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Veröffentlicht am 04.10.2016

Jana und Usti, ein tolles Team

Krähenzeit
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"Krähenzeit" von Karin Joachim entführt uns in die malerische Landschaft des Ahrtals. Jana Vogt arbeitet in Köln als Tatortfotografin und urlaubt jetzt zusammen mit ihrem Hund Usti im Ahrtal. Doch gleich ...

"Krähenzeit" von Karin Joachim entführt uns in die malerische Landschaft des Ahrtals. Jana Vogt arbeitet in Köln als Tatortfotografin und urlaubt jetzt zusammen mit ihrem Hund Usti im Ahrtal. Doch gleich in den ersten Tagen stolpert sie, bzw. Usti über einen Toten im Weinberg. Jana ruft die Polizei, die Wartezeit verkürzt sie sich indem sie den Fundort genauer in Augenschein nimmt und Fotos schießt. So kann sie dem ermittelnden Kommissar aus Koblenz auch wertvolle Hinweise geben. Also kein Wunder dass Kommissar Wieland sie für seine Ermittlungen einspannt. Doch damit gerät auch Jana ins Visier des Mörders.

Der Einstieg mit dem Leichenfund ist gelungen, man begleitet Jana auf ihrem Spaziergang durch den Weinberg, der dann jäh unterbrochen wird. Während Jana im Weinberg spazieren geht sinniert sie über einen Vorfall in Köln kurz vor ihrem Urlaub, bei dem sie bedroht und am Hals verletzt wurde. Man merkt, dass sie das Elebte noch nicht verarbeitet hat. Die Ermittlungen im Fall des Toten bringen sie auf andere Gedanken, zumal die Chemie zwischen Kommissar Wieland und ihr stimmt. Als Touristin fällt es Jana leicht zu den Einheimischen Kontakt zu knüpfen und wichtige Informationen zu sammeln.

Der Schreibstil ist leicht, lässt sich super flüssig lesen und die Autorin bringt das Lokalkolorit im Ahrtal wunderbar rüber. Wenn man die Weinbaugegend kennt hat man sie bildlich vor Augen, sieht die Weinberge und genießt mit Jana die Aussicht ins Tal. Die Ortsbeschreibungen sind malerisch und die mundartlichen Einschübe zaubern einen wunderbare Atmosphäre.

Bei den Ermittlungen verfolgen unsere beiden Protagonisten viele Fährten, einige laufen ins Aus, aber mit Hilfe von Usti, der sich als guter Fährtenhund erweist kommen die beiden dem Täter schließlich immer näher. Mir hat gefallen, dass Usti eine so große Rolle hatte, er lockert die Handlung ungemein auf.

Etwas schade fand ich, dass die Protagonisten relativ blass blieben. Über Jana erfährt man nicht wirklich viel um sie richtig einschätzen zu können, auch der Vorfall in Köln, der sie immer wieder beschäftigt wird nicht näher beschrieben. Ich bin mit den Figuren leider nicht richtig warm geworden, konnte deswegen nicht so mitfiebern wie gewohnt.

Fazit: Lockerer, unblutiger Regiokrimi mit wunderbaren Landschaftsbeschreibungen und viel Lokalkolorit. Für mich 3,5 Sterne, aufgerundet auf 4.

Veröffentlicht am 27.09.2016

Eine Story über Verlust, Veränderung und die erste Liebe

Für dich soll's tausend Tode regnen
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Was für ein geniales Jugendbuch, ich habe die Lektüre so genossen. Aber worum geht es? Emi zieht mit ihrem Vater und Bruder aus dem sonnigen Heidelberg ins kühle und regnerische Hamburg. Nicht freiwillig, ...

Was für ein geniales Jugendbuch, ich habe die Lektüre so genossen. Aber worum geht es? Emi zieht mit ihrem Vater und Bruder aus dem sonnigen Heidelberg ins kühle und regnerische Hamburg. Nicht freiwillig, das ist klar. Sie vermisst ihre beste Freundin und in der Schule findet sie erst mal keinen Anschluss. Ganz im Gegensatz zu ihrem Bruder, der ein richtiger Sonnyboy ist.

Emi ist eigentlich ein ganz natürliches Mädchen, wäre da nicht ihr schwarzes Buch, in dem sie Zeitungsausschnitte über ungewöhnliche Todesfälle sammelt. Seit ihre Nachbarin auf makabre Weise den Tod gefunden hat betreibt Emi dieses Hobby, schaut sich auch die Menschen in ihrer Umgebung an und spekuliert, wie deren Ende wohl aussehen könnte.

Doch Emi ist nicht die einzige Außenseiterin in ihrer Klasse. Erik, über den viele Gerüchte kursieren ist genauso außen vor wie sie. Ausgerechnet mit ihm gerät sie aneinander, explosiv im wahrsten Sinn des Wortes. Denn im Chemieunterricht, bei dem die beiden an einem Experiment arbeiten, kommt es zu einem Zwischenfall, der sie zum Rektor zitiert. Strafarbeit ist angesagt, gemeinsames Beseitigen von Graffiti.

"Für dich soll's Tausend Tode regnen" ist vom Design her schon ein echter Hingucker. Das Cover ziert ein Sugarskull und die einzelnen Seiten haben eine schwarze Umrandung, wie man sie von Trauerkarten kennt. Definitiv ein Buch das aus der Masse heraus sticht. Und die Geschichte steht dem Cover in nichts nach. Der Schreibstil ist jugendlich, locker lässig und liest sich fast von selbst. Emi ist eine Protagonistin, die mir sofort sympathisch war. Typisch Teenager, mit einem Bruder geschlagen, der bei allen gut ankommt und einem Therapeuten als Vater, der seine Kinder regelmäßig analysiert. Berufskrankheit sozusagen. Als wäre es nicht schlimm genug dass sie ihre Freundin nicht mehr sehen kann und sich in der neuen Schule und Stadt erst noch zurechtfinden muss, hat ihr Vater auch noch eine neue Freundin, die er den Kindern vorstellen will. Definitv etwas, das Emi nicht braucht.

Als ihr dann auch noch die Strafarbeit mit Erik aufgebrummt wird ist das Maß voll. Die beiden zoffen sich, beide sind störrisch und keiner gibt auch nur ein stückweit nach. Da Emi keine Lust hat jeden Samstag Graffiti abzuwaschen schlägt sie eine Challenge vor. Der Gewinner muss den Dienst des anderen mit übernehmen. Und ab hier wird's richtig witzig, denn die Challenges die sich die beiden für den jeweils anderen ausdenken, haben es in sich. Jede Aufgabe bringt sie an ihre Grenzen, Grenzen die sie überwinden müssen. Irgendwann stellen die beiden fest, dass sie sich gar nicht so unähnlich sind und es entwickelt sich eine zarte Lovestory.

Ich habe hier wirklich jede Seite genossen und musste viel lachen, einfach herrlich welche skurrilen Todesarten sich Emi für ihre Mitmenschen ausdenkt. Dabei hat auch diese Story einen tieferen Sinn, erzählt von Verlust, Veränderung und der ersten Liebe. Die Protas sind toll skizziert, angefangen bei Emi und ihrer Familie und den Schülern aus ihrer Klasse. Man merkt während des lesens, wie sich Emi langsam verändert und weiterentwickelt. Genauso wie Erik. Beiden fällt es schwer Vertrauen zu fassen und sich einem anderen zu öffnen, aber die Challenges sind der beste Weg dazu.

Fazit: Ein rundum perfekter Jugendroman, ich hoffe es wird eine Fortsetzung mit den beiden sympathischen Protagonisten geben.

Autor: Anna Pfeffer

Veröffentlicht am 27.09.2016

komplexer Plot und brisantes Thema

Wintertod
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Schauplatz Berlin. Im zweiten Teil der Reihe um Kommissar Arne Larsen wechselt der Schauplatz von Schleswig Holstein in die Hauptstadt, wohin er sich nach seinem letzten dramatischen Fall versetzen ließ. ...

Schauplatz Berlin. Im zweiten Teil der Reihe um Kommissar Arne Larsen wechselt der Schauplatz von Schleswig Holstein in die Hauptstadt, wohin er sich nach seinem letzten dramatischen Fall versetzen ließ. Da er über wenig Großstadterfahrung verfügt wird ihm eine jüngere Kommissarin, Mayla Aslan, als Chefin vorgesetzt. Schon sein erster Arbeitstag beginnt mit einem Leichenfund. In einem aufgegebenen Friedhof im Norden Berlins wird die nur oberflächlich verbuddelte Leiche einer Frau gefunden. Das Tuch in das sie gewickelt ist, gibt den Ermittlern Rätsel auf, zudem weist die Leiche keine Zeichen von Gewaltanwendung auf, alles deutet auf einen Selbstmord.

In einem weiteren Strang lernen wir die Grundschullehrerin Lea Zeisberg kennen, die nach traumatischen Erlebnissen eine sechsmonatige Auszeit nahm und jetzt wieder in den Schuldienst zurückkehrt. Es fällt ihr schwer, sich wieder auf die Kinder ihrer Klasse einzulassen. Als sie das Heft einer Schülerin genauer in Augenschein nimmt, sie sie einen stummen Hilfeschrei.

Neben diesen beiden Strängen gibt es noch eine Handlungsebene, die in der Vergangenheit spielt. Martin erinnert sich an seine Kindheit in den 70er Jahren in der damaligen DDR. Drei Stränge, die auf den ersten Blick nichts gemeinsam haben, die der Autor aber gekonnt zu einem dichten und atmosphärischen Ganzen webt.

Arne Larsens Leben hat sich seit dem Umzug verändert. Er ist vorübergehend in eine WG gezogen, doch so richtig wohl fühlt er sich nicht. Es mangelt an Privatsphäre und das Bad scheint ständig besetzt zu sein. Der Einstand in der neuen Abteilung läuft nicht wirklich rund, die Zusammenarbeit mit seiner Vorgesetzten und Kollegin gestaltet sich anfangs schwierig, die beiden müssen sich erst mal zusammenraufen. Keine optimalen Bedingungen, um an einem brisanten Fall zu ermitteln.

Arne war mit schon aus dem ersten Teil bekannt, er gewinnt hier noch mehr an Tiefe, auch die anderen Figuren sind sehr gut gezeichnet, vor allem seine Partnerin Mayla. Sie wirken lebendig und authentisch, sind Figuren mit Ecken und Kanten.

Was mir bei "Ein Dunkler Sommer" schon so gut gefallen hat ist der wunderbar atmosphärische und anspruchsvolle Schreibstil, der sich auch in diesem Teil wiederfindet. Mein Kopfkino hatte keine Probleme anzuspringen, ich konnte tief in die Handlung eintauchen und hatte sowohl Orte als auch Personen bildlich vor Augen. Keine Selbstverständlichkeit, oftmals bleiben Charaktere zu blass und ich bin nur ein oberflächlicher Beobachter am Rande. Ganz anders hier! Ich war an Arnes Gedanken und Gefühlen hautnah dran, konnte meine eigenen Vermutungen anstellen und überlegen, wie Martin in die Geschichte passt.

Das Buch erzählt eine Geschichte von Kindern, die von Erwachsenen in falsche Bahnen gelenkt werden. Über Gewalt in der Famlilie sowie an Schulen. Eine Geschichte die unter die Haut geht und die die Abgründe der menschlichen Seele offenbart. Thomas oOmmensen zieht hier gekonnt die Fäden und webt einen komplexen Plot, dem es nicht an Spannung fehlt. Das Ende ist schlüssig geklärt, so dass keine Fragen offen bleiben.

Fazit: Packender Krimi mit einem brisantenThema den ich jedem Krimifan nur empfehlen kann. Auf den nächsten Fall für den sympathischen Kommissar darf man gespannt sein.

Veröffentlicht am 22.09.2016

komplex und spannend

Märchenwald
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"Märchenwald" von Martin Krist ist schon der fünfte Fall für Ermittler Paul Kalkbrenner und seine Kollegin Sera Muth. Auch diesmal beschäftigt ihn ein brisanter Fall bzw. mehrere Fälle, die irgendwie zusammenzuhängen ...

"Märchenwald" von Martin Krist ist schon der fünfte Fall für Ermittler Paul Kalkbrenner und seine Kollegin Sera Muth. Auch diesmal beschäftigt ihn ein brisanter Fall bzw. mehrere Fälle, die irgendwie zusammenzuhängen scheinen.

Bei einem Einbruch in einen Frisiersalon stirbt einer der Täter an seinen Verletzungen, die er sich am zerschlagenen Fenster zugezogen hat. Doch kaum ist der Tatort besichtigt kommt auch schon der nächste Fall rein, und der hat es in sich. Kalkbrenner wundert sich, denn offensichtlich ist der Mann eines natürlichen Todes gestorben. Herzinfarkt beim Mittagessen. Doch seine Kühltruhe birgt einen schrecklichen Inhalt.

Es hat nur wenige Seiten gebraucht, bis ich von diesem Thriller wieder total gefesselt war. Kalkbrenner und sein Team war mir schon aus den Vorgängern bekannt, so war es ein leichtes den Überblick über die einzelnen Protagonisten und die jeweiligen Erzählstränge zu behalten. In gewohnter Weise zeichnet sich der Aufbau durch kurze Kapitel, mehrere Handlungsstränge, die parallel laufen und schnelle Szenenwechsel aus. Dadurch entsteht eine ganz eigene Dynamik, die Cliffhanger am Ende der Kapitel verleiten dazu mehr zu lesen, als geplant.

Spannend fängt die Story an, wir Leser beobachten zwei kleine Kinder, die mitten in der Nacht von ihrer Mutter geweckt und im Wandschrank versteckt werden. Wie passen die beiden in die Story? Eine junge Frau hat ihr Gedächtnis verloren, sie irrt durch Berlin und wird verfolgt. In einem weiteren Strang verfolgen wir die Ermittlungen von Kalkbrenner und seinen Kollegen, die in ihrem Fall nicht so richtig vorwärts kommen.

All diese Stränge haben Berührungspunkte, es gibt Zufallstreffen zu einem Zeitpunkt als noch keiner ahnt, dass sich ihre Wege nochmals kreuzen werden. Genau diese zufälligen Szenen machen die Story authentisch. Die Spannung ist von Anfang an sehr hoch und bleibt auch konstant auf hohem Niveau. Ich bin atemlos durch die Seiten gerauscht, zumal das Thema wirklich brisant und schockierend ist. Martin Krist verwebt die Stränge gekonnt zu einem stimmigen Ganzen, in einem spannenden Showdown klärt sich am Ende fast alles auf. Einige wenige Fragen bleiben unbeantwortet, hier kann sich der Leser seine eigenen Gedanken machen.

Fazit: Wieder ein perfekter Thriller aus der Feder von Martin Krist. Kann ich jedem empfehlen, der komplexe und spannende Thriller liebt. Verdiente 5 Sterne.

Veröffentlicht am 18.09.2016

Die Montagsgruppe

Die Schande der Lebenden
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"Die Schande der Lebenden" von Mark Billingham ist ein psychologisch ausgefeilter Roman um eine Gruppe ehemals Süchtiger, die sich jeden Montag bei dem Therapeuten Tony de Silva in dessen Haus trifft. ...

"Die Schande der Lebenden" von Mark Billingham ist ein psychologisch ausgefeilter Roman um eine Gruppe ehemals Süchtiger, die sich jeden Montag bei dem Therapeuten Tony de Silva in dessen Haus trifft. So unterschiedlich die Teilnehmer sind, sie alle haben ihre Sucht überwunden und versuchen, nicht wieder rückfällig zu werden. Bei fast allen handelte es sich um Alkohol- oder Drogenmissbrauch. Tony war in früheren Zeiten selbst süchtig und kann sich deswegen in seine Klienten sehr gut hinein versetzen, kennt die richtigen Methoden, um ihnen zu helfen.

Bei den Treffen gibt jeder seine gut gehüteten, dunklen Geheimnisse preis, wohl wissend dass die Gruppenregeln vorgeben, dass alles Gesagte in der Gruppe bleibt und nie ein Wort nach außen dringen wird. Immer wieder kommt es zu unschönen Szenen, die meist von Chris ausgehen. Doch trotzdem treffen sich alle nach den Sitzungen noch im Pup, um zu reden. Als jemand aus dem Kreis der Gruppe ermordet wird ändert sich alles.

Billingham hat seine Geschichte sehr gut aufgebaut, sie ist unterteilt in "Damals" und "Jetzt". Nach und nach erfährt man, was damals in den Therapiesitzungen vorgefallen ist, im "Jetzt" verfolgt man die Ermittlungen der Polizei im Mordfall. Die Befragungen der Teilnehmer und des Umfelds des Toten, die Schwierigkeiten mit denen die Ermittler zu kämpfen haben.

Der Großteil der Handlung beschäftigt sich aber mit den Sitzungen, was ich persönlich sehr interessant fand. Jeder der Teilnehmer hat seine eigene Vergangenheit, muss sich auf dem "heißen Stuhl" offenbaren, seine Ängste und seine Scham gestehen. Man merkt dass der Autor hier sehr gut recherchiert hat, die Sitzungen kommen lebhaft und authentisch rüber.

Der Fokus liegt auf den jeweiligen Persönlichkeiten und ihren Beziehungen untereinander, die sich verändern, als ein neuer Teilnehmer in die Gruppe kommt. Alle Protagonisten sind sehr gut skizziert, man lernt jeden von ihren gut kennen und kann sich ein Bild über die Persönlichkeit machen. Doch ist einer aus der Runde auch fähig einen Mord zu begehen? Die Spannungskurve steigt konstant an, dazu trägt auch bei dass lange nicht klar ist, wer das Opfer ist. Die Auflösung ist in sich stimmig und lässt keine Fragen offen.

Fazit:"Sie Schande der Lebenden" hat mir sehr gut gefallen, kommt allerdings nicht ganz an die beiden Vorgänger heran, so dass ich im Vergleich nicht die volle Punktzahl vergeben kann. Verdiente 4 Sterne für einen psychologisch sehr spannenden Roman.