Profilbild von tinstamp

tinstamp

Lesejury Star
offline

tinstamp ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit tinstamp über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.02.2019

Keine Ermüdungserscheinungen beim Gasperlmaier

Letzter Stollen
0

Im neuen Ausseer Krimi rund um unseren etwas kauzigen Postenkommandanten Franz Gasperlmaier starten wir mit seiner eigenen Geburtstagsfeier: seinem Fünfzigsten. Sohn Christoph ist mit seiner kanadischen ...

Im neuen Ausseer Krimi rund um unseren etwas kauzigen Postenkommandanten Franz Gasperlmaier starten wir mit seiner eigenen Geburtstagsfeier: seinem Fünfzigsten. Sohn Christoph ist mit seiner kanadischen Freundin Richelle gekommen und Tochter Katharina hat für einige Tage ihr Auslandssemester in Straßburg unterbrochen. So richtig wohl fühlt sich der Franz jedoch nicht, denn im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht er nicht wirklich gerne. Da kommt ihm ein Anruf aus dem Schaubergwerk Salzwelten gar nicht so ungelegen. Nach der letzten Führung fehlt einer der Schutzanzüge, die bei der Führung durch das Bergwerk angezogen werden müssen. Doch noch wird keine Person vermisst. Als Gaspermaier mit der Unterstützung von Frau Doktor Kohlross am nächsten Tag wieder ins Bergwerk kommt, findet er allerdings den blutverschmierten Anzug im eigenen Polizeiauto! Bald darauf wird ein deutscher Pensionsgast vermisst....

Auch im siebenten Fall hat sich in Aussee nicht viel geändert. Hunger darf man keinen verspüren, wenn man sich einem der Bücher der Krimireihe widmet. Während seiner Ermittlungen kehren Franz Gedanken immer wieder zu seinem knurrenden Magen und der nächsten Pause...am besten in einem Gasthof oder einer Almhütte mit zünftigen Essen und einem Schnapserl als Abschluss. Prost! Der Appetit vergeht ihm aber auch bald wieder, als der erste Tote auftaucht. Gasperlmaier und Manuela haben bald eine Fährte aufgenommen, die zum Kunsthandel führt. Was ist dran an den Erzählungen seiner Mutter, dass die Nazis im Stollen Kunstwerke versteckt hatten? Doch kaum schaut es nach einer Auflösung des Falles auf, wird ein weiterer Toter gefunden, der so gar nicht ins Schema passt....
Ein Held ist der Franz eher nicht, aber diesmal steht er nicht nur zu seinem Fünfziger im Mittelpunkt, sondern bald auch in der Presse. Wie es dazu kommt, müsst ihr selber lesen...

Herbert Dutzler führt den Leser diesmal ganz schön an der Nase herum. Etwa zur Hälfte des Krimis wähnt man sich schon der Lösung nahe, doch dann gibt es eine plötzliche Wendung, die alles zuvor Geschehene ad absurdum führt. Herbert Dutzler hat sich dabei einem mir noch total unbekannten Thema gewidmet, was dem Krimi eine komplett andere Richtung gibt. Allerdings muss ich sagen, dass mir die andere Lösung besser gefallen hätte bzw. für mich realistischer wirkt. Die Spannung kam dadurch nicht zu kurz, jedoch fand ich die Auflösung ein bisschen konstruiert....aber schlüssig.

Die Charaktere sind wieder äußerst authentisch und alle bereits bekannten Figuren entwicklen sich mehr oder weniger weiter. Vorallem über das Privatleben von Frau Doktor Kohlross gibt es neue Erkenntnisse und auch der pensionierte Postenkommandant Friedrich Kahlß hat wieder seine Finger im Spiel. Gerne hätte ich noch mehr über Richelle gelesen, die etwas frischen Wind in die Familie der Gaspermaiers bringt. Auch den Schauplatz des Regionalkrimis, das Schaubergwerk Salzwelten, fand ich wirklich interessant beschrieben und absolut gelungen.
Der Autor spart diesmal auch nicht mit Kritik an der Presse. Sensationsgier und das Ausschlachten von Fremdenfeindlichkeit sind ebenso Themen, wie Verschwörungstheorien oder von den Nazis während des Zweiten Weltkrieges geraubte Kunstwerke.

Schreibstil:
Auch im siebenten Teil der Reihe gibt es keine Ermüdungserscheinungen beim Autor - im Gegenteil! Herbert Dutzler schreibt gewohnt humorvoll und mit viel Lokalkolorit. Man muss sich einfach beim Franz und seinem Team wohlfühlen. Der gewohnte Schmäh, köstliche Dialoge und die bildhafte Beschreibung der Region sind auch diesmal wieder gelungen. Man muss den Gasperlmaier einfach mögen, auch wenn er manchmal doch etwas langsam ist...in allen Bereichen ;)

Fazit:
Ein weiterer abwechslungsreicher Regionalkrimi aus der Feder von Herbert Dutzler, der mit viel Lokalkolorit und interessanten Themen punkten kann. Wer bereits Gasperlmaier Fan ist, wird auch diesen Teil lieben. Ermüdungserscheinungen gibt es auf jeden Fall keine - im Gegenteil! Mit überraschenden Wendungen und einem interessanten Schauplatz unterhält auch der siebente Teil der Reihe wieder großartig!

Veröffentlicht am 31.01.2019

Rasanter Start in die neue Reihe

Die Sünden aus der Vergangenheit
0

Die im Francke Verlag erschienene Alaskan Courage Reihe von Dani Pettrey hat mich sehr gut unterhalten. Sie ist eine Mixtur aus Krimi, christlichen Roman und Abenteuerroman und lässt sich schwer in ein ...

Die im Francke Verlag erschienene Alaskan Courage Reihe von Dani Pettrey hat mich sehr gut unterhalten. Sie ist eine Mixtur aus Krimi, christlichen Roman und Abenteuerroman und lässt sich schwer in ein Genre pressen. Die landschaftlichen Beschreibungen von Alaska und die spannende Handlung hat mich damals überzeugt. Deswegen war ich schon sehr auf ihre neue Serie gespannt.

Mit ihrem ersten Band "Die Sünden aus der Vergangenheit" lässt uns die Autorin nicht lange warten und katapultiert den Leser bereits im Prolog mitten ins Geschehen.
Parkranger Griffin McCray überrascht zwei Grabräuber bei den historischen Schlachtfeldern von Gattysburg. Dabei wird eine Leiche gefunden, die erst relativ kurz unter der Erde liegt. Die forensische Anthropologin Dr. Finley Scott wird um Hilfe gebeten. Doch der Täter setzt alles daran die Identifizierung der Toten zu verhindern, die allen Anschein nach von einem professionellen Scharfschützen hingerichtet wurde. Das ruft Declan Gray vom FBI und auch Parker Mitchell, Freunde von Griffin, auf den Plan. Ihre gemeinsame Vergangenheit ist allerdings durch zwei schwere Verluste gekenntzeichnet und hat die Männerfreundschaft schwer beeinträchtigt. Gemeinsam versuchen die drei Männer und Finley die Identität der Toten herauszufinden und den Täter zu finden.

Zu Beginn tat ich mir bei der Zuordnung der vielen Namen etwas schwer. Oftmals hatte ich das Gefühl keinen ersten Band in meinen Händen zu halten, da die Autorin sehr oft Geschehnisse aus der Vergangenheit der beiden Hauptprotagonisten erwähnte. Das ist zwar nichts Ungewöhnliches und im gewissen Rahmen okay, auch wenn es ein Nachfolgeband wäre. Ich hatte jedoch manchmal das Gefühl etwas versäumt zu haben, obwohl es keinen Vorband gibt. Einige Erlebnisse aus der Vergangenheit der beiden Hauptprotagonisten Griffin und Finley wurden noch in diesem Band aufgeklärt, viele aber nicht. Hier hoffe ich auf die Folgeteile dieser neuen Reihe.

Wie schon bei ihrer Alaskan Courage Reihe spielt auch hier der Zusammenhalt zwischen den einzelnen Figuren eine große Rolle. Waren es in den anderen Büchern vorallem die Familienmitglieder, sind es hier die Freunde, die trotz der großen Verluste zusammenhalten und füreinander da sind. Alle treten bedingungslos für den anderen ein.
Die Charaktere sind sehr authentisch und lebensnah gezeichnet. Alle haben eine etwas schwierige Vergangenheit hinter sich und sind aufrichtige Menschen. Griffin hat seinen ehemaligen Beruf hinter sich gelassen und hat seitdem einen richtigen Schutzwall um sich gebaut. Er lässt niemand an sich ran. Finley ist eine toughe Frau, die eine traumatische Erfahrung hinter sich hat. Declan und Parker haben das Herz auf den rechten Fleck. Zwischen Griffin und Parker gibt es jedoch eine Sache aus der Vergangenheit, die noch nicht bereinigt ist. Mit Avery und Kate kommen noch zwei weitere weibliche Charaktere hinzu, die hier noch eine Nebenrolle spielen, aber wahrscheinlich in den kommenden Büchern mehr in den Vordergrund treten.

Obwohl Dani Pettreys Bücher im christlichen Francke Verlag erscheinen, spielt der Glaube zwar immer wieder eine Rolle, steht aber nicht im Vordergrund. Er wird vorallem durch Gebete und Gedanken der beiden Hauptprotagonisten ausgedrückt, sowie deren Zuversicht, dass alles gut werden wird. Dies tut der Spannung aber keinen Abbruch. Die aufkeimende Liebesgeschichte zwischen Griffin und Finley fand ich wieder perfekt und lockert die Krimihandlung etwas auf - wird aber nicht zu kitschig oder überlagernd. Nach und nach setzen sich alle Puzzleteile zusammen und ergeben zum Ende eine interessante Auflösung, auf die ich nie gekommen wäre. Der Titel ist auf jeden Fall Programm.
Den Spannungslevel fand ich diesmal höher, denn der Krimi ist wirklich temporeich. Dafür waren es mir aber zu wenige Seiten und manchmal zu wenige Informationen.

Schreibstil:
Der gewohnt flüssige und sehr temporeiche Schreibstil lässt einem das Buch schwer aus der Hand legen. Durch die wiederholten Perspektivwechsel lernt der Leser auch die anderen Charaktere besser kennen, die wahrscheinlich in den kommenden Büchern der Reihe abwechselnd die Hauptprotagonuisten sein werden. Doch auch ein Blick hinter die Stirn des Täters lässt uns die Autorin blicken...
Viele überraschende Wendungen und falsche Fährten steigern die Spannung und lassen den Leser lange im Dunkeln tappen. Bildreiche Landschaftsbeschreibungen, wie die in Alaska spielende Vorreihe, habe ich in diesem Reihenauftakt leider vermisst.
Die Kapitel sind eher kurz gehalten.


Fazit:
Wieder ein sehr temporeicher Krimi voller Spannung, bei dem ich jedoch des öfteren das Gefühl hatte, dass mir einige Informationen fehlten. Ein paar mehr Seiten hätten dem Auftakt der neuen Reihe gut getan, ebenso wie eine nicht ganz so schnelle Einführung in die Charaktere.

Veröffentlicht am 28.01.2019

Nichts Neues

Traum des Lebens
0

Als Fan der Clifton Reihe musste ich natürlich auch den neuesten Roman des Erfolgsautors lesen.
Wir befinden uns 1968 in Leningrad. Alexander Karpenkos Leben ändert sich schlagartig, nachdem der KGB seinen ...

Als Fan der Clifton Reihe musste ich natürlich auch den neuesten Roman des Erfolgsautors lesen.
Wir befinden uns 1968 in Leningrad. Alexander Karpenkos Leben ändert sich schlagartig, nachdem der KGB seinen Vaters ermordet hat. Der Vorzeigeschüler wird nicht zum College zugelassen und soll als einfacher Hafenarbeiter sein weiteres Leben fristen. Seine Mutter Elena wird von ihren Vorgesetzten schikaniert und so entschließen sich die Beiden aus Russland zu fliehen. Onkel Kolja hilft ihnen bei der Flucht. Mutter und Sohn sollen sich in einer Holzkiste als blinde Passagiere auf einem Schiff verstecken. Zwei Schiffe stehen zur Auswahl: eines fährt nach Großbritannien, das andere nach Amerika. Ein Münzwurf soll entscheiden...

Hier hat sich der Autor einen ganz besonderen Twist ausgedacht. Die Idee seinen Hauptprotagonisten nach der Flucht vom KGB wahlweise nach Großbritanninen oder in die USA zu schicken, fand ich grandios. Um Verwechslungen zu vermeiden heißt Alexander in Großbritannien von nun an Sascha und in den USA Alex. Abwechselnd lesen wir über den weiteren Werdegang von Sascha/Alex und seiner Mutter Elena. Beide Erzählungen lesen sich wirklich spannend. Wie bereits in der Clifton Saga kommt es manchmal zu Überschneidungen, die jedoch nicht stören, sonden einen noch besseren Einblick in das Leben von Alexander und Elena geben.

Trotzdem hatte ich ab diesen Zeitpunkt des Öfteren das Gefühl eines Déjá-vus. Nicht weil Sascha und Alexander natürlich ähnliche Erlebnisse hatten, sondern viele Ereignisse erinnerten mich einfach zuviel an die Clifton-Saga. Wie gewohnt ist der Protagonist wieder ein kleines Wunderkind, ist entweder politisch interessiert oder arbeitet in einer Bank. Die bereits kapitellangen Ergüsse der englischen Politik waren mir hier nun doch zu viel und ich konnte sie nur mehr querlesen. Selbst im Traum hörte ich oft noch "Hört, hört" und das Klopfen der Abgeordneten. Alexanders Mutter Elena erinnert ebenfalls an Harrys Mutter Maisie, die eine sehr starke Frau ist und alles für ihr Kind opfern würde. Viele ähnliche Themen werden in diesem Buch angesprochen und Alexanders Leben in 30 Jahren rekapituliert....ein Zeitraffer, der auf etwas mehr als 700 Seiten
Die Charaktere sind wieder sehr schwarz-weiß gehalten und eindimensional.
Gefallen haben mir die kleinen "Einstreuungen" aus der Clifton-Saga. Es wird zum Beispiel die Barrington Linie erwähnt oder einer von Harrys Krimis.
Was mich allerdings wirklich umgehauen hat, war der letzte Satz im Buch! Grandios Mister Archer!

Ich werde weiterhin Jeffrey Archer lesen, aber versuchen eine Lektüre zu finden, die von keinem hochbegabten Jungen erzählt, der quasi "vom Tellerwäscher zum Präsidenten....ups...Millionär" aufsteigt und liebäugle mit seinem älteren Werk "Das letzte Plädoyer", das noch nicht neu aufgelegt wurde.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist gewohnt mitreißend und lässt sich richtig gut lesen. Archer versteht einfach zu schreiben und seine persönlichen Lieblingsthemen in seinen Romanen einzubinden. Nicht umsonst ist er seit Jahrzehnten ein erfolgreicher Autor.

Fazit:
Wer die Clifton-Saga nicht kennt, hat sicher tolle Lesestunden mit "Traum des Lebens", denn Archer weiß mit seinem mitreißenden Schreibstil zu fesseln. Diejenigen, die wie ich bereits die Clifton-Chronicles verschlungen haben, werden hier allerdings nur einen etwas müden Abklatsch und nicht wirklich Neues finden.

Veröffentlicht am 25.01.2019

Grandiose Fortsetzung

Gut Greifenau - Nachtfeuer
0

"Nachtfeuer" ist der zweite Band rund um das Gut Greifenau, der Adelsfamilie von Auwitz-Aaarhayn und dessen Dienstboten. Die Geschichte schließt nahtlos an "Abendglanz", dem ersten Buch der Reihe an.

Wir ...

"Nachtfeuer" ist der zweite Band rund um das Gut Greifenau, der Adelsfamilie von Auwitz-Aaarhayn und dessen Dienstboten. Die Geschichte schließt nahtlos an "Abendglanz", dem ersten Buch der Reihe an.

Wir schreiben das Jahr 1914 und beide Grafensöhne erhalten ihre Einberufung. Die Hoffnung, dass der Krieg bis Weihnachten endet, erweist sich bald als großer Irrtum. Während die Grafenfamilie versucht ihr gewohntes Leben weiterzuleben, gestaltet sich der Alltag der Bediensteten und der Dorfbevölkerung immer schwieriger. Laufend werden mehr Männer eingezogen und es fehlt an Arbeitskräften. Bald ist das Gut hoch verschuldet, doch das Grafenpaar lebt weiterhin in Saus und Braus. Besonders Feodora begegnet der normalen Bevölkerung mit einer Arroganz, die einem nur den Kopf schütteln lässt. Die verspätete Lieferung ihres Springbrunnens für die Orangerie wegen dringend benötigter Züge für Soldatentransporte, bringt sie zum Toben. Ebenso hält sie an ihrem Ziel Katharina mit Ludwig von Preußen zu verheiraten fest. Auch im späteren Verlauf des Krieges gehört ihre einzige Sorge der Zarenfamilie und ihren adeligen russischen Freunden. Adolphis hingegen sucht noch immer außerhäuslich nach seinem Vergnügen, was ihm bald zum Verhängnis wird. Konstantin erlebt das Kriegsgeschehen hautnah an der Front und Katharina versucht mit aller Macht die Pläne zur Verheiratung mit Ludwig von Preußen zu vereiteln. Sie entwickelt sich enorm weiter, wird langsam erwachsen und entdeckt neue Fähigkeiten an sich. Gemeinsam mit der Dorflehrerin Rebecca Kurscheidt versucht sie den Kindern des Dorfes etwas von der Härte des Krieges zu nehmen. Anastasia hingegen zeigt in diesem Band ihre menschenverachtende Seite und eine Kälte gegenüber der Unterschicht, als auch gegen ihren eigenen Bruder, dass es beim Lesen schmerzt und Alexander hat endlich ein Ziel vor Augen.
Mehr möchte ich gar nicht verraten, denn kaum hat man die ersten Seiten gelesen, ist man sofort wieder im Sog dieser wunderbaren Reihe.

Hanna Caspian hat auch in ihrem zweiten Teil rund um das Gut Greifenau die Atmosphäre dieser Zeit grandios eingefangen. Sie verbindet geschickt historische Fakten mit Fiktion. In ihrer Reihe stehen nicht ein bis zwei Charaktere im Vordergrund, sondern wir fiebern mit den Grafenkindern Konstantin und Katharina genauso mit, wie mit Dienstmädchen Clara und Kutscher Albert. Abwechselnd und aus verschiedenen Perspektiven erzählt die Autorin vom alltäglichen Leben, den Sorgen und Nöten während des ersten Weltkrieges, aber auch von Intrigen und politischem Kalkül. Obwohl ich bereits einige Bücher mit dem Hintergrund zum Sturz des Zaren gelesen habe, war ich überrascht über die Information betreffend der Finanzierung der Bolschewiki und der Forcierung der Revolution aus deutscher Hand. Die russische Revolution spielt ebenso eine große Rolle, wie Albert Sonntags Suche nach seinen familiären Wurzeln.

Ich habe auch im zweiten Teil mit allen Charakteren mitgelitten und mitgefiebert, einige gehasst und für andere gehofft.... Leider schaffen es nicht alle in den dritten Teil und ein fieser Cliffhanger hat mich ganz am Ende des Romans sprachlos gemacht. Ich hoffe und bange, dass wir an dieser Stelle nicht noch von einem weiteren liebenswürdigen Charakter Abschied nehmen müssen...

Fazit:
Diese Reihe ist ein absolutes Highlight! Band 2 fesselt fast noch mehr, als der erste Teil und ist genauso vielschichtig und dramatisch. Ich habe das Buch in einem Rutsch gelesen und fiebere nun dem dritten und letzten Band der Trilogie entgegen, der am 1. März erscheinen wird. Eine uneingeschränkte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 23.01.2019

Dramatischer Beginn einer Familiensaga

Morgan`s Hall
0

Dieser erste Band einer neuen Reihe, von der mir noch unbekannte Autorin Emilia Flynn, hat mich irgendwie zwiegespalten zurückgelassen, obwohl er mich wirklich fesseln konnte. Ein Roman, der mit kaum sympathischen ...

Dieser erste Band einer neuen Reihe, von der mir noch unbekannte Autorin Emilia Flynn, hat mich irgendwie zwiegespalten zurückgelassen, obwohl er mich wirklich fesseln konnte. Ein Roman, der mit kaum sympathischen Protagonisten und einer manchmal eher klischeehaften Handlung, bei der die zwischenmenschlichen Beziehungen im Vordergrund stehen.

John Morgan ist der Erbe einer großen Apfelplantage und Kelterei im Dorf Woodhall im Staat Washington. Die Morgans sind einer der größten Arbeitgeber der Gegend. Das kürzlich verstorbene Oberhaupt der Familie, Charles Morgan, seine Frau Josephine, sowie John und Violet, leben abgeschieden und sehr traditionell. Als Geschenk zum erfolgreichen Studienabschluss und vor der Übernahme des Familienbetriebes planen John und sein bester Freund Dickie eine kleine Europareise. Ihr letztes Ziel ist Wien. Es ist 1938 und als sie in der österreichischen Hauptstadt ankommen, marschiert gerade Hitler in die Alpenrepublik ein. Die beiden jungen Männer sind sich der gegenwärtigen Gefahr nicht wirklich bewusst. Ein Besuch in einer Bar verändert ihr beider Leben dennoch. Dort verdreht ihnen die Halbjüdin Isabelle den Kopf. Für den attraktiven Dickie ist sie nur eine seiner vielen Affären, doch John verliebt sich Hals über Kopf in die hübsche junge Frau. Die beiden Männer verhelfen Isabelle zur Flucht vor den Nazis, jedoch nimmt John Isabelle gegen ihren Willen auf Morgan Hall mit. Zuhause stellt er sie als seine Verlobte vor, doch ihr Herz schlägt für Johns Freund Dickie. Während Isabelle wartet, dass er sie abholt, wird die Hochzeit von John und ihr vorbereitet. Das Schicksal nimmt seinen Lauf....

Knapp zwanzig Jahre verfolgen wir das Leben auf Morgans Hall und ihren Familienmitgliedern. Durch die unterschiedlichen Erzählperspektiven hat die Autorin einen perfekten Einblick in die Gefühlswelt der Figuren geschaffen. Diese bleiben ab der Ankunft auf Morgan Hall sehr übersichtlich. Die vorallem düstere Stimmung und die komplexen Charaktere, die fast alle unsympathisch und undurchschaubar sind, wecken viele verschiedene Gefühle....sie polarisieren sehr.
Isabelle ist eine schwierige Person, die boshaft und hinterhältig agiert. Sie fühlt sich als Gefangene und ist unzufrieden und depressiv. John verwechselt hingegen Liebe mit Besitzanspruch und glaubt Isabelles Liebe kaufen zu können. Beide waren mir nicht sympathisch und noch weniger konnte ich ihre Handlungen verstehen. Dickie ist anfangs seine Karriere wichtiger, als seine Freundschaft zu John oder auch Isabelle, die auf ihn wartet. Alle drei Charaktere werden im Laufe der zwanzig Jahre von Schicksalschlägen heimgesucht.
Die Emotionen, die beim Lesen des Romans aufkommen, sind stark und auch von der Autorin so gewollt. Man durchlebt wirklich sehr viele verschiedenen Gefühlszustände in diesem ersten Band der Familiensaga. Oftmals war mir die Handlung zu viel an Drama.

Gefehlt hat mir die Darstellung des Alltages auf dem Landgut. Johns Wirken im Famlienbetrieb bleibt vollkommen nebensächlich. Ebenso hätte ich mir mehr historisches Ambiente gewünscht, welches nur am Beginn durch den Einmarsch Hitlers in Österreich und dem Umschwung in Europa, aufkam. Danach wurde nicht einnmal der Eintritt Amerikas in den Zweiten Weltkrieg erwähnt.

Wien wird von der Autorin gut beschrieben, jedoch passt die Sprache, die Emilia Flynn für mehr Lokalkolorit verwendet hat, nicht immer. Der Wiener Dialekt wird nicht hundertprozentig getroffen - fällt aber nur uns Ostösterreicher auf. Was mich aber gestört hat war, dass eine alte Frau, die in den 1950igern lebt, ein hypermoderner Jugendausdruck in den Mund gelegt wurde. Das passt so überhaupt nicht! Hier hat sich die Autorin wohl den falschen "Übersetzer" zu Hilfe geholt.

Die im Klappentext angesprochene Mystik, durch die flüsternden Stimmen, kommt erst ganz zum Schluss auf. Durch Indianer Phil und dem mysteriösen Grundstück unweit von Morgans Hall wird die düstere Atmosphäre noch verstärkt.
Ganz am Ende gibt es einen wirklich fiesen Cliffhanger, der einem die Wartezeit auf den zweiten Band viel zu lange erscheinen lässt...

Schreibstil:
Emilia Flynn hat es mit ihrer Familiensaga geschafft, dass man bei dieser Geschichte keinesfalls emotionslos bleiben kann. Der Erzählstil ist angenehm und lässt einem an der Geschichte kleben, obwohl man fast alle Charaktere am liebsten in den Wind schießen würde. Trotzdem kann man das Buch kaum aus der Hand legen.
Jedes Kapitel hat eine Überschrift, sowie Orts- und Datumsangabe.

Fazit:
Einerseits fesselnd und dramatisch, auf der anderen Seite haben mich die allesamt unsymapthischen Charaktere an den Rand der Verzweiflung gebracht. Es stehen eindeutig die zwischenmenschlichen Beziehungen im Vordergrund, wobei mir der historische Teil zu wenig war. Trotzdem möchte ich gerne weiterlesen und erfahren, wie es auf Morgans Hall weiter geht.