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Veröffentlicht am 29.05.2019

Beklemmend, raffiniert und verwirrend

Mutter Seelen Allein
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Mit "Mutter Seelen Allein" habe ich eine neue Thriller Autorin für mich entdeckt! Sabine Trinkaus hat ein fantastisches Psychodrama geschrieben, welches immer mehr an Spannung gewinnt und bis zum Ende ...

Mit "Mutter Seelen Allein" habe ich eine neue Thriller Autorin für mich entdeckt! Sabine Trinkaus hat ein fantastisches Psychodrama geschrieben, welches immer mehr an Spannung gewinnt und bis zum Ende undurchschaubar bleibt. Genauso sollte ein Thriller sein!

Dabei beginnt die Geschichte eher ruhig und harmlos. Katharina lebt nach außen hin ein perfektes und glückliches Leben. Ihr Mann Patrick ist Arzt und versorgt die kleine Familie, während sie als liebevolle Ehefrau und Mutter des 5-jährigen Timo den Haushalt schmeißt. Er überlässt, wie die meisten Männer, die Erziehung komplett seiner Frau. Zusätzlich betrügt er sie noch mit seiner Ex-Freundin Sarah und Timo wird immer schwieriger. Katharina ist heillos überfordert und hat oft drastische Wutausbrüche. Sie wechselt zwischen Perfektion und unkontrollierbarer Agression....bis eines Tages Timo verschwunden ist und die Nachricht: "Es ist viel einfacher, als du denkt. Sag die Wahrheit!" auf ihrem Handy aufblinkt....

Sabine Trinkaus liefert mit "Mutter Seelen Allein" einen raffiniert gestrickten Thriller, der es in sich hat. In diesem Familiendrama blickt man als Leser hinter die Fassade der Figuren und stößt dabei auf menschliche Abgründe. Nichts ist, wie es scheint! Obwohl die Personenauswahl überschaubar ist, zeigt jeder nach außen hin ein ganz anderes Gesicht. Alle haben ihre Geheimnisse und es wird gelogen, dass sich die Balken biegen. Lüge und Betrug sind alltäglich. Als Leser weiß man nicht, wem man Glauben schenken soll.

Der Plot ist gut durchdacht. Es geht um Rache und Vergeltung. Obwohl der Thriller ruhig beginnt, steigt die Spannungskurve kontinuierlich an. Die Autorin spielt mit ihren Lesern und lenkt sie immer wieder auf falsche Fährten. Wechselnde Perspektiven sorgen für noch mehr Dynamik und Spannung. Zusätzlich gibt es noch Abschnitte in kursiver Schrift, die in die Vergangenheit zurückblenden. Dabei geht es um Flo. Die Fürsorge hat der drogenabhängigen Frau ihre Tochter weggenommen. Doch nach einem schrecklichen Vorfall beginnt Flo für diese zu kämpfen. Diese Abschnitte lassen dem Leser immer wieder neue Vermutungen aufstellen. Die Frage ist: Wie passen diese Handlungsstränge zum Gegenwartspart rund um Patrick und Katharina?
Das Ende und die Auflösung waren für mich absolut stimmig.

Schreibstil:
Susanne Trinkaus schreibt spannungsgeladen, packend und atmosphärisch. Die Charaktere sind sehr vielschichtig und undurchschaubar. Kurze Kapitel ermöglichen ein schnelles vorankommen und man wird richtig von der Story gepackt. Nur noch schnell ein weiteres Kapitel denkt man sich, aber dann liest man weiter und weiter...

Fazit:
Endlich wieder ein spannender Psychothriller, der nicht mit unlogischen Auflösungen oder konstruierten Showdonws aufwartet. Beklemmend, raffiniert und verwirrend. Von mir gibt es eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 27.05.2019

Komm mit ins Bösland

Bösland
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Mein erstes Buch von Bernhard Aichner. Ich habe dem Autor nochmals eine Chance gegeben und seinen zuletzt veröffentlichten Thriller gelesen, nachdem mich bei seinem ersten Bestseller rund um die Totenfrau ...

Mein erstes Buch von Bernhard Aichner. Ich habe dem Autor nochmals eine Chance gegeben und seinen zuletzt veröffentlichten Thriller gelesen, nachdem mich bei seinem ersten Bestseller rund um die Totenfrau die Leseprobe total abgeschreckt hatte und ich seinen Schreibstil nicht wirklich mochte. Doch bei "Bösland" hat mich schon der Klappentext neugierig gemacht. Meine Bücherei hat alle seine Bücher, deswegen war es für mich klar diesen Thriller auszuleihen und Bernhard Aichner nochmals eine Chance zu geben. Und das war gut so...

Gleich zu Beginn wird dem Leser eröffnet, was Aichner mit seinem Titel meint. Bens Bösland ist der Dachboden seines Elternhauses. Ein Ort, an dem ihm sein Vater regelmäßig züchtigt und wo sich dieser schlussendlich erhängt. Als der zehnjährige Ben ihn findet, ist der Junge einfach nur erleichtert, dass seine Tortour ein Ende hat. Das ehemalige Bösland wird zur gemeinsamen Spielstätte mit seinem Freund Felix Kux, dem reichen Apothekersohn. Dort übt Ben auch seine Leidenschaft fürs Fotografieren und Filmen aus. Wenige Jahre später passiert erneut ein Unglück am Dachboden. Man findet Ben neben einer brutal erschlagenen Leiche eines jungen Mädchens, das er in seinen Armen hält. Der Junge kann sich an nichts mehr erinnern und wird als jugendlicher Täter in die psychiatrische Anstalt gesteckt. Danach folgen betreutes Wohnen, Therapien und schlussendlich eine eigene Wohnung. 30 Jahre später - Ben ist wieder frei und führt ein Fotogeschäft, entdeckt er ein Foto, das ihn in die Vergangenheit zurückkatapultiert. Darauf ist sein alter Freund Kux zu sehen. Bestärkt durch seine Therapeutin macht sich Ben auf, um mit Kux zu klären, was damals geschah....

Die Geschichte wechselt zwischen einer Art Rückschau in die Vergangenheit, Dialogen mit der Therapeutin und mit Kux, sowie der Schilderung in der Gegenwart. Man begleitet dabei Ben durch alle Gefühlslagen und bekommt von ihm ein sehr gutes Bild. Das vom Autor gewollte Misstrauen ihm gegenüber bleibt jedoch bestehen. Die subtile Beschreibung der Atmosphäre ist Aichner gut gelungen.
Die Charaktere sind vielschichtig und ausdrucksstark. Die zwischenmenschlichen Aspekte werden hervorragend transportiert. Ich hatte von allen ein sehr gutes Bild und mein Kopfkino blieb immer in Bewegung.

Aichner baut unterschwellig Spannung auf. Die kurzen knackigen Sätze und die große Schrift lassen einem schnell durch das Buch fliegen. In der Mitte haben sich trotzdem, meiner Meinung nach, einige Längen eingeschlichen. Auch meine Vermutung ging schon früh in die richtige Richtung, jedoch fehlte mir noch die Bestätigung. Einen kleinen Twist, sowie eine überraschende Wendung gab es noch am Ende des Buches, das ich somit zufrieden zugeklappen konnte.

Schreibstil:
Bernhard Aichners Schreibstil ist speziell. Am Besten man liest sich zuerst kurz in einer Leseprobe ein und entscheidet dann, ob man damit klaekommt. Ich bin mit seinem Schreibstil noch immer nicht ganz warm geworden, aber in "Bösland" konnte ich mich an die kurzen prägnanten Sätze und die vielen Dialoge gewöhnen. Bei der "Totenfrau" ging das schon nach wenigen Seiten absolut nicht mehr. Erzählt wird in der Ich-Perspektive von Ben.

Der Verlag hat die Seiten wirklich gut gefüllt....mit großer Schrift, einzelnen Dialogen, wo jeder Satz einzeln steht, aber auch leeren Seiten. Wenn ich das Hardcover gekauft hätte, wäre ich nicht sehr erfreut darüber gewesen. Bestsellerautor hin oder her....es gibt in meinen Augen weitaus bessere österreichische Autoren und das ist Geldmacherei!

Fazit:
Ein unblutiger Thriller, der mit psychologischen Spielchen aufwartet und gut aufgebaut ist, aber doch auch etwas vorhersehbar ist. Trotzdem wird mir die Geschichte noch länger in Erinnerung bleiben und ich konnte mich auch endlich mit Aichners Schreibstil anfreunden. Fazit: Komm mit ins Bösland!

Veröffentlicht am 25.05.2019

Frühlingsgefühle

Frühlingserwachen auf Gracewood Hall
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Passend zur Jahreszeit habe ich nach einem Liebesroman mit frühlinghaftem Cover gegriffen. Dies ist der zweite Band der Jahreszeiten-Reihe, die hauptsächlich auf dem englischen Anwesen Gracewood Hill spielt. ...

Passend zur Jahreszeit habe ich nach einem Liebesroman mit frühlinghaftem Cover gegriffen. Dies ist der zweite Band der Jahreszeiten-Reihe, die hauptsächlich auf dem englischen Anwesen Gracewood Hill spielt. Leider habe ich den ersten Band nicht gelesen, hatte aber nur bei den Einblicken in die Familie Bradford, den Besitzern des Herrenhauses, etwas Probleme alle richtig zuzuordnen. Sonst bereitet der Einstieg in den zweiten Band allerdings keine Probleme und kann alleinstehend gelesen werden.

In dieser Geschichte geht es hauptsächlich um Annie Taylor. Sie ist alleinstehende Mutter der zweijährigen Poppy. Wegen ihrer ungeplanten Schwangerschaft musste sie ihr Studium abbrechen und zog zurück zu ihren Eltern. Im Herrenhaus Gracewood Hall der Familie Bedford hat sie einen Aushilfsjob als Zimmermädchen und Küchenfee bekommen, um sich auch ihrer Tochter widmen zu können. Gracewood Hall soll künftig als Hochzeits-Location genutzt werden und so erscheinen immer wieder zukünftige Bräute, die sich das zauberhafte Setting anschauen möchten. Dabei ist nicht nur Annie eine große Hilfe, sondern auch die gute Seele des Haues, Mrs. Cuthbert. Beide Frauen zaubern leckere Kreationen für diverse Feste. Matthew, ihr Freund aus Kindertagen, der ihr seit der Geburt von Poppy immer hilfreich zur Seite steht, arbeitet ebenfalls auf Gracewood Hall. Matt ist schon länger in Annie verliebt, doch diese sieht in ihm nur den besten Freund. Als plötzlich Annies Ex-Freund und Vater von Poppy zum Geburtstag der Kleinen auftaucht, bricht das Chaos aus und Annie kann plötzlich zwischen zwei Männern wählen...doch will sie das überhaupt?

Die Veränderung von Annies Gefühlen wird sehr realitisch dargestellt. Viele Beziehungen bauen auf eine vorangehende Freundschaft auf, bis sich plötzlich einer oder alle beide fragen, ob ihre Gefühle für den anderen Menschen nicht doch etwas tiefer gehen. Die Autorin hat diese spezielle Situation mit viel Einfühlungsvermögen dargestellt.
Ihre Figuren sind sehr lebendig gezeichnet und Sandra Rehle versteht es, dem Leser das Gefühl zu geben, liebe Freunde zu begleiten. Annie und Matt sind sehr sympathische Charaktere, die man sehr schnell ins Herz schließt. Ganz besonders in mein Herz geschlichen hat sich Mrs. Cuthbert, die immer ein offenes Ohr hat und den beiden Verliebten den "Schubs" in die richtige Richtung gibt.
Gracewood Hall bleibt dabei immer der rote Faden des Romans...ein bezauberndes Ambiente mit außergewöhnlichen Bewohnern.

Leider plätscherte die Handlung lange Zeit einfach nur dahin und es gab kaum überraschende Wendungen. Vieles war für mich vorhersehbar und nicht unbedingt außergewöhnlich. Etwas mehr Dramatik oder einige unerwartete Überraschungen hätten der Geschichte etwas mehr "Kick" gegeben. Vielleicht im nächsten Band?

Fazit:
Die Autorin versteht es in ihrem Liebesroman das bezaubernde Ambiente und die symathischen Charaktere lebendig werden zu lassen. Leider war mir aber die Handlung etwas zu banal und vorhersehbar. Für reine Liebesroman-Fans sicherlich zu empfehlen - für mich leider nicht ganz das, was ich mir vorgestellt hatte. Trotz meiner Kritik habe ich diesen Roman sehr gerne gelesen.

Veröffentlicht am 22.05.2019

Hatte mir mehr erwartet

Der weiße Ahorn
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Im Reihenauftakt der Breitenbach-Saga von Mina Baites befinden wir uns im Jahre 1881 in Berlin. Schuhfabrikant Hermann Breitenbach wird von seiner Vergangenheit eingeholt und vom Konkurrenten Meißner ...

Im Reihenauftakt der Breitenbach-Saga von Mina Baites befinden wir uns im Jahre 1881 in Berlin. Schuhfabrikant Hermann Breitenbach wird von seiner Vergangenheit eingeholt und vom Konkurrenten Meißner erpresst. Dieser schreckt vor nichts zurück, denn sein Ziel ist es, die gesamte Schuhfabrikation der Breitenbachs zu übernehmen. Während der älteste Sohn, Theodor, seinem Vater zur Seite steht und früher oder später die Produktion übernehmen muss, soll sein Bruder Georg ein zweites Standbein - eine Tochterfirma - in Amerika aufbauen. Gemeinsam mit seiner Schwester Rosa und dem langjährigen Mitwarbeiter Wendelin brechen die drei nach Amerika auf, wo ihre Tante Fanny in Colorado ein Häuschen besitzt. Während Georg die Tochterfirma aufbauen möchte, träumt Rosa von einer Schule für Kinder aller Rassen und Religionen. Die anstrengende und abenteuerliche Überfahrt ist erst der Anfang, denn nachdem die Drei im "gelobten Land Amerika" angekommen sind, warten nicht nur viele Strapazen und Probleme, sondern vorallem für Georg, eine große Überraschung. In Berlin versuchen hingegen Hermann und Theodor Breitenbach alles, die Schuhfabrik und die Familientradition unter ihrem Wappen mit dem weißen Ahorn zu erhalten....

Schnell ist man mitten in der Geschichte der Familie Breitenbach. Der angenehme und flüssige Schreibstil lässt dem Leser durch die Seiten fliegen. Man verfolgt nicht nur gespannt die Vorkommnisse in Berlin, sondern begibt sich mit Georg, Rosa und Wendelin auf große Überfahrt. Abwechselnd erzählen die vier Protagonisten in der dritten Person aus ihrem Leben. Die Handlungsstränge wechseln ebenso zwischen Deutschland und den USA.
Familientradition, Zusammenhalt, die Gleichstellung von Mann und Frau im Wilden Westen, sowie unterschiedlicher Religionen und Rassen sind die Themen, die Mina Baites in ihrem Roman immer wieder anspricht. Jedoch hätte ich mir gewünscht, dass die Autorin einige Problematiken nicht nur oberflächlich behandelt hätte. Für mich lösten sich die meisten Probleme viel zu schnell (im positiven Sinne) auf. Oft fehlte es mir an Spannung und überraschenden Wendungen. Hier hätten 100 Seiten mehr einige zu übereilte Passagen aufwerten und ihnen mehr Tiefgang verleihen können. Aber oftmals hätte ich mir einfach nur gewünscht mehr über ein bestimmtes Thema zu lesen und zu erfahren. Die Hoffnung, dass diese in einem der weiteren Bände aufgegriffen werden, habe ich noch....

Die Charaktere sind sehr unterschiedlich dargestellt. Einige sind sehr lebendig beschrieben, andere hingegen blieben mir großteils fremd.
Rosa ist für ihre Zeit eine junge Frau, die sich durchzusetzen versteht und gegen Konventionen ankämpft. In Amerika sieht sie für sich die Möglichkeit ohne Mann und Trauschein an Landbesitz zu kommen. Sie versucht ihre Träume, die sie in Berlin nicht umsetzen kann, in Colorado real werden zu lassen. Nicht nur die geplante Schule, sondern auch eine eigene kleine Farm zum Bewirtschaften, sind ihr Wunsch. Den Herausforderungen im Wilden Westen steht sie kompromisslos gegenüber.

Theodor versucht zunächst erfolglos seinen Vater zu überreden zu investieren und ihm die Firma zu überschreiben. Seine Ehe ist eine einzige Farce. Seine Frau Elena und er bleiben für den gemeinsamen Sohn Felix zusammen, bis er die junge Vanda kennenlernt.

Georg nimmt die Herausforderung in den Staaten an und baut die Tochterfirma auf, nachdem er in Berlin stets im Schatten seines Bruders stand. Georg erscheint sympathisch, jedoch hatte ich große Probleme ihn einzuordnen bzw. seine Gefühle zu nachzuempfinden.

Im letzten Drittel ist mir aufgefallen, dass die Namen von Georg und Theodor öfters vertauscht wurden. Hier hat das Lektorat eindeutig geschlafen.

Schreibstil:
Mina Baites schreibt sehr bildhaft und lebendig. Die geschilderten Landschaften während der Überquerung einiger US-Staaten wurde bildgewaltig beschrieben. Hier hätte ich allerdings gerne noch mehr davon gelesen.

Im Nachwort geht die Autorin noch darauf ein, welche historischen Persönlichkeiten sie als Vorbilder für ihre Figuren verwendet hat.

Fazit:
Ein netter Beginn der Familiensaga rund um die Breitenbachs, die sich sowohl in Berlin, als auch im fernen Colorado behaupten müssen. Mir fehlt hier allerdings noch "das gewisse Etwas" bzw. fand ich einige Themen nur angerissen. Viele Probleme erledigten sich wie von alleine, was ich etwas unglaubwürdig fand. Trotzdem denke ich, dass ich auch den zweiten Teil lesen werde und hoffe auf etwas mehr Seiten und Tiefgang.

Veröffentlicht am 20.05.2019

Kommt leider nicht an "Zwischen dir und mir das Meer" heran

Der Wind nimmt uns mit
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m Flugzeug nach und von Lissabon hat mir der neue Roman von Katharina Herzog kurzweilige Stunden bereitet. Auch wenn ich nicht in Spanien bzw. den Kanarischen Inseln Urlaub gemacht habe, so hat mich der ...

m Flugzeug nach und von Lissabon hat mir der neue Roman von Katharina Herzog kurzweilige Stunden bereitet. Auch wenn ich nicht in Spanien bzw. den Kanarischen Inseln Urlaub gemacht habe, so hat mich der südländische Charme auch in Lissabon eingeholt. Und die Autorin "kenne" ich ja schon sehr lange, denn ich habe bereits ihre Bücher als Selfpublisher unter ihrem Klarnamen Katrin Koppold gelesen.

In "Der Wind nimmt uns mit" lernen wir Maya kennen, die als Reisebloggerin rund um die Welt chattet. Seit sechs Jahren bleibt sie allerdings der Insel La Gomera fern, wo ihre Adoptivmutter Karoline lebt. Bis heute hat sie dieser nicht verziehen, dass sie ihr nicht die Wahrheit über ihre wahre Herkunft erzählt hat. Als sie durch einen One-Night-Stand schwanger wird, versucht sie den Mann, von dem sie nur den Namen Tobi und einige wenige Details kennt, durch ihren Blog zu finden. Dass er sich auf La Gomera aufhalten soll, zieht Maya kurz die Füße weg, doch dann überwindet sie ihre Ängste und fliegt an jenem Ort, den sie niemals besuchen wollte...
Auf der esoterisch angehauchten Finca de la Luz findet sie erstmals eine Bleibe und lernt die Inselbewohner besser kennen.

Wechselnde Perspektiven lassen uns als Leser nicht nur Maya und Karoline in der Gegenwart kennenlernen, sondern auch Karoline als Studentin in den 1980er Jahren. Die Abschnitte werden durch die jeweiligen Namen und der Jahreszahl (bei Karoline) erkenntlich gemacht. Dabei erfahren wir häppchenweise was vor mehr als 30 Jahren passiert ist und tauchen in Karolines damaliges Leben ein.

Die Beschreibungen der Charaktere und der Insel sind sehr anschaulich. Trotzdem blieben die Figuren leider etwas an der Oberfläche. Manche von ihnen fand ich auch zu überzeichnet.
Karoline nahm mir im Gegenwartspart zu wenig Platz ein und blieb mir fremd. Nur im Rückblick ins Jahr 1983 oder 1984 kam sie mir als Studentin näher. In diesem Abschnitt konnte ich ihre Gefühle und ihre besondere Beziehung zu ihrem Vater sehr gut nachvollziehen.
Maya hingegen fand ich viel zu unreif für ihre 32 Jahre. Vorallem als Reisebloggerin, die durch die Welt reist und vollkommen auf sich alleine gestellt ist, war sie mir zu naiv und zu wankelmütig.

Die bildhaften Landschaftsbeschreibungen machen Lust die zweitkleinste der Kanarischen Inseln zu besuchen, doch die Darstellung der sehr durchgeknallten Inselbewohner, die noch dem Hippie-Kult frönen, ließ mich etwas davon Abstand nehmen. Trotzdem würde ich gerne einmal den merkwürdigen Gesängen der Gelbschnabelsturmtaucher lauschen, das Künstlerdorf El Guro besuchen oder zur Schweinebucht (das klingt so nach Piraten!) wandern.

Der rote Faden des Romans ist die Selbstfindung ...sich zu "ankern"...und verzeihen zu können.
Die Handlung ist etwas vorhersehbar und ich vermisste im Gegenwartsstrang die Tiefgründigkeit, wie auch etwas mehr Spannung. Trotzdem hat sich die Geschichte wunderbar lesen lassen und sie konnte mich durchgehend unterhalten.
Irritiert war ich durch eine angebliche Schwester von Karoline, die nie mehr erwähnt wird und Karoline später sogar als Einzelkind dargestellt wurde. Fehler wie diese sollten dem Lektorat auffallen!

Schreibstil:
Die Autorin hat einen wunderbareb Schreibstil, der mich schon in ihren anderen Romanen überzeugen konnte und mich in ihren Geschichten versinken lässt. Er ist locker-leicht, lebendig und dialoglastig.

Fazit:
"Der Wind nimmt uns mit" kann leider nicht an "Zwischen dir und mir das Meer" anschließen, das von mir volle fünf Sterne erhalten hat. Der Roman unterhält und ist als leichte Urlaubslektüre wie geschaffen, jedoch wird er wohl eher nur durch das wunderschöne Cover in Erinnerung bleiben. Ich bin allerdings davon überzeugt, dass Katharina Herzog mit ihrem nächsten Buch wieder an die gewohnte Qualität anschließen kann.