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Veröffentlicht am 11.01.2021

Macht fassungslos

Das Haus der Verlassenen
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Mein erstes Buch von Emily Gunnis und ein Thema, das mich in letzter Zeit nun schon öfters begleitet hat: Heime und körperliche Züchtigung. Es ist unfassbar, was ledige Frauen oder Kinder oftmals bis in ...

Mein erstes Buch von Emily Gunnis und ein Thema, das mich in letzter Zeit nun schon öfters begleitet hat: Heime und körperliche Züchtigung. Es ist unfassbar, was ledige Frauen oder Kinder oftmals bis in die späten 1960iger Jahren mitmachen mussten, oftmals unter dem Decknamen der Kirche. Menschenverachtender geht es oftmals nicht.....

Schon der Prolog, der im Jahre 1959 spielt, hat es in sich. Ivy verhilft einer jungen Frau zur Flucht aus dem St. Margret's und übergibt ihr einen Brief. Kurz darauf begeht sie Selbstmord...

Die junge Ivy kommt 1956 in eines der gefürchteten Magdalenenheime, als sie ungewollt schwanger wird. Der gestrenge Stiefvater lässt das junge Mädchen ins St. Margareth's Heim bringen, denn der Ruf der Familie ist ihm wichtiger, als seine Stieftochter. Bereits in Rebecca Michéles Buch "Auf den zerbrochenen Flügeln der Freiheit" habe ich über diese Einrichtungen gelesen und war schockiert! Die Frauen werden misshandelt und kaum verköstigt. Die Kinder, die die gefallenen Mädchen zur Welt bringen, werden zur Adoption freigegeben und den Müttern erzählt, sie wären verstorben. Ivy schreibt verzweifelte Briefe an ihre große Liebe, den Vater des Kindes, doch der nimmt ihre Erzählungen nicht ernst. Zusätzlich war sie für ihn nur ein kleiner Flirt...

Rund sechzig Jahre später findet die Journalistin Sam die verzweifelten Briefe von Ivy in den Unterlagen ihres verstorbenen Großvaters. Sie wittert eine interessante Geschichte, die ihr Karriere pushen soll und beginnt zu recherchieren. Doch sie muss sich beeilen, denn das Gebäude soll bald abgerissen werden. Bald schon entdeckt sie grausame Wahrheiten und möchte nur mehr die damaligen Zustände aufdecken. Außerdem stolpert sie über das Verschwinden des ehemaligen Priesters des Heimes im Jahr 2000 und dem Fund seiner Leiche 2016 ...

Im selben Zeitstrang lernen wir Kitty, die berühmte Moderatorin einer Talkshow kennen, die sich nach zwanzig Jahren im Rampenlicht zurückzieht. Samantha entdeckt, dass sie irgendwie eine Verbindung zum St. Margret's haben muss...

Der Roman wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Abwechselnd erfahren wir wie Sam bei ihren Nachforschungen vorgeht und Geheimnisse aufdeckt und wie Ivy ins Heim kommt und was sie dort erlebt. Stück für Stück kommt Sam der Wahrheit näher und ist schockiert über die Vorkommnisse in St. Margarets. Die beiden weiblichen Protagonisten sind sehr lebendig gezeichnet, trotzdem fieberte ich im Vergangenheitstsrang mit Ivy mehr mit, als mit Sam. Ihre Geschichte machte mich fassunglos und den Grausamkeiten, denen die jungen Frauen in St. Margrets - nur eines der vielen Magdalenenheime in Irland und Großbritannien - ausgesetzt waren, sind oftmals unbegreiflich.
Samantha Geschichte in der Gegenwart war mir etwas zu konstruiert und manchmal auch unlogisch. Zusätzlich konnte ich ich einige ihrer Handlungen nicht nachvollziehen. Dazu kommen noch einige Mysteryelemente, die nicht vollständig erklärt werden.

Da ich bereits einiges über die katholischen Heime für ledige Mütter in "Auf den zerbrochenen Flügeln der Freigheit" gelesen habe, überraschte mich kaum, was die jungen Frauen damals erleiden mussten. Trotzdem war ich auch diesmal wieder nur schockiert und entsetzt.
Vorallem kann man kaum glauben, dass diese Methoden noch vor 60 Jahren angewendet wurden.

Schreibstil:
Emily Gunnis schreibt sehr lebendig, fesselnd und hat in ihrer fiktiven Geschichte um Ivy und Sam einige überraschende Wendungen eingebaut. Leider verlaufen aber auch einige Stränge im Sand.
Im Nachwort erklärt die Autorin ausführlich über ihre Recherchen zu den Magdalenenheimen.


Fazit:
Ein bedrückendes Thema, das die Autorin in ihrem Roman auf zwei Zeitebenen aufgreift. Es ist immer wieder unglaublich, wozu Menschen fähig sind. Spannend geschrieben, aber noch nicht ganz ausgereift.

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Veröffentlicht am 08.01.2021

Das Land der Birken

Die Zeit der Birken
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Christine Kabus kenne ich bereits durch ihre Norwegen-Romane, die ich gerne lese, weil sie mir dieses Land (das ich schon seit langer, langer Zeit besuchen möchte) in ihren Büchern etwas näher bringt.
Diesmal ...

Christine Kabus kenne ich bereits durch ihre Norwegen-Romane, die ich gerne lese, weil sie mir dieses Land (das ich schon seit langer, langer Zeit besuchen möchte) in ihren Büchern etwas näher bringt.
Diesmal spielt ihr neuer Roman allerdings in Estland, was für mich noch mehr Anreiz war diese Geschichte zu lesen. Wann findet man schon ein Buch, das in Estland spielt?! 2016 habe ich selbst die baltischen Staaten besucht und war verzaubert von der mittelalterlichen Altstadt Tallinn. Zusätzlich habe ich noch eine supernette estnische Brieffreundin, die ich bereits einige Male getroffen habe - so auch bei dieser Urlaubsreise.

Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen. Im Vergangenheitsstrang lernen wir ein Estland in den Jahren 1938-1941 kennen, in dem die Deutschbalten zuerst die Herrschaftsschicht darstellen, aber während des Krieges vertrieben bzw. von Hitler zurück ins Deutsche Reich geholt wurden.

Charlotte von Lilienfeld ist ein junges Mädchen aus gutem Haus, das nach ihrem Abschluss an der wirtschaftlichen Frauenschule, mit ihrer besten Freundin nach Tallinn ziehen und dort arbeiten möchte. Als ihre Tante stirbt, schicken sie ihre Eltern kurzfristig auf die estnische Insel Hiiuma zu ihrem Onkel Julius. Dort soll sie ihm den Haushalt führen. Julius ist im Gegensatz zu Charlottes Eltern ein sehr aufgeschlossener und freundlicher Mann und Charlotte fühlt sich auf seinem Hof sehr wohl. Dazu trägt auch der Este Lennart Landa bei, den sie seit Kindertagen kennt und nun als Stallmeister am Birkenhof von Onkel Julius arbeitet. Bald entwickelt sich eine heimliche Liebesbeziehung zwischen Lennart und Charlotte, die sie vor ihren Eltern verheimlichen muss. Für die deutsche Herrschaftsschicht sind die einheimischen Esten nicht gut genug und eine Verbindung zwischen Charlotte und Lennart würde nie gebilligt werden. Doch dann kommt auch der Krieg nach Estland...

Im zweiten Strang befinden wir uns in Schleswig Holstein in den späten 1970iger Jahren bis hin zu den Anfängen der Neunziger Jahre. Die 17jährige Gesine von Pletten wächst auf dem Gut ihrer Eltern auf, die sich auf Pferdezucht spezialisiert haben. Gesine liebt die Pferde, hat aber mit den Wünschen ihrer Mutter nichts am Hut, die sie schon als gefeierte Springreiterin sieht. Außerdem soll sie einen vorzüglichen Schulabschluss hinlegen, wo Gesine doch viel lieber auf ihrem Pferd durch die Landschaft reitet. Als der estnische Bereiter Grigori auf den Hof kommt, verliebt sich Gesine in den jungen Mann. Doch der schüchterne "Pferdeflüsterer" ist aus seinem jetzigen Heimatland Russland geflohen. Als er plötzlich eines Tages verschwunden ist, ist Gesine verzweifelt. Erst viele Jahre später entdeckt sie Grigoris Geheimnis und das ihrer Familie...

Am Strang aus den Siebziger Jahren hat mir gut gefallen, dass ich einige der genannten Songs, TV Sendungen und Stilrichtungen wiedererkannte und mich an meine Kindheit erinnerte. Auch das politische Geschehen, besonders die Attentate der RAF und die Entführung von Werner Schleyer, nimmt Christine Kabus mit in die Geschichte auf. Jedoch ist vieles zu detailliert beschrieben, was zu kleinen Längen führt.
Im Vergangenheitsstrang erfahren wir mehr über den politischen Hintergrund der Baltischen Staaten, die erst 1918 selbstständig wurden. Danach kam Estland durch die Einverleibung des Deutschen Reiches und Russlands wieder in fremden Besitz und erst nach dem Fall der Mauer 1989 wieder selbstständig. Bei meinem Besuch 2016 durch die drei Baltischen Staaten erkannte ich auf den ersten Blick, wie unterschiedlich sich Litauen, Lettland und Estland seitdem entwickelt haben. Die Autorin hat über die Geschichte des landes hervorragend recherchiert.

Die Parallelen zwischen Charlottes und Gesines Schicksal sind sehr schnell erkennbar. Beide entstammen wohlhabenden Familien, erfahren eine sehr strenge Erziehung und sehen sich dem Druck der Familie ausgesetzt, eine standesgemäße Partie zu machen. Beide haben jedoch ganz andere Wünsche und Träume, die sich nicht mit denen der Eltern vereinen lässt. Vorallem Charlottes erlebt, bedingt durch andere Menschen, eine sehr schlimme Zeit. Lange habe ich spekuliert, wie die beiden Zeitstränge zusammenhängen und ich hatte auch einige richtige Ansätze. Doch Christine Kabus hat gekonnt falsche Fährten gelegt und so konnte sie mich am Ende doch sehr überraschen.

Schreibstil:
Christine Kabus schreibt teilweise sehr detailreich, aber auch wunderbar flüssig. Ganz besonders liebe ich aber ihre bildhaften Beschreibungen der Landschaft, wie auch die Einbettung politischer und historischer Begebenheiten zu dieser Zeit.
Die handelnden Figuren sind sehr gut gezeichnet und als Leser lebt man mit ihnen mit.
Am Anfang des Buches gibt es eine Karte von der Insel Hiiumaa und von Estland.

Fazit:
Eine gelungene Familiensaga mit einem ganz besonderen Setting. Die Geschichte des kleinesn baltischen Staates war sehr wechselhaft und Christine Kabus hat die historischen Fakten sehr interessant mit der fiktiven Handlung verknüpft. Eine sehr informative Lektüre, die aber auch schöne Unterhaltung bietet.

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Veröffentlicht am 05.01.2021

Frostige Rache

Frostgrab
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Nach zehn Jahren treffen sich Milla, Curtis, Dale, Brent und Heather in einer Lodge in den französischen Alpen. Seit einem bestimmten Tag haben sich die fünf Briten nicht mehr getroffen. Damals passierte ...

Nach zehn Jahren treffen sich Milla, Curtis, Dale, Brent und Heather in einer Lodge in den französischen Alpen. Seit einem bestimmten Tag haben sich die fünf Briten nicht mehr getroffen. Damals passierte beim Training ein schrecklicher Unfall. Zeitgleich verschwand eine der Teilnehmerinnen spurlos, was auch das Ende der Freundschaft und für manchen von ihnen auch das Ende der Snowboardkarriere war.
Die verblieben Mitglieder der Clique sind der Einladung nur widerstrebend gefolgt, denn jeder von ihnen möchte mehr oder weniger mit der Vergangenheit abschließen. Innerhalb kurzer Zeit brechen die Rivalitäten wieder hervor. Das Misstrauen wird stärker, als plötzlich die abgegeben Handys verschwinden, der Strom ausfällt und damit auch die Seilbahn ins Tal unbrauchbar wird. Bald bemerken sie, dass sie die Einzigen auf dem Berg sind und jemand nach ihrem Leben trachtet.....

Alice Reynolds hat in ihrem Debüt auf einen altbekannten Plot zurückgegriffen, der in letzter Zeit wieder sehr beliebt zu sein scheint. Arno Strobel hat mit Offline, Lucy Foley mit Neuschnee, Jonas Winner mit Die Party oder mein persönlicher Favorit Christof Gasser mit Blutlauenen einen ähnlichen Ausgangspunkt geschaffen: Eine bestimmte Anzahl von Menschen eingeschlossen, ohne Hilfsmittel und ein Mörder unter ihnen......und das Spiel kann beginnen.
Bei Frostgrab sind, die auf der Skihütte eingeschlossenen Personen, Snowboarder, die sich normaler Weise in der Halfpipe am Wohlsten fühlen. Obwohl ich selbst begeisterte Schifahrerin bin, kann ich mit den Begriffen dieser Sportart nicht wirklich viel anfangen. Diese kommen im Vergangenheitsstrang doch gehäuft vor und entweder googelt man danach oder liest einfach drüber. Meiner Meinung nach war es etwas zu viel des Guten und hat der Geschichte etwas Spannung genommen. Doch die eigentliche Frage des Thrillers ist: "Wer hat Milla und den Rest der damaligen Clique eingeladen und warum?"

Die Autorin wechselt kapitelweise zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her. Zum Schluss hin ergänzen sich die beiden Handlungsstränge und geben das Geheimnis preis. Als Leser erfährt man im Vergangenheitsstrang mehr über die damalige Gruppendynamik und den Kampfgeist der Extremsportler. Vorallem die Ich-Erzählerin Milla und Curtis Schwester Saskia sind sehr ehrgeizig und kämpfen mit allen Mitteln um den Platz in der Mannschaft für die Weltmeisterschaft. Dabei schreckt vorallem Saskia vor nichts zurück und greift des Öfteren auch zu unzulässigen Mitteln. Als sie spurlos verschwindet hat jeder der Clique ein mögliches Motiv.
Durch die wechselnden Zeitebenen und dem häppchenweise Aufdecken von Infomationen hat der Thriller Spannungspotential, obwohl es im Mittelteil doch auch einige Längen gibt. Als Leser rätselt man gerne mit und fragt sich, was damals passiert sein könnte und wer nun hinter den unheimlichen Vorgängen in der isolierten Bergstation steckt.
Leider kommt aber auch dieser Thriller am Ende nicht ohne Übertreibungen aus. Was hier schwer verletzte Personen noch alles leisten, grenzt an ein Wunder.

Die Figuren sind hingegen gut ausgearbeitet und jeder Charakter ist individuell gestaltet. Richtige Sympathieträger sind sie allerdings nicht. Die Kapitel sind kurz und veranlassen einem immer wieder weiterzulesen. Die Landschaftsbeschreibungen und die einsame Bergwelt wird sehr lebendig beschrieben und auch die Kälte spürt man richtig durch die Zeilen hindurch.


Fazit:
Wer sich nicht an den (zu)vielen Snowboard-Begriffen stört und am Ende ein Auge zudrückt, wenn schwer Verletzte Unmögliches leisten, hat einen spannenden "Whodunit" Krimi/Thriller vor sich. Für ein Debüt gelungen, aber noch mit kleinen Schwächen. Ich vergebe noch vier Sterne.

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Veröffentlicht am 04.01.2021

Hungrige Wölfe

Die Wölfe vor den Toren
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Im sechsten Band ist die ehemalige Begine Serafina mit dem Stadtartzt Adalbert Achaz verheiratet und kümmert sich als Armenapothkerin um die mittellosen Menschen in Freiburg.
Der besonders kalte und lange ...

Im sechsten Band ist die ehemalige Begine Serafina mit dem Stadtartzt Adalbert Achaz verheiratet und kümmert sich als Armenapothkerin um die mittellosen Menschen in Freiburg.
Der besonders kalte und lange Winter lässt die Menschen hungern und frieren, denn die Vorräte sind fast aufgebraucht. Auch die Tiere haben kaum mehr etwas zu fressen und nähern sich immer mehr den menschlichen Ansiedlungen. Die ersten Schafrisse im Dörfchen Würi, das vor den Toren der Stadt liegt, versetzen die Menschen in Angst und Schrecken. Kurze Zeit später wird der erste Tote gemeldet. Der junge Badersohn Jörgelin scheint von den Wölfen angefallen und getötet worden zu sein. Die Angst der Menschen steigert sich immer mehr und schon bald ist von einem Werwold die Rede. Die Dörfler rotten sich zusammen und beginnen mit einer groß angelegten Jagd auf die Wölfe vor den Toren von Freiburg. Kurze Zeit später gibt es im Dorf Würi die nächste Tote: die junge Heilerin Mia. Langsam erhärtet sich bei Stadtarzt Adalbert Achaz und seiner Frau Serafina jedoch der Verdacht, dass Mia keinen Wolf zum Opfer gefallen sein kann, sondern dass ein Mörder sein Unwesen treibt und die Wölfe als Vorwand nimmt....

Wie schon die letzen Bände der Reihe rund um Serafina und Adalbert hat mich auch "Die Wölfe vor den Toren" sofort gefesselt und ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen. Serafina hat ein Näschen für ungewöhnliche Morde und steckt dieses immer wieder in Angelegenheiten, die sie eigentlich nichts angehen. Leider siegt ihre Neugier oftmals über die Vernunft und bringt sie immer wieder in große Schwierigkeiten. So auch in dieser Geschichte. Serafina begibt sich immer wieder ins Dorf Würi und versucht die Menschen besser kennenzulernen. Ihr vertraut man eher, als ihrem Mann, dem Stadtarzt. Doch erst als die Kräuterfrau Gisla Serafina begleitet, öffnet sich die eine oder andere Dörflerin den beiden Frauen. So kommt sie langsam dem Mörder auf die Schliche....

Die Verdächtigen sind zahlreich. Der unbeliebte Müller, der selbst in Saus und Braus lebt und sich als Dorfoberster aufspielt; der seltsame Schäfer, der angeblich Mia so sehr geliebt hat, vor dem sich Mia aber fürchtete oder die junge aufsäßige Magd des Baders, die gerne selbst Herrin wäre.

Der Aberglaube spielt auch diesmal wieder eine große Rolle. Die Menschen glaubten viel zu schnell an das Übernatürliche, wenn sie mit einfacher Logik nicht weiterkamen. Werwölfe, Hexen, Zauber...all diese Dinge gehörten zum damaligen Leben dazu.

Am Beginn des Buches gibt es ein ausführliches Personenregister. Der Schreibstil der Autorin ist wie immer bei dieser Reihe leicht und flüssig, sowie der Zeit angepasst. Der Leser erhält wunderbare Einblicke in das mittelalterliche Leben. Am Ende findet man ein invormatives Nachwort und ein Glossar.

Man kann diesen Roman alleinstehend lesen, jedoch empfehle ich bei Bänden immer die Reihenfolge einzuhalten. Durch das Lesen der Vorgängerbände lassen sich alle handelnden Figuren verstehen und ihre Entwicklung besser nachvollziehen.

Fazit:
Auch der sechste Band um Serafina hat mich wieder in das mittelalterliche Freistadt eintauchen lassen. Besonderen Augenmerk hat die Autorin diesmal auf den damaligen Aberglauben gesetzt. Ein spannender historischer Roman mit Krimielementen. Ich freue mich schon auf weitere Abenteuer von Serafina.

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Veröffentlicht am 03.01.2021

Schuld verjährt nicht

Das doppelte Gesicht
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Von Heidi Rehn habe ich bisher nur ihre historischen Romane gelesen, aber keinen der Krimis. Mit "Das doppelte Gesicht" startet die Autorin eine neue Reihe, die im München der Nachkriegszeit spielt.
Der ...

Von Heidi Rehn habe ich bisher nur ihre historischen Romane gelesen, aber keinen der Krimis. Mit "Das doppelte Gesicht" startet die Autorin eine neue Reihe, die im München der Nachkriegszeit spielt.
Der amerikanische Captain Joe Simon rekrutiert in einem französischen Gefangenenlager den jungen Emil Graf für die neu aufzustellende Münchner Polizei. Die Stadt versinkt im Chaos, während die amerikanischen Besatzer versuchen etwas Ordnung in die Desorganisation der Polizei zu bringen. Emil ist noch ein junger und unerfahrener Ermittler, der nach seinem Abschluss sofort in den Krieg ziehen musste. Nun soll er einen Mord am Kriegsheimkehrer Viktor von Dietlitz übernehmen. Während immer wieder Verbrechen aus Hunger und Verzweiflung geschehen, scheint an diesem Verbrechen etwas anderes dahinterzustecken. Am Tatort lernt Emil die amerikanische Fotoreporterin Sybilla von Löwenfeld, genannt Billa, kennen. Sie ist aus den USA nach München zurückgekehrt, um unter anderen auch von Ditlitz zu interviewen. Doch Billa findet den Mann nur mehr tot in seiner noblen Villa auf.

Emil und Billa sind noch etwas unsichere junge Charaktere, die perfekt für den Anfang einer Krimi-Reihe passen. So haben sie Zeit sich weiterzuentwickeln und sich in weiteren Bänden, die hoffentlich folgen werden, zu entfalten und zu lernen. Außerdem bleiben einige Fragen zu ihrer Vergangenheit noch offen.
Billa ist jüdischer Abstammung und wanderte gemeinsam mit ihrer Mutter Lilo, einer High Society Reporterin, 1938 aus Deutschland aus. Diese scheint zu dieser Zeit gute Verbindungen zu den Nazis gehabt zu haben.
Billa sitzt hingegen noch immer die Angst von der damals beginnenden Judenverfolgung im Nacken. Trotzdem setzt sie sich besonders für den ehemaligen Zwangsarbeiter und heimatlosen Polen Piotr ein - einer Displaced Person, der aus dem Lager geflohen ist und auf keinen Fall in den Osten zurückkehren möchte. Auch Billas Ängste gegenüber der Polizei spürt man immer wieder durchblitzen, obwohl sie diese mit ihrer Impulsivität zu überspielen versucht. Einzig Emil findet etwas Zugang zu ihr, der sich immer mehr in den Fall verbeißt und Billa immer interessanter findet. Zusätzlich wird er von moralischen Skrupel geplagt, was den unerfahrenen und etwas linkisch wirkenden jungen Mann immer wieder an sich zweifeln lässt. Dann passiert ein weiterer Mord und wieder ist das Mordopfer ein Kriegsheimkehrer....

Heidi Rehn hat eine komplexe Geschichte erschaffen, die abwechselnd aus der Sicht von Billa und Emil erzählt wird. Der packende und lebendige Schreibstil ließ mich sofort in das Buch eintauchen. Besonders gefallen hat mir aber die sehr bildhafte Beschreibung des zerbomten Münchens. Die historischen Zusammenhänge sind perfekt recherchiert worden und zeigen ein sehr lebendiges Bild dieser Zeit. Die Stimmung ist eher düster und drückend.
Heidi Rehn hat sich für diesen Roman aber nicht nur dem historischen München und den Morden angenommen, sondern auch die Themen "Ehrenjuden", Euthanesie und Displaced Persons. Es ist schon erstaunlich, wie viele Leute nach Kriegsende mit den Nazis nichts zu tun haben wollten und angeblich alle im Widerstand aktiv waren…Heidi Rehn greift diese Verleugnungen immer wieder durch den Amerikaner Joe Simon auf, der hart durchgreift.
Stück für Stück streut die Autorin immer mehr Informationen ein und fordert den Leser zum Mitraten auf. Das Ende ist schlüssig und schockiert.

Fazit:
Ein toller Auftakt zu einer neuen historischen Krimi-Reihe, der mich neugierig auf die Folgebände macht. Mit dem jungen und noch etwas unsicheren Ermittler Emil hat die Autorin eine ausbaufähige Figur erschaffen, die ich noch besser kennenlernen möchte. Ich bin schon sehr auf die weiteren Geschichten gespannt.

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