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Veröffentlicht am 09.01.2020

Ein exzellenter historischer Krimi

Tod in der Speicherstadt
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Obwohl "Tod in der Speicherstadt" bereits der vierte Band rund um Kommissar Hauke Sötje ist, war es für mich mein erster Fall. Ich hatte allerdings keinerlei Probleme so spät in diese Reihe einzusteigen.

Hamburg ...

Obwohl "Tod in der Speicherstadt" bereits der vierte Band rund um Kommissar Hauke Sötje ist, war es für mich mein erster Fall. Ich hatte allerdings keinerlei Probleme so spät in diese Reihe einzusteigen.

Hamburg 1896. Kommissar Hauke Sötje kommt für seinen neuen Fall von Kiel nach Hamburg. Eine Ladung geschmuggelter Kaffee wird auf einem Ewer, der in Brand geriet, gefunden. (Für alle Binnenlandmenschen wie ich einer bin....ein Ewer ist laut Wiki ein Segelschiffsstyp aus Friesland) Zusätzlich gibt es zweit tote Matrosen zu beklagen. Einer der Toten hat einen Siegelring am Finger, der das Wappen der Billingsrodts ziert, einer der reichsten und einflussreichsten Handelsfamilien Hamburgs. Johann, der älteste Sohn, verbrachte längere Zeit in Brasilien und scheint zurückgekehrt zu sein. Hauke überbringt der Familie die Nachricht vom toten Sohn, die allerdings nicht wirklich bestürzt zu sein scheint. Ihm schlägt eine Mauer aus Ablehnung und Schweigen entgegen. Und so kommt Hauke bald an seine Grenzen, denn die Billingrodts sind "unantastbar".
Hamburgs Polizeirat Rocher und auch die Zollbehörde stellt sich, schneller als ihm lieb ist, gegen Haukes Ermittlungen. Während Rocher um seinen Posten als oberster Ermittler Hamburgs fürchtet, ist Zollinspektor Jensen voller Empörung und weist einen Kaffeeschmuggel in der Speicherstadt von sich. Schussendlich stellt er Hauke zum Ermitteln einen "Aufpasser" zur Seite, den jungen Zollanwärter Detlefsen. Dieser ist ein aufgeweckter junger Mann, der gerne von Hauke lernt. Während dieser in der Speicherstadt nach den Kaffeeschmugglern sucht, versucht seine Verlobte Sophie Struwe eine bestimmte junge Frau zu finden. Johann Billingsrodts Mutter hat sie gebeten nach einer rothaarigen Schönheit zu suchen, die ihr Sohn angeblich ehelichen wollte. Sie soll vom Tod Johanns erfahren. Sophie, die gerne ihre Nase in Dinge steckt, die sie nichts angehen, versucht Hauke zu überreden, ihr dabei zu helfen. Söntje ist jedoch zu eingespannt. Schon bald findet Sophie die Spur der Verlobten von Johann Billingrodt, die mehr mit Haukes Fall zu tun hat, als ihr lieb ist und bringt sich damit in große Gefahr....

Währenddessen rumort es im Hamburger Hafen. Der größte Hafenarbeiterstreik Hamburgs steht vor der Tür, doch Hauke weiß davon noch nichts. Er verzweifelt schier an der unüberwindlichen Bürokratie und den Handelsfamilien, die Außenstehende nicht an sich heran lassen. Ein Kaffeeschmuggel scheint unwahrscheinlich und unmöglich. Doch da gibt es einen weiteren Toten...

Der historische Rahmen wurde wunderbar authentisch vermittelt. Die Autorin hat alle Gesellschaftsschichten und Örtlichkeiten Hamburgs miteinbezogen. Angefangen vom verruchtesten Hamburger Viertel St. Pauli über das Gängeviertel, das die Ärmsten der Armen beherbergt, der Speicherstadt mit ihren Kontoren und Händlern bis hin zu den feudalen Villen in den Elbvororten. Ich war im Sommer 2018 in Hamburg und hatte wirklich großes Kopfkino. Man muss sich nur in die Zeit zurückversetzen...bei der atmosphärischen Beschreibung der Autorin ist das kein Problem.
Aber auch die Not der Frauen und die nicht vorhandenen Rechte des weiblichen Geschlechts nimmt sich die Autorin an. Mit ihrer Figur Sophie hat sie eine junge impulsive und selbstbewusste Frau erschaffen, die ein bisschen ihrer Zeit voraus ist und sich gegen das Unrecht gegenüber dem weiblichen Geschlecht auflehnt. Nicht umsonst ist es der Beginn einer Epoche, in der die Frauen begannen ihre Rechte einzufordern.

Der Roman wird abwechselnd aus der Sichtweise von Hauke und Sophie erzählt. Im letzten Drittel hatte ich mehr das Gefühl, dass es weniger um den Kaffeschmuggel geht, als um die Spur, die Sophie verfolgt. Beide Stränge führen zwar schlussendlich zusammen und ergeben ein großes Ganzes. Das Ende ist logisch und nachvollziehbar.

Cover:
Erwähnen möchte ich noch das wunderschöne Cover, das einen Teil der Speicherstadt zeigt. Auch die Farbgebeung finde ich äußerst gelungen.

Schreibstil:
Anja Marschall erzählt sehr lebendig, bildhaft und detailliert. Die Sprache ist der damaligen Zeit angepasst. Zusätzliches Plattdeutsch vermittelt Lokalkolorit.
Die Charaktere sind interessant und vielschichtig. Neben Hauke und Sophie habe ich den jungen Zollanwärter Hans Detlefsen besonders in Herz geschlossen.

Zu Beginn jedes Kapitels steht ein original Zeitungsartikel aus den damaligen Tageszeitungen. Sie vermitteln ein sehr authentisches Bild der damaligen Zeit.
Am Anfang des Buches gibt es einen historischen Stadtplan der Stadt Hamburg. Am Ende findet man einen Anhang zu wahren Personen und geschichtlichen Ereignissen, sowie ein kleines "Hamburger Sprachlexikon".

Fazit:
Ein exzellenter historischer Krimi, der das Flair des alten Hamburgs widerspiegelt. Viel Lokalkolorit, vielschichtige Charaktere und ein interessanter Kriminalfall machen den besonders atmosphärischen Kriminalfall zu einem spannenden Abenteuer, der den Leser ins späte 19. Jahrhundert entführt.

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Veröffentlicht am 07.01.2020

Spannender fünfter Teil

Die Tote in der Henkersgasse
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Nachdem wir in den Vorgängerbänden Serafina Stadlerin als Begine begleitet haben, ist sie seit der Hochzeit mit dem Stadtmedicus Adalbert Achaz nun Ehefrau und Bürgerin der mittelalterlichen Stadt Freiburg.
Im ...

Nachdem wir in den Vorgängerbänden Serafina Stadlerin als Begine begleitet haben, ist sie seit der Hochzeit mit dem Stadtmedicus Adalbert Achaz nun Ehefrau und Bürgerin der mittelalterlichen Stadt Freiburg.
Im fünften Band der Reihe müssen die Beiden wieder so einige Abenteuer bestehen. Konkurrenzneid und die Furcht, dass die Vergangenheit von Serafina die frisch getrauten Eheleute einholt, hebt zusätzlich zum Mord an einer jungen Frau die Spannung. Die Tote wird in der berüchtigten Henkersgasse, drapiert auf einen Steinhaufen, merkwürdig geschminkt und mit eingeschlagenen Schädel, gefunden. Natürlich kann Serafina wieder nicht die Finger von eigenen Nachforschungen lassen und versucht die Identität der ermordeten Frau herauszufinden, was ihr auch sehr schnell gelingt. Sie ist die junge Ehefrau eines reichen Kaufherren aus einer der Nachbarstädte. Doch wer wollte ihren Tod? Und warum war sie in Freiburg unterwegs?

Während Serafina natürlich wieder herauszufinden versucht, wer hinter dem Mord steckt, widmet sie sich auch ihrer Armenapotheke. Achaz hatte gehofft, sie damit von weiteren unüberlegten Nachforschungen abzulenken, doch diese wird kurzfristig geschlossen. Stadtapotheker Johans setzt alles daran Serafines Armenapotheke für immer zu schließen. Damit will sich Serafina natürlich nicht abfinden! Auf den Weg zum Stadtapotheker begegnet Serafina überraschend ihren älteren Bruder Peter, den sie das letzte Mal vor zwanzig Jahren gesehen hat. Damals hat er sie in einer schlimmen Situation im Stich gelassen. Diesmal ist er es, der Serafina um Hilfe bittet. Dass er nichts Gutes im Schilde führt merkt der Leser, als auch Achaz Hauhälterin Irmla, sehr schnell. Wird Serafina ihm verzeihen und ihm zu Hilfe eilen ?

Mit den Problemen um ihre Armenapotheke, dem plötzlichen Auftauchen ihres Bruders und den Nachforschungen rund um die Tote in der Henkersgasse, hat Serafina jede Menge um die Ohren. Als ihr Bruder Serafina und Achaz erpresst, hängt der Haussegen schief.
Die Spannung baut sich sehr schnell auf und durch den leichten und flüssigen Schreibstil rast man wieder durch die Geschichte.
Die Charaktere sind authentisch und mitten aus dem Leben gegriffen. Serafina ist mir in all den Vorgängerbänden sehr ans Herz gewachsen und auch Adalbert Achaz ist ein Mann mit dem Herz am rechten Fleck. Die kleinen Kabbeleien zwischen den Eheleuten sind liebevoll und amüsant dargestellt. Man spürt das Vertrauen und die Liebe zwischen den Beiden und bangt das eine oder andere Mal um ihr Leben, denn Serafina versteht es wieder meisterlich sich (und diesmal auch Achaz) in Schwierigkeiten zu bringen.

Astrid Fritz gibt in ihrem Roman Einblicke in das mittelalterliche Leben in Freiburg, wobei die Autorin durch großartige Recherche die Hierarchie und Rechtssprechung der Stadt, die Arbeit der Beginen, als auch das damals noch penibel organiserte Bordellwesen, integriert. Man fühlt sich mitten im Geschehen und in der damaligen Zeit.

Man kann diesen Roman alleinstehend lesen, jedoch empfehle ich bei Bänden immer die Reihenfolge einzuhalten. Durch das Lesen der Vorgängerbände lassen sich alle handelnden Figuren verstehen und ihre Entwicklung besser nachvollziehen.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist in der Reihe rund um die Begine Serafina leicht und flüssig zu lesen. Wie immer sind die historischen Begebenheiten hervorragend recherchiert, die Sprache ist der Zeit angepasst.
Am Beginn des Buches findet man ein aufschlussreiches Personenverzeichnis. Am Ende gibt es ein Nachwort der Autorin, ein Glossar und eine Auflistung ihrer bereits erschienen historischen Romane.

Fazit:
Ein weiterer gelungener historischer Roman mit Krimielementen rund um die ehemalige Begine Serafina. Lebendige Figuren, ein bildhafter Schreibstil und ein Plot, der immer mehr an Spannung aufbaut ...was will man mehr? Auch für Einsteiger ins historische Genre geeignet!

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Veröffentlicht am 06.01.2020

Dramatische Fortsetzung

Zeit der Sehnsucht auf Morgan's Hall
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Man sollte unbedingt zuerst Band 1 lesen!

War ich beim ersten Band der Reihe noch etwas zwiegespalten, hat mich Band 2 wirklich positiv überrascht. Emilia Flynn hat in "Zeit der Entscheidung auf Morgan's ...

Man sollte unbedingt zuerst Band 1 lesen!

War ich beim ersten Band der Reihe noch etwas zwiegespalten, hat mich Band 2 wirklich positiv überrascht. Emilia Flynn hat in "Zeit der Entscheidung auf Morgan's Hall" gezeigt, dass es die absolut richtige Entscheidung war, meine Neugierde zu stillen und mich auch für Band 2 zu bewerben. Es war ein tolles Leseerlebnis!

Band 2 geht nahtlos weiter, wo Band 1 aufgehört hat. Nachdem dieser mit einem etwas fiesen Cliffhanger geendet hatte, war ich sehr gespannt, wie es auf der Apfelplantage weitergehen wird. Es bleibt definitiv spannend und als Leser ist man nicht vor der einen oder anderen Überraschung gefeit. Schicksalschläge und Entscheidungen, die wie ein umgefallener Dominostein weitere schwerwiegende Folgen hinterlassen, machen diesen Roman kaum vorhersehbar und der Spannunsgbogen bleibt hoch.
Um nicht zu spoilern kann ich in meiner Rezension nicht gänzlich auf den Inhalt eingehen, aber aus der unsympathischen und stark polarisierenden Isabelle aus dem Vorgängerband wird eine Frau, die sich letztendlich mit ihren Fehlern auseinandersetzt und sich einen Neubeginn wünscht. Indianer Phil ist Isabelle oftmals eine große Hilfe, wie auch das neue Heimatgefühl gegenüber Morgans Hall. Gemeinsam mit John kämpft sie um den Erhalt der Plantage. Dabei nähern sich die Eheleute wieder an und Isabelle wird erneut schwanger. Wird sie diesmal Muttergefühle aufbringen können?

Die Zeitspanne im zweiten Band ist wesentlich kürzer und umfasst die Jahre 1956-1959. Im Mittelpunkt stehen diesmal jedoch Johns und Isabelles gemeinsame Tochter Elizabeth, genannt Lizzy, sowie James, der musikalische Adoptivsohn, der seine Zukunft nicht auf Morgan Hall, sondern als Musikstudent an der Jubilee sieht. John hat jedoch andere Pläne, in denen er weder Lizzy, noch Tristan, seinen Neffen, als Nachfolger von Morgans Hall sieht. Während Tristan zwar auf der Plantage arbeitet, sieht er sich nicht wirklich als Nachfolger. Elizabeth hingegen kann sich kein anderes Leben, als auf Morgans Hall vorstelle. Sie hat eine ganz besondere Verbindung zu diesem Land, wie auch zu James. Doch John hat nicht vor einer Frau sein Land zu vererben. Und James steht zwischen seiner Sehnsucht zur Musik und einer Karriere, als auch seiner Verpflichtung gegenüber seiner Familie, als auch der Verbundenheit gegenüber Lizzy. Eine Bekanntschaft in New York hat für ihn, wie auch für die Familie Folgen. Aber auch der alte Widersacher von John, Clark Harrington, wird nicht müde und versucht weiterhin seine Macht und sein Anwesen zu vergrößern. Natürlich mit dem Blick auf Johns Land...

Die Geschichte bleibt diesmal, mit Ausnahme einiger Sequenzen, die in New York spielen, auf Morgan's Hall. Man spürt den kleinstädtischen Geist der Einwohner und erlebt das damalige Rollenbild, vorallem der Frauen, hautnah mit. Etwas Politik, wie im ersten Band, oder geschichtliche Hintergründe aus dieser Zeit sind leider nicht vorhanden, was ich schade finde.
Die Handlung ist komplex, dramatisch und sehr bildgewaltig. Neben der Familiengeschichte erfährt man etwas mehr über den mystischen Flecken Land, der oberhalb von Morgan Hall liegt und der ein Geheimnis birgt. Emilia Flynn streut bereits einige Hinweise ein, die auf vergangene Ereignisse hindeuten.

Die Charaktere sind vielschichtig und entwickeln sich weiter - nicht alle in eine positive Richtung. Doch genau diese Mischung ist perfekt und vorallem Lizzy habe ich besonders ins Herz geschlossen. Sie hat das Herz auf den rechten Fleck und entwickelt sich vom etwas naiven Mädchen zu einer entschlossenen jungen Frau, die weiß was sie will und auch darum kämpft.

Auch diesmal bleibt das Ende offen, endet aber nicht mit so einem schlimmen Cliffhanger, wie Band 1. Ich bin auf jeden Fall schon sehr gespannt, wie es mit Morgan Hall und seinen Bewohnern weitergehen wird und freue mich auf die Fortsetzung.

Fazit:
Eine tolle und kurzweilige Fortsetzung, die viel Drama, Spannung und Emotionen birgt. Das bildhafte Setting und die facettenreichen Charaktere geben der Geschichte noch etwas mehr Pfiff. Nun fiebere ich dem nächsten Teil entgegen, der hoffentlich nicht allzu lange auf sich warten lässt.

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Veröffentlicht am 05.01.2020

Humorvoller Ratgeber f+r Mütter, die das Loslassen üben

Ich dachte, sie ziehen nie aus
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Heike Abidi und Lucinde Hutzenlaub haben bereits in ihrem quitschgelben Ratgeber "Ich dachte, älter werden dauert länger" mit viel Humor und Ironie beschrieben, wie es sich anfühlt, wenn man dem 50. Geburtstag ...

Heike Abidi und Lucinde Hutzenlaub haben bereits in ihrem quitschgelben Ratgeber "Ich dachte, älter werden dauert länger" mit viel Humor und Ironie beschrieben, wie es sich anfühlt, wenn man dem 50. Geburtstag in Sichtweite oder ihn gerade überschritten hat.

Nun haben die beiden Autorinnen einen weiteren Ratgeber geschrieben, der sich dem nächsten Thema widmet: Dem Loslassen des Nachwuchses. Im kräftigen Orange gehalten, ziert auch diesmal die weise Eule das Cover und man stellt sofort die Beziehung zu ihrem letzten Buch her. Wie bereits gewohnt schreiben Hutzenlaub und Abidi abwechselnd zu einem Thema. Lucinde hat vier Kinder im unterschiedlichen Alter (von 12 - 23), Heike ist Mutter eines Sohnes (22). Meine Tochter feiert ihren 24. Geburtstag heute am 5. Januar und ich habe das (letzte) Loslassen schon etwas geübt ;)....(WG in einer 100 km entfernten Stadt, Auslandssemester). Momentan wohnt sie aber wieder zuhause. Somit darf ich das Loslassen noch weitere Male üben...

Und das ist gar nicht so einfach! Die Beispiele, die die beiden Autorinnen wieder herausgesucht haben, sind teilweise zum Schießen und doch die Wahrheit. Wie oft habe ich mit dem Kopf genickt und dachte mir nur "Ganz genauso ist es" oder ich habe geseufzt und mich gefreut, dass ich diese Phase bereits hinter mir habe.
Es geht hier nicht nur ums Loslassen, wenn die Kinder aus dem Haus gehen und erwachsen sind, sondern es geht es auch um den ersten Tag im Kindergarten oder dem ersten Schultag, die Zeit des Führerscheins, wenn die Kinder selbst mobil werden oder der erste Liebeskummer. Alles Themen, die auch die Eltern sehr berühren und emotional mitnehmen. Auch das Loslassen von den eigenen Eltern wird erwähnt und die Gedanken, dass man sich auch von ihnen verabschieden muss - und zwar für immer. Die "Gespräche" der Autorinnen sind direkt aus dem Leben gegriffen und ein kleiner "Überlebenstrainer" für uns Mütter.

Auch die Zeit danach, das "empty nest syndrom", wird oftmals angeprochen und wie wir es bekämpfen können. Dieses Problem habe ich persönlich (noch) nicht, denn langweilig wird mir selten und mir stehen ja auch noch 10-15 Jahre im Job bevor. Trotzdem kann ich auch sagen, dass ich während dem halben Jahr, als meine Tochter auf Auslandsemester war, oftmals gerne jemanden zum Reden über bestimmte Themen, die ich großteils nur mit ihr bespreche, bei mir gehabt hätte.

Die Themen sind wieder im Großen und Ganzen in drei Hauptbereiche aufgeteilt:

Aus Küken werden Leute! Nabelschnüre, Peinlichkeiten und jede Menge Gefühle
Zickzack ist auch geradeaus - Schule, Abschlüsse und Abschiede
Krone richten, weitermachen: Eltern allein zuhaus

Dazu kommen wieder viele Tipps und gegenseitiger Austausch, kleine Episoden aus dem Freundeskreis der Autorinnen oder auch Briefe an die Liebsten. Man erkennt sich in vielen Dinger wieder. Ich habe Neues gelernt und auch über Probleme gelesen, die mich weniger betreffen und trotzdem findet man immer wieder etwas von sich selbst auf diesen 336 Seiten.

Der Schreibstil der beiden Autorinnen ist locker und flüssig. Oftmals saß ich schmunzelnd vor meiner Lektüre und manchmal habe ich auch meinem Mann mit einem lauten Lacher erschreckt.
Mit viel Feingefühl und Humor, aber manchmal auch etwas emotional, widmen sich Heike Abidi und Lucinde Hutzenlaub dem Thema "loslassen" und "abnabeln" - egal in welchen Lebensabschnitt sich das Kind oder man sich selbst befindet.

Fazit:
Ein weiterer humorvoller Ratgeber für Mütter, die wie ich das Loslassen üben - egal, in welcher Lebensphase sich das Kind befindet und welcher familiärer Meilenstein gerade eintrifft. Der Ratgeber ist mit vielen Tipps und Episoden, direkt aus dem Leben gegriffen und mit viel Feingefühl, gefüllt. Auch "Ich dachte, sie ziehen nie aus" kann ich wieder als Geschenk oder für sich selbst sehr empfehlen.

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Veröffentlicht am 03.01.2020

Hat mir wieder besser gefallen als Teil 4 + 5

Die Sonnenschwester
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Mit dem sechsten Band "Die Sonnenschwester" nähern wir uns bereits dem Ende rund um die "Sieben Schwestern Reihe" von Lucinda Riley. Diesmal begeben wir uns mit Elektra, der jüngsten Adoptivtochter von ...

Mit dem sechsten Band "Die Sonnenschwester" nähern wir uns bereits dem Ende rund um die "Sieben Schwestern Reihe" von Lucinda Riley. Diesmal begeben wir uns mit Elektra, der jüngsten Adoptivtochter von Pa Salt, auf Reisen.

Doch bevor wir uns ins tiefste Afrika begeben, hat Lucinda Riley diesmal einen eher langen Gegenwartsstrang rund um Elektra geschrieben, die als Ich-Erzählerin agiert. Die jüngste und für mich, neben CeCe, auch unsympathischste der d’Aplièse Schwestern ist ein berühmtes Model. Sie ist der umschwärmte Star der High Society in New York. Doch diese Glamourwelt hat auch ihre Schattenseiten: Drogen, Alkohol und wechselnde Männerbekanntschaften sind Elektras täglich Brot. Zu keiner ihrer Adoptivschwestern hat sie eine wirklich familiäre Bindung. Einzig mit Maja (aus Band 1) hat sie ab und zu Kontakt. Um sich herum hat sie eine Mauer aufgebaut, die keiner durchdringen soll. Beruflich ist Elektra ein Stern am Modehimmel, doch menschlich ist sie ein Wrack.
Eines Tages kontaktiert sie ihre leibliche Großmutter Stella Jackson, die ihr mehr über ihre Wurzeln erzählen möchte. Hier hat Riley erstmals eine andere Art gewählt, um mit ihrem Vergangenheitsstrang zu beginnen, denn erstmalig kontaktiert die Großmutter die Enkelin und nicht umgekehrt.
Auch die folgenden Kapitel ließen mich anfangs etwas überrascht zurück. Wir bleiben vorerst noch in Manhatten des Jahres 1939 und lernen Cecily Huntley-Morgan kennen, eine junge Frau der Upper Class. Sie hat gerade eine aufgelöste Verlobung hinter sich hat - mehr oder weniger ein Skandal in ihren Kreisen und der damaligen Zeit. Da kommt die Einladung ihrer Patentante Kiki, die aus Kenia angereist ist, gerade recht und Cecily begleitet sie nach Afrika in ihr Haus am Naivasha See....

Deutlich besser hat mir wieder der Strang in der Vergangenheit gefallen, wobei wir alle lange gerätselt haben, wie die weiße Cecily Huntley-Morgan und die dunkelhäutige Elektra genetische Gemeinsamkeiten haben könnten....

Toll fand ich die Beschreibungen vom damaligen Leben in Kenia in den 1930iger Jahren. Vieles erinnerte mich an den Roman "Lady Africa", den ich 2015 gelesen habe, aber auch an den Filmklassiker "Jenseits von Afrika" mit Meryl Streep, Robert Redford und Klaus-Maria Brandauer.
Die dekadente britische Oberschicht, die sich in Kenia benehmen, als würde es kein Morgen geben, stieß mir ziemlich auf. Drogen, Swingerparties und die herablassende Behandlung gegenüber der schwarzen Bevölkerung, sowie die Großwildjagden, machten die Amerikaner und Briten nicht wirklich sympathisch. Aúch Patentante Kiki lebt dieses "glamuröse" Leben im berüchtigten "Happy Valley", dem sich Cecily entzieht. Nur am Rande wird der Zweite Weltkrieg erwähnt, der zuerst in Europa wütet und danach den Rest der Welt einnimmt. Und dieser ist auch der Grund, dass Cecily vorerst in Kenia bleiben muss...

Die wundervolle und bildhafte Beschreibung der atemberaubenden Tierwelt und der Schönheit des Landes, sowie der Stammeskultur gelingt Riley wieder perfekt.
Ihre Charaktere sind ebenfalls vielschichtig, wenn auch manchmal etwas stereotyp. Cecily ist eine liebenswerte junge Frau, die sich vielen Schwierigkeiten stellen muss. Trotzdem konnte ich viele ihrer Entscheidungen persönlich nicht nachvollziehen.

Elektra ist ein schwieriger und anstrengender Charakter. Man wird nicht richtig mit ihr warm, aber ich habe ihren inneren Konflikt mehr oder weniger verstanden. Bis zum Ende des Romans wandelt sie sich sehr - fast zu sehr. Mir war diese 180° Wandlung vom herrischen ichbezogenen Star zum Gutmenschen etwas zu sehr an den Haaren herbeigezogen.

Riley hat sich wieder einigen Themen angenommen: Rassentrennung und -diskriminierung, Religion und die Bürgerrechtsbewegung in den USA...manches erschien mir etwas zu klischeehaft.
Erwähnen muss ich auch die etwas wundersame Aufteilung der Geschichte. Während die ersten zwei Drittel sehr detailliert sind, bekommt das letzte Drittel viel zu wenig Platz, wo es doch um die Vergangenheit von Stella geht und somit der Bezug zu Elektra hergestellt wird. Das Ende war mir dann auch etwas zu konstruiert.

Bei den etwas mehr als 800 Seiten kommt es ab und zu zu einigen Längen. Trotzdem hat mir dieser Band weitaus besser als die letzten beiden Bücher der Reihe gefallen und ich bin gespannt, wie Riley das Rätsel um die ominöse siebente Schwester auflösen wird.


Fällt euch eigentlich auf, dass bis auf das erste Cover alle abgebildeten Frauen weiß sind? Dabei ist Elektra dunkelhäutig und stammt aus Kenia

Fazit:
Ein sehr komplexer Roman aus der Sieben Schwestern Reihe, der mir wie üblich im Vergangenheitsstrang besser gefallen hat. Manche Charaktere sind etwas schwierig, aber Riley erzählt wie gewohnt bildhaft und spannend. Trotz der kleinen Kritikpunkte hat mir dieser Band wieder besser als die beiden Vorgängerbände gefallen.

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