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Veröffentlicht am 27.12.2018

Erschütternd

Wie Gräser im Wind
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Die Autorin hat in ihrem Roman die Lebensgeschichte ihrer Großeltern festgehalten und daraus eine äußerst bewegende Geschichte geschaffen.
Während in Deutschland 1930 die Rechtspopulisten immer mehr an ...

Die Autorin hat in ihrem Roman die Lebensgeschichte ihrer Großeltern festgehalten und daraus eine äußerst bewegende Geschichte geschaffen.
Während in Deutschland 1930 die Rechtspopulisten immer mehr an Stärke gewinnen, wütet in der Sowjetunion das Regime. Mit der stalinistischen Regierung fällt der Startschuss zur Verfolgung und Eliminierung deutschstämmiger Christen, beginnend auf auch heute wieder umkämpften Halbinsel Krim.
Mitten in der Nacht werden willkürlich Menschen aus ihren Häusern geholt, die nie wieder gesehen werden. "Politische" Säuberungen und Massenexekutionen sind Gang und Gäbe.
Mit der Familie Scholz, Vater Wilhelm, seiner Frau Anna und den Kinder Erich, Rita und Yvo erleben wir die Zwangsrnteignung und die Vertreibung aus ihrer Heimat. Im Arbeitslager in Sibirien wartet ein Leben voller Entbehrungen, unwirtlicher Kälte, Hunger, Krankheiten und Tod auf sie. Beim Lesen begann auch mich zu frieren, denn nicht nur den Scholzes erwartet unermessliches Leid. Hunderttausende von deutschstämmigen Russen wurden eliminiert oder verbannt.
Auch die deutschstämmige Familie Pfeiffer, die im Nordkaukasus lebt, erfährt ein ähnliches Schicksal. Samuel Pfeiffer ist Lehrer und nur durch seine rechtzeitige Flucht entgeht er dem Erschießungskommando. Doch auch in der Fremde werden die Pfeiffers immer wieder denunziert und enteignet.

Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verschlechtert sich die Situation der deutschstämmigen Russen. Sie werden durch den Angriff der Deutschen auf Russland zusätzlich Feinde im eigenen Land. Gefangen zwischen ihrem Glauben, der Sprache und Bräuchen, die ihre Vorfahren, die sich unter Katharina I. ansiedelten, aus Deutschland überlieferten und ihren russischen Wurzeln, stehen sie zwischen den beiden Ländern.

Unwillkürlich fragt man sich beim Lesen, wie viele Schicksalsschläge ein Mensch ertragen kann. Immer wieder bauen sich die beiden Familien, die nur zwei Schicksale von Tausenden aufzeigen, ein neues Zuhause auf, bis sie wiederum vertrieben und enteignet werden. Sie sind vollkommen der Willkür des politischen Systems ausgeliefert. Dabei empfand ich besonders Anna Scholz als unglaublich starke Persönlichkeit. Sie ist eine sehr mutige und engagierte Frau, die versucht aus jeder noch so misslichen Lage etwas Gutes zu schaffen. Ihre uneigennützige Hilfsbereitschaft, der unermessliche Einsatz für ihre Familie und der Zusammenhalt in größter Not macht sie zu einer starken Protagonistin.
Auch die Kinder müssen früh mit Entbehrungen kämpfen. Besonders die Allerkleinsten sind oft zu schwach, um in dieser unwirtlichen Gegend zu überleben. Des Öfteren hatte ich beim Lesen Tränen in den Augen und hoffte und bangte um das Überleben der einzelnen Protagonisten.
Alle Figuren, bis hin zu den Nebencharakteren, sind authentisch und gut ausgearbeitet.

Das Ende ist teilweise offen und so freue ich mich schon auf den Folgeband, den wir gemeinsam ab dem 18. Januar lesen werden.

Mir war die Verfolgung und Enteignung der Deutschrussen bereits aus dem Roman "Roter Herbst in Chortitza: Nach einer wahre Geschichte" von Tim Tichatzki bekannt. Auch er hat die Lebenserinnerungen seiner Schwiegermutter in einem Roman verarbeitet, der bereits 1919 mit dem Sturz des Zaren beginnt und mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges zum Abschluss kommt.

Schreibstil:
Ella Zeiss, auch bekannt unter dem Namen Elvira Zeißler, beschreibt sehr anschaulich und mit viel Empathie die Schicksale dieser beiden Familien. Die sehr intensive Geschichte nimmt einem beim Lesen mit. Man ist tief berührt und erschüttert. Die Figuren sind lebensnah gezeichnet.
Der Schreibstil ist flüssig und mitreißend.

Fazit:
Ein berührender und aufwühlender Roman über die Zwangsenteignungen der Deutschrussen unter Stalin. Ein wichtiges zeitgeschichtliches Thema, das nur sehr wenig bekannt ist, wurde in diesem ersten Band der Dilogie von der Autorin mit viel Empathie erzählt. Ich gebe sehr gerne eine Leseempfehlung und freue mich auf Teil 2.

Veröffentlicht am 26.12.2018

Die Gefahr des Dopings

Eiskalte Spiele
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Nun habe ich bereits den dritten Band rund um den Schweizer Skirennläufer Marc Gassmann und Polizistin Andrea Brunner gelesen und kann mich dieser Reihe einfach nicht entziehen!
Wie schon in den ersten ...

Nun habe ich bereits den dritten Band rund um den Schweizer Skirennläufer Marc Gassmann und Polizistin Andrea Brunner gelesen und kann mich dieser Reihe einfach nicht entziehen!
Wie schon in den ersten beiden Fällen konnten mich Michaela Grünig und Ex-Skirennläufer Marc Girardelli mit ihrem Krimi im Ski-Weltcup Milieu wiederum begeistern.

Marc Gassmann ist am Überlegen seine Profikarriere zu beenden. Er hat kaum trainiert und irgendwie die Lust am Skisport verloren. Eigentlich würde er gerne mit Andrea zusammenziehen, doch seine On/Off Freundin möchte lieber ihre Eigenständigkeit behalten. Das führt zu einigen Missverständnissen zwischen den Beiden. Erst ein Drohbrief an seinen langjährigen Trainer Hans lässt Marc seine Situation überdenken und er beginnt sich für die Olympischen Winterspiele in Korea vorzubereiten. Auch wenn er seinen Trainingsrückstand nicht mehr aufholen kann, versucht Marc doch sein Bestes zu geben und ein Auge auf Hans zu werfen. Zwei mysteriöse Todesfälle unter Profi-Trainern und das Verschwinden eines weiteren, veranlassen Oberst Alberto Passini Andrea in seine Abteilung zu versetzen. Sie soll als verdeckte Ermittlerin mit nach Korea reisen und ebenfalls an Hans Seite bleiben.

Schon der Prolog beginnt rasant. Ein gefesselter Mann wird von einem Helikopter aus in einem See gestoßen und die Neugier des Lesers ist damit schnell geweckt. Die Spannung bleibt auch auf den übrigen Seiten weiterhin bestehen.
Neben den mysteriösen Todesfällen (sind es wirklich Selbtstmorde?) und den Drohbriefen an Hans ist Doping ein weiterer wichtiger Punkt in diesem dritten Teil. Die aktuellen und brisanten Themen, die das Autorenteam in ihren Krimis ansprechen, sind immer auf den Punkt gebracht. Mit Marc Giradelli, der durch den Skisport hier einiges an Insiderwissen verrät, ist das Thema spannend aufbereitet und auch für Laien unkompliziert erklärt.
Gemeinsam miit Marc stehen wir wieder auf Skiern und bestreiten einige Rennen, die uns das Gefühl geben selbst auf der Rennstrecke zu stehen.
Während der Leser Andrea, Hans und Marc nach Südkorea folgt und sich den Kopf zerbricht, wer hinter den Anschlägen stecken könnte, lässt uns das Autorenduo wieder einen Blick in die Gedanken des Täters werfen. Diese heben sich in kursiver Schrift vom Rest der Story ab. Die Spannung steigt kontinuierlich an und bis zuletzt hatte ich keine Ahnung wer der Täter sein könnte.

Marc Girardelli lässt uns mit seinem Insiderwissen wieder interessante Einblicke hinter die Kulissen des Sports werfen. Ich erwarte noch weitere Bücher aus dieser Reihe und hoffe Marc Gassmann legt seine Skisport-Karriere noch nicht ad acta.

Schreibstil:
Mit ihrem gewohnt flüssigen Schreibstil, viel Spannung und überraschenden Wendungen punktet das Dreamteam Grünig/Girardelli auch im dritten Teil ihrer Reihe rund um Marc Gassmann. Das Tempo ist - wie gewohnt - rasant und fesselnd.
Die Charaktere sind sehr lebendig und haben Ecken und Kanten. Die Probleme zwischen Andrea und Marc sind allgegenwärtig, nehmen aber nicht zu viel Raum ein. Perfekt für einen Krimi, bei dem sich die Handlung vorallem um die Todesfälle und Morddrohungen drehen soll.

Fazit:
Ich liebe diese Reihe! Kein Band dieser außergewöhnlichen Serie scheint schwächer oder stärker zu sein. Alle drei Krimis überzeugen mit Speed und überraschenden Wendungen, sowie aktuellen Themen. Einfach ein Muss für Wintersport- und Krimifans!

Veröffentlicht am 20.12.2018

Ein gut gehütetes Familiengeheimnis

Das Geheimnis der letzten Schäferin
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Da ich die Bücher von Beate Maxian lese, ohne mir den Klappentext vorher durchzulesen, bin ich bei ihrem neuen Roman eigentlich (wegen Titel und Cover) von einem historischen Roman ausgegangen. Dies ist ...

Da ich die Bücher von Beate Maxian lese, ohne mir den Klappentext vorher durchzulesen, bin ich bei ihrem neuen Roman eigentlich (wegen Titel und Cover) von einem historischen Roman ausgegangen. Dies ist jedoch nicht der Fall! Es handelt sich um eine Geschichte, die in der Gegenwart spielt, bei der es jedoch Rückblenden in die Vergangenheit gibt. Diese beginnen erst nach den ersten hundert Seiten, werden danach aber raumfüllender. Ich habe den Roman nun dem Genre "Familiensaga" zugeordnet, denn unsere Hauptprotagonistin Nina kommt hier einem alten Familiengeheimnis auf die Spur.

Nina führt ein gehobenes Lokal in Salzburg und hat zusätzlich eine TV-Kochshow. Um die Einschaltzahlen zu pushen, soll sie gemeinsam mit ihrem deutschen Konkurrenten Julian Leroy auftreten. Sie hasst den arroganten Charmeur, der sich der bodenständigen Küche verschrieben hat. Doch das Thema "Küche anno dazumal" reizt Nina und ihr Manager lässt ihr sowieso keine Wahl. Just in dem bayrischen Dorf, wo Ninas geliebte Großmutter Lieselotte einst aufgewachsen ist, soll auf einem alten Bauernhof gedreht werden. Der alte Vinz, der seine Küche zur Verfügung stellt, hat sich bald in Ninas Herz geschlichen. Nach und nach erfährt sie durch ihn auch mehr über das damalige Leben ihrer Großmutter, welche durch die Erkrankung ihres Vaters als Schäferin einspringen musste. Liesel liebt seit ihrer Kindheit die Schafe und ist mit Leib und Seele Schäferin, ein Beruf, den eigentlich nur Männer ausüben. Mit der wandernden Herde hat sie auch die Möglichkeit ihre heimliche Liebe zu treffen, dessen Eltern, sowohl den größten Einfluss, als auch Bauernhof des Dorfes besitzen. Da kommt ein einfaches Bauernmädel natürlich nicht als zukünftige Schwiegertochter in Frage und die Großbäuerin tut auch alles dafür, dies zu vermeiden. Trotzdem möchte Lieselotte ihren Traum als Wanderschäferin verwirklichen, jedoch hält sich bis heute das Gerücht, dass sie damals das Dorf fluchtartig verlassen musste......

Die Liebesgschichte in der Gegenwart ist schon ab den ersten Seiten vorhersehbar. Deswegen möchte ich aber keine Sterne abziehen, denn es gibt mehr als genug Romane, wo man schon beim Durchlesen des Klappentextes weiß, dass die beiden Protagonisten zusammenkommen werden. (Hier verrate ich wirklich nichts Unvorhersehbares)
Der Erzählstrang aus der Vergangenheit rund um Lieselotte, Ninas Großmutter und letzte Wanderschäferin, hat mir gut gefallen. Er enthält viele Details über die Almwirtschaft, dem Leben als Schäferin und der Dörfler. Die damalige Tratscherei hat sich bis heute nicht geändert und auch die Dorfkonstellationen sind heute noch ähnlich, aber natürlich nicht mehr so streng.

Nina und Lieselotte standen sich Zeit ihres Lebens sehr nahe und ihre Oma ist auch diejenige, die Nina zum Kochen brachte. Das Kulinarische kommt hier nicht zu kurz. Hungrig sollte man sich nicht an die Lektüre setzen, denn egal, ob österreichische oder bayrische Spezialitäten...es läuft einem das Wasser im Mund zusammen. Auch das Lokalkolorit wird groß geschrieben und die österreichische Küche, sowie die verschiedenen Regionen rund um Salzburg und Wien werden sehr liebevoll beschrieben.

Der Spannungsbogen hätte hingegen etwas straffer sein können und das angesprochene Familiengeheimnis noch etwas mehr ausgeführt. Während einige Seiten mit eher unwichtigen Detailes gefüllt wurden, wird die Auflösung meiner Meinung nach etwas zu schnell abgehandelt. Trotzdem hat mich der Roman von der ersten Seite an gut unterhalten.

Schreibstil:
Wie gewohnt schreibt Beate Maxian auch in ihrem neuen Roman sehr bildhaft und mit viel Lokalkolorit. Beim Kochen der Gerichte lief mir regelmäßig das Wasser im Mund zusammen, aber auch die Beschreibungen der Landschaft ist wieder äußert gelungen. Ich hatte immer wieder lebhafte Bilder im Kopf. Auch die Charaktere, vorallem Lieselotte, wurden sehr facettenreich und liebevoll dargestellt.

Fazit:
Eine Mixtour aus viel Kulinarik, einem Familiengeheimnis, Schafen und dem Dorfleben von damals, das die Autorin mit einer TV-Kochshow rund um zwei ehrgeizige Sterneköche vereint hat. Atmosphärisch, viel Lokalkolorit und gut zu lesen, aber teilweise plätschert die Geschichte zu viel vor sich hin. Für Feinschmecker aber zu empfehlen...

Veröffentlicht am 19.12.2018

Hat noch Potential nach oben

Tödlicher Irrtum
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Patrick Burow ist Richter und Sachbuchautor, was man in seinem Werk auf allen 268 Seiten seines Buches bemerkt. Trotzdem ist die Handlung spannend aufgebaut und als Leser ist man entsetzt, wie viele juristische ...

Patrick Burow ist Richter und Sachbuchautor, was man in seinem Werk auf allen 268 Seiten seines Buches bemerkt. Trotzdem ist die Handlung spannend aufgebaut und als Leser ist man entsetzt, wie viele juristische Fehlurteile möglich sind.
"Tödlicher Irrtum" ist der zweite Band seiner Reihe um Florian und Saskia, zwei Jusstudenten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Ich kannte den ersten Band noch nicht, hatte allerdings keinerlei Probleme direkt in den zweiten Band einzusteigen. Im neu gegründeten Institut für Justizirrtümer unter Professor Heckscher nehmen sich die Beiden juristischen Fehlentscheidungen an. Als sie auf den Fall von Jan Virchow stoßen, der wegen der Entführung und Tötung der neunjährigen Nele in der Psychatrie weilt, fällt ihnen zuerst das komische Verhalten des Inhaftierten auf. Bald haben Florian und Saskia herausgefunden, dass Jan unmöglich der Täter sein kann. Doch um ihn zu entlasten und den Fall neu aufzurollen, brauchen sie einen neuen Tatverdächtigen...

Die erste Hälfte des Buches widmet sich der Aufarbeitung des Falles, sowie den Hintergrundrecherchen. Als Leser abseits der Juristerei kann man oftmals nur den Kopf schütteln, wie einfach es ist, als Justizirrtum einzusitzen. Erschreckend!
In der zweiten Hälfte geht es ans Handeln, denn Florian und Saskia müssen den wahren Täter der kleinen Nele finden. Dabei waren mir manche Aufklärungen zu schnell und zu zufällig gelöst. Die Erfolgsquote von Saskia und Florian war mir in einigen Belangen mit zu viel Glück verbunden. Ihnen ging das Meiste viel zu leicht von der Hand. Das wirkte teilweise unglaubwürdig. Trotzdem gelang es dem Autor die Spannung immer aufrecht zu erhalten und mich an die Seiten zu fesseln.

Beide Protagonisten werden charakterlich gut, aber zu oberflächlich dargestellt. Der Leser bekommt vorallem bei Saskia einiges an Hintergrundwissem. Ihr Vater ist Vizepräsident des Oberlandesgerichtes. Saskia fühlt sich seit ihrer Kindheit von ihm nicht angenommen und versucht angestrengt als Jahrgangsbeste seine Liebe zu gewinnen. Florian hingegen nimmt sein Jusstudium etwas zu gelassen und hat bedenkliche Wissenslücken. Trotzdem konnte man an ihrer Gefühlswelt nicht wirklich teilhaben, was ich schade fand.

Am Ende gibt es einen regelrechten Showdown. Hier kann Patrick Bürow mit seinen berühmten Thrillerkollegen auf jeden Fall mithalten...

Schreibstil:
Der Autor schreibt in eher kurzen und sachlichen Sätzen. Man bemerkt hier eher den Sachbuchautor bzw. den Juristen. Die Kapitel sind sehr kurz gehalten und sorgen mit einigen Szenewechseln für mehr Tempo. Juristische Details hingegen fallen länger aus, werden aber perfekt erklärt. So versteht auch der Laie was Sache ist.
Genervt haben mich - obwohl ich selbst Filmliebhaber bin - die immer wiederkehrenden Filmzitate, die Florian von sich gibt. Kaum ein Kapitel kommt ohne diesem aus.

Fazit:
Hier gibt es noch Potential nach oben. Die Story erscheint etwas konstruiert. Die Spannung ist großteils da, während der eher sachliche Schreibstil des Autoren etwas kühl rüberkommt. Noch vermisst man die Tiefe der Charaktere und die ewigen Filmzitate nervten mich mit der Zeit. Trotzdem ein etwas anderer Thriller mit einem interessanten Thema, de rmir ein paar spannende Stunden gebracht hat.

Veröffentlicht am 15.12.2018

Lebe jetzt!

Heute schon für morgen träumen
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Emilia ist New Yorkerin mit italienischen Wurzeln und arbeitet in der familieneigenen Bäckerei. Die 29jährige macht die besten italienischen Leckereien, während ihr Vater im Laden verkauft und Nonna Rosa ...

Emilia ist New Yorkerin mit italienischen Wurzeln und arbeitet in der familieneigenen Bäckerei. Die 29jährige macht die besten italienischen Leckereien, während ihr Vater im Laden verkauft und Nonna Rosa alles mit ihren Argusaugen überwacht. Die alte Dame bestimmt das Leben ihres Schwiegersohnes und ihrer Enkelin. Emilia lebt ein sehr zurückgezogenes Leben, das außer Arbeit und der Freundschaft zu ihrem platonischen Freund Matt keinerlei Höhepunkte oder Freude beinhaltet. Ihre ältere Schwester Daria nutzt Emilia aus und ihre Großmutter Rosa ist ein richtiger Drachen. Doch Emilia ist das normal, denn sie ist eine Zweitgeborene und diese sind laut einer Familiengeschichte verflucht. Alle Frauen aus der Familie Fontana, die als zweite Tochter geboren werden, bleiben unverheiratet und ohne Familie. Eigentlich glaubt Emilia ja nicht daran, aber steckt vielleicht nicht doch ein Körnchen Wahrheit dahinter?
Als Emilia eine Einladung von ihrer Tante Poppy erhält, die sie zu ihrem 80.Geburtstag nach Italien mitnehmen möchte, ist Emilia zuerst entzückt, doch Nonna Rosa verbietet ihr den Flug. Poppy ist das schwarze Schaf der Familie und wird von allen gemieden. Doch erstmals widersetzt sich Emilia und fliegt gemeinsam mit Poppy und ihrer Kusine Lucy, ebenfalls eine Zweitgeborene nach Italien. Poppy will den Mädchen beweisen, dass dieser Fluch nur dummer Aberglaube ist. Von Venedig bis Florenz und weiter an die wunderschöne Amalfiküste sind die drei Frauen unterwegs. Doch das Ziel ist die Kathedrale von Ravello, wo Poppy ihre große Liebe Erich wiedersehen möchte. Ein Versprechen, das sich die Beiden vor 60 Jahren gegeben haben, soll hier eingelöst werden.

Die Geschichte wird in der Gegenwart aus Emilias Sicht erzählt, während immer wieder Kapitel aus der Vergangenheit eingeblendet werden, die Poppy ihre Geschichte erzählen lassen. Diese beginnt in den späten 50iger und frühen 60iger Jahre des letzten Jahrhunderts und erzählt vom Wunsch der Familie Fontana ín die USA auszuwandern und vorallem von der großen Liebe Poppys.

Emilia verhält sich absolut untypisch für eine 29jährige Frau. Ich hätte ich zu Beginn am liebsten geschüttelt und gefragt, was sie da tut bzw. nicht tut. Sie lässt sich von ihrer Großmutter behandeln wie ein unmündiges Kind. Diese bestimmt ihr Leben genauso, wie das ihres Vaters. Durch Poppys Einladung widersetzt sie sich erstmals einem Verbot ihrer herrschsüchtigen Nonna und lernt endlich das Leben kennen.
Auch die flippige Lucy, die Liebe mit Sex verwechselt und unbedingt den Fluch brechen möchte, indem sie jede Nacht einen anderen jungen Mann in ihr Bett lässt, verwandelt sich zu einer jungen Frau, die ihren Weg findet.
Poppy ist ein äußerst liebenswerter Charakter und versprüht die Energie, die eigentlich Emilia in sich tragen sollte. Sie ist voller Lebensfreude und glaubt immer an das Gute im Menschen,. Sie ist bunt, schrill, aber auch schwer krank. Ihr Ziel ist es ihre große Lebensliebe nocheinmal zu sehen und den beiden Enkelinnen zu zeigen, was das Leben alles für sie bereithalten kann, wenn sie es nur zulassen. Ihr Motto: "Deine Träume warten nicht auf morgen - dein Leben ist JETZT!"

Die Autorin wollte unbedingt diese Geschichte aus der Vergangenheit in ihrem Roman einbauen, nachdem sie einen Brief eines deutschen Renters erhalten hat, der 1965 aus der ehemaligen DDR geflüchtet ist. Sein Lebensweg ließ sie nicht los und so hat sie eine ähnliche Figur in ihrem neuen Roman erschaffen (Quelle: Amazon).
Was ich komisch finde ist, dass ich weder ein englisches Originalcover noch -titel gefunden habe. Auf der Homepage der Autorin scheinen generell nur zwei Bücher auf, wo doch im Deutschen schon vier Romane veröffentlicht wurden....hm.

Der Vergangenheitspart hat mir sehr gut gefallen und es war interessant, wie Poppy all den Hürden, die ihr in den Weg gestellt werden, den Kampf ansagt. Trotz vieler schweren Enttäuschungen und den großen Zwist mit ihrer Familie, verliert sie nie ihren Lebensmut.
Den Rest fand ich allerdings etwas kitschig, klischeehaft und vorhersehbar. Die Idee mit dem Fluch rund um alle Zweitgeborenen, fand ich etwas weit hergeholt. Auch wenn sich der Roman gut lesen lässt und die Autorin auch Spannung aufgebaut hat, so ist es im Großen und Ganzen ein Buch zum Abschalten und Zürücklehnen....eben leichte Unterhaltung.

Fazit:
Ein sehr leichter und etwas klischeehafter Roman, dessen Vergangenheitsstrang mir gut gefallen hat. Den Rest fand ich allerdings teilweise etwas unglaubwürdig und zu vorhersehbar. Trotzdem klebte ich an der Geschichte und hatte sie ziemlich schnell durch. Ein Buch zum Abschalten und Zürücklehnen mit italienischen Flair.