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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.09.2024

Beklemmende Milieu- und Charakterstudie

Die Leuchttürme der Stevensons
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Wer die historischen Romane von Sabine Weiß kennt, wird von dem neuen Roman vielleicht überrascht sein. Schon das Cover signalisiert, dass es sich hier, wenn auch um einen historischen Roman, um etwas ...

Wer die historischen Romane von Sabine Weiß kennt, wird von dem neuen Roman vielleicht überrascht sein. Schon das Cover signalisiert, dass es sich hier, wenn auch um einen historischen Roman, um etwas gänzlich anderes handelt. Waren die bisherigen Romane vor allem unterhaltsame Werke mit hervorragend recherchierten Fakten zu einem bestimmten Thema, handelt es sich diesmal um eine Milieu- und Charakterstudie, die etwas schwerer zu lesen ist, manchmal beklemmende Gefühle hervorruft und innehalten lässt, anstatt in einem Rutsch durchzulesen.
Beschrieben wird das Elternhaus und die Entwicklung von Louis Stevenson, Sohn eines Leuchtturmbauers, der Ingenieurwissenschaften studieren muss und in die Fußstapfen seines Vater treten soll, jedoch viel mehr Spaß an Literatur und am Schreiben hat. Es geht um die inneren und äußeren Kämpfe, die Louis mit seinem Vater, v.a. aber mit sich selbst austrägt.
Das religiös, fast puritanisch geprägte Zuhause des Protagonisten lässt, geprägt von Erzählungen über die Qualen des Jenseits in Fegefeuer und Hölle, die einen angeblich erwarten, wenn man nicht genau das tut, was die Eltern von einem erwarten, Eigenständigkeit nicht zu. Sonntägliche Gottesdienste, Bibellesungen und Gebete sind allgegenwärtig, es wird mit Schuldgefühlen gearbeitet. Auf diese Weise werden die Flügel des jungen Louis gestutzt, bevor er sie zum ersten Mal ausbreiten kann. Eingeschnürt in ein enges Korsett der Gesetze, die für diese Familie gelten, ist jeder Versuch, sich selbst zu finden, zum Scheitern verurteilt.
So verwundert es nicht, dass Louis in Selbstzweifeln versinkt, sich nichts zutraut, sich für einen schlechten Menschen hält, glaubt, nichts zu können und zu nichts zu taugen, die Vorlesungen schwänzt, ziellos umherstreift, in Depressionen verfällt und Erleichterung in Feierexzessen, Alkohol und Drogen sucht. Dass er am Ende doch noch sein Ziel erreicht und ein hervorragender Autor wird, spricht für seine Charakterstärke.
Das alles ist hervorragend erzählt und beschrieben, ohne Übertreibungen, ohne Pathos, ohne erhobenen Zeigefinger. Der Leser wird gefangengenommen von den Gefühlen des Protagonisten und den beschriebenen Verhältnissen.
Zugleich erleben wir die Schönheiten Schottlands und erfahren viel über Geschichte und die damaligen Gefahren beim Leuchtturmbau.
Ein Glossar, Karten und zahlreiche zusätzliche Informationen am Ende des Buches sind eine erfreuliche Zugabe.
Es ist mit Abstand das beste Buch, das Sabine Weiß geschrieben hat.

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Veröffentlicht am 11.04.2024

Spannung mit bedrückendem Hintergrund

Gefährlicher Sog
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Der Sylt-Krimi Nummer 8 von Sabine Weiß ist das beste, das die Autorin bisher geschrieben hat. Die Hochspannung beginn auf der ersten und endet auf der letzten Seite. Man kann das Buch eigentlich nicht ...

Der Sylt-Krimi Nummer 8 von Sabine Weiß ist das beste, das die Autorin bisher geschrieben hat. Die Hochspannung beginn auf der ersten und endet auf der letzten Seite. Man kann das Buch eigentlich nicht weglegen, und auch wenn die Vernunft gesiegt hat, das Licht gelöscht und die Bettdecke hochgezogen wurde, so ist man in Gedanken doch noch lange bei der Geschichte.

Diesmal geht es um eine Jugendwohngruppe, das Schicksal der Jugendlichen, ihre Kindheitstraumata und die daraus entstandenen Störungen, die das Leben immer wieder aus den Angeln katapultieren, um die Bemühungen der Erzieher, die natürlich selbast ihre Probleme haben, ihre Richtungsstreits, was die Behandlung der Jugendlichen betrifft und die zahlreichen Höhen und Tiefen, die das alles mit sich bringt.

Der bewährte Cocktail aus hervorragender Recherche, spannender Unterhaltung und politischer Analyse setzt sich erneut fort. Besonders gelungen sind hier die Persönlichkeitsbeschreibungen, sei es der Jugendlichen, der Érzieher oder auch des Polizisten Andreas. Diese Darstellungen sind absolut glaubhaft und ideal gelungen.

So ein Thema kann natürlich nicht heiter sein, und so wird der Leser immer wieder mit Situationen konfrontiert, die bedrückend, wenn nicht sogar schockierend sind. Denn auch wenn es sich um einen Roman handelt: Auch Fiktion ist in vielen Teilen Abbild unserer Gesellschaft. Besonders gut zum Ausdruck kommt das auch am Ende in dem Gespräch mit dem Heimleiter zu Ausdruck, in dem er sich zu der ja real soeben erfolgten Freigabe von Cannabis äußert.

Im Nachwort erklärt die Autorin, dass sie mit dem Thema schon lange schwanger gegangen ist. Dass sie schon viel darüber nachgedacht hat, ist deutlich zu spüren. Sehr emphatisch ist auch die Beschreibung der Konflikte zwischen der Polizistin Liv Lammers und ihrer Tochter Sanna.

Fazit. Absolut hervorragend.

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Veröffentlicht am 09.04.2023

Schmöker für kuschelige Lesestunden

Zornige Flut
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Der Sylt-Krimi Nummer 7 von Sabine Weiß macht richtig Laune und ist wieder sehr spannend. Diesmal geht es um die Kommissarin Liv Lammers persönlich und ihre Familie, was alle Leserherzen höher schlagen ...

Der Sylt-Krimi Nummer 7 von Sabine Weiß macht richtig Laune und ist wieder sehr spannend. Diesmal geht es um die Kommissarin Liv Lammers persönlich und ihre Familie, was alle Leserherzen höher schlagen lässt, die die Schlagzeug spielende Polizistin samt Großmutter, Tochter und Hund liebgewonnen haben.

Der bewährte Cocktail aus hervorragender Recherche, spannender Unterhaltung und politischer Analyse setzt sich erneut fort. Besonderen Spaß macht die Umgangssprache der Norddeutschen, das flapsige „Ohauahauaha“, das „Schnippeln“ und die „ekelhafte Plörre“ lassen doch gleich ein Stück Heimatgefühl aufkommen. Auch Fachbegriffen wie etwa „Micromort“ werden raffiniert Definitionen beigefügt, die die Autorin den Handelnden in den Mund legt. Ferner wiederholt sie immer wieder in einem Nebensatz wichtige Details früherer Kapitel, die wieder wichtig werden, so dass der Leser der Handlung jederzeit mühelos folgen kann. So liest sich der Krimi hervorragend.

Besonderes Augenmerk hat die Autorin dieses Mal der Gesichtsweichteilrekonstruktion gewidmet, wie sie selbst im Nachwort erwähnt. Das ist in der Tat ein interessantes Thema, ebenso wie der 3D-Druck, der aus der modernen Welt nicht mehr wegzudenken ist. Natürlich gibt es auch wieder viele interessante Details über die Insel Sylt, die bestimmt auch viele Urlauber reizvoll finden dürften.

Die Umschlaggestaltung ist erneut perfekt gelungen. Und das Lesezeichen mit dem Logo der Autorin ist eine schöne ästhetische und praktische Beigabe.

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Veröffentlicht am 04.01.2023

Spannend, informativ, perfekt!

Blüte der Zeit
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Gleich zu Anfang der Anmerkungen hat die Autorin darauf hingewiesen, wie viel Stoff sie hätte erzählen können und dass sie sich bewusst beschränkt hat, um einen großen Bogen zu erzählen. Und diese Entscheidung ...

Gleich zu Anfang der Anmerkungen hat die Autorin darauf hingewiesen, wie viel Stoff sie hätte erzählen können und dass sie sich bewusst beschränkt hat, um einen großen Bogen zu erzählen. Und diese Entscheidung hat vermutlich entscheidend zu dem hervorragenden Gelingen des Romans beigetragen. In zwei Handlungssträngen erzählt sie über den Krieg zwischen den Niederlanden und Frankreich und über die Anlage von Lustgärten, verständlich, spannend, informativ. Bereits bei der Jagdszene auf den ersten Seiten kann man das Buch nicht mehr weglegen.

Die Anlage von Gärten, wie sie zur Zeit Ludwigs XIV üblich war, ist ein reizvolles Thema.
Die Beschreibung, wie man sich um exotische Pflanzen bemüht hat, wie man möglichst ideale Bedingungen geschaffen hat, aber auch die Rahmengeschichte um die Familie von Max machen riesigen Spaß. Sofort hat man die Figuren liebgewonnen und bangt und hofft mit ihnen. Dazu bei trägt in beträchtlichem Maße der lockere, stringente und verständliche Erzählstil, der dazu führt, dass es um die Nachtruhe mal wieder geschehen ist. Man kann das Buch einfach nicht zur Seite legen. Hinzu kommt, wie immer bei Sabine Weiß, die präzise und umfangreiche Recherche, so dass der Leser auch wieder sehr viel lernen kann.

Wie gewohnt ist die Aufmachung des Buches wieder sehr gut gelungen, die Karten, das Glossar (dürfte etwas umfangreicher sein), die Gestaltung der Umschlagseiten, alles super.

Der neue Roman ist das beste, das Sabine Weiß bisher geschrieben hat, allenfalls die „Hansetochter“ kann da vielleicht noch mithalten.

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Veröffentlicht am 15.12.2021

Holländische Geschichte: kompakt und profund

Gold und Ehre
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Eines sollte man wissen, wenn man keine Enttäuschung erleben will: Obwohl auf dem Umschlag „Ein großer historischer Roman um den Bau des Hamburger Michels...“ steht, obwohl in den Umschlagseiten der historische ...

Eines sollte man wissen, wenn man keine Enttäuschung erleben will: Obwohl auf dem Umschlag „Ein großer historischer Roman um den Bau des Hamburger Michels...“ steht, obwohl in den Umschlagseiten der historische Stadtplan von Hamburg abgedruckt ist, obwohl die Autorin das Buch ihren Eltern widmet, weil sie im Michel getraut wurden, spielt die Handlung nur zu einem sehr geringen Teil in Hamburg, und der Bau des Hamburger Wahrzeichens wird allenfalls gelegentlich erwähnt.
Stattdessen geht es vor allem wie im vorherigen Buch „Krone der Welt“ um Amsterdam, dazu um Krieg und Frieden, um die politischen Ränkerspiele, vor allem aber um die verzwickten diplomatischen Bemühungen unterschiedlicher politischer Lager und um die Winkelzüge von Personen des Bürgertums und niederen Adels, die ihnen eine Aufstieg in den Hochadel ermöglichen sollen.
Dass neben der eigentlichen Handlung der politischen Lage und Entwicklung so viel Raum gegeben wird, muss kein Nachteil sein. Rebecca Gablé etwa verfährt ebenso. Dadurch ist aber auch dieser Roman keine kurzweilige Bettlektüre für zwischendurch. Wie gewohnt sind alle beschriebenen Fakten exakt recherchiert und absolut verlässlich, eben wieder eine gewohnte Geschichtsstunde. Um aber das Buch gut zu verstehen, benötigt der Leser profunde Geschichtskenntnisse über Holland, England, Frankreich, Spanien und New York, ggf. ist während der Lektüre eine kontinuierliche Internetrecherche erforderlich. Das macht das Lesen anstrengend, aber am Ende hat man wieder viel gelernt.
Verständlich ist dies allemal, bekanntlich hat die Autorin ein sehr, sehr umfangreiches Wissen, das sie mit ihrer Leserschaft teilen möchte. Im Nachwort beschreibt sie, wie viel sie weglassen musste. Und trotzdem werden noch so, so viele Themen angerissen, dass sich daraus noch weitere zehn Romane ergeben könnten: Es geht um die Architektur, das Bauwesen, die Herstellung von künstlichem Marmor, die Bauart von Schiffen, die Seefahrt, den Sklavenhandel, den Krieg, das Leben im jungen Amerika, den Handel und und und. Manchmal fühlt sich der Leser geradezu erschlagen.
Und doch ist das Lesen wie ein Nachhausekommen, insbesondere für die (Wahl-)Hamburger. Das beginnt schon mit dem ersten Satz: „Erst hatte es gedröppelt, dann gepieselt, und jetzt pladderte es.“ Liebe Bayern und Schwaben, das könnt ihr gar nicht nachempfinden, was da für Heimatgefühle innerhalb von Sekunden hochkommen, nicht nur wegen der Sprache, auch wegen der Erfahrungen, die ja sooo stimmen….
Wie immer wunderbar ist die Gestaltung des Buches mit Karten in den Umschlagseiten (schön wäre es gewesen, die zweite Hamburgkarte durch die Amsterdamkarte aus dem letzten Buch zu übernehmen), Glossar (gern etwas umfangreicher) und Literaturhinweisen. Insgesamt wieder ein gelungenes Werk, das Lust darauf macht, sich intensiv mit Geschichte zu beschäftigen.

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