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Veröffentlicht am 07.04.2021

Der fünfte Fall für Toni Sanftleben - spannend wie gewohnt

Finstere Havel
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Der neue Havel Krimi von Tim Pieper "Finstere Havel" ist bereits der fünfte Band rund um Hauptkommissar Toni Sanftleben. Man kann diesen Band auch ohne Vorkenntnisse zu den Vorgängerbänden lesen.

Gleich ...

Der neue Havel Krimi von Tim Pieper "Finstere Havel" ist bereits der fünfte Band rund um Hauptkommissar Toni Sanftleben. Man kann diesen Band auch ohne Vorkenntnisse zu den Vorgängerbänden lesen.

Gleich zu Beginn wird man mit dem Unfalltod einer jungen Frau konfrontiert, die mit ihrem Auto aus der Havel geborgen wird. Die Tote, Melanie Berndt, war angeschnallt und die Türen waren verschlossen. War es Selbstmord? Ein Unfall oder gar Mord?
Die Biologin war hochsensibel und suchte oftmals die Einsamkeit. Sie verbrachte viel Zeit am Ufer der Havel oder betrachtete den nächtlichen Sternenhimmel. Melanie steckte mitten in einer Scheidung und kämpfte um ihre Tochter, die beim Noch-Ehemann lebt. Beruflich ist sie auf der Überholspur, wenn sie nicht gerade gesundheitlich angeschlagen ist oder zu Alkohol greift. Ihr Chef, Professor Wendschneider, hält trotzdem viel auf seine Angestellte, die sich besonders für den Naturschutz einsetzt. Ihr Nachbar, ein arbeitsloser Mechaniker, ist aber gerade aus diesem Grund gar nicht gut auf Melanie zu sprechen

Neben der persönlichen Sichtweise von Toni gibt es auch immer wieder Einschübe, die aus der Sicht der toten Melanie Brandt geschildert werden. Die junge Frau war Biologin und hat sich besonders für den Naturschutz eingesetzt. Ein großes Flussprojekt hat ihre letzten Wochen viel Zeit in Anspruch genommen. Und doch scheint sie ein Geheimnis und Schuld auf sich geladen zu haben...

Tim Pieper hat diesmal so einige Themen in seinen aktuellen Krimi verpackt: Naturschutz, Stalking, Hochsensibilität, Erpressung. Je mehr die Ermittler über die Tote erfahren, umso zahlreicher werden die Ungereimtheiten. Lange tappen Toni und sein Team im Dunkeln. Der Autor lässt uns wieder direkt an den Ermittlungen teilhaben. Dabei streut er geschickt überraschende Wendungen ein und lässt den Leser mitraten.

In diesem Band wird es auch etwas privater. Toni und Caren sind nun ein Paar und er hat seine Vergangenheit hinter sich gelassen. In seinem Team scheinen ebenfalls Frühlingsgefühle ausgebrochen zu sein. Gesa versucht sich weiblicher zu kleiden und kommt plötzlich mit Make Up ins Büro und auch Phong schaut plötzlich mehr auf sein Äußeres. Bahnt sich etwa hier etwas an?

Schreibstil:
Der Schreibstil ist gewohnt einnehmend, bildhaft und flüssig. Die Charaktere sind vielschichtig und überraschen den Leser das eine oder andere Mal. Besonders Phong ist am Ende förmlich über sich hinausgewachsen.
Tim Pieper versteht es die einmalige Flusslandschaft rund um die Havel sehr bildgewaltig darzustellen. Als Österreichein ist mir das Flachland nicht wirklich bekannt. Durch die anschaulichen Beschreibungen kann auch ich mir ein gutes Bild der Landschaft machen.

Fazit:
Wie schon Band 1 - 4 konnte mich auch der fünfte Band rund um Toni Sanftleben wieder überzeugen, auch wenn ich den Vorgängerband etwas lieber mochte. Eine tolle Krimireihe mit viel Lokalkolorit und Spannung. Wer sie noch nicht kennt, sollte zugreifen!

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Veröffentlicht am 05.04.2021

Ein finsteres Dorf

Finsterdorf
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Was habe ich mich gefreut, dass ich einen neuen Autor kennen lernen darf, der noch dazu nicht weit weg von mir wohnt. Zusätzlich spielt die Geschichte im Krimi ebenso in meiner Umgebung...zwar schon etwas ...

Was habe ich mich gefreut, dass ich einen neuen Autor kennen lernen darf, der noch dazu nicht weit weg von mir wohnt. Zusätzlich spielt die Geschichte im Krimi ebenso in meiner Umgebung...zwar schon etwas "weiter" weg, aber der Bezirk Scheibbs, in dem hier das (fiktive) schaurige Dorf Schandau liegt, ist nur 15 km entfernt....

Peter Glanninger hat mich von der ersten Seite an überzeugt. Es geht richtig spannend und gruselig los, wobei ich nach dem Beenden das Wort Thriller statt Krimi passender finden würde. In "Finsterdorf" spielt zwar auch Polizeiarbeit eine große Rolle, die den Krimis vorbehalten wird, aber an Grusel und auch einigen Brutalitäten wird nicht gespart.
Thomas Radek vom Landeskriminalamt St. Pölten wird in den kleinen niederösterreichischen Ort Schandau im Bezirk Scheibbs geschickt. Er soll sich das mysteriöse Verschwinden und Wiederauftauchen einer jungen Frau vor Ort näher ansehen. Zusätzlich wird im Polizeibericht auch von Satanismus gesprochen. Seinen Kollegen ist diese merkwüdige Geschichte nur einen Lacher wert, die die zuständige Polizistin von der Polizeiinspektion Gresten an das LKA weitergeleitet hat. Thomas Radek ist aber froh endlich von der Schreibtischarbeit loszukommen und macht sich auf den Weg.
Radek stößt in Schandau jedoch auf eine Mauer des Schweigens. Die Vorkommnisse im Ort kommen ihm jedoch seltsam vor, denn die Menschen sind ängstlich und die Atmosphäre wirkt bedrohlich. Alle Einwohner wirken verstört und niemand wagt es offen mit ihm zu sprechen. Umso neugierer wird Radek und er hört schließlich doch noch von einigen merkwürdigen Vorgängen. Unter den Dorfbewohnern häufen sich die Verletzungen, wie Knochenbrüche. Außerdem war bereits eine weitere junge Frau einmal eine Woche verschwunden und sitzt seit ihrer Rückkehr in der Psychatrie.
Über dem Ort im Tal thront "der Baron", der größte Arbeitgeber der Region, der noch im letzten Jahrhundert stecken geblieben zu sein scheint. Er sieht die Einwohner "seines" Ortes als seine Untergebenen an. Auch Radek spürt bald seine korrupten Machenschachten und sein Netz bis in die höchsten Kreise....auch in Polizeikreise. Doch steckt hinter dem Verschwinden von Bernadette wirklich der Baron oder gibt es eine Gruppe von Menschen vor Ort, die sich einer satanischen Sekte angeschlossen haben?

Der Einstieg ins Buch ist heftig! Eine junge Frau aus dem Ort, Bernadette, wird entführt und in einem Kellerverließ gefoltert und festgehalten. Nach einer Woche kommt sie wieder frei und ist schwer traumatisiert. Danach flacht die Spannung etwas ab, denn Landeskriminalbeamter Thomas Radek sondiert erst einnmal die Lage in Schandau. Gemeinsam mit ihm rätseln wir was in dem Ort eigentlich vorgeht. Wovor haben die Menschen so große Angst, dass sie sogar Misshandlungen und Erpressung über sich ergehen lassen?
Zu Beginn ist man als Leser genauso ratlos, wie Radek. Erst nach und nach scheinen sich mehr und mehr Puzzlesteine zusammenzufügen. Das Gefüge der Dorfgemeinschaft ist nicht zu unterschätzen, denn viele sind voneiander abhängig. Überraschende Wendungen und die Spannung, die sich auf hohem Niveau hält, lassen den Leser trotz einiger kleinen überspitzten Figuren an der Geschichte kleben.

Geschickt und mit einem gewissen Gruselfaktor treibt Peter Glanninger die Aufklärung voran und erlaubt es dem Leser immer einen Schritt voraus zu sein. Obwohl mir doch relativ bald klar war, wer hinter all den Machenschaften steckt, ebbt der Spannungsbogen nicht ab und erst zum Ende hin erfährt man, ob man wirklich richtig vermutet hat. Dieses enthält ebenfalls noch eine kleine Überraschung bereit.

Peter Glanninger, der selbst Polizeibeamter war, hat mich mit seinen Krimi-Debüt tatsächlich umgehauen. Man merkt, dass er weiß wovon er in seinem Buch schreibt und versteht die mysteriöse Atmosphäre im Dorf perfekt darzustellen. Man spürt richtig die Angst der Einwohner und bekommt leichte Gänsehaut, wenn man gemeinsam mit Thomas Radek durch Schandau spaziert.
Die Figuren sind authentisch und gut gezeichnet. Den Ermittler Thomas Radek habe ich sehr schnell ins Herz geschlossen. Sehr gerne würde ich noch mehr Fälle mit ihm lesen und empfehle diesen Krimi/Thriller sehr gerne weiter!

Fazit:
Finsterdorf ist ein sehr atmosphärischer Krimi mit Gruselfaktor, der in meiner Gegend spielt. Nicht nur einige bekannte Locations, sondern auch die düstere Stimmung, hat mich richtig gefesselt. Ein spannender Krimi, den ich kaum aus der Hand legen konnte. Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 03.04.2021

Temporeicher Justizthriller

Der Fall des Präsidenten
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Marc Elsberg ist ein Autor, der aus dem Journalismus kommt und sich zudem wirklich gut verkaufen kann. Trotzallem haben seine Thriller immer aktuelle und brisante Themen, die mich immer wieder faszinieren ...

Marc Elsberg ist ein Autor, der aus dem Journalismus kommt und sich zudem wirklich gut verkaufen kann. Trotzallem haben seine Thriller immer aktuelle und brisante Themen, die mich immer wieder faszinieren und zu seinen Büchern greifen lässt. Fast immer blicken wir mit seiner Lektüre in die nahe Zukunft, wobei die Themen beim Lesen ein oftmals unheimliches Gefühl transportieren.

In "Der Fall des Präsidenten" hat der Autor nun eher einen Polit-/Justiz-Thriller erschaffen, der mit der Verhaftung des amerikanische Ex-Präsidenten Douglas Turner (die Initialen DT sind dabei vollkommen willkürlich gewählt..oder auch nicht) startet. Als er mit seiner Entourage in Athen am Flughafen landet wird er festgenommen. Der ICC (der internationale Strafgerichtshof) lässt ihn wegen Kriegsverbrechen in Afghanistan verhaften. Als persönliches Aushängeschild des ICC ist die Dana Martin vor Ort, die plötzlich ungewollt einer Hetze durch die Medien ausgesetzt wird. Die noch eher unerfahrene Juristin ist zunächst damit ziemlich überfordert. Das ehemalige Flüchtlingskind aus Sarejevo ist während des Bosnienkrieges mit ihrer Mutter nach Europa geflohen. Der Vater kam später nach. Gerechtigkeit war ihr schon immer ein Anliegen. Während in den USA der momentan amtierende Präsident Arthur Jones mitten im Wahlkampf für seine weitere Präsidentschaft steckt, entsendet er seinen engsten Mitarbeiter Derek Endvor nach Athen - mit ihm eine kleine Entourage aus Juristen, Kommunikationsberatern, Geheimdienstmitarbeitern, Außenpolitikern und Miliär. Sie sollen Turner schnellstmöglich wieder aus dem Gefängnis herausholen. Zusätzlich setzen die Amis alles daran die Griechen einzuschüchtern, sowie weitere ICC Mitarbeiter davon abzuhalten Dana Martin persönlich beistehen zu können. Es scheint, als hätte der Internationale Strafgerichtshof tatsächlich Beweise gegen Douglas Turner zu haben. Währendessen fürchtet auch der Whistleblower, der die Geschichte an den ICC weitergegeben hat, um sein Leben......

Elsberg greift in seinem neuem Thriller die problematische Haltung der USA gegenüber dem Internationalen STrafgerichtshof auf, die sich für die internationalen Menschenrechte einsetzen. Die Spannung hat der Autor auf den 600 Seiten erstklassig gehalten. Ich hatte Angst, dass es langweilig oder es zu zu vielen detaillierten politischen Erklärungen kommt, was jedoch nicht der Fall war. Ich hatte keinerlei Schwierigkeiten allem zu folgen. Einzig zu Beginn tauchen relativ viele Namen auf, die man anfangs noch schwer zuordnen kann. Das legt sich jedoch ziemlich schnell und man hat bald den Überblick über die Protagonisten.

Der Justizthriller ist sehr dialoglastig, rasant, spannend und informativ. Die einzelnen Szenen wechseln sehr schnell. Ich habe mich auf keiner Seite gelangweilt und bin sehr gut und schnell durch die 600 Seiten gekommen. Der leser wird durch Interessante Wendungen überrascht und natürlich gibt es auch ein bisschen Action.
Marc Elsberg hat wieder hervorragend recherchiert. Man merkt ganz genau, dass er sich mit seinen Themen intensiv beschäftigt und auch ein großes Interesse daran hat. Seine Bücher haben immer einen aktuellen Bezug. Da komme ich auch schon zu einem Kritikpunkt. Seine Versuche alles, was im Moment "en vogue" ist, (wie z. Bsp. "LGBTQ", Elektroautos, ehemaliger Flüchtling wird zur gefeierten Heldin, usw. miteinzubauen), gefiel mir nicht. Natürlich ist es wichtig diese Themen anzusprechen, aber müssen diese im Moment wirklich laufend zur Sprache kommen? Bei mir erzeugt es nämlich langsam das Gegenteil und ich bin nur noch genervt davon.

Fazit:
Ein spannender und temporeicher Politik-/Justiz-Thriller, der mir gut gefallen hat. Rasant, aktuell und informativ mit einer kleinen Botschaft die moralische Fragen aufwirft. Ich empfehle den Polit-/Justiztheiller gerne weiter!

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Veröffentlicht am 31.03.2021

Eine Liebe, die nicht sein durfte

Klaras Schweigen
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Der neue Roman von Bettina Storks befasst sich mit Miriam und ihrer Großmutter Klara, die nach einem Schlaganfall zuerst gar nicht und dann plötzlich französisch spricht. Angeblich hat Klara aber nie diese ...

Der neue Roman von Bettina Storks befasst sich mit Miriam und ihrer Großmutter Klara, die nach einem Schlaganfall zuerst gar nicht und dann plötzlich französisch spricht. Angeblich hat Klara aber nie diese Sprache gelernt. Miriam, die nach dem frühen Unfalltod ihrer Eltern bei ihrer Großmutter aufgewachsen ist, steht vor einem Rätsel. Nach Rücksprache mit Klaras Schwester Lotte ahnt sie jedoch, dass diese ihr absichtlich etwas verschweigt. Sie warnt Miriam zusätzlich in der Vergangenheit herumzuschnüffeln, was diese natürlich noch neugieriger macht. Außerdem spricht Klara von einem Pascal, zeigt ihr eine goldene Uhr mit französischer Gravur und die Zeichnung einer Fischerhütte am Meer: und sie bittet Miriam Pascal zu finden.....

Bettina Storks hat in ihrem neuen Roman die Beziehung zwischen französischen Soldaten und deutschen Frauen aufgegriffen. Auf zwei Zeitebenen erzählt sie die Geschichte von Klara, die sich unsterblich in einem französischen Soldaten verliebt. Doch diese Liebe ist nach dem Krieg verboten und der Hass zwischen Franzosen und Deutschen schwillt nicht zum ersten Mal im Laufe von Jahrhunderten immer mehr an. Bettina Storks bringt uns die Nachkriegszeit näher, sowie die damals geltenden gesellschaftlichen Gepflogenheiten

Die Charaktere sind wundervoll gezeichnet und sehr individuell. Klara ist eine sehr sympathische Figur, die es in ihrem Leben nicht leicht hat. Besondere Schuld daran trägt ihr tyrannischer Vater, der seit der Rückkehr aus dem Krieg dem Alkohol zuspricht und dessen Hass auf die Franzosen die Familienatmosphäre vergiftet. Aber auch die bigotte und erzkatholische Mutter und Klaras Schwester Lotte, die sich ihr gegenüber immer benachteiligt fühlt, tragen zu Klaras Leid bei. Ich war mit mit Klara in Freiburg und in Konstanz am Bodensee und habe mit ihr geweint und gelitten. Doch sie erstarkt an ihren Schicksalsschlägen und nimmt ihr Schicksal selbst in die Hand.

Auch Miriam ist eine fürsorgliche und warmherzige Frau, die jedoch immer wieder an sich selbst zweifelt. Sie hat Bindungs- und Verlustängste. Durch ihre Nachforschungen über Klaras Vergangenheit findet sie langsam zu sich selbst, bis sie ein Geheimnis aufdeckt, dass ihr altes Leben völlig aus der Bahn wirft. Ihre beste Freundin Pia ist dabei eine verlässliche Stütze, die ihr immer zur Seite steht.

Fazit:
Ich habe mit Miriam und Klara mitgefiebert, während ein siebzig Jahre altes Geheimnis gelüftet wird. Die Seiten sind nur so dahin geflogen. Vorallem hat mich auch der einfühlsame und flüssige Schreibstil der Autorin durch die Geschichte getragen. Von mir gibt es eine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 28.03.2021

Roman einer Familie

Dresden
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Mit Fabian lernen wir einen sehr sympathischen Protagonisten kennen, der 1975 das erste Mal auf die andere Seite des eisernen Vorhanges fährt. Seine Mutter Laura und Gabi Gersberger sind beide begeisterte ...

Mit Fabian lernen wir einen sehr sympathischen Protagonisten kennen, der 1975 das erste Mal auf die andere Seite des eisernen Vorhanges fährt. Seine Mutter Laura und Gabi Gersberger sind beide begeisterte Chorsängerinnen und schreiben sich seit Jahren Briefe. Fabian ist neugierig auf die Deutschen auf der anderen Seite und möchte auch wissen, wie sich das Leben wirklich in der DDR abspielt. Gemeinsam mit seinem Freund Till machen sich die beiden Studenten mit jeder Menge Bekleidung, Waschpulver, Kaffee und Schokolade Richtung Dresden auf. Während Fabian zuhause Probleme mit seinem Vater hat, begeistert er sich schnell für die Gersbergers. Gabi und Ekkhard nehmen die beiden Jungs gerne für ein paar Tage auf. Er fühlt sich sofort wohl und erfährt erstmal, was Familie wirklich bedeutet. Gabis und Ekkehards Tochter Anne und ihr Sohn Kai sind etwa im selben Alter bzw. jünger. Vorallem Anne gefällt Fabian sehr, doch die junge Frau ist bereits mit einem Jungen, genannt TK, verlobt.
Was als "Abenteuerurlaub" für Fabian beginnt, wird zu einem jährlichen Besuch bei den Gersbergers.

Als Leser lernt man die einzelnen Figuren sehr gut kennen. Während Gabi und Ekki darauf hoffen, dass sich in den Jahren in der DDR etwas verändert und die Wirtschaft ebenso einen Aufschwung nimmt, lehnt sich Kai gegen die Politik auf. Mit der Zeit verliert aber auch der Rest der Familie Gersberger die Hoffnung, obwohl sie sich an die Regeln des Regime halten. Doch vorallem Kai stößt sich immer wieder an der Politik und die Reaktion bekommt nicht nur er, sondern auch der Rest der Familie zu spüren.

Ich bin zwar kein Freund von zu viel Liebesgeschichten in einem Buch, wo es eigentlich um andere Themen geht, aber hier kam sie eindeutig zu kurz. Wenn man als Leser nicht ganz mitbekommt, ob jetzt etwas zwischen zwei Menschen "gelaufen" ist oder nicht, dann ist es meiner Meinung zu wenig. Erst im letzten Drittel wird dieses Rätsel im Laufe der Handlung aufgelöst. Das hätte man anders lösen können...

Der Roman endet mit dem 1. Oktober 1989, also zwei Monate vor dem Mauerfall. Der Autor wechselt immer wieder zwischen diesem Tag im Oktober 1989 und der Vergangenheit ab 1975. Manchmal war ich dadurch etwas verwirrt, obwohl ich sehr viele Bücher auf zwei und drei Zeitebenen lese.

Im Endeffekt passiert nicht wirklich viel mehr, als im Klappentext beschrieben wird. Jedoch gelingt es dem Autor perfekt, die Gefühle und Gedanken seiner Protagonisten zu vermitteln. Es gibt viele Dialoge und Streitgespräche. Es werden beide Seiten von Deutschland beleuchtet. Dabei gelingt es Michael Göring den erhobenen Zeigefinger wegzulassen. Er zeigt die Facetten beider Staaten auf - Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Geschichtliche Eckdaten zieht er dabei genauso heran, wie kleine persönliche Tragödien.
Gefallen haben mir die vielen Ausflüge durch Dresden. Da ich die wunderschöne Stadt vor einigen Jahren selbst besucht habe, konnte ich einige bekannte Plätze und Ecken wiedererkennen.

Vorallem die Figuren des Romans sind sehr lebendig und detailiert gezeichnet. Man fühlt sich mitten drin und von Freunden umgeben. Natürlich kommt die Politik und auch die Umwelt nicht zu kurz. Alle Jüngeren, die denken unsere Generation hat sich keine Gedanken um die Umwelt in den 1980igern gemacht, erfährt hier das Gegenteil. Doch auch schon damals hat die Wirtschaft und die Politik zu ihren Vorteil gehandelt....nicht anders als heute.

Fazit:
Ein ruhiger Familienroman, der beide Seiten des ehemals geteilten Deutschlands aufzeigt. Dem Autor gelingt es besonders gut die Gefühle und Gedanken seiner Protagonisten zu transportieren, sowie die Orte zu beschreiben. Gerne empfehle ich den Roman weiter.

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