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Veröffentlicht am 11.01.2019

Entfaltet erst im letzten Drittel sein Potential

Jahre aus Seide
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Die neue Familiensaga von Ulrike Renk hat biografische Züge. Zugrunde liegt das Tagebuch von Ruth Meyer, welches die Autorin zum Anlass nahm und die bewegende Geschichte der jungen Frau niederschrieb.

Gleich ...

Die neue Familiensaga von Ulrike Renk hat biografische Züge. Zugrunde liegt das Tagebuch von Ruth Meyer, welches die Autorin zum Anlass nahm und die bewegende Geschichte der jungen Frau niederschrieb.

Gleich vorweg: Man sollte bedenken, dass dieser erste Band in den Jahren 1926 bis 1938 spielt und Ruth in weiten Teilen des Romans noch ein Kind ist. Es ist ein Trilogieauftakt, der anders ist, als die Bücher in denen es um jüdische Familien geht. In diesen Romanen steigt der Leser meistens um das Jahr 1936 ein, wo die Repressalien gegen die Juden bereits beginnen oder begonnen haben. Hier sind wir viel früher dabei und begleiten Ruth als Kind. Deswegen ist der Einstieg eher ruhig und dies bleibt auch ungefähr die Hälfte des Buches so. Man verfolgt größtenteils den Alltag der Familie Meyer. Als Einstieg in die Trilogie fand ich diese Darstellung der behüteten Kindheit, die erst spät endet, gut gewählt, jedoch war auch mir der Part um Ruths Kindheit etwas zu lang und ereignislos.

Vater Karl ist ein erfolgreicher Schuhverkäufer, der oft die ganze Woche unterwegs ist. Mutter Martha ist Hausfrau und erhält Unterstützung vom Kindermädchen Leni und der Köchin Regina Jansen. Sie möchte ihren Töchtern eine bessere Mutter als ihre eigene sein. Chauffeuer Hans Aretz wird sehr schnell unersetzlich und gehört bald zur Familie. Ruth und ihre kleine Schwester Ilse wachsen sehr behütet auf. Man erfährt wie Ruth nähen lernt, sich mit der Tochter aus dem Nachbarhaus anfreundet und sie durch Rosie auch christliche Bräuche kennenlernt. Es gibt viele Gesellschaften bei Familie Meyer und man sollte beim Lesen nicht hungrig sein, denn gegessen wird viel und gut. Die jüdische Familie ist allseits beliebt und weltoffen. Sie praktiziert den jüdischen Glauben nur am Sabbath und zu Channukah und sie haben Freunde aus unterschiedlichen Schichten und Religionen. Gefallen hat mir der Einblick in die jüdischen Traditonen und wie die Autorin gekonnt den Unterschied (besonders an Weihnachten) zwischen Christen- und Judentum aufzeigt. Hier habe ich viel Neues und Interessantes erfahren.

Der Zwiespalt der jüdischen Bevölkerung, die sich dem steigenden Judenhass gegenüber sieht und wie unterschiedlich die Menschen darauf reagieren, wird hier sehr deutlich dargestellt. Einige sehen die Gefahr sehr schnell, die von der NSDAP ausgeht und bemühen sich rechthzeitig Deutschland zu verlassen. Viele sind aber gutgläubig und wollen lange nicht wahrhaben, was in ihrer Heimat geschieht. Sie können sich die brutale Vorgehensweise, die Vertreibung und die Endlösung nicht vorstellen - was ich absolut nachvollziehen kann. Wir als allwissender Leser kennen die Geschichte, doch ich weiß nicht wie gefährlich ich die Situaion damals eingeschätzt hätte.
Ulrike Renk zeigt sehr genau auf, wie schwierig es für die Judenn war eine Ausreisegenehmigung zu bekommen und wie manche Menschen jahrelang darauf warten mussten.

Die Charaktere sind liebevoll gezeichnet und wachsen einem schnell ans Herz. Ruth ist aufgeweckt und neugierig. Sie ist in der nicht-jüdischen Schule beliebt und geht offen auf jeden zu. Ihre Ausdrucksweise fand ich allerdings nicht immer ihrem Alter angemessen. Ihre kleine Schwester Ilse ist eher ängstlich und schüchtern. Sie bleibt lieber alleine und hat auch nur wenige Freunde.

Auch die Großeltern väterlicherseits, Wilhelmine und Valentin, sowie die sehr kühle Großmutter Emilia, die als strenge und herrische Geschäftsfrau das ganze Gegenteil ihrer warmherzigen Tochter Martha ist, werden sehr lebendig dargestellt. Bis zum kleinsten Nebencharakter hatte ich alle Figuren vor Augen und konnte sie mir gut vorstellen.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist eher einfach und dem Alter von Ruth angepasst. Er ist flüssig und obwohl der Roman einige Längen hat, lässt er sich gut lesen. Die eher große Schrift trägt ebenfalls dazu bei.
Ulrike Renk hat sich für ihren Roman viel Zeit genommen und hervorragend recherchiert. Der Umschwung der politischen Lage wird ausgezeichnet wiedergegeben. Die Atmosphäre ist hervorragend eingefangen.
Zu Beginn des Buches gibt es ein Personenregister. Am Ende findet man ein interessantes Nachwort der Autorin, in dem sie erzählt, wie sie auf die Lebensgeschichte von Ruth Meyer gestoßen ist.

Fazit:
Ein noch unspektakulärer Beginn der Reihe, der einigen Längen beinhaltet, jedoch im letzten Drittel sein Potential entfaltet. Für die folgenden Teile erhoffe ich mir mehr Handlung, interessante Wendungen und Spannung. Ich werde sicherlich auch Band 2 lesen, denn ich bin neugierig wie es mit den Meyers weitergeht....

Veröffentlicht am 09.01.2019

Spannender Auftakt

Gut Greifenau - Abendglanz
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In der Trilogie von Hanna Caspian begeben wir uns nach Hinterpommern, das 1913 noch zu Deutschland gehörte. Hier lebt die Landgrafenfamilie von Auwitz-Aaarhayn. Als der alte Gutsherr Donatus nach einem ...

In der Trilogie von Hanna Caspian begeben wir uns nach Hinterpommern, das 1913 noch zu Deutschland gehörte. Hier lebt die Landgrafenfamilie von Auwitz-Aaarhayn. Als der alte Gutsherr Donatus nach einem Unfall stirbt, übernehmen sein Sohn Adolphis und seine Frau Feodora das Gut.
Wir begleiten in dieser Trilogie nicht nur die Herrschaft, sondern auch die Dienstboten und nehmen ebenfalls am Dorfleben teil. So bleibt der Roman immr interessant und spannend.
Das neue Oberhaupt des Gutes, Adolphis, ist jedoch ein Lebemann und ein schwacher Charakter. Er interessiert sich nicht wirklich für die Vorgänge auf Gut Greifenau und überlässt das Meiste seinem Verwalter. Sein ältester Sohn Konstantin ist das krasse Gegenteil: aufgeschlossen, modern und interessiert an den neuen technischen Errungenschaften. So möchte er unbedingt das Gut auf Vordermann bringen und den Knechten und Pächtern mit einer neuen Sämaschine die Arbeit erleichtern. Sein Vater und der alte Verwalter sind jedoch gegen seine Pläne.
Anastasia, die älteste Tochter, ist bereits verheiratet und tritt nur kurz auf, ebenso der mittlere Sohn Nikolaus, der in der Armee weilt. Alexander, der jüngste Sohn, ist ein etwas undurchschaubarer Charakter, scheint aber den Müßiggang des Vaters geerbt zu haben. Katharina, die jüngste Tochter, steht gemeinsam mit Konstantin in diesem ersten Band im Vordergrund. Gräfin Feodora sieht es als ihre große Aufgabe auch ihre Jüngste gewinnbringend zu verheiraten und hat Ludwig von Preußen, den kaiserlichen Neffen für sie ins Auge gefasst, gegen den Katharina eine tiefe Abneigung hegt.
Sowohl Konstantin, als auch Katharina, verlieben sich in nicht standesgemäße Partner. Konstantin lernt die überzeugte Sozialdemokratin und Dorflehrerin Rebecca Kurscheidt kennen und lieben und Katharina den Industriellensohn Julius Urban.
Aber nicht nur Liebesprobleme und Standesunterschiede sind hier Thema, sondern auch Geheimnisse, Probleme mit dem Gut und der politische Hintergrund im Angesicht des nahenden ersten Weltkrieges. Besonders Feodora leidet unter dem drohenden Krieg, denn sie ist russischer Abstammung und es scheint, als ob sich Deutsche und Russen bald als Feinde gegenüberstehen werden...

Die Bewerbung der Trilogie betreffend, die auf "Downton Abbey" anspielt, lässt den Leser auch an den Schicksalen der Menschen im "Untergeschoß" teilhaben. Der neue Kutscher, Albert Sonntag, der als Waise im Kinderheim aufgezogen wurde, möchte mehr über seine Abstammung wissen. Seine jahrelangen Recherchen führten ihn nach Hinterpommern. Stubenmädchen Wiebke möchte Lesen und Schreiben lernen und ihre Geschwister finden, Stallmeister Johann kämpft gegen seine Alkoholsucht und Hauslehrer Matthis gegen seine Unbeliebtheit. Die Figuren wirken alle lebensnah und sind sehr gut ausgearbeitet.
Ich fieberte mit jedem Einzelnen mit, egal ob Graf oder Dienstbote. Einzig Feodora und Ludwig von Preußen konnten meine Sympathie nicht gewinnen, aber man braucht auch Antihelden in einem Roman.

Hanna Caspian hat die Atmosphäre dieser Zeit sehr gut eingefangen. Die kommende Industrialisierung, der drohende Weltkrieg, der Kampf der Arbeiter gegen den Adel und die Probleme der Dienerschaft. Ebenso wurde mit dem fiktiven Gut Greifenau in Hinterpommern eine perfekte Kulisse geschaffen. Mit dem Beginn des Krieges am Ende des Romans wird es dramatisch und der Cliffhanger zum Schluss lässt mich schon sehr bald zum bereits erschienenen zweiten Band greifen.

Schreibstil:
Die Autorin schreibt bildhaft und lebendig. Man fliegt durch sie Seiten und der Roman lässt sich wirklich sehr angenehm lesen. Die abwechselnden Kapitel und Sichtweisen der Figuren lassen Spannung aufkommen und die Dramatik zum Ende des ersten Bandes lässt mich schon auf Band 2 hinfiebern.
Zu Beginn des Buches sind zwei Karten der Gegend und des Gutes abgebildet, sowie ein Personenregister. Am Ende gibt es ein abschließendes Nachwort der Autorin.

Fazit:
Ein fulminanter Auftakt der Trilogie rund um die Besitzer und Bediensteten von Gut Greifenau, der mich fesselte und überzeugen konnte. Für Liebhaber von Familiensagen und historischen Romanen gebe ich hiermit eine große Leseempfehlung ab!

Veröffentlicht am 04.01.2019

Das Leben von Charlotte de Rohan-Rochefort

Die Rose des Herzogs
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Die historischen Romane von Marita Spang gehören immer wieder zu meinen absoluten Highlights in diesem Genre. Die starken Frauenfiguren, die die Autorin in ihren Romanen vorstellt und die ausgezeichnete ...

Die historischen Romane von Marita Spang gehören immer wieder zu meinen absoluten Highlights in diesem Genre. Die starken Frauenfiguren, die die Autorin in ihren Romanen vorstellt und die ausgezeichnete Recherche, bereichern alle ihre Histo-Romane.
"Die Rose des Herzogs" hat bei mir diesmal allerdings keine 5 Sterne geschafft, ist aber trotzdem ein wunderbares Buch, welches ich allen Liebhabern von anspruchsvollen historischen Romanen ans Herz lege. Grund für meine Bewertung ist sicherlich auch, dass die Erzählung etwas Zeit benötigt, bevor sie richtig in Schwung kommt.

In ihrem neuen Roman widmet sie sich dem Schicksal von Charlotte de Rohan-Rochefort. Ausgehend vom historischen Hintergrund dieser Zeit, der Französischen Revolution, erzählt sie die Lebensgeschichte dieser starken, aber leider fast unbekannten Frau. Historische Figuren und Begebenheiten werden dabei gekonnt mit fiktiven Geschichten verbunden. Die Umbrüche und Wirren dieser Zeit werden sehr bildhaft und authentisch erzählt.
Charlotte de Rohan-Rochefort ereilt das Schicksal vieler Adeligen beim Ausbruch der Revolution. Gemeinsam mit ihrem Vater, Bruder und Großonkel, Kardinal Louis René Eduard von Rohan-Guéméne, flieht sie ins Exil nach Ettenheim am Rhein, welches zu seiner Diözese gehört. Dort finden sich viele Emigranten, die ebenso vorerst Zuflucht finden.
Zuvor erleben wir die Aufstände in Paris, den Sturm auf die Bastille und den Tod von Charlottes Verlobten, der bei den September Massakern ums Leben kommt. Daraufhin schließt sie einen Pakt: Charlotte will sich nie wieder verlieben. Doch sie hat nicht mit der Hartnäckigkeit des jungen Louis Antoine, Herzog von Enghien, gerechnet. Erst Jahre später erlaubt sich Charlotte eine neue Liebe, doch Louis Antoines Onkel setzt alles daran diese zu verhindern....

Charlottes Geschichte wird im Rückblick erzählt. Im Prolog finden wir sie auf ihrem Sterbebett vor, wo Charlotte an ihre große Liebe und an ihr tragisches, aber ereignisreiches Leben, denkt. Danach wird der Roman in fünf Abschnitte mit den Überschriften Vincent, Ettenheim, Louis-Antoine, falcher Verdacht und Niedertracht geteilt. Nach jedem dieser Abschnitte kehrt der Leser in die Gegenwart an Charlottes Sterbelager zurück.

Marita Spang erzählt Geschichte spannend und lebendig. Die Charaktere wachsen einem schnell ans Herz. Man begibt sich mit Louis Antoine aufs Schlachtfeld und erkennt wie sinnlos dieses Morden unter den eigenen Landsmännern eigentlich ist. Interessiert verfolgt man den Aufstieg Napoleons, wobei die Autorin hier mehr Gewicht auf die Gegner des Korsen, den Royalisten, legt. Denn Louis Antoine ist in erster Linie Soldat und für ihn gelten die Ideale der Royalisten in der Armee Condé. Seine inneren Kämpfe, die er gegen sich selbst führt, werden sehr deutlich. Aber auch seine Sturheit und die Vehemenz seiner idealistischen Einstellung tritt deutlich hervor.
Charlotte ist eine sympathische Frau, die keinerlei Standesdünkel hat und auch zupacken kann, wenn es sein muss. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund und kämpft um ihre Liebe. Sie ist klug, mutig und versucht das Beste aus ihrem Leben im Exil zu machen. Erwähnenswert ist auch noch die Dogge Mohiloff, die mir sehr ans Herz gewachsen ist und eine besondere Rolle im Roman spielt.

Trotz der Liebesgeschichte zwischen Charlotte und Louis Antoine ist dieser Roman weit entfertn von einem kitschigen Histoschinken, sondern vermittelt vorallem spannende Zeitgeschichte und erzählt über tragische Leben einer starken Frau.

Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin besticht durch Authentizität und Atmosphäre. Die hervoragenden Recherche ist auf jeder Seite zu erkennen. Ihr Schreibstil ist der Zeit angemessen, lässt sich aber wie immer flüssig lesen. Zu Beginn benötigte ich trotzdem eine Weile, um mich zurechtzufinden. Hier fehlte es noch etwas an Spannung bzw. fragte ich mich noch wohin die Geschichte eigentlich will. Das änderte sich allerdings rasch und die fast 700 Seiten waren wieder sehr schnell inhaliert.

Am Beginn des Buches befindet sich ein Personenregister und zwei Landkarten. Am Ende gibt es eine Zeittafel und einige Worte der Autorin betreffend Wahrheit und Fiktion zu ihrer Geschichte über Charlotte de Rohan-Rochefort.

Fazit:
Wieder ein hervorragender historischer Roman der Autorin, der über das Schicksal der Emigranten nach dem Ausbruch der Französischen Revolution und ganz besonders über Charlotte de Rohan-Rochefort erzählt. Hier wird Geschichte lebendig und spannend erzählt. Für mich kam der Roman allerdings nicht ganz an "Blut und Seide" heran.

Veröffentlicht am 03.01.2019

Komplexer historischer Krimi a la Babylon Berlin

Herbststurm
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Seitdem ich von Alex Beer "Der zweite Reiter" und die Serie "Babylon Berlin" gesehen habe, die auf dem Roman von Volker Kutscher basiert, liebe ich historische Krimis, die zwischen den 20-iger und 30-iger ...

Seitdem ich von Alex Beer "Der zweite Reiter" und die Serie "Babylon Berlin" gesehen habe, die auf dem Roman von Volker Kutscher basiert, liebe ich historische Krimis, die zwischen den 20-iger und 30-iger Jahre des letzten Jahrhunderts spielen. Egal, ob Wien, Berlin oder (wie in "Herbststurm" von Angelika Felenda) München der Handlungsort ist, die historischen Begebenheiten sind natürlich ähnlich. Und so habe ich mich ohne Vorwissen der ersten beiden Bände in den dritten Fall von Kommissar Reitmayer gestürzt...

Man kann diesen Krimi auch als Stand alone lesen, jedoch fehlte mir manchmal doch ein bisschen das Wissen der Vorgänger, vorallem aus dem privaten Bereich. Punkto Kriminalfall war es aber egal. Auch dieser historische Krimi lebt von der Atmosphäre der Zwanziger Jahre.

Die Inflation lässt Rechtsanwalt Sepp Leitner einen eher ungewöhnlichen Fall annehmen. Eine russische Emigrantin beauftragt ihn ihre verschwundene Tochter zu finden. Die Anzahlung in Dollar kann Sepp wirklich brauchen, denn die Mark verliert täglich an Wert. Als Anwalt sind ihm zwar mehr oder weniger die Hände gebunden, deswegen engagiert er einen Detektiv, der kurze Zeit später tot aufgefunden wird.

Im zweiten Handlungsstrang ermittelt Kommissar Reitmayer und sein junger Assistent Rattler am Mord zweier junger Männer. Beide waren einst Mitglieder eines Freikorps und wurden mit einer russischen Kriegswaffe erschossen. Die Ermittlungen gestalten sich deswegen relativ schwierig. Die Beziehungen des rechten Bundes "Treu-Oberland" geht bis in die höchsten politischen Etagen. Auch Reitmeyer verspürt einen rechten Druck bei der politischen Polizei und fühlt sich oftmals bei seinen Ermittlungen behindert. Doch er bleibt seinen Idealen treu. Sein Assistent Korbinian Rattler lernt hingegen im Laufe der Ermittlungen eine geheimnisvolle Baltin kennen, die ihm den Kopf verdreht. Dadurch steht er Reitmeyer nicht immer zu 100% zur Verfügung. Schon bald merken Leitner und Reitmayer, dass sie im selben Umkreis ermitteln.....

Der Auftrag, die verschwundene Russin zu finden, gerät im Laufe des Buches immer mehr in den Hintergrund. Auch andere eher lose Handlungsstränge werden nur kurz angerissen oder verlaufen wieder im Sand. Das fand ich schade, denn dadurch entstand etwas Verwirrung und die Geschichte wurde künstlich etwas in die Länge gezogen. Auf der anderen Seite hat die Autorin den Leser damit ganz schön oft aufs Glatteis geführt und man rätselte bis zum Ende mit, wer und was eigentlich hinter diesen Mordfällen stecken könnte.

Jedoch gelingt es Angelika Felenda perfekt die Atmosphäre dieser Zeit widerzuspiegeln. Die steigende Arbeitslosigkeit und der große Unterschied zwischen Arm und Reich, sowie die Not der Kriegsheimkehrer, die an den Folgen des großen Krieges leiden, lassen die Menschen nach Neuorientierungen suchen. Rechte Bünde werden immer populärer und selbst beim Lesen hat man Schwierigkeiten alle Bünde richtig zuzuordnen. Das Chaos und die Orientierungslosigkeit zwischen den beiden Weltkriegen wird sehr gut spürbar. Man muss hier doch sehr konzentriert lesen, doch der geschichtliche Hintergrund ist wirklich gelungen. Das Ende ist stimmig und alle offenen Fragen wurden geklärt.

Schreibstil:
Angelika Felendas Schreibstil ist intensiv, detailverliebt und sehr bildhaft. Die geschichtlichen Hintergründe sind hervorragend in den Krimi miteingewoben und die Atmosphäre wird wunderbar vermittelt.
Die Figuren sind bis zum letzten Nebencharakter sehr gut gezeichnet. Die Handlung selbst ist sehr komplex und hat mehrere Handlungsstränge.

Fazit:
Ein sehr komplexer Krimi, der die politische Atmosphäre und das Leben der Menschen in den 1922er Jahren großartig einfängt. Einige Dinge waren mir allerdings zu detailliert und einige Handlungsfäden verliefen im Sand. Trotzalledem mochte ich die Stimmung im Buch und kann ihn an Liebhaber historischer Krimis weiterempfehlen.

Veröffentlicht am 30.12.2018

Vielleicht war meine Erwartung nach dem tollem Debüt zu hoch..

Blutacker
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Mit "Blutacker" liefert Lorenz Stassen seinen zweiten Thriller rund um Strafverteidiger Nichoals Meller ab. Leider konnte er mich nicht so überzeugen, wie einst sein Debüt.

Für den deutschrussischen Strafverteidiger ...

Mit "Blutacker" liefert Lorenz Stassen seinen zweiten Thriller rund um Strafverteidiger Nichoals Meller ab. Leider konnte er mich nicht so überzeugen, wie einst sein Debüt.

Für den deutschrussischen Strafverteidiger Nicholas Meller und seine Referendarin Nina Vonhoegen hat sich das Leben drastisch geändert. Seit sie den Angstmörder zur Strecke gebracht haben, genießt der einst erfolglose Meller seinen neuen Lebensstatus. Der Erfolg ist ihm dabei etwas zu Kopf gestiegen und er gibt das Geld mit vollen Händen aus. Als ihn auch noch Baron von Westendorff für einen Spezialauftrag anwerben möchte, wähnt sich Nic im "Strafverteidiger-Himmel". Er hat es geschafft bei den Reichen und Schönen den Fuß in die Tür zu bekommen, doch der Preis ist hoch. Das erkennt er fast zu spät....
Was hat es mit der Zwangsversteigung eines Ackers auf sich, der im Hochwassergbiet liegt, und der um ein Vielfaches seines Wertes ersteigert wurde? Und was war in dem geheimnisvollen Päckchen, das an Meller adressiert war und nie bei ihm ankam, weil der Paketbote sein Leben dafür lassen musste? Nicholas bemerkt erst viel zu spät, dass er bereits mitten in den Machenschaften der sogenannten High-Society drinnen steckt...

Der Autor wurde durch reale Ereignisse zu seinem neuen Roman inspiriert. Der Plot ist gut durchdacht. Durch die kurzen Kapitel und dem lockeren, sehr dialoglastigen Schreibstil fliegt man durch die Seiten, auch wenn der Spannungsbogen nicht immer anhält. Für mich war es kein eindeutiger Thriller, sondern eher ein Krimi. Diverse Machenschaften und Intrigen, Erpressung und Morde lassen Nicholas Meller seit seinem beruflichen Aufstieg nun nicht mehr los. Mehr Schein als Sein, denn Geld regiert die Welt.....das ist die Devise! Erst zu spät bemerkt Nicholas seinen Fehler...

Nicht immer gelang es dem Autor mich an die Seiten zu fesseln. In der Leserunde hatten viele, die den ersten Band nicht kannten, Schwierigkeiten mit den beiden Hauptprotagonisten. Waren mir Nicholas und Nina in "Angstmörder" sehr sympathisch, fiel meine Sympathiekurve für die beiden Hauptprotagonisten drastisch. Nicholas ist von Macht und Geld geblendet und verhält sich auch dementsprechend. Nina erscheint mir diesmal ziemlich zickig und der Humor aus dem ersten Band fehlt ihr gänzlich.
Es gibt auch ein Wiedersehen mit weiteren bekannten Charakteren aus dem Vorgängerband, was mir gut gefallen hat.

Die Auto-Affinität des Autors fiel mir bereits in Angstmörder auf, die diesmal noch stärker hervorgetreten ist.
Am Ende hat Lorenz Stassen wieder einen gelungenen Showdown vorgelegt, der mich die letzten Seiten in einem Sog zog. Trotzem reicht "Blutacker" nicht an "Angstmörder" heran. Dennoch bin ich schon auf den dritten Band der Reihe gespannt.

Schreibstil:
Der Schreibstil von Lorenz Stassen ist sehr dialoglastig, temporeich und die Kapitel sind kurz gehalten. Eher übergangslos wird der Leser in die kommende Szene komplimentiert. Man merkt diesmal viel mehr, dass Stassen eigentlich Drehbuchautor ist.
Es wird großteils aus der Sicht von Nicholas in der Ich-Perspektive erzählt.

Fazit:
Mit "Blutacker" kommt der Autor leider nicht an sein Debüt "Angstmörder" heran. Der unblutiger Thriller, der mich eher an einen Krimi aus dem TV erinnert, hat Tempo, jedoch bleibt die Spannungskurve nicht immer oben. Vielleicht war meine Erwartung nach dem tollen Debüt auch einfach zu hoch....trotzdem freue ich mich auf den Folgeband.