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Veröffentlicht am 28.01.2018

Nicht der beste Fielding!

Sag, dass du mich liebst
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Ich fühle ihn, bevor ich ihn sehe, rieche ihn, bevor ich spüre, wie er sich über mir bewegt. Ich erkenne den Geruch sofort wieder. Mundwasser mit Menthol und Minze. Unvermittelt spüre ich das volle Gewicht ...

Ich fühle ihn, bevor ich ihn sehe, rieche ihn, bevor ich spüre, wie er sich über mir bewegt. Ich erkenne den Geruch sofort wieder. Mundwasser mit Menthol und Minze. Unvermittelt spüre ich das volle Gewicht seines Körpers auf meinem, sein Ellbogen drückt auf meine Luftröhre, raubt mir den Atem und erstickt meinen Schrei im Keim. "Sag, dass du mich liebst", befiehlt er [...].
"Sag, dass du mich liebst" - Joy Fielding
[S. 40]

Inhalt:
Bailey Carpenter gehört zu den Menschen, über die man behaupten würde, dass sie ihr Leben bis zu den Fingerspitzen fest im Griff haben. Kurz: Bailey hat es im Leben zu etwas gebracht. Dies erkennt man auch an ihrem recht luxuriösen und angenehmen Lebensstil: Große Privatwohnung, in einem Wohnkomplex mit Empfangsmann, Pool, Fintenessraum und einem schnittigen Wagen in der Tiefgarage. Ihr Geld verdient sie als Privatermittlerin für eine hiesige Anwaltskanzlei in Miami.
Dann kommt der Tag, der alles verändert. Während einer verdeckten Ermittlung, wird die junge Frau auf offener Straße überfallen, brutal zugerichtet und missbraucht. Der Täter lässt ihr nur zwei Dinge zurück: Die Erinnerung an den Geruch von Menthol und Minze, sowie die Worte: „Sag, dass du mich liebst“. Nach diesem Übergriff, gleitet das Leben von Bailey aus all seinen Fugen. Überall sieht sie die Geister des Gewaltverbrechens, schließt sich voller Angst in ihrer Wohnung ein und verschanzt sich immer mehr in ihrer eigenen Gefühlswelt. Als sie eines Nachts in einem Haus gegenüber, einen Mann beobachtet, der sie nicht nur zu beschatten scheint, sondern vor ihren Augen einen kaltblütigen Mord begeht, bricht die Welt der jungen Privatermittlerin vollkommen in sich zusammen und die Geschichte nimmt eine erschreckende Wendung.

Meinung:
Ich kann mich noch ganz genau an meinen ersten Roman von Joy Fielding erinnern. Es war ein heißer Tag im Sommer, ich war um die 16 Jahre alt, lag mit dem Bauch auf der Wiese, ein Buch zwischen den Fingern und genoss die warmen Sonnenstrahlen. Es war einer dieser Sommer, die mich komplett überrascht und überrollt hatten. Die Temperaturen waren beißend heiß und selbst der stündliche Sprung ins Wasser brachte kaum Linderung. Es war einer dieser Sommer, in denen man sich bestenfalls so wenig wie möglich bewegte, sich nicht anstrengte. Deshalb verschlang ich Buch um Buch und ehe ich mich versah, war meine komplette Urlauslektüre, plus die meiner besten Freundin verspeist. Eine Bekannte legte mir darauf eine für mich ganz neue Autorin ans Herz: Joy Fielding. Also begann ich: „Tanz Püppchen, tanz“ zu lesen. Das Buch nahm mich voll und ganz in seinen Bann und hielt, was mir versprochen wurde. Seitdem kommt mir Joy vor, wie eine alte Freundin, mit der ich mich ab und zu zusammensetze und an den Sommer denke, der mich positiv so sehr überraschte.

Seither kehre ich von Zeit zu Zeit in ein Abenteuer von Frau Fielding zurück. Und egal wie sehr ich mich bemühe, immer wenn ich mit dem Lesen beginne, dann ist es, als wäre ich wieder 16 Jahre alt, mit dem Bauch auf der Wiese und der Sonne im Rücken. Ich bin demnach immer mit großen Erwartungen gefüllt, wenn ich ein Buch der Autorin beginne. So war ich es also auch bei „Sag, dass du mich liebst“. Der Klappentext haute mich aus meinen Schuhen und deshalb nahm ich diesen Schatz, bezahlt mit meinem letzten Weihnachtsgeld, mit nach Hause. Ich schmiss meine Tasche in die Ecke, setzte Teewasser auf, schlüpfte in meine Lieblingssocken und verkroch mich samt Buch unter der Decke. Ich erwartete atemlose Spannung und einen, bis in kleinste Detail ausgereiften Psychothriller. Denn besonders was das Stichwort “Psycho“ betrifft, denkt sich Frau Fielding immer etwas ganz besonderes aus.

Doch diesmal ist irgendetwas anders: Schon auf den ersten Seiten bemerke ich, dass irgendein Aspekt der alten Fielding-Manier hier fehlt. Die Geschichte beginnt zunächst sehr spannend. Wie lernen Bailey Carpenter kennen, eine erfolgreiche Privatermittlerin, die ihr Geld damit verdient, die Geheimnisse anderer Leute auszugraben und sie zu beschatten. So begleiten wir die junge Frau auf den ersten Seiten bei einem ihrer Aufträge, der furchtbar schief geht. Nun wird Bailey zur gejagten und zum Objekt der Überwachung. Nach dem Überfall auf sie und die Misshandlung, ist für Bailey nichts mehr wie vorher. Sie fühlt sich beobachtet, verfolgt und sieht in jedem Mann eine Gefahr. Ich habe mich wirklich sehr auf das bis Dato neuste Buch der Autorin gefreut, denn diese Idee hatte in meinen Augen viel Potential den Leser in die Irre zu führen und an dieser oder jener Stelle in Angst und Schrecken zu versetzten. Leider schöpfte Joy Fielding dieses Potential hier kaum aus – was ich so gar nicht von der kanadischen Autorin gewohnt bin.

Wie bereits erwähnt, die Geschichte beginnt spannend und brutal, nach dem Übergriff auf die Protagonistin flaut dieser Spannungsbogen jedoch auch genauso schnell wieder ab. In den folgenden Kapiteln verliert sich die Autorin in vielen Versuchen, diese Spannung wieder aufzubauen, scheitert jedoch von Mal zu Mal daran. So lässt sie die Hauptfigur an jeder Ecke den möglichen Täter sehen, lässt den Leser wiederrum aber schnell verstehen, dass dies doch nicht der wirkliche Täter ist. Dieser Aspekt ist in diesem Sinne gut gelungen, als dass wir als Leser verstehen, wie sehr die Ereignisse die junge Bailey von innen heraus zersplittert haben. Wir lernen ihre Schmerzen, ihre Ängste und ihre Verzweiflung kennen, sodass wir sie am Ende packen, schütteln, anschreien und aufwecken wollen. Von Seite zu Seite wünschen wir uns mehr, als nur Beobachter zu sein, wir wollen aktiv in die Handlung eingreifen und der Protagonistin helfen – doch wir können nicht. Was Fielding an Spannungsaufbau nicht mehr schaffen kann, macht sie durch die Buchfiguren wieder weg. Was nicht zuletzt auch ihren Schreibstil geschuldet ist, der die Leser vor Ort und Stelle abholt. Auch wenn die Story einen nicht ganz packen und mitreißen kann, holen einen die Worte der Schreiberin in der Realität ab und schaffen es trotz allem, einen nach Miami zu entführen.

Kurzum würde ich behaupten, dass hier das Wort Psycho ernster genommen wurde, als das Wort Thriller. Man bekommt einen guten Einblick in die zerbrochene Gefühls- und Gedankenwelt der Protagonistin, jedoch wird der Aspekt der Spannung, des Schocks und des „Oh-mein-Gott-wer-ist-der-Täter?“ hier nicht vollends ausgenutzt und ausgebaut. Eigentlich sehr schade, da meiner Meinung nach ein Fielding nur durch das gelungene Umsetzung beider Aspekte funktioniert.

Fazit:
Laut und ungehemmt schreit mich dieser vermeintliche Psychothriller aus der Feder von Joy Fielding mit den Worten: „Sag, dass du mich liebst“, an. Doch leider kann ich seine freche Bitte nicht erwidern. Schon aus Sentimentalität würde ich gerne sagen, dass mich dieser Schmöker von sich überzeugen konnte, dass ich mich in jedes Kapitel, jeden Satz, jeden Buchstaben, jeden Punkt und jedes Komma verliebt habe, doch ich kann nicht. Zwar holt mich die Autorin durch ihren Schreibstil in der Realität ab, kann dann jedoch nicht die Spannung aufbauen, die man von einem gelungen Psychothriller erwartet. Die Protagonistin ist in gewissem Sinne gut und authentisch dargestellt, wird jedoch auch nach kurzer Lesezeit lästig. Ich kann also nicht mehr sagen als: „Ich liebe dich nicht. Ich liebe dich in gewissen Aspekten ein Wenig, doch auch nicht genug, als dass ich nach Jahren der Trennung noch einen Gedanken an dich verschwenden würde.“ Selbst für mich, als langjähriger Fielding-Fan, keine Empfehlung wert.

Veröffentlicht am 28.01.2018

Schnappt euch euren Notizblock, einen Stift und werdet Ermittler in diesem großartigen, mitreißenden und leidenschaftlichen Thriller!

Todesbräute
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Sehr bald würden die Cops eine weitere Tote im Graben finden und mit ihren Ermittlungen die sprichwörtlichen Leichen im Keller der Säulen der Gemeinde ans Licht zerren. [...] Wer würde einknicken? Wer ...

Sehr bald würden die Cops eine weitere Tote im Graben finden und mit ihren Ermittlungen die sprichwörtlichen Leichen im Keller der Säulen der Gemeinde ans Licht zerren. [...] Wer würde einknicken? Wer würde plaudern? Wer würde das idyllische kleine Örtchen zum Einsturz bringen? Er lachte leise bei der Vorstellung. Sehr bald würden die ersten beiden Zielobjekte Briefe erhalten. Und er fing an, sich richtig gut zu amüsieren.
"Todesbräute" - Karen Rose
[S. 115]

Inhalt:
Nachdem Special Agent Daniel Vartanian nur knapp dem Tod entkommen ist und seinen Bruder Simon als Serienkiller und Mörder seiner Eltern identifiziert hat, ist für den jungen Mann nichts mehr wie es einmal war. Nun muss er sich mit seiner Vergangenheit und der Vergangenheit seiner Familie auseinandersetzen und dessen und seine Schuld wiedergutmachen. Doch damit nicht genug: Eine Woche nach dem Begräbnis seiner Eltern, wird auch in seiner Heimatstadt Dutton, ein lang geglaubtes und fast vergessenes Kapitel der Vergangenheit wieder aufgeschlagen. Ein Serienmörder treibt sein Unwesen. Vergewaltigt, schändet und tötet junge Frauen und lässt sie in eine alte Decke gewickelt in einem Graben zurück. Die perfekte Kopie eines vor Jahren begangenen Verbrechens. Daniel und seine Kollegen ermitteln und versuchen verzweifelt weitere Frauen vor dem Killer zu retten, doch dieser scheint der Polizei immer einen Schritt voraus zu sein. Eine rasante Schnitzeljagd beginnt und ehe Daniel das Ausmaß der Ereignisse wirklich begreifen kann, schwebt er erneut in Lebensgefahr.

Meinung:
Es gibt sie einfach: Jene Bücher, über die man nicht viele Worte verlieren muss, die mit ihrem Inhalt direkt diese ganz besondere und für das Lesen wichtige Atmosphäre schaffen können. Karen Rose gehört definitiv zu den Thrillerautorinnen, die ihr Handwerk verstehen. Doch nicht nur das: Denn auch das besondere Merkmal von Frau Rose, auch der Liebe in einem blutigen, grausamen und beängstigenden Schmöker einen Platz einzuräumen, ist einfach perfekt und macht das Leseerlebnis zu etwas ganz besonderem. Von Kapitel zu Kapitel, schafft es die Autorin immer mehr, den Puls ihrer Leser in die Höhe zu treiben, sei es vor Spannung oder Leidenschaft.

„Todesbräute“ bietet, genau wie sein Vorgänger, die genau richtige Mischung verschiedener Komponenten. Dabei stellt Frau Rose uns Daniel Vartanian und Alex Fallon an die Seite, zwischen denen es nicht nur einmal gewaltig funkt. Die Beiden sind ein wunderbares Paar, mit Ecken und Kanten, aber auch wenn nötig, einer ganz weichen Seite. Man liebt, lacht, weint, ängstigt und hofft mit ihnen, dass die ganze Geschichte ein Happy End nehmen möge.

Der rote Faden der Reihe wird nicht nur aufgegriffen, sondern führt uns immer näher an den finalen dritten Band. Frau Rose reicht den Lesern immer mehr Puzzleteile und animiert so zum mit rätseln und analysieren. Man fühlt sich nicht nur wie ein Detektiv, durch den gekonnten und mitreißenden Schreibstil der Autorin, ist man ein Detektiv. Ein Teil der Geschichte, Mittendrin und schlittert von Kapitel zu Kapitel immer tiefer in dieses große Abenteuer.

Einziger Kritikpunkt an diesem Band stellt das sonstige Figurenkonstrukt dar. Frau Rose schafft sehr viele Charakter, die teilweise aus ihrer Sicht das Geschehen beschreiben. Es dauert eine ganze Weile, bis man dieses in seiner vollen Auswirkung nachvollziehen und durchschauen kann. Sicher auch ein gewollter Schachzug, von Frau Rose, jedoch an einigen Stellen kein spannender, sondern vielmehr verwirrender und anstrengender Faktor. Für den Lesefluss wäre es sicher hilfreich gewesen, die Kapitel mit Namen zu versehen, oder einige Blickwinkel aus dem Buch heraus zu nehmen.

Fazit:
Damit bleibe ich auch bei meinen eingehenden Worten: Manche Bücher verlangen nicht viele Buchstaben, um sie zu beschreiben, denn sie sind einfach perfekt. Bei diesen Schätzen sind eigentlich nur diese Worte nötig, eine Aufforderung: Schnappt euch euren Notizblock, einen Stift und werdet Ermittler in diesem großartigen, mitreißenden und leidenschaftlichen Thriller! Der ganz auf die Farbe Rot setzt und somit die Komponenten Liebe und Blut mit viel Charme vereint.

Veröffentlicht am 28.01.2018

Fitzek und Tsokos - ein unschlagbares Team, die viel mehr Projekte zusammen machen sollten.

Abgeschnitten
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„Liebes, wo bist du?“, fragte er, als könnte ihm die Mailbox eine Antwort geben. Herzfeld hörte den Klang seiner eigenen Stimme, was ein surreales, fast schizophrenes Gefühl erzeugte. […] Worum geht es? ...

„Liebes, wo bist du?“, fragte er, als könnte ihm die Mailbox eine Antwort geben. Herzfeld hörte den Klang seiner eigenen Stimme, was ein surreales, fast schizophrenes Gefühl erzeugte. […] Worum geht es? Etwa um Geld? „Warte auf Erik“, hörte er sie noch sagen, ohne zu begreifen, was sie damit meinte. „Er hat weitere Anweisungen für dich.“ Erik? Wer zum Teufel ist…? „Zu niemandem ein Wort, Papa. Sonst werde ich sterben." Sie schluchzte, dann hörte Herzfeld nur noch ein langgezogenes Piepen, und die Leitung war tot.
„Abgeschnitten“ – Sebastian Fitzek, Michael Tsokos
[S. 54]

Inhalt:
Paul Herzfeld ist ein erfolgreicher Rechtsmediziner in Berlin. Seine Karriere läuft gut, sein Privatleben hingegen ist ein einziger Trümmerhaufen. Seine Frau hat einen neuen Mann an ihrer Seite und seine einzige Tochter will nichts von ihm wissen. Herzfeld hat sich mit diesem Schicksal nicht abgefunden, doch versucht damit zu leben. Dann kommt der Tag, an dem sich sein einigermaßen sortiertes Leben komplett ändert. Im Kopf einer ziemlich schlimmen zugerichteten Leiche, findet der Rechtsmediziner eine Telefonnummer - die Nummer seiner Tochter. Angsterfüllt ruft er hinter dem Rücken seiner Kollegen besagte Nummer an und der Albtraum beginnt. Hannah wurde entführt. Herzfeld muss den Spuren des Täters folgen, um seine Tochter wiederzubekommen. Sein erster Hinweis führt ihn zu einer Leiche auf Helgoland. Doch ein gefährlicher Sturm hat die Insel von der Außenwelt abgeschnitten. Während Herzfeld mit allen Mitteln versucht die Insel zu erreichen, nimmt die Schnitzeljagd eine rasante Wendung, denn seine einzige Kontaktperson auf der Insel, gerät ins Fadenkreuz eines Killers.

Meinung:
Die Wörter Schnitzeljagd und von der Außenwelt abgeschnitten, üben für mich eine große Faszination im Thrillergenre aus. Denn entgegen der üblichen Ermittlungsschritte, folgt die Handlung bei diesen Stichworten meist keiner gewohnten Reihenfolge, so dass hinter jeder Seite eine spannende und unerwartete Überraschung auf die Leser wartet. Nachdem ich den Klappentext von „Abgeschnitten“ gelesen hatte, stand für mich fest: Diesen Thriller musste ich lesen. Dass dieses Werk zusätzlich noch von einem meiner Lieblingsthrillerautoren mitgeschrieben wurde, versüßte mir die Aussicht auf das Leseabenteuer zusätzlich. Sebastian Fitzek gehört nicht nur menschlich, für mich zu den besten Autoren des Genres, auch sein Schreibstil und seine brutalen, überraschenden und faszinierten Ideen, ziehen mich jedes Mal aufs Neue in seinen Bann. Von Michael Tsokos hingegen hatte ich zu Beginn noch nichts gehört – doch seine Vita spricht wohl für sich.

Mit Fitzek und Tsokos hat sich hier ein wunderbares Duo gebildet, das ein noch viel wunderbares Buch erschaffen hat. Fitzeks Ideen und Tsokos Wissen über die Rechtsmedizin, machen dieses Werk zu einem authentischen Pageturner. Nach jedem Kapitel wartet ein unglaublicher Cliffhanger auf die Leser, der es einem schlicht unmöglich macht, das Buch für eine kleine Atempause zur Seite zu legen. Stattdessen rauscht man durch die Seiten und gibt sich dem Wahn der Handlung mit jeder Pore hin.
Die zusätzliche brutale Schnitzeljagd und der Fakt, dass die Insel Helgoland von der Außenwelt abgeschnitten ist, verleihen dem Thriller einen zusätzlichen Gruselpart, dem man sich nicht entziehen kann.
Auch die Figuren helfen dabei, dass man mit der Geschichte verwächst und dem Ende entgegen fiebert. Paul Herzfeld und Linda sind zwei wunderbare Figuren, mit Ecken und Kanten und einer einzigartigen Vergangenheit. Man fiebert mit ihnen, spürt ihre Angst, ihre Wünsche und ihre Hoffnungen. Deshalb setzt der Herzschlag nicht nur einmal aus, wenn sie am Ende eines Kapitels in Gefahr geraten. Gerade an diesen Stellen, an denen man unbedingt weiter lesen muss, verwehren einem die Autoren dieses Bedürfnis. Denn nach einem Cliffhanger, folgt meist ein Perspektivwechsel, so dass man sich als Leser in Geduld üben muss. Gerade an diesen Stellen, wird man schlicht und einfach wahnsinnig. Manchmal hangelte ich mich von Cliffhanger zu Cliffhanger, auf der Suche nach einem Ausweg, auf der Suche nach einem Punkt in diesem Werk, an dem ich in die Realität zurück tauchen konnte, um endlich meine Leselampe auszuschalten und den ersehnten Schlaf zu finden. Doch selbst wenn ich diesen Punkt im Buch fand, meistens dadurch, dass ich den Perspektivwechsel ausblendete und einfach ein paar Seiten vorblätterte, um zu erfahren, wie es mit dem jeweiligen Charakter weiterging, ließ mich die Geschichte nicht los. Dann lag ich meist mit offenen Augen in meinem Bett und fragte mich, wie die Geschichte endet, was mich noch erwarten würde. Ich wälzte mich von rechts nach links und wieder zurück.

Fazit:
Ein solches Suchtverhalten beim Leser zu erzeugen, spricht wohl am besten für den Thriller. Wer sein Handwerk so gut beherrscht, eine realistische Handlung erschafft – durch das fundierte rechtsmedizinische Wissen – Charaktere in die Geschichte einfließen lässt, mit denen man mit fiebert, die einem ans Herz wachsen und zusätzlich an jedem Kapitelende, einen großen, spannenden Cliffhanger eröffnet - sodass es einem schlicht unmöglich wird, dieses Werk aus der Hand zu legen - verdient nur eines: Eine absolute Leseempfehlung und den Rat, das Buch bestenfalls in einem Rutsch zu verschlingen. Denn diese Seiten, dieses Autorenduo, rauben einem den Schlaf, rauben einem die Gedanken. Also: Lesen, lesen, lesen! Währenddessen hoffe ich darauf, dass sich Fitzek und Tsokos nochmal einer gemeinsamen Arbeit hingegen werden.

Veröffentlicht am 28.01.2018

Unzureichendes Leseerlebnis

Graveminder
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„Ich habe Hunger, Miss Maylene“, drängte das Mädchen. “Tut mir leid“, flüsterte Maylene. „Ich mache dir etwas Warmes zu essen. Lass mich…“ „Ist schon in Ordnung. Sie werden mich retten, Miss Maylene.“ ...

„Ich habe Hunger, Miss Maylene“, drängte das Mädchen. “Tut mir leid“, flüsterte Maylene. „Ich mache dir etwas Warmes zu essen. Lass mich…“ „Ist schon in Ordnung. Sie werden mich retten, Miss Maylene.“ Das Mädchen warf ihr einen aufrichtig erleichterten Blick zu. „Ich wusste es, dass alles in Ordnung kommt, wenn ich Sie finde.“
„Graveminder“ – Melissa Marr
[S. 11]

Inhalt:
Claysville ist ein kleines Städtchen, in welcher weder Leute kommen, noch Leute gehen. Jeder, der einmal die Stadt verlassen hat, kehrt irgendwann doch wieder zurück. Die Traditionen der Stadt werden immer gewahrt und jeder Bewohner hegt und pflegt sie, denn sie haben oberste Priorität. Die Aufgabe der Rentnerin Maylene ist dabei entscheidend, denn sie gibt der Stadt Ruhe. Die Ruhe vor den Toten. Als Totenwächterin, ist sie für jeden Bewohner von Claysville sehr wichtig. Nach ihrem Tod muss nun ihre Enkelin Rebekkah ihre Arbeit und damit ihre ehemaligen Pflichten übernehmen, denn die Toten müssen ruhen. Doch Rebekkah will eigentlich nichts mehr mit der Kleinstadt zu tun haben, zu schmerzhaft ist die Vergangenheit, die sie mit Claysville verbindet, zu schmerzhaft ist es, ihre Jugendliebe Bek wiederzutreffen. Zu der Beerdigung ihrer Großmutter kommt sie trotzdem zurück, ohne zu ahnen, was von ihr verlangt wird und in welches Gefühlschaos sie erneut schlittert, als sie Bek gegenübersteht.

Fazit:
Als Teenager war ich ein totaler Fan von Melissa Marr, denn ihre „Gegen das Sommerlicht“ – Reihe hat mich fasziniert und zum Träumen angeregt. Sie hat mich in eine andere Welt entführt, wenn ich aus der Realität fliehen musste. Deshalb war ich der festen Überzeugung, dass auch „Graveminder“ mich in ein Paralleluniversum entführen würde – leider wurden meine Erwartungen nicht erfüllt und nach knapp 1/3 musste ich das Buch entnervt und enttäuscht abbrechen. Und ich breche Bücher nur unter extremsten Bedingungen ab, das alleine ist also schon ein Zeichen. Die Figuren in „Graveminder“ sind und bleiben lediglich Schemen, keine von ihnen kann die Leserschaft für sich einnehmen und durch die Seiten der Geschichte treiben. Weder Bek, noch Rebekkah, sind einem besonders sympathisch und so ist ihre Anwesenheit durchweg eher lästig, als angenehm. Eigentlich wäre dies schon Grund genug gewesen das Buch abzubrechen, denn wenn die Figuren es nicht schaffen, einem den Zutritt in die Geschichte zu ermöglichen, schaffen es auch meist die anderen Buchkomponenten nicht. Trotzdem habe ich weitergelesen und auf der weiteren Lesereise, haben sich auch die anderen Komponenten als unzureichend entpuppt. Der Schreibstil kratzt nur ganz leicht am Potential der Autorin und auch die Buchidee, die im Klappentext wirklich gelungen klang, schafft es nicht, einen gewissen Lesesog zu erzeugen. Mehr bleibt letztlich auch nicht zu sagen. In diesem Jahr das wohl unzureichendste Leseerlebnis.

Veröffentlicht am 28.01.2018

„Todesspiele“ reiht sich sicher in die Reihe um die Familie Vartanian ein und schließt sie zusätzlich sauber ab - mal wieder ein Muss für alle Karen-Rose-Fans

Todesspiele
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Luke hörte wieder einen Schuss und begann zu rennen. Er traf an der Tür mir Corchran zusammen. „Zielen Sie nach unten, ich nach oben.“ Er wollte sich in Bewegung setzten, fuhr dann jedoch zurück. „Da kommt ...

Luke hörte wieder einen Schuss und begann zu rennen. Er traf an der Tür mir Corchran zusammen. „Zielen Sie nach unten, ich nach oben.“ Er wollte sich in Bewegung setzten, fuhr dann jedoch zurück. „Da kommt jemand.“ Corchran zog sich hinter die Ecke zurück und wartete. Auch Luke entfernte sich lautlos, ohne die Tür aus den Augen zu lassen. Dann trat eine blutüberströmte Frau ins Freie.
„Todesspiele“ – Karen Rose
[S. 58]

Inhalt:
Daniel Vartanian und Alex Fallon haben den Serienkiller gefasst und getötet, der die Kleinstadt Dutton in Angst und Schrecken versetzt und zahlreiche junge Frauen, auf bestialische Weise getötet hat. Doch damit endet diese tragische Geschichte noch lange nicht - damit beginnt sie. Ihre Spur führte die Beiden in einen Bunker. Dort finden sie nicht nur den Mörder, sondern stoßen des Weiteren auf einen Mädchenhändlerring.
Luke Papadopoulos und Susannah Vartanian beginnen mit den Ermittlungen. Die Hälfte der jungen und entführten Mädchen wurde im Bunker hingerichtet, die andere Hälfte ist spurlos verschwunden, von den Tätern fehlt jede Spur. Einziger Hinweis ist ein geheimnisvolles Brandzeichen auf den Opfern. Auch Susannah besitzt ein solches Brandzeichen und muss sich nun unweigerlich eingestehen, dass sie den Geistern ihrer Vergangenheit gegenübertreten muss, wenn sie der Zukunft entgegentreten will. Eine gefährliche Schnitzeljagd beginnt, bei der Susannah immer mehr ins Fadenkreuz gerät.

Meinung:
Ich habe „Todesspiele“ regelrecht entgegen gesehnt, denn im letzten Teil der Vartanian-Reihe, hoffte ich endlich Antworten auf alle offenen Fragen zu erlangen – und ich wurde nicht enttäuscht. Der dritte und letzte Band setzt nochmal bei den finalen Ereignissen des Vorgängerbandes ein und erzählt die Geschichte im Bunker aus der Sicht von Daniels Schwester Susannah Vartanian und Daniels besten Freundes Luke Papadopoulos. Wenn die Erzählungen des zweiten Teils etwas zurückliegen, bestimmt eine gute Idee, für mich hingegen war es leicht mühselig, die Ereignisse nochmals durchleben zu müssen – denn ich hatte erst kurz vorher den zweiten Teil beendet. Auch wenn der Perspektivwechsel ein erstes Gefühl für Susannah und Luke aufkommen lässt und durchaus zusätzliche Informationen darlegt, gestalteten sich die ersten Seiten für mich etwas langatmig.

Doch damit sollte bald Schluss sein. Denn unmittelbar nachdem die Geschichte neue Züge annimmt, schmeißt Karen Rose ihre Leser von Kapitel zu Kapitel ins kalte Wasser, erschreckt sie mit Grausamkeiten, überrascht sie mit unglaublichen Enthüllungen und besänftigt sie mit einzigartigen und überwältigenden Gefühlen. Auch im dritten Band kommt die für die Autorin typisch Mischung von Thrill und Romantik zum Vorschein und versüßt das blutrünstige Leseerlebnis enorm. Diesmal knistert es zwischen dem emotionalen, stämmigen und kräftigem Griechen Luke und Daniels einsamer und scheinbar verlorenen Schwester Susannah. Susannah ist das Bindeglied aller drei Bücher und damit wird klar, dass wir in diesem Band endlich alle ersehnten Antworten finden werden. Denn nun fasst Susannah Mut, bricht aus ihrer ehemaligen Rolle aus und stellt sich ihrer Vergangenheit entgegen, die in den vorherigen Teilen nur leicht angedeutet wurde. Luke steht ihr dabei unterstützend zur Seite und versucht mit viel Charme und Raffinesse, ihren harten Panzer zu durchbrechen. Wieder einmal erschafft Frau Rose mit diesem Duo ein sehr sympathisches Paar, welches sich nicht nur ergänzt, sondern durch immer wieder neue Facetten zusätzlich bei den Lesern punkten kann.
Dabei trägt der Schreibstil der Autorin dazu bei, sich der Geschichte vollkommen hingeben zu können. Ihre Buchstaben tragen einen durch die Geschichte und lassen einen alles Unnötige vergessen. Die Schreibe von Karen Rose ist definitiv nicht sonderlich besonders, trotzdem schafft sie es, dass man die eigentlichen Buchstaben gar nicht mehr wahrnimmt. Versucht man sich im Nachhinein an den Prozess des Lesens zu erinnern, so erinnert man sich nicht an das Geschriebene selbst, sondern lediglich an die Handlung, die zu keinem Zeitpunkt ermüdend, sondern immer mitreißend und spannend ist.

„Todesspiele“ bündelt die vorherigen Teile, fügt lose Enden zusammen, setzt Puzzleteil an Puzzleteil und trägt wahrscheinlich gerade dadurch, dieses enorme Tempo in sich. Zu keinen Zeitpunkt kommt man auch nur annähernd auf die Idee, dass man das Buch gerne zur Seite legen, einmal Luft holen würde. Stattdessen rast man durch die Geschehnisse, durstig nach mehr. Das Gefühl, das man dafür nach der letzten Seite geschenkt bekommt, diese pure Erleichterung, diese vollkommene Erkenntnis und den Eindruck, alles Böse besiegt zu haben, ist einfach unglaublich und entlohnt einen für seine lange Ausdauer.

Fazit:
Auf dem Buchdeckel heißt es: „Niemand spielt so geschickt mit Ihren Nerven wie Karen Rose.“ Dem kann ich nur zustimmen. Karen Rose beherrscht ihr Handwerk perfekt: überzeugt durch eine brutale Handlung, skrupellose Täter und eine emotionale Liebesgeschichte. Dabei schreib sie so locker, so einfach und doch so mitreißend, dass die Realität sich auflöst und man sich nur noch auf die Jagd nach dem Bösen konzentrieren kann. Man will Antworten, man will die Verantwortlichen leiden sehen und man will ein Happy End. Ob die Autorin die Leser auch in diesen Punkten bedienen kann, müsst ihr schließlich selbst herausfinden. Eins steht jedoch fest: „Todesspiele“ reiht sich sicher in die Reihe um die Familie Vartanian ein und schließt sie zusätzlich sauber ab.