich im Alter später gegenseitig zu unterstützen, haben denselben Brief erhalten und alle sind noch weit von den achzig, ja selbst von den siebzig Jahren, entfernt. Ihnen bleibt keine Möglichkeit die Einladung abzulehnen, obwohl sie niemanden kennen, der jemals von diesen Seminaren lebendig zurückgekehrt ist. Und warum sollen sie ein Testament aufsetzen und einen Sachverwalter bestimmen? Nadja und ihre Freunde haben keinerlei Möglichkeiten sich dem Staat zu widersetzen. Sie wissen sie müssen diese Reise antreten - aber sie sind nicht gewillt zu sterben.

Die Autorin hat mit "Sterbewohl" ein Thema aufgegriffen, das schockiert und zum Nachdenken anregt. Das beschriebene Szenario ist erschreckend und menschenverachtend, denn es ist gar nicht allzu weit bis zu der Realität, die Olivia Monti hier erschaffen hat. Schon heute sind Menschen ab Vierzig für den Arbeitsmarkt schwer vermittelbar, obwohl das Rentenalter immer wieder angehoben wird. Hier entsteht für mich eine Diskrepanz. Die unterschwelligen Bemerkungen älteren Arbeitnehmern gegenüber, fallen auch mir immer mehr auf, umso näher ich dem Rentenalter komme.
Aber auch aktive und passive Sterbehilfe sind immer wieder aktuelle Themen. Ferdinand von Schirach hat mit "Gott" dieses Thema erst vor kurzem in seinem neuen Buch aufgegriffen, auch wenn er dieses anders anpackt. Gerade die Differenzierung ist bei diesem Thema sehr schwierig. In Olivia Montis Krimi, den ich lieber Dystopie oder Thriller nennen würde, scheinen die Parallelen zum Dritten Reich immer wieder durch. Haben wir ein Recht gesunde Menschen zu töten? Und wann ist ein Leben lebenswert? Dies sind nur zwei Fragen, die einem beim Lesen immer wieder im Kopf herumschwirren. Der Plot ist genial und der Aufbau, für die nicht gerade vielen Seiten, komplex.

Die Geschichte wird aus der Sicht von Nadja geschrieben. Die Sätze sind kurz, prägnant und einfach. Die Figuren bleiben leider etwas an der Oberfläche.
Monti versteht es gekonnt Spannung zu erzeugen. Ich musste mich zusammennehmen, um nicht alle meine Fingernägel abzuknabbern, so sehr hat mich das nur 216 Seiten starke Buch gefesselt. Man fiebert förmlich der Auflösung entgegen, die man kaum erwarten kann.
Und diese ist auch das kleine Manko am Buch. Es ist zu kurz und der Showdown kommt etwas zu überhastet. Mehr Seiten und noch etwas mehr an Erklärungen zum Aufbau des Staates und dem System hätten dem Buch gut getan. Man hätte aus diesem genialen Thema noch mehr herausholen können...

Trotz meiner Kritik hatte ich sehr spannende Lesestunden. Das Thema wird noch lange nachhallen und mich zu Diskussionen anregen. Ich empfehle diese Dystopie, die gar nicht so weit entfernt scheint, gerne weiter.

Noch ein Wort zum Cover: Ich finde es einfach genial!

Fazit:
Die Autorin hat ein Thema aufgegriffen, das zum Nachdenken anregt und eine Botschaft trägt. Der Spannungsbogen ist hoch und hat mich das Buch in einem Rutsch durchlesen lassen. Das beklemmende Szenario wurde von der Autorin großartig umgesetzt. Nur das Ende konnte mnich nicht so ganz überzeugen.

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Veröffentlicht am 17.02.2021

Historischer Krimi aus den späten Fünfzigern

Der Petticoat-Mörder (Lemke-von Stain-Serie 1)
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Vor einigen Monaten habe ich diesen historischen Krimi bereits auf meiner "Möchte ich gerne lesen" Liste gesetzt. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, als ich bei Lovelybooks das Buch gewonnen habe. Leider ...

Vor einigen Monaten habe ich diesen historischen Krimi bereits auf meiner "Möchte ich gerne lesen" Liste gesetzt. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, als ich bei Lovelybooks das Buch gewonnen habe. Leider gab es keine Leserunde dazu, was sicher sehr interessant gewesen wäre...

Der Petticoat Mörder ist der erste Teil einer neuer Krimireihe rund um den Quereinsteiger Fred Lemke. Der 23-jährige junge Mann kommt nach seiner Ausbildung zum Kriminalassistenten direkt bei der Abteilung Delikte am Menschen in Berlin unter. Kaum angekommen hat er bereits seinen ersten Fall. Am Ufer des Charlottenbuger Fennsees wird ein toter Mann aufgefunden. In unmittelbarer Nähe finden die Ermittler einen blutigen Petticoat, der ihnen einige Rätsel aufgibt. Während Lemke's Chef an einem Raubmord glaubt, ist Fred ganz anderer Meinung.

Der historische Krimi von Leonard Bell (wer steckt hinter diesem Pseudonym? Das würde ich wirklich gerne wissen!) ist gelungen und lädt zum Miträtseln ein. Die Stimmung der späten Fünfziger Jahren wird perfekt eingefangen. Neben dem beginnenden Aufschwung spürt man aber auch noch immer die Spuren der Entbehrungen und die Nachfolgen des Krieges. Bald schon eckt Lemke an, weil er bestehende Verbindungen zu ehemaligen Nazis entdeckt, die noch immer höhere Positionen bekleiden, obwohl der Krieg bereits mehr als zehn Jahre vorbei ist. Selbst in seiner eigenen Behörde hat er es mit NS-Seilschaften zu tun und muss äußerst vorsichtig sein.

Die Handlung ist spannend und undurchsichtig. Es gibt zahlreiche Verdächtige, denn der Tote war nicht unbedingt beliebt. Selbst seine Ehefrau und seine Geliebten, einer Varieté Tänzerin, scheinen über seinen Tod nicht allzu betrübt zu sein.

Mit Fred Lemke hat der Autor einen jungen und intelligenten Ermittler erfunden, der vorschnell seine Meinung kundtut und oftmals aneckt. Er kommt vom Lande und aus dem Osten und hat noch etwas Schwierigkeiten sich in Berlin einzufinden. Von seiner Vergangenheit erfährt man kaum etwas und ich hoffe in den weiteren Büchern der Reihe mehr über Fred zu erfahren. Seine Spürnase dürfte aber trotz seiner Jugend gut ausgebildet sein. Sein behäbiger Kollege und Vorgesetzter Auweiler nimmt ihn jedoch nicht ernst, während er selbst schwerfällig und neuen Ideen nicht aufgeschlossen ist.

Auch die exentrische Sonderermittlerin Ellen von Stain ist ihm nicht wirklich eine Hilfe. Sie ist schwer zu fassen und scheint eine Sonderposition innerhalb des LKA zu haben, die sie geheimnisvoll wirken lässt. Jedoch konnte ich mit der Figur auch nicht wirklich viel anfangen und fand sie vorallem unsympathisch und fehl am Platz.

Trotzallem hat der Autor seine Figuren weder schwarz-weiß gemalt, noch klischeehaft dargestellt. Auch die Nebenfiguren sind gut gezeichnet und bleiben in Erinnerung, vorallem seine Pensionswirtin Hanna Pletter. Die Figurenzeichnung ist dem Autor großartig gelungen.
Trotzdem habe ich auch einige Kritikpunkte. Der Kriminalfall entwickelt sich eher langsam und ab und zu gab es doch einige Längen.

Fazit:
Ein gelungener Reihenauftakt, der noch Luft nach oben hat und mit einem interessanten Ermittlerteam punkten kann. Da dies der erste Band einer Reihe ist, sehe ich noch einiges Potenzial für Lemkes weitere Fälle und runde daher bei anderen sozialen Medien von 3,5 auf 4 Sterne auf. Auf meinem Blog bleibt es aber bei 3 1/2 Sternen.

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Veröffentlicht am 16.02.2021

Sie wissen, was du tust

Die App – Sie kennen dich. Sie wissen, wo du wohnst.
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Nachdem ich letztes Jahr "Offline" von Arno Strobel gelesen habe, wollte ich auch seinen neuen Thriller "Die APP" lesen. Seine Geschichten sind immer sehr kurzweilig und spannend geschrieben, jedoch fand ...

Nachdem ich letztes Jahr "Offline" von Arno Strobel gelesen habe, wollte ich auch seinen neuen Thriller "Die APP" lesen. Seine Geschichten sind immer sehr kurzweilig und spannend geschrieben, jedoch fand ich auch hier wieder einiges zu konstruiert und überspitzt, wie es leider in letzter Zeit oftmals bei Thriller vorkommt und mir nicht gefällt.

Die Idee fand ich allerdings top und die Geschichte schreckt sicherlich auch von zu viel Digitalisierung ab. Für mich würde so und so kein Smart Home in Frage kommen, aber nach dieser Lektüre würde ich auf jeden Fall zweimal darüber nachdenken ;)

Hendrik und Linda haben sich allerdings für diese Variante entschieden und sind begeistert von ihrem neuen Heim und den Möglichkeiten, die sie damit haben. Doch dann verschwindet Linda eines Nachts spurlos und auf den Überwachungskameras ist nichts zu sehen. Hendrik wendet sich verzweifelt an die Polizei, doch diese denkt Linda wäre kurz vor der Hochzeit abgehauen. Ihm bleibt nichts anderes übrig als selbst nachzuforschen, denn Hendrik denkt nicht, dass ihn Linda freiwillig verlassen hat. Bald fühlt auch er sich beobachtet und plötzlich lässt sich die App für das Smart Home nicht mehr deaktivieren...

Arno Strobel behandelt auch in seinem neuen Thriller ein brandaktuelles Thema: die immer weiter verbreitete Digitalisierung. Er zeigt die positiven, aber auch die negativen Seiten auf, die uns in unserem täglichen Leben durch verschiedene technische Hilfsmittel begleiten.
Während Hendrik verzweifelt versucht Linda und den Fehler in der App zu finden, wird die Atmosphäre immer beklemmender und die Verdächtigen immer mehr.

Der Schreibstil ist eher einfach, die Sätze und Kapitel sind kurz und knapp. Die Spannung ist hoch und bleibt ziemlich auf diesen Level. Man möchte unbedingt wissen, was hinter dem Verschwinden von Linda und der App, die auf einmal nicht mehr funktioniert, steckt.

Leider wusste ich auch ziemlich schnell wer hinter all den Ereignissen steckt. Die Auflösung fand ich etwas weit hergeholt und wirkte gezwungen. Was spannend beginnt, wird leider durch den unglaubwürdigen Showdown zu einem Mittelklassethriller, wie ich ihn in letzter Zeit leider viel zu oft lese.

Fazit:
Ein Thriller, der beklemmend und stark beginnt, jedoch immer mehr abfällt und am Ende ins Unglaubwürdige abdriftet, wie leider viele Bücher dieses Genres. Kann man lesen, muss man aber nicht...

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Veröffentlicht am 14.02.2021

Die Vergangenheit schläft nie

Die Schwimmerin
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Gina Mayer's neuer Roman "Die Schwimmerin" gebührt weit mehr Beachtung, als ich bisher in den Medien darüber gelesen und gesehen habe. Titel und Cover stimmen zwar überein und das Schwimmen spielt auch ...

Gina Mayer's neuer Roman "Die Schwimmerin" gebührt weit mehr Beachtung, als ich bisher in den Medien darüber gelesen und gesehen habe. Titel und Cover stimmen zwar überein und das Schwimmen spielt auch eine Rolle in diesem Roman, aber nicht so, wie man vor der Lektüre denken mag.

Der Roman wird auf zwei Zeitebenen erzählt und beginnt im Jahre 1962 in Essen. Betty steht kurz vor ihrer Hochzeit mit Martin Riessel, der bei Krupp einen gutbezahlten Job gefunden hat. Sie ist glücklich und freut sich auf ihre neue Wohnung, die sogar eine dieser modernen Einbauküchen hat. Wie es in den Sechziger Jahren gang und gäbe war, gibt sie ihren Beruf in der naheliegenden Bäckerei auf und bleibt als Hausfrau zuhause. Bald schon fühlt sie sich einsam und unterfordert. Sie freundet sich mit ihrer Nachbarin an und beginnt wieder zu schwimmen. Die Stunden im Schwimmbad tun ihr gut. Hier fühlt sie sich wohl und sie kann ihre Vergangenheit ausblenden, die nicht einmal ihr Ehemann kennt. Bis eines Tages ein Mädchen vor ihr steht und ihr mitteilt, dass sie weiß, was sie getan hat und Betty mit ihrem Wissen erpresst.....

Im zweiten Handlungsstrang befinden wir uns in den Jahren von 1942-1946 in Düsseldorf und danach im schwäbischen Weilerbach. Dort auf dem Land kommen Elisabeth und ihre Mutter an, nachdem der Vater im Krieg gefallen und ihr Haus ausgebombt wurde. Sie sind Flüchtlinge im eigenen Land. Während Elisabeths überängstliche Mutter in Depressionen verfällt, muss Elisabeth wohl oder übel sich selbst versorgen. Die gute Schülerin ist in der Dorfschule unterfordert und wird auf das naheliegende Gymnasium geschickt. Gemeinsam mit der Pfarrerstochter Susanne, mit der sie sich anfreundet und deren Familie sie unterstützt und liebevoll umsorgt, lebt sie anfangs noch unbeschwert in der ländlichen Umgebung. Sie verliebt sich in Susannes Bruder Rüdiger, mit dem sie die Liebe zur Literatur verbindet, der jedoch in den Krieg eingezogen wird. Doch der Krieg holt Elisabeth auch auf dem Lande ein und ihre Mutter lässt ihre Tochter postwendend im Stich.....

Gina Mayer erzählt abwechselnd aus den beiden Zeitebenen. Die bildhafte Sprache der Autorin habe ich bereits in einem anderen Roman kennengelernt, der mich ebenfalls überzeugt hat. Gina Meyer gelingt es meisterhaft die Spannung fortlaufend anzuheben. Die Geschichte gewinnt sowohl in der Vergangenheit, als auch in der Gegenwart immer mehr an Fahrt. Ich konnte den Roman nur schwer aus der Hand legen, denn ich wollte wissen um welches Geheimnis es sich dreht und wie und ob Betty/Elisabeth aus dem Dilemma und der Erpressung wohl herauskommen wird.

Betty/Elisabeth ist eine sehr interessante Protagonistin. Als junges Mädchen ist sie unbeschwert und intelligent. Sie ist eine Kämpferin und lässt sich auch von den furchtbaren Kriegserlebnissen nicht unterkriegen. Sie lehnt sich auf und versucht das Beste aus ihrer Situation zu machen. Bis sie an eine Grenze stößt, die sie zerbrechen lässt....
Danach verschließt sie die Erlebnisse und versucht nach vorne zu blicken und sich ihr Glück selbst zu nehmen, was ihr jedoch nicht gelingt.

Ihre Gefühlswelt hat die Autorin sehr authentisch und gekonnt dargestellt. Ich habe mit Betty gelitten, aber auch manchmal voller Unverständnis den Kopf geschüttelt. Betreffend dem Geheimnis in der Vergangenheit möchte ich nicht allzu viel preisgeben, aber meiner Meinung nach hat die Autorin die Leser mit den schlimmsten Grausamkeiten verschont. Wenn man zu diesem Thema allerdings noch nichts gelesen hat, wird man schockiert sein.

Fazit:
Ein wunderbarer Roman, den ich sehr gerne gelesen habe. Ich bin durch die Geschichte gerauscht, denn ich konnte sie nur sehr schwer aus der Hand legen. Ein Frauenschicksal, das zu dieser Zeit leider nicht ungewöhnlich war - gefühlvoll erzählt. Ich empfehle diesen Roman sehr gerne weiter!

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