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Veröffentlicht am 21.11.2019

Zwei einsame Seelen

Noch alle Zeit
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Nachdem der Vater von Edvard die Familie ohne ein Wort verlassen hat, hat er sich sein ganzes Leben lang um seine Mutter gekümmert, die an der "Automatenkrankheit" litt. Dabei ist sein eigenes Leben ins ...

Nachdem der Vater von Edvard die Familie ohne ein Wort verlassen hat, hat er sich sein ganzes Leben lang um seine Mutter gekümmert, die an der "Automatenkrankheit" litt. Dabei ist sein eigenes Leben ins Hintertreffen geraten. Nun ist die Mutter tot und Edvard auch nicht mehr der Jüngste. Seine große Liebe Elsie hat er gehen lassen, da er das Gefühl hatte seine Mutter nicht verlassen zu können. Nun ist Elsie, nach einer gescheiterten Ehe, wieder in das kleine Dorf am Deich zurückgekehrt. Da findet Edvard im Schrank seiner Mutter ein Sparbuch auf seinem Namen, auf demjahrelang regelmäßig eingezahlt wurde. Es scheint, als hätte sein Vater aus Norwegen Geld überwiesen. Edvard, der sonst eher ein stilles Leben geführt hat, das mehr an ihm vorbeigegangen ist, als dass er es lebte, packt seine Sachen und macht sich auf den Weg nach Norwegen. Er will endlich die Wahrheit wissen und seinen Vater aufspüren. Auf der Fähre lernt er Alva kennen. Die knapp 30jährige ist auf der Suche nach sich selbst. Die Journalistin hat ihre Tochter bei der Mutter gelassen und möchte einen Artikel über das magische Norwegen schreiben. Sie möchte den Kollegen zeigen, dass sie etwas kann und nicht nur das Liebchen des Chefs ist. Bis die Beiden sich gemeinsam auf die Suche nach Evards Vater machen, gibt es zuerst einige Meinungsverschiedenheiten auszuräumen....

Man braucht etwas Zeit um in diesen Roman zu finden. Die spezielle und poetische Sprache des Autors ist anfangs etwas ungewöhnlich. Durch den Klappentext hatte ich mir neben der Story viele Landschafts- und Naturbeschreibungen von Norwegen erhofft. Doch erst in der zweiten Hälfte gibt es einige Darstellungen, die jedoch durch die sprachgewaltige Prosa anders ausfallen, als man es sich vorstellt. Da wird eine Sage erzählt, die die Magie des Landes widerspiegelt - einem Land voller Trolle, Elfen und anderen magischen Wesen - oder die Beschreibung, wie Alva zufällig einen Wal aufs Foto bannt. Diese Szenen berühren auf eigene Weise und verbreiten dabei eine melancholische Stimmung.

Der Schwerpunkt der Geschichte liegt auf der Sinnsuche. Die außergwöhnliche Charakterstudie macht den Roman zu etwas Besonderem. Man lernt die Figuren sehr gut und intensiv kennen. Dazu kommt noch der poetische Schreibstil des Autors.

Alva und Edvard sind zwei einsame und verlorene Seelen, die sich nach anfänglichen Schwierigkeiten gegenseitig Halt geben. Sie sind ähnlich gestrickt. Beide sind Einzelgänger und kommen mit ihrem Leben nicht zurecht. Sowohl Edvard, als auch Alva, lassen sich vom Leben treiben, doch die gemeinsame Reise lässt sie beide an sich selbst wachsen. Während Alva Schuldgefühle wegen ihrer Tochter hat und keine rechte Liebe aufbauen kann, verliert sich Edvard in seinem unspektakulären Leben. In Gedanken schweift er oft in die Vergangenheit ab. Dadurch erhält der Leser einen Einblick in sein früheres, eher tristes Leben und in seine Lebenslüge.
Diese Reise und die daraus resultierende Wahrnehmung des Lebens lässt sowohl Alva, als auch Edvard bei der Rückkehr nach Deutschland den Mut finden neue Wege zu gehen. Das Ende ist etwas offen gelassen, aber nicht so, dass es mich stören würde (ich hasse in der Regel offene Enden!), sondern für diese Geschichte ist sie perfekt gewählt.

Fazit:
Ein melancholischer Roman über die Sinnsuche zweier Menschen. Die poetische Sprache und die Charakterstudie sind das Herausragende an dieser Geschichte. Sie hallt nach und lässt einem nachdenklich zurück. Trotzdem brauchte ich einige Zeit um in die Erzählung zu finden und vergebe 4 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 19.11.2019

Roman auf drei Zeitebenen

Die vergessenen Stimmen von Chastle House
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Der neue Roman von Felicity Whitmore spielt auf drei Zeiteben und zwar 1866, 1909 und in der Gegenwart und wird aus verschiedenen Sichtweisen erzählt. Der Spannungsbogen ist relativ hoch und das Geheimnis ...

Der neue Roman von Felicity Whitmore spielt auf drei Zeiteben und zwar 1866, 1909 und in der Gegenwart und wird aus verschiedenen Sichtweisen erzählt. Der Spannungsbogen ist relativ hoch und das Geheimnis rund um Chastle House bildet den roten Faden, wobei eine leichte mysteriöse Stimmung aufkommt.

In der Gegenwart begleiten wir Dioane Dearing, eine gefeierte amerikanische Sängerin. Sie wird seit ihrer Kindheit fremdbestimmt. Der erfolgreiche 27jährige Popstar wurde seit iseit Kindertagen von der Mutter zum Star gedrillt. Ihr wird nicht nur alles abgenommen, sondern ihr werden auch sämtliche Handlungen vorgeschrieben. Ihr Tag ist von der Früh an durchgeplant. Eigene Wünsche oder Pläne werden ignoriert bis Dione gar nicht mehr daran denkt, dass sie überhaupt welche haben könnte. Dione stellt ihr Leben auch nicht mehr infrage bis sie eines Tages Besuch von einem Notar aus England bekommt. Dieser offenbart ihr ein Geheimnis und bietet ihr an nach England zu fliegen, eine kleine Auszeit zu nehmen und ihre Wurzeln kennenzulernen. Doch da ist noch ihre Mutter, die alles kontrolliert und die die Vergangenheit ruhen lassen möchte. Doch Dione macht sich inkognito und ohne dem Wissen ihrer Mutter auf nach Großbritannien und stößt am Lake District auf ein mysteriöses Familiengeheimnis, das auch ihre Zukunft beeinflussen könnte...

Im Handlungsstrang um 1866 lernen wie Henry kennen, der aus verarmten Adel stammt und -wie damals oft üblich- eine vermögende Frau ehelichen soll, um das Anwesen und das Familienerbe zu schützen. Mit der lebenslustigen Amerikanerin Katherine, die von der Schwiegermutter nicht gebilligt wird und die in England vereinsamt, scheint er kein Glück zu haben, obwohl er sich in sie zu verlieben beginnt. Doch die wahre Tragödie nimmt langsam ihren Lauf. In diesem Strang geht es hauptsächlich um Standesdünkel und um die gesellschaftliche Stellung von Künstlern zu dieser Zeit.

Ihre Enkeltochter Hatty lebt mit ihrer Mutter in Chastle House im Lake District, das einst Henry und Katherine als Heim diente. Nach einer Tragödie hat sich Henry in ein abgeschiedenes Herrenhaus am Waldrand zurückgezogen. Als Hettys Mutter stirbt, verlangt Henry, dass Hetty Chastle House verlassen soll, da es den Frauen Unglück bringt und ein Fluch darauf liegen soll. Er weiht sie nach und nach in ein schreckliches Geheimnis ein...

Die Geschichte zieht den Leser sehr schnell in den Bann und man möchte unbedingt wissen, welcher Fluch auf Chastle House liegt. Der Autorin gelingt es dabei sehr gut eine richtige Sogwirkung auszuüben und den Leser zu begeistern. Der Wechsel der Handlungsstränge und Zeitebenen verstärkt die Spannung noch zusätzlich. Unerwartete Wendungen geben dem Roman noch mehr Biss. Mir hat vorallem der Part, der in der Vergangenheit spielt, sehr gut gefallen. Die Auflösung um den Fluch wird erst auf den letzten Seiten preisgegeben.
Der Gegenwartstrang war mir dann am Ende des Romans allerdings etwas zu klischeehaft und vorhersehbar. Insgesamt hat mir der Roman aber wirklich spannende Lesestunden beschert.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist fesselnd und liest sich extrem gut. Die Charaktere sind sehr facettenreich und individuell. Sie werden äußerst lebendig dargestellt und entwickeln sich weiter, egal ob in der Vergangenheit oder mit Dione in der Gegenwart.
Auch die Umgebung rund um den Lake District wird sehr stimmungsvoll und bildhaft beschrieben.

Fazit:
Ein fesselnder und atmosphärischer Familienroman auf drei Zeitebenen, der mir spannende Stunden bereitet hat. Besonders Liebhaber von England und alten Herrenhäuser, sowie Familiengeheimnissen kommen hier auf ihre Kosten.

Veröffentlicht am 18.11.2019

Kann man lesen, muss man aber nicht

Böser als du denkst
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Nach der beendeten Nachtschicht erleidet die junge Sozialarbeiterin Andrea Boudreaux einen Autounfall. Sie ist sich sicher auf der Straße einen Mann gesehen zu haben, dem sie ausgewichen ist. Zum Glück ...

Nach der beendeten Nachtschicht erleidet die junge Sozialarbeiterin Andrea Boudreaux einen Autounfall. Sie ist sich sicher auf der Straße einen Mann gesehen zu haben, dem sie ausgewichen ist. Zum Glück ist sie mit nur kleinen Verletzungen davongekommen, doch als sie zuhause den Fernseher einschaltet wird ihre Welt durch eine Nachricht erschüttert. Ihr Zwillingsbruder Eli soll eine Frau ermordet und grausam zugerichtet haben. Er ist auf der Flucht und Andrea ist sich sicher, dass er früher oder später bei ihr auftauchen wird. Vor 15 Jahren wurde er der Brandstiftung und des Mordes an den gemeinsamen Eltern verurteilt, die bei einem Brand ums Leben kamen. Addy wurde dabei schwer verletzt und konnte von Eli in letzter Minute gerettet werden. Nun ist er wieder frei und Addy fürchtet, dass ihr neu geordnetes Leben der Vergangenheit angehört...


Der Thriller ist von Beginn an spannend, jedoch war für mich als eingefleischter Thrillerleser viel zu schnell klar, wohin Nina Laurin den Leser in ihrem Buch führen will. Die Suche nach der Wahrheit zieht sich als roter Faden durch die Geschichte. Mit einigen geschichkten Wendungen möchte die Autorin den Leser auf falsche Fährten führen. Leider ist ihr das bei mir nicht wirklich gelungen. Trotzdem liest sich der Thriller nicht schlecht.

Interessant fand ich die Rückblenden in die Kindheit der Beiden. Andrea, genannt Addy, die gemobbt wurde und die sich immer hinter den allseits beliebten Eli minderwertig fand und sich auch von den Eltern zurückgesetzt fühlte. Nach langer Zeit und diversen Therapien hat sie sich endlich ein eigenes Leben aufgebaut, als Eli freikommt und kurz darauf einen grausamen Mord begeht. Die Psychospielchen, die Eli mit Addy treibt, sind profan. Addy versucht den Mord an der jungen Frau aufzuklären und verwickelt sich immer mehr in ein Geflecht aus Lügen und diversen Vertuschungsaktionen. Will sie ihren Bruder helfen? Oder will sie ein Geheimnis bewahren, das die Zukunft von ihr und Eli gefährden könnte?

Abwechselnd lesen wir die Geschichte in der Gegenwart und in Rückblenden, wo wir erfahren was in den letzten fünfzehn Jahren geschehen ist. Dazwischen gibt es auch Ausschnitte einer Art Biografie/Interview von Eli, in der der Autor die Zeit in der Haft beschreibt.

Beide Hauptprotagonisten sind manipulativ und waren mir nicht wirklich sympathisch. Die restlichen Charaktere kommen viel zu kurz und bleiben an der Oberfläche.

Schreibstil:
Der Schreibstil liest sich sehr leicht und flüssig. Die Kapitel sind kurz gehalten. Nina Laurin erzählt die Geschichte aus verschiedenen Sichtweisen und in zwei Zeitsträngen.

Fazit:
Leider nicht wirklich etwas Neues für mich und sehr früh vorhersehbar. Durch den lockeren Schreibstil und die Rückblenden zum großen Unglück vor 15 Jahren bleibt man aber trotz Vorhersehbarkeit am Ball. Für mich leider nur Durchschnitt. Kann man lesen, muss aber nicht sein.

Veröffentlicht am 17.11.2019

Fesselnder historischer Roman in exotischer Kulisse

Der Zwilling von Siam
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Bereits in der Vergangenheit reiste ich mit Tara Haigh in exotische Gefilde. Diesmal geht es mit ihrem neuen Roman nach Siam, den heutigen Thailand.
Wir schreiben das Jahr 1892. Die Hamburgerin Emilie ...

Bereits in der Vergangenheit reiste ich mit Tara Haigh in exotische Gefilde. Diesmal geht es mit ihrem neuen Roman nach Siam, den heutigen Thailand.
Wir schreiben das Jahr 1892. Die Hamburgerin Emilie Kolbe reist gemeinsam mit ihrem Vater nach Bangkok, wo sich ihr Vater vor einigen Jahren niedergelassen hat. Emilie soll an der königlichen Schule unterrichten und freut sich ihre Zwillingsschwester Marie endlich wiederzusehen. Marie ist mit einem Deutschen, der beim Eisenbahnbau tätig ist, verheiratet. Doch bei Emilies Ankunft warten schlechte Neuigkeiten auf sie und ihren Vater. Ihre Zwillingsschwester ist bei einem Kutschenunglück ums Leben gekommen. Ihre Leiche wurde nie gefunden. Emilie kann nicht glauben, dass Marie tot ist. Sie versucht mehr über das Leben ihrer Schwester in letzter Zeit zu erfahren, denn in ihren Briefen blieb sie zuletzt sehr vage. Je mehr Emilie sich umhört, umso geheimnisvoller scheint Maries Leben in Bangkok gewesen zu sein. Emilie erkennt das Verhalten ihrer Zwillingssschwester kaum wieder. Gemeinsam mit Johannes, dem Bruder von Maries Mann Franz, versucht sie herauszufinden, was passiert sein könnte....

In ihrem neuen Roman hat Tara Haigh einen Landscape Roman mit Spannungselementen geschrieben. Die Autorin führt den Leser in die Pionierzeit des Eisenbahnbaus. Der siamische König ist ein sehr aufgeschlossener Mann und setzt sich für Bildung seines Volkes ein. In der königlichen Schule an der Emilie unterrichten soll, setzt er den Schwerpunkt auf Fremdsprachen. Auch der Fortschritt in seinem Land ist ihm ein Anliegen. Deswegen bittet er sowohl die Engländer, als auch die Deutschen zu Hilfe und versucht eine Übernahme als Kolonie zu vermeiden. Der Einsatz der beiden Großmächte bietet viel Zündstoff, ebenso wie die Arbeitsbedingungen der Einheimischen beim Eisenbahnbau.
Sehr interessant fand ich König Chulalongkorn, der sehr fortschrittlich ist und sich für das Wohlergehen seiner Untertanen und seines Landes einsetzt. Hier habe ich dann gleich ein bisschen gegoogelt, um mehr über ihn zu erfahren.
Die politischen und gesellschaftlichen Hintergründe zu dieser Zeit wurden von der Autorin akribisch recherchiert und zeitgemäß umgesetzt. Einige historische Begebenheiten fließen ebenso in die fiktive Handlung ein.

Die Charaktere sind facettenreich und Emilie ist eine starke junge Frau, die sich auch über Konventionen hinwegsetzt. Durch ihre Neugierde und ihrem Sinn nach Gerechtigkeit setzt sich sich so einiger Gefahr aus. Die Figur der Marie bleibt dabei im Roman der rote Faden, um den sich schlussendlich alles dreht.
Geschickte Wendungen überraschten mich und gaben der Geschichte eine neue Richtung. Der Spannungsbogen beginnt kontinuierlich anzusteigen. Das Ende ist stimmig und es bleiben keine Fragen offen. Für mich der bisher beste Roman der Autorin.

Schreibstil:
Tara Haigh schreibt sehr flüssig und bildhaft. Man hat die Bilder des exotischen Landes immer vor Augen und auch die vielschichtigen Figuren sind alles andere als schwarz-weiß gemalt.
Die Sprache ist der Zeit angepasst und lässt sich gut lesen.

Fazit:
Ein fesselnder historischer Roman, der den Leser ins Siam des späten 19. Jahrhunderts führt. Eine wendungsreiche und spannende Geschichte, die wunderbar in ein exotisches Setting verpackt und mit einem Hauch Gefühl und Drama garniert wurde - wirklich perfekt umgesetzt!

Veröffentlicht am 13.11.2019

Krönender Abschluss der Trilogie

Das Weingut. Tage des Schicksals
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Mit einem lachenden und einem weinenden Auge habe ich die letzten Seiten des dritten und finalen Band der Trilogie rund um die Famiie Gerban gelesen.
Im lezten Teil der Weingut Trilogie von Maria Lacrosse/Marita ...

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge habe ich die letzten Seiten des dritten und finalen Band der Trilogie rund um die Famiie Gerban gelesen.
Im lezten Teil der Weingut Trilogie von Maria Lacrosse/Marita Spang wird der Untertitel "Tage des Schicksals" zum Grundthema. Doch zuerst erleben Irene und Franz ein paar glückliche und erfolgreiche Jahre auf ihrem Weingut in Schweighofen, wo ihre Kinder heranwachsen und die Geschäfte nicht besser laufen könnten.
Irene, das ehemalige Dienstmädchen, hat sich noch immer nicht ganz in ihre Rolle als Gutsfrau eingefunden. Fränzel, der mittlerweile die Schule besucht, und ihre Zwillingsmädchen Sophie und Klara, erfordern nicht mehr ihre ganze Aufmerksamkeit und Irene beginnt sich zu langweilen. Sie ist weder gewohnt nicht für sich zu sorgen, noch nicht zu arbeiten. Deswegen möchte Irene den Kampf für die Rechte der Arbeiterinnen wieder aufnehmen, wobei sie Franz anfangs unterstützt. Doch als er die Chance bekommt, sich auf politischer Ebene für die Bevölkerung aus Elsass-Lothringen einzubringen, wird ihm der Einsatz von Irene bald zum politischen Hindenriss. Die Beiden geraten immer öfters in Streit und beginnen sich langsam zu entfremden. Sehr einfühlsam und vorallem sehr authentisch werden die Streitgespräche von Irene und Franz von der Autorin wiedergegeben. Sie haben mir aber vorallem aufgezeigt, wie unterschiedlich ein Satz/eine Aussage, von Mann und Frau wahrgenommen werden kann. Und genauso ist es! Deswegen waren auch größtenteils für mich alle Handlungen der beiden Sturköpfe nachzuvollziehen, obwohl man oftmals einen der beiden am liebsten schütteln möchte.

Waren es im 1. Teil vorallem die Schrecken des deutsch-französischen Krieges und im 2. Teil die Arbeitsverhältnisse der Textilarbeiterinnen, so werden im 3. Teil die Lebensbedingungen der einfachen Arbeiter ins Visier genommen. Irene bleibt ihrem Einsatz für faire Arbeitsverhältnisse und für die Rechte der Frauen treu und schließt sich den Sozialdemokraten an, während Franz sich ebenfalls politisch einzubringen versucht. Er möchte dieselben Rechte und Bedingungen für Elsass-Lothringen erreichen, wie sie im restlichen Deutschen Reich herrschen. Ihre beiden unterschiedlichen politischen Wege bringen Probleme mit sich, vorallem nachdem öffentliche Auftritte der Sozialdemokraten verboten werden.

Die historischen Fakten sind wieder exzellent recherchiert, was bei der Autorin wirklich ein absoluter Pluspunkt ist. In ihren Büchern lernt man ganz nebenbei so viel aus der deutschen Geschichte und dies auf absolut faszinierende Weise. Sie schafft außerdem ein beeindruckendes Bild der damaligen Wohnverhältnisse der einfachen Arbeiter. Die Einblicke in das Leben jeder Bevölkerungsschicht wird sehr gelungen dargestellt. Dabei führen Irenes Wege auch nach Wien, wo die Kluft zwischen dem Adel und dem Volk noch größer zu sein scheint. Die tiefen Einblicke in das Leben der Adeligen, ihre Arroganz und der Hochmut anderen gegenüber, wird hier sehr deutlich dargestellt.
Aber auch auf dem Weingut bleibt nicht alles, wie gewohnt. Die Reblaus wird aus den USA nach Europa eingeschleppt und macht auch vor dem Weingut der Gerbans nicht Halt. Und Mathilde und Ottilie lassen ebenfalls ihre Ränkespiele nicht sein. Franz Mutter Pauline findet hingegen die Liebe, die die Gerbans nach Wien führt und Franz für einige Zeit in einem persönlichen Konflikt stürzt...

Die Charaktere sind wie gewohnt sehr lebendig beschrieben und entwickeln sich weiter. Vorallem Pauline, Franz Mutter, die in den ersten beiden Teilen viel persönliches Leid erfahren musste, wird zu einer starken und endlich glücklichen Frau. Mathilde findet zu ihrem "alten Ich" zurück und macht Franz erneut das Leben schwer, während Fränzel langsam zu einem jungen Mann heranreift und die Ideen seiner Mutter unterstützt.

Schreibstil:
Was soll ich hier anderes sagen, als bereits in meinen anderen Rezensionen? Marita Spang/Marie Lacrosse überzeugt mich mit ihren Romanen immer wieder aus Neue. Ihre lebendigen Geschichten, die sie mit viel Historie schmückt, lassen mich immer wieder völlig in die damalige Zeit eintauchen. Sie hat erneut großartig recherchiert und erzählt fesselnd und detailliert.
Am Ende gibt es wieder ein Glossar und einen Abschnitt über Wahrheit und Fiktion im Roman.

Fazit:
Mit einem traurigen Seufzer blicke ich nun zurück auf das Ende der Trilogie und finde es schade, dass ich diese wunderbare Reihe nun bereits zu Ende gelesen habe. Gerne hätte ich noch mehr von dieser Art Geschichtslehre, die lebendig und bildhaft erzählt wird und uns die Vergangenheit näher bringt.
Ein gelungener Abschluss der Familiensaga. Ich kann die gesamte Trilogie einfach nur weiterempfehlen!