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Veröffentlicht am 03.12.2017

Spannend und gut durchdacht

Im Traum kannst du nicht lügen
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Ein Amoklauf an einer Schule. Das dahinter oft mehr steckt als “nur” der Hass auf seine Mitmenschen, oder der Wille jemanden zu töten, davon hat bereits Jody Picould in ihrem Roman “19 Minuten” geschrieben. ...

Ein Amoklauf an einer Schule. Das dahinter oft mehr steckt als “nur” der Hass auf seine Mitmenschen, oder der Wille jemanden zu töten, davon hat bereits Jody Picould in ihrem Roman “19 Minuten” geschrieben. Diese Geschichte war so spannend erzählt, da war ich doch sehr neugierig, wie Malin Persson Giolito ihre Erzählung gestaltet. Immerhin gewann die Autorin mit “Im Traum kannst du nicht lügen” den Nordischen Krimpreis 2017. Da sind die Erwartungen für mich als Leser schon recht hoch!IMG20171203165440

Die Geschichte wird nach hinten aufgearbeitet. Das Blutbad ist schon geschehen und Maja steht vor Gericht. Sie macht es einem nicht leicht, sich nicht gleich ein negatives Bild von ihr zu zeichnen. Sie wirkt so teilnahmslos, alles scheint ihr egal zu sein. Gedanklich ist sie oft woanders, drehen sich auf abwertende Weise um die Verteidigerin oder ähnliches. Nur wenn sie an ihre kleine Schwester denkt, kommt da ein ganz anderes Mädchen zu tagen, eines das liebevoll ist, das sich sorgt. Zwischen den Verhandlungstagen erfährt man Majas Geschichte, bis man zum Kern vordringt, der Auslöser der unfassbaren Tat, vergehen noch viele Seiten. Zwischendurch ist das etwas langatmig, doch die Aufarbeitung, in der man alles über Maja, ihren Freund Sebastian und den Rest der Clique erfährt, lohnt sich durchzuhalten!

Mein Fazit:

Für mich eher Drama als ein Krimi, spannend und gut durchdacht. Die Jugendlichen kommen Großteils aus wohlhabenden Familien. Können alles haben. Doch Geld allein macht nicht Glücklich. Party, Drogen, Alkohol und ein Vater, bei dem nur Leistung steht und für dem Liebe offenbar ein Fremdwort ist, führen von einem Extrem zum Anderen. Bis jemand nur noch einen Ausweg sieht! Tatsächlich hab ich zwischendurch auch ein paar Tränen vergossen, so emotional fand ich Majas Schilderung ihrer Beziehung zu Sebastian.

Veröffentlicht am 03.12.2017

Eine sehr gut durchdachte Geschichte

Das Licht der Insel
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Porphyry Island, mitten in dem riesigen See in Nordamerika, ist die Heimat von Elizabeth und ihrer Zwillingsschwester Emily. Dort verbringen sie zusammen mit ihren Eltern und ihrem Bruder Charles eine ...

Porphyry Island, mitten in dem riesigen See in Nordamerika, ist die Heimat von Elizabeth und ihrer Zwillingsschwester Emily. Dort verbringen sie zusammen mit ihren Eltern und ihrem Bruder Charles eine unbeschwerte Kindheit. Scheinbar nichts kann diese Unbeschwertheit trüben, bis zu jenem Tag, als etwas unfassbares passiert und die Schwestern die Insel überstürzt verlassen. Siebzig Jahre danach verbringt Elizabeth ihren Lebensabend in einem Altenwohnheim an dem See ihrer Kindheit. Hier lernt sie die junge Morgan kennen. Sie wurde zu einer gemeinnützigen Arbeit in der Einrichtung verdonnert. Als Elizabeth die verschollenen geglaubten Tagebücher ihres Vaters überreicht bekommt, bittet sie die junge Frau ihr diese vorzulesen. Vieles ist nicht neu für die alte Dame, denn ihr Vater berichtet vor allem von seiner Arbeit. Doch ein entscheidendes Tagebuch fehlt, es ist genau jenes von dem sich Elizabeth Klarheit erhofft, warum ihr Bruder Charles vor all den Jahren so böse auf ihre Zwillingsschwester Emily war. Nun wird dies wohl für immer ein Geheimnis bleiben, denn der Bruder ist tot. Ertrunken in dem großen See auf seiner letzten Fahrt zu Porphyry Island, der Heimat ihrer Kindheit ….

Die Geschichte hat mich wirklich sehr berührt, obwohl ich sie zu Beginn einen etwas langweiligen Eindruck machte. Seite um Seite wurde es aber dann doch spannender. Die Tagebucheinträge und besonders am Ende Elizabeths eigene Erzählungen zu den Ereignissen auf der Insel, gestalteten sich immer spannender. Die Autorin schaffte es mit ihrem Schreibstil ein deutliches Bild der Insel, der Gegend, der Menschen und dem Leben in jener Zeit zu zeichnen. Irgendwann war ich regelrecht gefangen, besonders von jener entbehrungsreichen Zeit, als es noch keine Elektrizität und andere moderne Errungenschaften gab. Die Geschichte entpuppt sich nach und nach als Drama. Man ahnt schon bald, dass sich in der Kindheit der Schwester etwas schlimmes zugetragen haben muss, doch das ganze Ausmaß ist erschütternd.

Das Cover passt zu der Geschichte. Es wirkt sehr idyllisch, doch ist diese Idylle trügerisch. Nicht nur die harten Wintermonate verlangen den Menschen alles ab, auch schleicht sich das Böse unbemerkt auf die Insel.

Mein Fazit:

Ein wirklich gut durchdachter Roman, der mir nach den etwas zähen Anfang dann wirklich gut gefallen hat. Die abwechselnden Erzählstränge aus Elizabeths und Morgans Sicht und das Zurückblicken in die Vergangenheit machen aus diesem Drama ein gelungenes Leseerlebnis das mir in schöner Erinnerung bleibt!

Veröffentlicht am 23.11.2017

Ziemlich wissenschaftlich vom Inhalt her

Der Tiger in der guten Stube
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Süß, wie einen dieses kleine Kätzchen schon auf dem Cover ansieht! Es ähnelt unserem Wollknäuel in seinen ersten Lebensmonaten sehr. Inzwischen hat er eine absolute Veränderung hingelegt, gerade so als ...

Süß, wie einen dieses kleine Kätzchen schon auf dem Cover ansieht! Es ähnelt unserem Wollknäuel in seinen ersten Lebensmonaten sehr. Inzwischen hat er eine absolute Veränderung hingelegt, gerade so als ob er ein Wechselbalg wäre. Aus langhaarigem Tigermuster wurde ein Riese in Rot durchzogen mit dunkleren und helleren Strähnen. Dieses Phänomen, meine unbändige Liebe zu diesen Tieren und auch das süße Cover hat mich neugierig auf dieses Sachbuch gemacht.

Der Einstieg gestaltet sich schon mal recht amüsant mit der Geschichte des “Löwen von Essex” oder “Wie eine zu groß geratene Hauskatze ein ganzes Dorf in Angst und Schrecken versetzt”. Ja, ja, die lieben Mietzekatzen können einen schon ganz schön in Panik versetzten Smile. Im Hauptteil erfuhr man dann sehr viel über den Werdegang der Katzen, vom Wildtier zum Haustier sozusagen. Welche Kulturen die Katzen vor tausenden Jahren schon verehrten und wie sich diese Verehrung in Zeiten von Internet viral weiterentwickelt.

Das Buch war über lange Strecken leider zu wissenschaftlich, eher mehr Fachbuch als Sachbuch für meinen Geschmack. Auch bezieht sich sehr viel vom Katzenhype auf die USA.

Mein Fazit:

Es war interessant zu lesen, wie sich die Katzen ihren Platz bei den Menschen erobert haben. Wirklich hilfreich für Katzenhalter empfand ich das Buch nicht. Wie bereits erwähnt eher wissenschaftlich mit vielen Quellenangaben, deren Anmerkungen man ganz hinten im Buch findet.

Veröffentlicht am 21.11.2017

Je suis Paris - Wir werden glücklich sein

Wir werden glücklich sein
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“Je suis Paris”, wer kann sich nicht an dieser Worte erinnern. An den Terroranschlag im Bataclan, der die ganze Welt einmal mehr erschüttert hat. Der uns gezeigt hat, dass man nirgends sicher ist, dass ...

“Je suis Paris”, wer kann sich nicht an dieser Worte erinnern. An den Terroranschlag im Bataclan, der die ganze Welt einmal mehr erschüttert hat. Der uns gezeigt hat, dass man nirgends sicher ist, dass es jeden treffen kann. Von jetzt auf gleich kann jeder jemanden verlieren der einem Nahe stand, den man gekannt oder geliebt hat, ohne darauf vorbereitet zu sein. Ist schon klar. Das ist grausam, das ist Schicksal. Doch jemanden auf Grund von Hass, der geschürt wurde, der in die Köpfe von meist jugendlichen Männern moslemischen Glaubens eingepflanzt wurde, welche dann hinterhältig möglichst viele Zivilisten zu töten, zu verlieren ist noch um einiges grausamer.

Aurélie Silvestres Erinnerungen stehen für diese unfassbare Gräueltat. In ihnen hat sie den Tod ihres Mannes, ihrer großen Liebe Matthieu verarbeitet. Als er starb, getötet wurde, war sie mit ihrem zweiten gemeinsamen Kind schwanger. Das hat sie nach eigenen Worten gerettet, ließ sie stark sein, für das Ungeborene und auch für den dreijährigen Sohn. Wie erklärt man diesem Kind, dass sein Vater nie mehr kommen wird? Der Vater, der am Abend der Tragödie “bis Morgen” zu ihm gesagt hat? Aurélie Silvestre hat nichts beschönigt in ihren Erinnerungen. Sie war ehrlich zu ihrem Kind. Das mag hart anmuten und kann vielleicht nicht jeder nachvollziehen, doch wollte sie immer ehrlich sein zu den Menschen die sie liebt. Ich fand es gut, wie sie damit umging. Dank ihrer Familie und Freunde, ihrer “Keep-Walking-Crew”, hat sie die schwerste Zeit ihres Lebens gemeistert. Es geht voran. Jeder sollte eine “Keep-Walking-Crew” in schweren Zeiten an seiner Seite haben. Aurélie Silvestre ist dankbar dafür, das kann man den Zeilen entnehmen.

“Wir werden glücklich sein” ist nicht nur ein Buch der Erinnerungen an ihren geliebten Mann Matthieu, der Titel ist auch eine Ansage. Wir werden glücklich sein und lassen dem Hass keinen Platz, bieten ihm keinen Raum, dass er sich ausbreiten kann in den Herzen und Gedanken. Aurélie Silvestres erzählt nicht von solchen Gefühlen, sie erzählt von Schmerz und Verzweiflung aber vor allem von Liebe, von Zuneigung und den schönen Dingen, die sie mit ihrem Mann erlebt hat und die sie für ihre Kinder festhalten will.

Mein Fazit:

Aurélie Silvestre hat den Tod ihres Mannes in diesem Buch verarbeitet. Und auch wenn es ihre Geschichte ist, ist es doch ein Buch das tröstlich sein kann. Vielleicht hat man selber einen schweren Schicksalsschlag hinnehmen müssen und findet für sich eine Möglichkeit der Verarbeitung. Schön gemacht mit kurzen Kapiteln, Bildern und Gedichten, die Matthieu selbst geschrieben hat.

Veröffentlicht am 21.11.2017

Eine französische Hochzeit

Die Wilden - Eine französische Hochzeit
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Mein Eindruck:

“Eine französische Hochzeit” ist der erste Band einer vielschichtigen, aufwühlenden Trilogie rund um die Familie Nerrouche. Eine Großfamilie algerischer Herkunft, welche bereits in dritter ...

Mein Eindruck:

“Eine französische Hochzeit” ist der erste Band einer vielschichtigen, aufwühlenden Trilogie rund um die Familie Nerrouche. Eine Großfamilie algerischer Herkunft, welche bereits in dritter Generation in Frankreich lebt. Eine Familie, die sich, trotz aller Widrigkeiten denen sie als Fremde ausgesetzt waren, gut integriert hat und als Franzosen sehen. Die Frauen verhüllen sich nicht, wenn sie in die Öffentlichkeit treten, sie rauchen, mischen sich in “Männer”-Unterhaltungen ein. Bildung ist der Familie Nerrouche sehr wichtig. Denn sie wissen, dass eine gute Schulausbildung bessere Chancen bietet. Als Migranten kennen sie aber auch die negativen Seiten der Gesellschaft. Besonders auf politischer Ebene. Große Hoffnung setzten auch sie in den Präsidentschaftskandidaten Idder Chaouch. Soll er es doch schaffen, die Grande Nation und ihre Menschen zu einen.

Den Einstieg in dieses Familienepos beginnt mit den Hochzeitsvorbereitungen von Dounias jüngstem Sohn Slim. Die ganze Familie kommt am Vorabend der Präsidentschaftswahl zusammen um zu feiern. Einzig Nazir, der älteste Sohn Dounias, fehlt. Es sind recht viele Namen, welche einem da bereits zu Beginn über den Weg laufen. Die Familie ist wirklich groß und jedem einzelnen wird am Anfang eine gewisse Bedeutung beigemessen. Man merkt recht bald, dass sich da etwas großes zusammenbraut und dass Krim, der Sohn von Rabia, eine entscheidende Rolle haben wird. Er ist derjenige, der diese Unzufriedenheit, Perspektivlosigkeit seiner Altersklasse verkörpert. Der, anders als seine Verwandten, keine guten Noten in der Schule hat, sich durchquält und Geld mit dubiosen Geschäften macht. Er ist aber auch der Naive, der manipuliert wird, der nicht merkt in welch dramatische Richtung sein Tun ihn bringen wird.

Erst waren mir diese ersten Kapitel fast zu ausschweifend. Doch im Nachhinein gesehen, war es gut und richtig, einen so tiefen Einblick in die Familie zu bekommen. Es sah sich keiner vorgefertigten Meinung gegenüber. Der Autor fertigte ein anschauliches Konstrukt, so betrachtet man die Familie und die Geschehnisse nicht in schwarz-weiß. Es steckt oft viel mehr dahinter, als man es sich vorstellen kann. Der Roman wird mit jeder Seite spannender. Aus dem anfänglichen Familienepos entwickelt sich ein rasanter Politthriller, dessen Ausmaße von Seite zu Seite zunehmen.

Sabri Louatah ist in Saint-Etienne geboren und aufgewachsen in einer algerisch-stämmigen Großfamilie. Die Unruhen 2005 im Pariser Banlieu inspirierten ihn für diesen Roman.

Mein Fazit:

Ich muss zugeben, dass ich an die Unruhen 2005 in Banlieu wenig Erinnerungen hatte. Da war mal etwas. Während der Lektüre hab ich da recherchiert. Inzwischen hat sich in Europa so viel zugetragen, dass dieser Roman wohl aktueller denn je ist. Ich mach mir mehr Gedanken über solche Vorfälle als früher, sehe sie aber auch kritischer. “Die WildEN” hat mich darin bestätigt, dass viel mehr hinter solchen Taten steckt, als man vermuten würde. Mich hat der Roman absolut überzeugt, mit seinen Charakteren und mit seinen verzweigten Wegen, die er einschlug. Absolute Leseempfehlung!

“Die WildEN – Eine französische Hochzeit” ist Band 1 einer Trilogie. Leider kommen die Folgebände erst im September 2018 und 2019 auf den deutschsprachigen Markt. Das ist doch eine recht lange Spannen, die da abzuwarten ist. Bis dahin werde ich Band 1 wohl noch einmal lesen müssen, um wieder in den Fall eintauchen zu können!