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Veröffentlicht am 18.07.2019

The show must go on

Veilchens Show
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Nachdem mich "Veilchens Blut" der dritte Band der Reihe rund um Valerie Mauser mit dem blonden Afro, genannt "Veilchen" nicht wirklich überzeugen konnte, hatte ich lange Zeit eigentlich keinen Bock noch ...

Nachdem mich "Veilchens Blut" der dritte Band der Reihe rund um Valerie Mauser mit dem blonden Afro, genannt "Veilchen" nicht wirklich überzeugen konnte, hatte ich lange Zeit eigentlich keinen Bock noch einen Teil der Reihe zu lesen. Dann fand ich plötzlich Teil 5 in meiner Bücherei (Band 4 wurde von den Büchereidamen zuerst übersehen) und nahm ihn mit. Reinlesen geht ja immer, dachte ich mir. Nun ist es bereits eine Weile her, dass ich den letzten Krimi aus Joe Fischlers Reihe gelesen habe. Eine Rezi soll es trotzdem geben, denn ich rezensiere hier auf meinem Blog eigentlich alle meine gelesenen Bücher, damit ich für mich eine Art Lesejournal habe.

In "Veilchens Show" nimmt der Autor einige TV-Formate aufs Korn. Die "Bauerlorette", eine Mischung aus "Bachelor" und "Bauer sucht Frau" steht im Mittelpunkt seines 5. Bandes. In dieser Show buhlen fünf Bauern um die Gunst der "Bauerlorette" und um eine Million Euro, die es zusaätzlich zur hübschen Jackie zu gewinnen gibt.
Veilchen ist entsetzt, als Stolwerk sich als großer Fan der Bauerlorette outet. Eines morgens informiert er Valerie, dass bei der Frühstücksshow etwas nicht mir rechten Dingen zugehen kannt, denn einer der Kandidaten liegt leblos neben der Bauerlorette. Obwohl die beiden keinen offiziellen Polizeieinsatz erhalten, fahren sie zum Sendeort. Der Todesfall wird als natürlicher Tod dargestellt, doch kurze Zeit später haucht der nächste Kandidat sein Leben aus. Veilchen und Stolwerk dürfen endlich ermitteln und als Personenschutz am Set dabei sein....

Joe Fischler zeigt mit viel Humor, bissigen Bemerkungen und ironischen Beobachtungen das Leben hinter den typischen Realitiy-Shows von heute. Während Stolwerk und Valeries Schwiegersohn Schmatz dem Charme der Bauerlorette und dem Gesamtkonzept verfallen, behält Veilchen den Überblick...nur die richtigen Schuhe für den Almaufstieg hat sie nicht an...und das als Tirolerin, ts, ts!
Fischler hat einen sehr kritischen Blick auf die oberflächliche Filmbranche geworfen. Erfolgsdruck, Lug und Betrug, Bloßstellung bis hin zum Mord...alles wird für die Einschaltquoten getan! Den Zusehern wird vorgespielt, was diese erwarten - umso trashiger, umso besser. Für die Show wird alles gegeben und auch tote Kandidaten hindern die Filmemacher nicht am weiterdrehen...wie schon QUEEN damals sang: "The show must go on!"

Mir gefiel Band 5 zwar deutlich besser als Band 2 und 3, aber trotzdem kommt er an den ersten Band nicht mehr heran. Ich denke aber auch, dass sich mein Lesegeschmack in der letzten Zeit etwas geändert hat und ich nicht mehr so viel mit lockeren und humorvollen Romanen und Krimis anfangen kann. Für mich gab es etwas zu viel Show und zu wenig Ermittlungsarbeit. Gefallen hat mir, dass Stolwerk etwas mehr Privatleben erhält und Schmatz, den ich unheimlich sympathisch finde, eine kleine Rolle bekommen hat. Die Auflösung ist gelungen, denn Fischler konnte mich mit dem Täter wahrlich überraschen.

Fazit:
Joe Fischler nimmt in "Veilchens Show" gekonnt die heutige Welt der Reality Shows aufs Korn. Der ironische Blick hinter die Kulissen ist gelungen, jedoch kam mir diesmal die Ermittlerarbeit zu kurz.Wer humorvolle und skurille Krimis mag, kann hier getrost zugreifen, denn Veilchen mit ihrem blonden Afro ist schon eine interessante Figur. Ich werde allerdings die Finger von weiteren Bänden lassen, falls es noch eine Fortsetzung geben sollte...

Veröffentlicht am 15.07.2019

Düster und atmosphärisch, aber mit einigen Längen

Dunkelsommer
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"Dunkelsommer" wirbt mit dem Slogan "Ausgezeichnet als bester schwedischer Spannungsroman". Ich durfte das Buch vorab lesen und kann leider dem Zitat am Sticker nicht ganz zustimmen.

Der Klappentext hört ...

"Dunkelsommer" wirbt mit dem Slogan "Ausgezeichnet als bester schwedischer Spannungsroman". Ich durfte das Buch vorab lesen und kann leider dem Zitat am Sticker nicht ganz zustimmen.

Der Klappentext hört sich spannend und mysteriös an, was auch bei mir sofort die Neugier auf dieses Buch geweckt hat. Oftmals sind ja Spannungsromane weitaus packender als so mancher Thriller. Ich hatte bereits einige tolle Lesestunden mit diesem "Untergenre". Nach dem Lesen der Geschichte finde ich die Bezeichnung des Verlages perfekt gewählt, auch wenn die Spannung erst im letzten Drittel des Romans deutlich ansteigt.
Düster beginnt "Dunkelsommer" - passend zum Titel. Lelle, der seit drei Jahren auf der Suche nach seiner vermissten Tochter ist, lebt am Abgrund. Er raucht und trinkt zuviel und nervt die Polizei mit seinen Beobachtungen. Durch seine verzweifelte Besessenheit ging auch seine Ehe mit Anette in die Brüche und Lelle flüchtete sich weiter in Selbstvorwürfe. Seither versucht er Lina aufzuspüren und fährt Nacht für Nacht die Umgebung ab. Dunkle Waldwege, versteckte Bauernhöfe und zerfallene Gemäuer wecken auch den einen oder anderen Sonderling, den Lelle überrascht. Doch eine Spur von Lina findet er nicht...

Auch Meja ist eine zerbrochene Seele. Ihre Mutter ist Alkoholikerin, tablettensüchtig und wechselt regelmäßig ihre Wohnorte, wie ihre Männer. Von Stockholm ziehen Meja und Mutter Silja nach Nordschweden zu Torbjörn, den Silja im Internet kennengelernt hat. Dieser wohnt in einem verlassen und ziemlich heruntergekommenen Hof im Wald. Den erwünschten Aufstieg bekommt Selja durch Torbjörn nicht. Meja wünscht sich nichts sehnlicher, als eine Familie und einen festen Wohnsitz. Sobald wie möglich möchte sie sich von ihrer Mutter loslösen. Doch in der einsamen Gegend, in der sie gelandet sind, ist es noch schwieriger Gleichaltirge zu finden und Freundschaften zu schließen. Da lernt sie Carl-Johan und seine Brüder kennen. Die Familie erinnerte mich an sogenannte Prepper. Sie versorgen sich selbst, schotten sich von der Umwelt ab und sind auf einen Angriff...von wem auch immer...präzise vorbereitet. Meja ist begeistert vom Familienzusammenhalt, den sie nie kennengelernt hat. Doch dann verschwindet ein weiteres Mädchen...

Der Roman ist in zwei Teile aufgegliedert. Im ersten Teil wird auf zwei Ebenen die Geschichte von Lelle und Meja erzählt. Im zweiten Teil kommt noch eine weitere Perspektive hinzu. Es handelt sich um ein vermisstes Mädchen, das ihre Gefangenschaft schildert.
Durch den regelmäßigen Wechsel der Handlungsstränge begleiten wir zuerst beide Protagnisten. Dadurch wird langsam immer mehr Spannug aufgebaut. Trotzdem ist besonders der Mittelteil etwas langsam und schleppend. Beide Stränge bzw. Protagonisten finden erst spät zueinander. Bis dahin fragt man sich, wie diese Begegnung, die im Klappentext angekündigt wird, wohl passieren wird und wie die Geschehnisse der beiden zusammenhängen. Die sehr düstere Stimmung und vorallem die Selbstzerstörung von Lelle, wie auch Mejas trostlose Situation haben mich beim Lesen ziemlich runtergezogen. Wir haben hier zwar keinen typischen schwedischen Ermittler, der zerbrochen ist und seinen Kummer im Alkohol ertränkt, jedoch entspricht Lalle (er ist Lehrer!) diesem klischeehaften Bild eines Schweden in den sogenannten "Schwedenkrimis" vollkommen (dem ich hiermit widersprechen möchte! Die Schweden sind ein herzliches und freundliches Völkchen).
Die beklemmende Stimmung wird aber auch durch die Themen der Trauerverabeitung und der Einsamkeit dieser Menschen dargestellt. Stina Jackson bedient sich nicht nur der inneren Einsamkeit, sondern beschreibt auch die Weitläufigkeit des Landes. Dabei hatte ich immer das Gefühl in einem dunklen Wald herumzuirren, obwohl der Roman im Sommer im Norden Schwedens spielt....eine Zeit, wo es um diese Jahreszeit, an der sich Tag und Nacht angleichen, es in Skandinavien eigentlich nie richtig dunkel wird. Das hat mich etwas verwirrt....

Bis es zum finalen Countdown kommt, der wirklich spannend und gelungen ist, hat die Geschichte allerdings so einige Längen. Das liegt auch an den vielen Wiederholungen, die ich nach einiger Zeit etwas eintönig fand. Lelle fährt Nacht für Nacht durch die menschenleere Gegend, raucht und macht sich Selbstvorwürfe. Was anfangs noch begeistert und eine etwas mysteriöse Atmosphäre produziert, driftet in Langeweile ab. Gefühlt las ich diese Situation unheimlich oft, bis endlich etwas geschieht.
Leider hatte ich auch sehr bald einen Verdacht, wer der Täter sein könnte und bekam am Ende die Bestätigung, dass ich richtig getippt hatte.
Insgesamt ist der Spannungsroman nicht schlecht, aber er trat für mich zu lange an derselben Stelle und konnte mich erst zum Ende hin richtig abholen, auch wenn der Schluss etwas zu "harmonisch" wirkt.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist einfach und dialoglastig. Es gibt keine Kapiteleinteilung. Die Charaktere sind äußerst authentisch beschrieben. Die Einblicke in das Seelenleben der Figuren sind Stina Jackson wirklich gelungen. Ich fühlte mit Lelle und Meja mit und konnte ihre innere Verzweiflung auf jeder Seite spüren. Hier muss ich der Autorin ein großes Kompliment machen.

Fazit:
Ein düsterer Spannungsroman, der doch so einige Längen hat, aber insgesamt eine latente Spannung aufweisen kann. Zu lesen lohnt sich dieses Debut trotzdem, wenn man sich dem typischen schwedischen Flair hingeben möchte und wegen der Vorhersehbarkeit ein Auge zudrückt.

Veröffentlicht am 13.07.2019

Ergreifende Fortsetzung - hat mir besser als teil 1 gefallen

Zeit aus Glas
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Der zweite Teil der Seidenstadt Reihe, in der Ulrike Renk die Familiengeschichte der jüdischen Familie Meyer erzählt, beginnt wo Teil 1 endete: bei der Reichskristallnacht.
Diese bringt für Ruth, ihre ...

Der zweite Teil der Seidenstadt Reihe, in der Ulrike Renk die Familiengeschichte der jüdischen Familie Meyer erzählt, beginnt wo Teil 1 endete: bei der Reichskristallnacht.
Diese bringt für Ruth, ihre Eltern und ihre kleine Schhwester Irene große Veränderungen mit sich. Ihr Haus und sämtliches Mobilar ist mutwillig zerstört worden, sodass es unbewohnbar geworden ist und sie auf die Hilfe ihrer Freunde angewiesen sind. Nach diesen schweren Angriffen auf die jüdische Bevölkerung haben die Wände Ohren und niemand kann sich mehr sicher fühlen. Viele Juden glauben noch daran, dass sich trotzallem Hitler und seine Schergen nicht durchsetzen können, während andere versuchen das Land zu verlassen. Ruth und ihre Eltern haben bereits eine Ausreiseerlaubnis in die USA, doch die Nummer auf der Warteliste ist so hoch, dass dies frühestens in 2-3 Jahren möglich wäre. Der allwissende Leser weiß bereits, dass dies zu diesem Zeitpunkt nicht mehr machbar sein wird und auch die Meyers fühlen, dass sie sobald wie möglich das Land verlassen sollten. Martha, Ruths Mutter, ist dieser Situation nicht gewachsen und verfällt in Depressionen. Vater Karl kommt ins Gefängnis. Die Verantwortung liegt nun großteils auf Ruth's Schultern. Sie erhält Hilfe von der befreundeten arischen Familie Achatz, sowie von Ruths Tante Hermine. Letztere hat jedoch ähnliche Sorgen nachdem ihr Mann nach Palästina ausgewandert ist und nur für Sohn Hermann ein weiteres Visa erhalten hat. Hermann bleibt jedoch bei seiner Mutter in Deutschland.....

Der Einstieg in Band 2 ist mir leicht gefallen und sehr schnell hatte ich wieder den Inhalt aus "Jahre aus Seide" im Kopf. Der Titel den aktuellen zweiten Bandes "Zeit aus Glas" ist perfekt gewählt, denn auf den fast 500 Seiten ist man sich als Leser der Ungewissheit und der Angst dieser Zeitepoche immer bewusst. Ulrike Renk hat diese sehr ausführlich dargestellt und das beklemmende Gefühl hervorragend transportiert. War Ruth im ersten Band noch Kind und wurde auch ihre Sichtweise von der Autorin noch kindlich dargestellt, ist sie nun knapp 18 Jahre alt und trägt fast die ganze Verwantwortung der Familie auf ihren Schultern. Oft hatte ich das Gefühl, dass einzig Ruth das Unheil kommen sieht, während der Rest der Familie in Depression verfällt oder aus Unglauben die Augen verschließt.
Die Wandlung von Martha, Ruth's Mutter, die im ersten Band eine starke und moderne Frau war, fand ich erschreckend. Statt für ihre Kinder da zu sein, bürdet sie der Ältesten, noch zusätzlich zu den vielen Einschränkungen durch die Nazis, die volle Verantwortung über die Familie auf. Für Ruth endet damit ihre Kindheit und sie muss sehr schnell erwachsen werden. Auch Vater Karl kam mir in diesem Teil ziemlich hilflos vor, bevor er ins Gefängnis wandert. Ruth hingegen gewinnt an Stärke, lässt aber immer wieder in liebevollen Dialogen mit ihrer Schwester Irene durchblicken, dass sie am Ende ihrer Kräfte ist, aber stark bleiben muss. Ruth beginnt einen Plan zu schmieden, indem sie ihrer Familie helfen möchte Deutschland früher zu verlassen....

Mit viel Einfühlungsvermögen erzählt Ulrike Renk über die Repressalien, denen die Juden ausgesetzt wurden. Dabei ist dies erst der Beginn der gewollten Auslöschung der jüdischen Bevölkerung durch die Nazis. Mir hat dieser zweite Teil der Reihe um einiges besser gefallen als Band Eins und ich freue mich schon auf die weiteren Bände.

Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin ist bildhaft und atmosphärisch. In diesem Band ist er der nun fast erwachsenen Ruth angepasst, während er im ersten Teil noch kindlich war. Die Charaktere sind sehr authentisch und detailliert beschrieben. Jeder von ihnen macht eine Entwicklung durch - ob zum Besseren oder Schlechteren.
Zu Beginn gibt es wieder ein Personenregister. Im Nachwort erzählt Ulrike Renk mehr über die Tagebücher von Ruth Meyer, die für sie die Quelle zu dieser Reihe sind. Die Autorin zeigt auf, was Wahrheit ist und was ihrer Fantasie entsprang - aber auch wie schwer es ihr oft fiel die Tagebuchaufzeichnungen von Ruth zu lesen.

Fazit:
Eine ergreifende und wunderbare Fortsetzung der Familiengeschichte um die jüdische Familie Meyer. Ulrike Renk hat die die Atmosphäre nach der Reichskristallnacht besonders authentisch eingefangen. Für Band 2 hat mir wesentlich besser gefallen als der erste Teil der Reihe und ich freue mich schon auf die Fortsetzung.

Veröffentlicht am 09.07.2019

Warmherziger Roman mit Suchtpotential

Bis wir wieder fliegen
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Eigentlich bin ich kein Coverkäufer, denn ich lese mir immer die Inhaltsangabe bzw. den Klappentext des Buches durch. Das habe ich hier ebenfalls gemacht und auch in die Lespeprobe reingelesen. Trotzdem ...

Eigentlich bin ich kein Coverkäufer, denn ich lese mir immer die Inhaltsangabe bzw. den Klappentext des Buches durch. Das habe ich hier ebenfalls gemacht und auch in die Lespeprobe reingelesen. Trotzdem muss ich als Leuchtturmliebhaberin einfach dieses wunderschöne Cover erwähnen. Es lädt zum Träumen ein und am liebsten würde ich in ein Flugzeug steigen und dieses kleine Fleckchen Erde besuchen.
Aber nun zum Inhalt hinter dem vielversprechenden Cover.
Anne ist Notärztin bei der walisischen Flugrettung. Sie liebt ihren Beruf und ist eine optimistische junge Frau, die ihre Arbeit sehr gewissenhaft erledigt und dies auch von den anderen erwartet. Gemeinsam mit der Hubschrauberpilotin Leah und dem Sanitäter Owen sind sie ein eingespieltes Team....das Dreamteam unter den Einsatzkräften. Doch privat ist Owen ein etwas unterkühlter Typ, der sich abweisend verhält. Er ist mehr Einzelgänger, als geselliger Typ. Doch seine Zurückhaltung hat einen Grund, der in der Vergangenheit liegt und die er nicht preisgeben möchte. Als Anne und Owen bei einem Einsatz selbst in große Gefahr geraten, beginnt Owens Schutzschild langsam zu bröckeln. Doch nach dem Unfall baut Owen die Distanz wieder auf und Anna versteht die Welt nicht mehr.....

Ella Simon erzählt eine komplexe Geschichte über Verlust, Trauma, Ängste und Schicksalschläge. Die Aufarbeitung dieser Vergangenheit ist der Hintergrund und rote Faden des Buches. Die Gründe offenbaren sich erst nach und nach und lassen den Leser einen tiefen Einblick in die Seele der Protagonisten werfen. Dabei zieht der Roman den Leser aber nicht hinunter, sondern er berührt, gibt Hoffnung und Mut. Hat man einmal angefangen zu lesen, kann man das Buch kaum mehr aus der Hand legen. Man lebt und fiebert mit den Charakteren mit. Hinzu kommt die bildhafte Beschreibung der wunderschönen walisische Landschaft. Mit den ereignisreichen Rettungseinsätzen bringt die Autorin Spannungs in die Geschichte, die einerseits Liebesroman und Familiendrama ist. Manche Begebenheiten, besonders das Ende, sind etwas vorhersehbar, und einige Dinge liefen mir alleridngs etwas zu glatt.

Die Charaktere sind sehr liebevoll gezeichnet. Mit Anne hat Ella Simon eine wunderbare Protagonoistin erschaffen, die sehr aufgeschlossen, positiv und offen ist. Sie ist ein richtiger Sonnenschein.
Owen ist eine harte Nuss...eine mit rauhen Kern und weicher Schale. Seine Entwicklung wird glaubwürdig transportiert, auch wenn er doch so einige Zeit dazu benötigt.
Leah ist eine sehr schüchterne junge Frau, die gegen ihre eigenen Dämonen kämpft.
Evelyn, Annes Pflegemutter, ist eine Frau, die offen auf andere Menschen zugeht. Sie ist für andere da und herzensgut. Das ganz besondere und innige Mutter-Tochter-Verhältnis wird berührend dargestellt.
Elvis ist der jüngere Bruder von Owen und hat in seiner Teenagerzeit nicht viel ausgelassen. Nun scheint er endlich sich selbst gefunden zu haben und versucht dies auch Owen zu vermitteln, was nicht immer klappt.
Auch die Nebencharaktere sind absolt gelungen und authentisch dargestellt.

Schreibstil:
Ella Simon hat einen wunderbaren Schreibstil, der einem in ihrem Roman sehr schnell versinken lässt. Ich habe begonnen zu lesen und das Buch nicht mehr aus der Hand gelegt. Die Einblicke in die Flugrettung fand ich sehr spannend und die lebendige Beschreibung der Landschaft ist absolut gelungen.

Fazit:
Ein warmherziger Roman mit Suchtpotential, der sich wunderbar liest. Wegen ein paar kleine Schwächen (das Ende) gibt es zwar keine 5 Sterne, aber trotzdem eine Leseempfehlung von mir.

Veröffentlicht am 07.07.2019

Toller Auftakt mit charismatischen und facettenreichen Ermittler

Die Maske der Gewalt
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Jennifer B. Winds neuer Thriller ist diesmal der Auftakt einer Reihe rund um den sehr außergewöhnlichen Ermittler Richard Schwarz. Dieser arbeitet einerseits als Mordermittler beim LKA in Wien, andererseits ...

Jennifer B. Winds neuer Thriller ist diesmal der Auftakt einer Reihe rund um den sehr außergewöhnlichen Ermittler Richard Schwarz. Dieser arbeitet einerseits als Mordermittler beim LKA in Wien, andererseits als Magier und Jongleur. Als Mister Domino, der Mann hinter der Maske, lässt er die Frauenherzen in der Zirkusmanege höher schlagen. Doch dahinter verbirgt sich ein Mann, der als Kind schwer verletzt wurde und seine Narben nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich trägt. Als Kind musster er zusehen, wie seine Mutter durch die Hand eines Freiers ermordet wurde. Damals hat er sich geschworen den Mörder seiner Mutter zu fassen....

Was habe ich mich gefreut endlich wieder einen Thriller der Autorin bei den Neuerscheinungen zu finden. Mit dieser Reihe schlägt Jennifer B. Wind einen etwas anderen Ton an, als in ihren Vorgängerbüchern. Im Selbstverlag bzw. bei Montlake wechselt sie nun von aktuellen Themen ihrer vorangehenden Bücher (Missbrauch in der Kirche, Flüchtlingsdrama) zu einem ganz besonderen Ermittler, den wir weiterhin in einer Thrillerreihe begleiten dürfen. Diesen schließt man als Leser sehr schnell ins Herz und man trifft endlich auf eine Figur, die sich gänzlich von anderen Kriminalbeamten abhebt. Durch seine erlittenen Verbrennungen und der Kindheit im Zirkus hat Richard Schwarz einen komplett anderen Hintergrund, als alle Ermittler, die ich bis jetzt kennenlernen durfte.
Aber nun zum Inhalt:
Als in einer Wiener Gartensiedlung hintereinander zwei Frauenleichen gefunden werden, die ein merkwürdiges Stichmuster aufweisen, haben Chefinspektor Paul Marek und Richard Schwarz alle Hände voll zu tun um einen möglichen Serienmörder zu entlarven.
Gerichtspsychiater Dr. Theres Lend, die in der Zeitung über die Morde liest, erinnern einige Details an einen Patienten, den sie behandelt hat. Sie versucht der Polizei Hinweise zu geben, wird jedoch immer wieder vertröstet. Ein Zeuge aus der Gartensiedlung, General a.D. Leopold Böckinger, der mit einigen Bewohnern eine Art Bürgerwehr aufgestellt hat, versucht ebenfalls mitzumischen und geht den Ermittlern dabei gehörig auf die Nerven.
Richard Schwarz hat jedoch noch ein weiteres Rätsel zu lösen. Oliver, der Verlobte seiner Schwester Sarah und Vater der gemeinsamen Kinder, ist spurlos verschwunden. Kurze Zeit später erhält er ein Video, das Sarah gefesselt und geknebelt zeigt. Er soll entweder einer Geldforderung nachkommen oder Olivers Aufenthaltsort bekanntgeben. Das bringt Richard in die Bredouille, denn er hat nun nicht nur einen Mörder zu fassen, sondern auch Oliver zu finden und seine Schwester aus den Händen ihrer Entführer zu retten...

Von Beginn an ist man sofort in der temporeichen Geschichte gefangen. Der raffiniert aufgebaute Plot und die schnell wechselnden Ortswechsel zwischen Wien und München erhöhen zusätzlich die Spannung. In kursiver Schrift werden die Gedankengänge des Täters dargestellt, in die uns die Autorin in ihren Kapiteln mit der Überschrift "Intermezzo" blicken lässt.

Die Charaktere sind allesamt wunderbar gezeichnet. Paul Marek, Richards Partner bei der Polizei, ist Halbspanier. Er ist aufgeschlossen, glücklich verheiratet und äußerst redselig - das komplette Gegenteil von Richard. Neben Paul, mit dem er nicht nur beruflich befreundet ist, hat die Autorin noch einige etwas skurille Figuren erschaffen. Trotzdem sind sie nicht überspitzt dargestellt, sondern mitten aus dem Leben gegriffen. General a. D. Leopold Böckinger erinnert oftmals an übereifrige Nachbarn, denen rein gar nichts entgeht. Psychiaterin Theres Lend hingegen kämpft mit einer schlimmen gesundheitlichen Diagnose, die ihr Leben bald beeinträchtigen wird. Ihr narzistischer Freund Benjamin ist ihr dabei nicht unbedingt eine Hilfe. Im Gegensatz dazu spürt man den Zusammenhalt und das familäre Band der Mitglieder aus der Zirkustruppe sehr deutlich.

Jennifer B. Wind ist für mich ein Garant für immer wieder neue Ideen in diesem Genre und genau das finde ich absolut top! Ebenso greift sie die Themen Spielsucht, häusliche Gewalt, Tierschutz und das Zirkussterben auf. Zum Ende hin sorgt die Autorin mit einer kleinen Überraschung, einem Cliffhanger, für den Stoff des zweiten Bandes, der im Februar 2020 erscheinen soll. Für mich ist der Auftakt dieser neuen Reihe rund um Ermittler Richard Schwarz absolut gelungen!

Schreibstil:
Jennifer B. Wind schreibt sehr lebendig, temporeich und dialog-lastig. Die Figuren sind äußerst authentisch und direkt aus dem Leben gegriffen. Die Kapitel sind kurz gehalten und mit Ortsangaben versehen, damit man von Beginn an weiß ob wir uns in Wien oder München befinden.
Die Charaktere sind authentisch und vielschichtig. Am Ende des Buches sind noch einige Anlaufstellen für Suchtberatung aufgelistet.

Fazit:
Ein spannender und temporeicher Auftakt einer neuer Reihe, die durch facettenreiche Charaktere und von der Kombination der Schauplätze Wien und München glänzt. Der charismatische und untypische Ermittler Richard Schwarz passt so gar nicht in die üblichen Schema F Ermittlertypen und gerade deswegen finde ich den Thriller schon lesenswert. Mir haben bereits die anderen Thriller der Autorin sehr gut gefallen. Der Auftakt dieser Reihe konnte mich genauso überzeugen und ich freue mich schon auf "Die Maske der Schuld", die im Februar 2020 erscheinen wird.