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Veröffentlicht am 06.01.2019

Der Mönch von Mokka

Der Mönch von Mokka
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Nachdem ich letztes Jahr Dave Eggers‘ „Circle“ und „Ein Hologramm für den König“ gelesen (und auch gesehen) hatte, musste ich natürlich auch sein neuestes Werk, „Der Mönch von Mokka“ lesen. Laut Prolog ...

Nachdem ich letztes Jahr Dave Eggers‘ „Circle“ und „Ein Hologramm für den König“ gelesen (und auch gesehen) hatte, musste ich natürlich auch sein neuestes Werk, „Der Mönch von Mokka“ lesen. Laut Prolog handelt es sich hierbei nicht um einen Roman, sondern um eine Wiedergabe so exakt stattgefundener Ereignisse – das merkt man (leider) auch im Erzählstil. Dazu später mehr. In Eggers‘ neuem Buch sollte es um nichts geringeres als Kaffee gehen – ein Getränk, das mich täglich begleitet. Durch ein Nebenprojekt auf der Arbeit habe ich mich vor einigen Monaten bereits mit dem Thema Kaffee und seiner Geschichte beschäftigt und kann doch behaupten, mich einigermaßen auszukennen. Beim Geschmacklichen versage ich allerdings im großen Stil – ich habe noch nicht so viele Arten probiert, weiß aber mittlerweile, welche Arten von Kaffee ich mag und vertrage und bleibe einfach dabei. Ein Feinschmecker bin ich also nicht. Dennoch hat mich das Thema interessiert und naja, der Name des Autors und das wunderschöne Cover haben ihr Übriges getan. Im „Mönch von Mokka“ geht es um einen jungen Mann, der nach einer langen Aneinanderreihung von Sales-Jobs auf die Idee kommt, jemenischen Kaffee nach Amerika zu holen – und das zu fairen Rahmenbedingungen. Und so beginnt seine Reise auf dem Weg ins Entrepreneurship und in die Welt des Kaffees. Er, der in seinem ganzen Leben nicht mehr als ein Dutzend Tassen Kaffee getrunken hat, muss sich einarbeiten in die Grundlagen der Kaffeeherstellung, des Geschmacks und des Unternehmertums.

"Wenn Mokhtar es satthatte, arm zu sein, über obdachlose Süchtige zu steigen, mit sechs Geschwistern in einem Zimmer zu schlafen, ließ er seine Gedanken schweifen und träumte von der Möglichkeit, dass er vielleicht wie Harry [Potter] war, vorerst noch Teil dieser schäbigen Welt, aber zu Höherem bestimmt."

Wie hat es mir gefallen?
Dave Eggers konnte mich mit den Büchern, die ich bereits von ihm gelesen habe, komplett begeistern. Doch irgendwie war der „Mönch“ nicht annähernd so gut wie der „Circle“ oder das „Hologramm“, sondern leider kam ich mir wie in einer Geschichtsstunde vor. Mokhtars Lebensgeschichte, sein Aufwachsen und sein Ringen um Anerkennung und finanzielle Unabhängigkeit sind spannend zu verfolgen und machen unseren Protagonisten sympathisch. Doch ab dem Moment, wo er darauf gestoßen wird, dass der Kaffee seinen Ursprung vermutlich aus seinem Heimatland Jemen hat und er beschließt, diesen Kaffee in die Vereinigten Staaten zu bringen, wandelt sich die Sprache des Buchs: Mokhtar wird mehr und mehr zum unpersönlichen Charakter, der sich mehr und mehr vom Leser entfernt, bis seine Erlebnisse, seine Handlungen, seine Leidenschaft, nicht mehr spürbar werden. Es kam mir bei der Lektüre so vor, als würde ich ein Geschichtsbuch lesen, das ohne Emotion beschreibt, wie etwas passiert. Dass der Roman eine nicht unerhebliche Wendung in eine politische Richtung vollzieht, macht die Geschichte runder, aber leider nicht lesbarer. Die vielen Seiten über die Geschichte des Kaffees, seinem Anbau, seiner Verarbeitung und der Entstehung der weltweiten Kaffeekultur waren vielleicht lehrreich, allerdings treiben sie die Story nicht voran und dehnen den Roman unnötig aus; meiner Meinung nach hätten bestimmt 50 Seiten gespart werden können, die nicht handlungsrelevant sind. Natürlich ist es immer spannend, wenn ein Charakter in einem Buch seine Leidenschaft für etwas entdeckt – aber den Leser in einem solchen Ausmaß an der Recherchearbeit, die ebendieser tätigt oder tätigen muss, zu beteiligen, finde ich unnötig. Alles in allem lässt sich sagen, dass Dave Eggers hier wunderbar recherchiert hat, den Teil, den Mokhtar reisend in Arabien, im Jemen und in Äthiopien verbringt, finde ich atmosphärisch gelungen und ja, historisch akkurat. Dennoch finde ich es ein wenig schade, dass die gesamte Erzählsprache darunter gelitten hat, dass Eggers keinen Roman in dem Sinne verfasst hat, sondern wie bei seinem letzten Buch „Bis an die Grenze“ wieder ein Werk verfasst hat, das die Genre-Grenzen überschreitet und vielleicht mehr in Richtung „erzählendes Sachbuch“ geht. Ich habe „Bis an die Grenze“ noch ungelesen im Regal stehen und überlege jetzt, ob ich es nicht vielleicht doch lieber überspringen soll. Was mir an der Sprache sowohl beim „Circle“ als auch beim „Hologramm“ so gut gefallen hat und mich vorfreudig auf dieses Buch hat warten lassen, fehlt nämlich komplett und hat mir die Lesefreude ziemlich getrübt, da ich mit der Erwartung an einen Roman an den „Mönch on Mokka“ herangegangen bin.

Veröffentlicht am 06.01.2019

Ein sehr emotionaler Roman, der nicht nur das Halten eines Bienenstocks beschreibt, sondern dem Leser auch Brauchtümer und die Geschichte der Imkerei näher bringt.

Das Herz einer Honigbiene hat fünf Öffnungen
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Dieses Buch hat mich in den Vorschauen direkt mit seinem Cover gelockt, auch wenn es mittlerweile gefühlt an jeder Ecke neue Romane über Bienen gibt. Dennoch könnte ich nicht behaupten, dass ich das nicht ...

Dieses Buch hat mich in den Vorschauen direkt mit seinem Cover gelockt, auch wenn es mittlerweile gefühlt an jeder Ecke neue Romane über Bienen gibt. Dennoch könnte ich nicht behaupten, dass ich das nicht alles wahnsinnig interessant und spannend finde. Und somit zog das nunmehr dritte Bienenbuch bei mir ein. Nachdem ich letztes Jahr Maja Lundes „Geschichte der Bienen“ sowie Laline Paulls „Die Bienen“ (großartig!) las, tauchte ich mit Helen Jukes „Das Herz einer Honigbiene hat fünf Öffnungen“ also erneut ab in den Bienenstock. Die Geschichte dreht sich um Helen, die sich in einem langweiligen Bürojob wiederfindet und sich nach einem Sinn sehnt, und ist sehr wahrscheinlich autobiographisch angehaucht. An ihrem vorigen Wohnort besuchte sie mit einem Freund die in der Stadt verteilten Bienenstöcke und lernte ein wenig über die Imkerei. In ihrer neuen Wohnung vermisst sie die Bienen schmerzlich und wünscht sich endlich einen eigenen Stock, traut sich das Ganze aber nicht so recht zu. Sie besucht einen öffentlich einsehbaren Bienenstock, verschlingt alle Bücher über Imkerei und Bienen, die sie finden kann, und das Sehnen wir immer stärker – allerdings auch ihre Zweifel, ob sie einen Bienenstock halten und sich um ein ganzes Volk kümmern kann. Als sie dann schließlich ein Bienenvolk geschenkt bekommt, wird sie ins kalte Wasser geworfen, muss sich eine Beute (Bienenkasten) zulegen und wartet angespannt auf den Frühling, wenn ihre Bienen endlich abholbereit sind.

"All diese Leistungsziele, der Produktivitätsdruck, der Papierkram und die flachgetretenen Teppichhaare und die immer stärker standardisierten Abläufe; vielleicht hält uns das auf Kurs, aber es fühlt sich nicht sehr – ich biege um eine Ecke, suche nach dem Wort – menschlich an, finde ich."

Helen Jukes nimmt uns mit „Das Herz einer Honigbiene hat fünf Öffnungen“ und einer wahnsinnig sympathischen Protagonistin voller Selbstzweifel mit auf eine kleine Reise durch die Geschichte der Bienenforschung, denn als Leser lesen wir quasi mit Helen alles über die Imkerei. Von den Strukturen innerhalb des Stocks, dem Aufbau der Bienengesellschaft über Mythen und alte Riten (Beispiel: Bugonie) bis hin zur perfekten Beute, um beste Lebensbedingungen für die Bienen zu schaffen (und natürlich Honig zu ernten) lernen wir als Leser sehr viel über die schwarz-gelben Insekten. Viele Informationen waren mir bereits aus Laline Paulls Roman bekannt, der aus der Hierarchie der Bienen eine Dystopie gezaubert hat und somit lange im Gedächtnis geblieben ist. Dennoch war einiges Neues für mich dabei und die Geschichte von Helen, die sich im neuen Job zurechtzufinden versucht und in ihrem Leben immer mehr Parallelen zum Lebenszyklus der Bienen sieht, war erfrischend und neu. Die Erzählsprache hat mir ausgesprochen gut gefallen, der Roman lies sich gut lesen und war sehr kurzweilig. Als ich dann noch gelesen habe, dass dies ihr Romandebüt ist, war ich völlig überrascht!

Weiterlesen: https://killmonotony.de/rezension/noch-ein-bienenroman-ja-bitte

Veröffentlicht am 06.01.2019

Spannendes Finale der »Consider« Dilogie – Actionreich, gefühlvoll und intelligent!

Consider (2). Der Tribut
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Nachdem mir der erste Band von Kristy Acevedos Dilogie, „Consider. Das Portal“ ausgesprochen gut gefallen und es zudem auf einem Cliffhanger geendet hat, war die Wartezeit bis zum zweiten und finalen Band ...

Nachdem mir der erste Band von Kristy Acevedos Dilogie, „Consider. Das Portal“ ausgesprochen gut gefallen und es zudem auf einem Cliffhanger geendet hat, war die Wartezeit bis zum zweiten und finalen Band viel zu lang! Als „Consider. Der Tribut“ dann endlich erschien, musste ich es direkt verschlingen. Das Buch setzt direkt dort an, wo der erste Band aufhört – nämlich dann, wenn Alex durch das Portal schreitet. Jetzt erfahren wir endlich, was auf der anderen Seite wartet und ob sie ihre Lieben wiederfinden wird. Wie der Klappentext schon andeutet, erscheint die Welt, wo alle gelandet sind, perfekt, fast schon zu gut, um wahr zu sein. Es gibt Holo-Räume, in denen VR-Spiele gespielt werden können, gegen die unsere sehr alt aussehen, sein Zimmer kann man sich einrichten, wie man möchte – Holo-Technologie sei Dank ist das neue Sofa oder die Hängematte sofort da und kann auf Wunsch immer wieder verändert werden. Der persönliche Hologramm-Diener erfüllt jeden Wunsch sofort. Doch nach und nach fallen Alex Dinge auf, die kein anderer wahrzunehmen scheint, und plötzlich verkünden die Hologramme („reale“ Menschen scheint es auf dem Planeten nicht zu geben), dass alle Menschen von der Erde einen Tribut leisten müssen, damit sie weiterhin die Annehmlichkeiten von Solbiluna-8 genießen zu dürfen. Ein Leben in Freiheit und ohne Arbeit. Allerdings ist der geforderte Beitrag für Alex mehr als inakzeptabel…

"Kleine Akte der Rebellion. So werden wir gewinnen. Jedes Utopia hat seine Schwachstelle."

Kristy Acevedos „Consider. Der Tribut“ hat mich way past my bedtime wachgehalten, denn ich musste es wirklich in einem Rutsch lesen. Und es war einfach unheimlich spannend, endlich eine Auflösung zu bekommen und zu erfahren, was sich hinter dem Portal verbirgt. Ich habe mit einigem gerechnet, Theorien erdacht – Außerirdische, eine zerstörte Welt, der sofortige Tod (auch wenn das nicht sehr Story-förderlich gewesen wäre) – und bekam etwas völlig anderes. Alex landet in einer Welt, die technologisch unendlich viel fortgeschrittener ist als wir, die aber außer ein paar Vögeln keine Lebewesen zu beherbergen scheint. Die Menschen von der Erde, die durch die verschiedenen Portale „angereist“ sind, werden in verschiedenen Wohnsiedlungen untergebracht und ein jeder bekommt einen persönlichen holografischen Diener zur Seite gestellt, der für Fragen bereit steht und auch dafür sorgt, dass jeder der Menschen wohlbehalten in seinem neuen Zuhause ankommt und sich wohlfühlt. Bevor Alex jedoch richtig „ankommt“, begibt sie sich auf die Suche nach ihrer besten Freundin und ihrem Freund, Dominick. Als sie die beiden gefunden hat, erwartet sie eine demütigende Szene, denn es scheint so, als wären sich die beiden unverhofft näher gekommen. Und das Drama nimmt seinen Lauf. Tatsächlich hat mir dieser Aspekt der Story wieder mal am wenigsten gefallen, jedoch wurde Alex‘ Krankheit, ihre Angststörung, vertieft: In der Zukunft gibt es eine Technologie, die ähnlich wie eine Dusche funktioniert, jedoch mit Lichtwellen funktioniert und beruhigend wirkt. Alex schließt sich im Verlauf der Geschichte immer öfter dort ein, da ihre Tabletten von der Erde nicht ausreichen und sich ihr Krankheitsbild verschlimmert.

Weiterlesen: https://killmonotony.de/rezension/kristy-acevedo-consider-der-tribut

Veröffentlicht am 06.01.2019

Ein leichter, vor sich hin plätschernder Roman – Leider mit wenig Substanz.

The Hills
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Dieses Buch habe ich euch bereits in meinen Neuerscheinungs-Posts gezeigt und nun habe ich es endlich gelesen. In Matias Faldbakkens Roman „The Hills“ geht es um einen Kellner, der sein Leben lang nichts ...

Dieses Buch habe ich euch bereits in meinen Neuerscheinungs-Posts gezeigt und nun habe ich es endlich gelesen. In Matias Faldbakkens Roman „The Hills“ geht es um einen Kellner, der sein Leben lang nichts anderes gemacht hat, und um seinen Alltag. Aus der Ich-Perspektive erfahren wir alles zum Tagesablauf im „Hills“, dem traditionsträchtigen Restaurant mit Stil. Die Gäste kennt er, weiß, was sie wie bestellen und wie sie empfangen werden möchten. Unser namenloser Kellner hält sich stets im Hintergrund, scheint kein Leben außerhalb des Hills zu haben und auch keine Freunde. Sein Leben richtet sich nur nach seiner Kellnertätigkeit, morgens beginnt er im Hillsund abends geht er nach Hause, sieben Tage die Woche macht er nichts anderes und ist völlig festgefahren in seinem Trott. Und dieser Alltags-Muff wird gehörig durcheinandergewirbelt, als eine ihm unbekannte Frau („Die Kindsfrau“) im Hills erscheint und sich zu seinen altbekannten Gästen setzt und sich (Obacht!) mit ihnen unterhält. Sie bleibt bis abends spät im Restaurant, erscheint als Erste am Morgen wieder im Hills, taufrisch, und bestellt einen vierfachen Espresso. Unser Kellner lässt sich von ihr vollkommen ablenken, bringt Chaos im Hills, und sein Tagesablauf wandelt sich.

"Ich warte. Ich bin zu Diensten. Ich bewege mich im Raum umher und nehme Bestellungen auf, schenke ein und räume ab. Im Hills können die Menschen mit einem traditionsreichen Umfeld verschmelzen."

Eigentlich eine interessante Prämisse, allerdings vermag Matias Faldbakken nicht viel aus ihr herauszuholen. Er schildert die dem Kellner bekannten Vorgeschichten der Gäste, den immer gleichen Ablauf seiner Tätigkeit, die mitgehörten Gespräche, und auch die Ankunft der Kindsfrau kann zwar den Tagesablauf etwas durcheinander wirbeln, doch leider geschieht einfach nicht mehr. Es gibt einige interessante Passagen, wo der Kellner über sich, sein Leben und den Nutzen von Kaffee sinniert, die sind gut zu lesen, allerdings plätschert irgendwie alles nur seicht vor sich hin.

Weiterlesen: https://killmonotony.de/rezension/kurz-knapp-the-hills

Veröffentlicht am 06.01.2019

Ein toller Erzählband – Melancholisch, ergreifend und wunderbar geschrieben!

Das Buch der entbehrlichen Gedanken
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Auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse entdeckte ich den Stand des binooki Verlags, der türkische Literatur auf Deutsch veröffentlicht, und nahm mir eine Leseprobe von Ömür Iklim Demirs Erzählband ...

Auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse entdeckte ich den Stand des binooki Verlags, der türkische Literatur auf Deutsch veröffentlicht, und nahm mir eine Leseprobe von Ömür Iklim Demirs Erzählband „Das Buch der entbehrlichen Gedanken“ mit. Das Buch lockte mit einem wunderschönen Cover und einem sehr interessanten Klappentext, und nach Lektüre der Leseprobe war mir klar: „Ich muss mehr davon lesen!“ Und ist dieses wahnsinnig schmucke Buch bei mir eingezogen. Vielen Dank an dieser Stelle an den binooki Verlag, dass ich dieses Buch mitnehmen durfte! Ich habe noch nie bewusst türkische Literatur gelesen und da Erzählungen doch immer nett sind, um sich mit einem Stil anzufreunden und mal „reinzuschnuppern“ in das, was die Erzählsprache des Autors so besonders macht, ist „Das Buch der entbehrlichen Gedanken“ ein wunderbarer Einstieg. Die Erzählungen sind keine fröhlich-seichten, sie handeln von fehlgeschlagenen Leben, Verlusten, Trauer und ganz viel Melancholie. Also genau meins! Nachdem ich also die ersten Geschichten verschlungen hatte, konnte ich mich gar nicht mehr losreißen, so sehr hat mich die Sprache ergriffen: Neben der melancholischen Untertöne findet man in Demirs Werk auch Lautmalerei und die Sprache wirkt fast poetisch. Die Geschichten selbst reichen vom Sohn, der sein Leben an sich vorbeiziehen lässt und sich um die demenzkranke Mutter kümmert, bis hin zur Witwe, die sich über eine Zeitungsannonce die zweite Liebe erhofft – die Situationen sind vielfältig und während sich einzelne, feine Handlungsfäden spinnen ist gar keine Zeit für Langeweile.

"Das Leben war wie ein Traum, ich glaube, darum spielen meine Träume auch nie in der Kindheit. Es ist nicht leicht, den Traum eines Traums zu träumen."

Die Erzählsprache des Autors ist auf eine Art anders als alles, was ich bisher gelesen habe, der Rhythmus ist eigen und es ist schwierig, genau festzumachen, was mich als Leser hier so festgesaugt hat. Ömür Iklim Demir schafft es, selbst eine Geschichte aus der Sicht eines Hundes erzählt, so berührend zu gestalten, dass man als Leser gemeinsam mit den Chatakteren eine Achterbahn der Gefühle besteigt. Besonders gefallen hat mir die Geschichte „Drei Zimmer, Küche, halbes Leben“, die von einem Jugendlichen handelt, der sein gesamtes Leben innerhalb der Wohnung verbringen muss, da er aufgrund eines Unfalls eine schreckliche Gesichtsdeformierung davongetragen hat und seiner Mutter zufolge „die Nachbarn erschreckt“. Der Leser lernt Bruchstücke seines Lebens kennen, sowohl das jetzige als auch das vor dem Unfall. Wie er sich nie traute, Mädchen anzusprechen, und wie ihm sein jetziger Zustand im Jetzt davon abhält. „Einst, als der Salzstreuer die Stille tötete“ ist die oben bereits erwähnte Erzählung um einen Mann, der seinean Demenz erkrankte Mutter pflegt und währenddessen sein eigenes Leben an sich vorbeiziehen lässt, immer mehr Schulden anhäuft und Frau und Sohn schon „vertrieben“ hat. Die Geschichte dreht sich um den Tagesablauf der beiden, und um das traurige Schicksal, das ihnen noch bevorsteht.


Weiterlesen: https://killmonotony.de/rezension/das-buch-der-entbehrlichen-gedanken