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Veröffentlicht am 09.02.2018

Wenn Unrecht zu Recht wird

Der Reisende
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Das Buch „Der Reisende“ von Ulrich Alexander erzählt die Geschichte eines Juden im Dritten Reich.
Deutschland im November 1938: Nach den Novemberpogromen reist Otto Silbermann mit Zügen quer durchs Land, ...

Das Buch „Der Reisende“ von Ulrich Alexander erzählt die Geschichte eines Juden im Dritten Reich.
Deutschland im November 1938: Nach den Novemberpogromen reist Otto Silbermann mit Zügen quer durchs Land, um unsichtbar zu bleiben. Seine Verwandten und Freunde sind größtenteils verschwunden, sein Geschäft längst von den Nazis in Besitz genommen worden. Mit einer Aktentasche voll Geld trifft er auf Flüchtlinge und Hitler-Sympathisanten. Inmitten des Ausnahmezustands beobachtet er die Gleichgültigkeit der Masse. Er erfährt das Mitleid einiger weniger Mitreisenden und spürt die eigene Angst.
Ulrich Alexander hat es mit der Geschichte Otto Silbermanns geschafft, mich in die Atmosphäre der Nazizeit zu versetzen. Mit Otto Silbermann bin ich nicht nur mit der Reichsbahn gefahren. Nein auch ich habe gute und schlechte Menschen in den Zügen, auf den Bahnsteigen und in den Bahnhofsrestaurants getroffen. Silbermanns Gespräche haben die Lebenswirklichkeit dieser Zeit wirklich widergespiegelt und mir ist beim Lesen nicht nur einmal ein kalter Schauer über den Rücken gekommen. „Der Reisende“ ist vor allem heuer im Gedenkjahr 2018 ein mehr als wichtiges Buch. Denn die Geschichten der Vertriebenen, der Toten, die Geschichten der Opfer dürfen niemals vergessen werden, damit Unrecht nie wieder zu Recht gemacht werden kann.

Veröffentlicht am 09.02.2018

kurzweiliges Lesevergnügen mit derber Sprache

Die Königin von Lankwitz
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Der humorvolle Roman „Die Königin von Lankwitz“ vom Schauspieler Max Urlacher ist 2018 im Ullstein Verlag als Taschenbuch erschienen.
Bea und Irene beschließen nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis, ...


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Der humorvolle Roman „Die Königin von Lankwitz“ vom Schauspieler Max Urlacher ist 2018 im Ullstein Verlag als Taschenbuch erschienen.
Bea und Irene beschließen nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis, eine Ich-AG mit krimineller Rache-Ausrichtung zu gründen, um finanziell wieder Fuß zu fassen. Ihre Geschäftsidee beschäftigt sich mit der Beseitigung von unerträglichen Ehemännern, fiesen Chefs und lästigen Rivalen. Doch dann mischt plötzlich die Konkurrenz-Agentur „Revanche“ im Rache-Business mit und Bea und Irene brauchen einen Masterplan.
Urlacher entführt die LeserInnen auf aberwitzige Weise nach Berlin und bereitet mit seinem Schreibstil ein kurzweiliges Lesevergnügen, wobei ich die Handlung ausbaufähig finde. Die Sprache im Buch ist derb und könnte wohl einige LeserInnen abschrecken, meiner Meinung nach passt die Sprache aber perfekt zur Geschichte und könnte nicht ohne Fäkalausdrücke auskommen.

Veröffentlicht am 06.02.2018

Eiskalte Nordsee-Spannung

Eisige Flut
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Der Nordsee-Krimi „Eisige Flut“ von Nina Ohlandt ist 2018 im Verlag Bastei Lübbe erschienen und ein weiterer Fall rund um Kommissar John Benthien.
In Nordfriesland geht ein Serienmörder um, der seine ...

Der Nordsee-Krimi „Eisige Flut“ von Nina Ohlandt ist 2018 im Verlag Bastei Lübbe erschienen und ein weiterer Fall rund um Kommissar John Benthien.
In Nordfriesland geht ein Serienmörder um, der seine Opfer als „Eisstatuen“ inszeniert. Kommissar John Benthien hat alle Hände voll zu tun, dem Mörder auf die Schliche zu kommen und das groteske Rätsel des Eismörders zu lösen, das auch eine Verbindung zu seiner eigenen Vergangenheit beinhaltet.
Nina Ohlandt wird nicht umsonst als SPIEGEL Bestsellerautorin gefeiert, denn auf sehr eindrucksvolle Art und Weise schafft sie es die LeserInnen mit ihrem Schreibstil zu fesseln. Ich kannte die Vorgängerbände nicht, habe gut in das Buch gefunden und mich mit dem Ermittlerteam (zumindest größtenteils) angefreundet. Vor allem das erste Opfer hat mir die Nackenhaare aufstehen lassen. Ich bin selbst Mutter und kann mir nicht vorstellen, wie es sich anfühlen muss, das eigene Kind zu Eis erstarrt, tot vor der Haustür zu finden. Hier beweist Ohlandt wirklich einen wahrhaftigen Geist einer guten Krimiautorin und ich freue mich schon darauf, mehr Fälle rund um John Benthien zu lesen.

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  • Spannung
Veröffentlicht am 10.01.2018

Eine berührende Familiengeschichte

Das Erbe der Rosenthals
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Im Gedenkjahr 2018 erscheint im Bastei Lübbe Verlag ein ganz besonders berührendes Buch von Armando Lucas Correa: „Das Erbe der Rosenthals“, eine jüdische Familiengeschichte.
Berlin 1939. Die einst hochangesehe ...

Im Gedenkjahr 2018 erscheint im Bastei Lübbe Verlag ein ganz besonders berührendes Buch von Armando Lucas Correa: „Das Erbe der Rosenthals“, eine jüdische Familiengeschichte.
Berlin 1939. Die einst hochangesehe und geachtete, jüdische Familie Rosenthal wird nun auf offener Straße beschimpft und verachtet. Die Familie beschließt Deutschland zu verlassen. Die St. Louis soll die Rosenthals sicher von Hamburg nach Havanna bringen. Auch Hannahs Freund Leo ist an Bord. Doch in Kuba angekommen will die kubanische Regierung nicht alle 937 Flüchtlinge an Land lassen.
New York 2014. Die elfjährige Anna lebt gemeinsam mit ihrer Mutter. Den Vater hat sie nie kennengelernt, da dieser vor ihrer Geburt beim Anschlag auf das World Trade Center ums Leben kam. Anna, die von ihrer Familiengeschichte nicht viel weiß, freut sich, als sie ein Brief ihrer Großtante aus Kuba erreicht. Sie beschließt zusammen mit ihrer Mutter nach Kuba zu reisen, um ihre Vergangenheit kennenzulernen.
Beide Handlungsstränge sind jeweils aus der Sicht von Hannah Rosenthal und Anna Rosen beschrieben. Die Familienzusammenführung der beiden jungen Frauen ist dem Autor sehr gut gelungen. Auch Vergangenheit und Gegenwart verschmelzen gut miteinander und beide Handlungsstränge sind durchgehend spannend beschrieben.
Erschreckend fand ich vor allem die Tatsache, dass sich die Geschichte überall zu wiederholen beginnt. Die jüdische Familie, die von der Verfolgung der Nationalsozialisten nach Kuba flieht und dort während der kubanischen Revolution miterlebt, wie Menschen wieder zu Verfolgten werden und Nachbarn wieder ihre Nachbarn verraten und denunzieren. Vor allem das traurige Schicksal von Hannahs Freund Leo und seinem Vater hat mich sehr berührt. Die beiden bleiben am Schiff zurück und hätten doch noch Hoffnung in einem anderen Land gefunden. Ich hoffe viele (junge) LeserInnen nehmen aus dem Buch mit, dass sie Verfolgung und Ausgrenzung nicht mehr zulassen und die einzelnen Menschen und nicht deren Herkunftsländer und Religionen sehen. Gerade in einer Zeit in der frischgeborene Neujahrsbabys Opfer von Hassreden werden, weil sie von einer Mutter mit Kopftuch stammen sind solche Familiengeschichten besonders wichtig. Lassen wir Unrecht nie wieder zu Recht werden.

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  • Cover
  • Atmosphäre
  • Authentizität
  • Erzählstil
  • Figuren
Veröffentlicht am 26.10.2017

Auf der Suche nach der Wahrheit

Im Traum kannst du nicht lügen
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Der Roman „Im Traum kannst du nicht lügen“ von Malin Persson Giolito ist 2017 im Verlag Bastei Lübbe erschienen und betrachtet einen Kriminalfall in einem völlig anderen Blickwinkel.

Nach einem Blutbad ...

Der Roman „Im Traum kannst du nicht lügen“ von Malin Persson Giolito ist 2017 im Verlag Bastei Lübbe erschienen und betrachtet einen Kriminalfall in einem völlig anderen Blickwinkel.

Nach einem Blutbad in einem Gymnasium steht die 18-jährige Schwedin Maja als Tatverdächtige vor Gericht. Majas beste Freundin Amanda, Majas Freund Sebastian und der Lehrer Christer sind tot. Was ist passiert und ist Maja wirklich die Täterin?

Die Autorin schafft es, nicht nur die Tat an sich in den Vordergrund zu rücken, sondern beschäftigt sich mit der Frage nach dem „Warum“, aber auch mit dem Leben „nach der Tat“. Durch Rückblenden und Aussagen in den Gerichtsverhandlungen stellt sie die vermeintliche Täterin und deren Gedankenwelt in den Vordergrund.

Anfänglich war ich schockiert von der kalten und fast unnahbaren Sichtweise der Protagonistin, aber von Seite zu Seite wurde mir ihre Gedankenwelt immer vertrauter und ich habe mich dabei ertappt, mit einer vermeintlichen Mörderin zu sympathisieren.

Malin Persson Giolito hat es mit ihrem Debüt nicht nur geschafft einen spannenden Kriminalfall zu durchleuchten, sondern hat auch sehr viel Gesellschaftskritik in ihr Buch gesteckt: Von der Sensationsgier der Medien und dem Vorverurteilen des Volks, aber auch die Flüchtlingskrise findet ihren Platz in Majas Geschichte.

„Im Traum kannst du nicht lügen“ wurde zum Besten Kriminalroman Schwedens 2016 gekürt und ich kann mich hier nur voll und ganz anschließen. Bis zur letzten Seite war mir nicht bewusst, ob Maja nun schuldig ist oder nicht. Malin Persson Giolito hat mit ihrer klaren und prägnanten Sprache einen Spannungsbogen geschaffen, der niemals abgeflacht ist. Ein wirklich wunderbares Buch, das gelesen werden muss!