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Veröffentlicht am 15.07.2020

Ein Blick in die Vergangenheit

Ich bleibe hier
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Die Geschichte spielt in Grau, einem kleinen Bergbauerndorf in Südtirol. Der Roman umspannt die 1920er Jahre bis in die 1950er Jahre hinein und handelt von Trina. Trina ist eine fiktive Figur des Autors ...

Die Geschichte spielt in Grau, einem kleinen Bergbauerndorf in Südtirol. Der Roman umspannt die 1920er Jahre bis in die 1950er Jahre hinein und handelt von Trina. Trina ist eine fiktive Figur des Autors Marco Balzano, aber das was sie erlebt, was im Dorf, um das Dorf herum und vor allem mit dem Dorf passiert, das ist aus dem Leben gegriffen.

Graun gehört nach dem Ende des 1. Weltkrieges zu Italien, die Bewohner erleben den Faschismus und den Nationalismus, in der Schule darf nicht mehr Deutsch gesprochen werden, sie erleben Repressalien, den 2. Weltkrieg und am Ende soll auch noch ein Stausee geboren werden. Der Autor hat sich an wahre Begebenheiten, die er durch bibliogrophische Werke und Zeitzeugenberichte zusammengetragen hat, orientiert und hat diesen durch die fikitve Figur Trina Leben und vor allem auch Emotionen eingehaucht.

Der Roman ist wie ein Lebensbericht, eine lange Rede oder ein langer Brief, den die Protagonistin an ihre Tochter richtet, in dem sie berichtet, was in ihrem Leben sich alles ereignet hat, was sie erlebt, erdulden und wo sie sich widersetzen konnte.

Trina ist eine ruhige Hauptperson, sie erinnert mich an bisschen an meine Großmütter, die aus dem selben Jahrzehnt stammen. Trina zeigt dennoch viele Gefühle, sie erlebt in ihrem Leben sehr viel dramatisches, aber sie hat auch Mut und vor allem einen Überlebenswillen, der sie durchhalten und vor allem auch aushalten lässt. Balzano ist es gelungen, dies hier in einem ruhigen Stil zu erzählen, ohne dass es zu melodramatisch oder überzogen wird. Es lässt diese Zeiten in diesem Buch wieder aufleben, so dass man sich hinein versetzt fühlt und man mitfühlen und mitleiden kann. Es ist eine harte Zeit, die dem Leser einiges zum Nachdenken gibt, gerad wenn man weiß, dass diese Zeit noch gar nicht allzu lange her ist.

Heute ragt der Kirchturm von Graun aus dem Reschensee und ist ein beliebtes Fotomotiv. Dieser Roman erzählt die Geschichte, die sich dahinter verbirgt und die nicht in Vergessenheit geraten sollte.

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Veröffentlicht am 15.07.2020

Unterwegs auf dem Camino

Buen Camino … du mich auch
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Auch ich habe schon des öfteren damit geliebäugelt den Pilgerweg nach Santiago de Compostela zu laufen. Es ist und bleibt eine Herausforderung für jeden, der ihn geht. 800 km zu Fuß, bergauf und bergab, ...

Auch ich habe schon des öfteren damit geliebäugelt den Pilgerweg nach Santiago de Compostela zu laufen. Es ist und bleibt eine Herausforderung für jeden, der ihn geht. 800 km zu Fuß, bergauf und bergab, sein Gepäck auf dem Rücken, jeden Tag Etappen von 20 bis 30 km.

Ich weiß nicht, ob ich es mir zutrauen würde, aber es klingt verlockkend, auch wenn, oder obwohl ich gerade das Buch von Karolin Jäger, die ihre eigenen Erfahrungen auf diesem Weg hier beschrieben hat, gelesen habe.

Sie beschreibt ausführlich ihre Pilgerreise, die sie 2017 unternommen hat. Jeder Tag ist ein Kapitel, Ausgangs- und Zielort sind die Überschriften, am Ende hat sie ihre Schrittzahlen und die geschaffte km-Angabe festgehalten. Karolin Jäger beschreibt ihre Strapazen, die Strecke, iher Bekanntschaften, die Herbergen mit allen Hochs und Tiefs, sie schreibt sehr offen, humorig, manchmal aber auch zynisch über diese Tagesetappen. Wundgelaufene Füße, Schmerzen, aber auch über den Stolz jeden Tag wieder eine Etappe gemeistert zu haben. Sie beschreibt aus welcher Motivation sie diesen Weg auf sich genommen hat, was ihr geholfen hat, den Durchhaltewillen, der von Nöten war, aber auch wie man sich als Pilger gegenseitig anspornen und unterstützen kann, auch wenn jeder für sich läuft.

Ich habe das Buch gerne gelesen, habe große Achtung vor solch einer Leistung, die nicht jeder schafft. Auch wenn ich ab und an doch den Kopf geschüttelt habe, über die Anzahl an Schmerzmittel, die sich sich Tag für Tag einverleibt hat . Sie hat manchmal eine sehr negative Grundhaltung, wenn es um ihre Mitmenschen auf der Strecke geht, wie das Schnarchen der Mitwanderer, die Rücksichtlosigkeiten, die sie erleben musste, aber auch ihre negative Einstellung über die Pilger, die es sich leichter machen, in dem manche z.B. Ihr Gepäck vorausschicken, diese Beschreibungen nehmen einen großen Raum hier ein. Mir fehlte bei ihrem Bericht eine richtige Motivation, der doch oft mit ein Zu-sich-selbst-finden und ein religiöser oder kultureller Antrieb, der sie zu dieser Strecke bewogen hat (es war vielmehr eine Aussage einer Kollegin, die sie dazu veranlasst hatte). Doch auch sie hat ihre Grenzen entdeckt, hat sie verschoben, ist über sich hinaus gewachsen und am Ende ist dieser Weg für sie einer, der für immer im Gedächtnis bleibt, der am Ende beflügelt. Am Ende im Nachwort beschreibt sie auch, dass dieser Weg ihr die Kraft gegeben hat etwas in ihrem Leben, an ihrem -wie sie ihn so oft beschreibt - unbeliebtem Job, etwas zu ändern und neue Wege auszuprobieren.

Trotz aller Kritik habe ich das Buch gerne gelesen, weil man sich fühlte als wäre man dabei bzw. mir erging es so. Und vielleicht, eines Tages vielleicht, vielleicht wage ich es auch. Trotz und nicht wegen der Strapazen.

3,5 Sterne daher von mir.

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Veröffentlicht am 12.07.2020

Ein Roman fürs Herz

Dort, wo die Feuer brennen
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Ein Roman, den ich jedem gerne ans Herz legen möchte. Er ist bewegend, fesselnd, spannend, emotional, romantisch und tiefgründig.

Soledad, kurz Sol genannt, lebt in Berlin und ist eigentlich glücklich. ...

Ein Roman, den ich jedem gerne ans Herz legen möchte. Er ist bewegend, fesselnd, spannend, emotional, romantisch und tiefgründig.

Soledad, kurz Sol genannt, lebt in Berlin und ist eigentlich glücklich. Eigentlich. Beruflich steht sie vor einem Karrieresprung, ihr Freund hat ihr vor einigen Monaten einen Heiratsantrag gemacht und auch ihre jahrelange Pechsträhne scheint endlich vorbei zu sein. Doch Sol läuft nur vor ihrer tragischen Vergangenheit weg, sie betäubt ihre Gefühle, sie verdrängt zu viel. Als auch in Berlin alles anfängt aus dem Ruder zu laufen, muss sie sich endlich dem stellen, vor dem sie bisher so erfolgreich davongelaufen ist: ihrer Vergangenheit. Nach vielen Jahren der Abkehr reist sie zurück in ihr Heimatdorf in Spanien und dort holt sie ihre Vergangenheit sie schneller ein als ihr lieb ist.

Die Autorin Astrid Topfner, von der ich bereits „ Wenn Schmetterlinge fliegen lernen“ sehr gerne gelesen habe, hat mich diesmal ziemlich geflasht mit diesem Roman. Es liegt nicht nur an ihrem unheimlich fesselnden Erzählstil, sondern an dieser ganz besonderen Geschichte. Man fühlt beim Lesen mit Sol und man leidet bei jedem falschen Schritt, den sie tut, mit ihr. Als Leser taucht man in diese Geschichte, die von mehreren Zeitebenen aus erzählt wird, ein und kann das Buch kaum aus der Hand legen. Die Autorin kann bildgewaltig und fesselnd erzählen. Zudem hat diese Geschichte so viel Tiefe !

Bei den Nebenfiguren bleibt es lange spannend. Wer ist auf welcher Seite? Wie hat der oder die eine mit dem anderen zu tun. Was ist das Geheimnis aus der Vergangenheit. Wer hat Schuld, wer hat keine Schuld auf sich geladen. Alle, niemand? Eines ist von Anfang an klar, es geht um verletzte Seelen, um Trauer, um tragische Ereignisse, die sich erst nach und nach herauskristallisieren.

Dennoch ist es auch ein Buch über Liebe und Romantik, um Familienbande, Hoffnung und das Loslassen. Über das Glück, das zurückkommt, wenn man es zulässt.

Dies alles hat Astrid Töpfner in diese Geschichte hinein gepackt. Sie hat vor allem alles in wunderbare Worte verpackt, die nachdenklich machen und berühren. „Dort, wo die Feuer brennen“ Ist daher nicht nur ein Lesehightligt für mich geworden, sondern auch ein absolutes Jahreshightlight.

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Veröffentlicht am 02.07.2020

Eine Geschichte, die zum Nachdenken anregt

Der Gepäckträger
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Drei Menschen haben ganz verschiedene Pläne, als sie nach ihrem Flug an die Gepäckausgabe gehen, um ihren Koffer zu holen. . Doch sie nehmen den falschen Koffer und zu spät bemerken sie den Fehler.

David ...

Drei Menschen haben ganz verschiedene Pläne, als sie nach ihrem Flug an die Gepäckausgabe gehen, um ihren Koffer zu holen. . Doch sie nehmen den falschen Koffer und zu spät bemerken sie den Fehler.

David ist auf dem Weg zu einem wichtigen beruflichen Meeting und benötigt seine Unterlagen für seinen Vortrag, die sind natürlich im Koffer. Sein Job, aber auch seine Ehe, die seit einiger Zeit gewaltig kriselt, stehen bei ihm auf dem Spiel.

Gillian ist verheiratet, Mutter von drei Söhnen, diesmal allerdings alleine unterwegs auf dem Weg zu ihrer Schwester. Gillian beneidet ihre Schwester seit ihrer Kindheit, beneidet sie um ihr AUssehen und um ihren luxeriösen Lebensstil. Gerade in ihrer Nähe fühlt sie sich besonders wie ein Aschenputtel.

Der junge Michael ist auf dem Weg zu einem Treffen, das ausschlaggebend für ein Sportstipendium ist, aber eigentlich ist sein Traum Künstler zu werden und ein Kunststudium zu beginnen. Doch sein Vater verlangt von ihm einen anderen Berufsweg und er wagt es nicht seine eigenen Ziele zu verfolgen.

Sie alle treffen in einer ganz besonderen Halle einen Gepäckträger, der ihnen zeigt, welchen Ballast sie in ihrem Leben, in "ihrem Gepäck" tagtäglich mit herum schleppen. Jedes Problem, jeder "Fall" is so ganz anders gelagert, doch alles sind Probleme, die alltäglich sind. Die viele von uns betreffen. Die Last, die jeder von ihnen trägt, sorgt dafür, dass sie unglücklich, unzufrieden und reizbar sind. Sie sehen nur das Schlechte in ihrem Leben, sie ergreifen keine oder zu wenig Selbstinitiative um ihr Leben zu verbessern. Der "Gepäckträger" zeigt ihnen in wunderbar beschriebenen Dialogen und Szenen, wie diese drei die Chance auf eine Veränderung bekommen.

Der Roman von David Rawlings ist eine Parabel, die auch dem Leser in vielen Bereichen die Augen öffnen kann. Wem geht es im Leben nicht so, dass es unnötigen Ballast, der einen beschwert, der einem im Weg steht, mit sich herum schleppt.

Rawlings hat es geschafft in knapp 170 Seiten eine sehr vielschichtige und beeindruckende Geschichte zu erzählen, über Chancen und die Erkenntnis seiner eigenen Wünsche und Ziele, über Selbstbewusstsein und das richtige Augenmaß. Hier wird sehr unterhaltsam, nachdenklich machend und vor allem sehr tiefgründig in dieser Erzählung das Leben von drei Menschen (fast) auf den Kopf gestellt.

Eine nicht alltägliche Geschichte, die mir sehr gefallen hat, da sie nachdenklich stimmt und sehr tiefgründig ist.

Im Anhang stellt Rawlings Fragen, gibt Impulse und führt auch damit den Leser dahin, sich und die Menschen in seinem Umfeld aufmerksam(er) zu betrachten.

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Veröffentlicht am 23.06.2020

Ein atmosphäischer Krimi

Mitten im August
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Ein Toter auf Capri. Erstochen auf seinem Boot. Die örtliche Polizei um Enrico Rizzi führt normalerweise keine Mordermittlungen, dafür ist die Kriminalpolizei in Neapel zuständig. Rizzi und seine neue, ...

Ein Toter auf Capri. Erstochen auf seinem Boot. Die örtliche Polizei um Enrico Rizzi führt normalerweise keine Mordermittlungen, dafür ist die Kriminalpolizei in Neapel zuständig. Rizzi und seine neue, etwas geheimnisvolle Kollegin Antonia Cirillio führen jedoch die ersten Ermittlungen am Tatort und im Wohnhaus des Opfers und wollen natürlich mehr herausfinden. Ein Krimi, bei dem mir vor allem die handelnden Persoen ( in besondererem Maße das ungleiche Polizeiduo), der Erzählstil, aber auch die beschriebene Landschaft und das Leben auf Capri, sehr gefallen haben. Die Nebencharaktere, die Handlung und auch die Auflösung des Falles sind aber weitere Pluspunkte. Es ist kein allzu spannender und hochdramatischer Fall, aber ein unheimlich atmosphärischer Krimi, in den man beim Lesen sehr gut eintauchen kann.

Der Tote, Jack, war Student der Ozeanologie, seine reichen Eltern hatten ein Haus auf Capri, er nutzte den Sommer um ein Praktikum bei einem Ozeanforscher zu machen. Im Buch werden einige Umweltaspekte angesprochen, besonders was de Zustand der Weltmeere angeht. Dennoch ist dies nur ein Nebenstrang in dem Roman, wenn auch ein sehr interessanter (und manchmal auch erschreckender).

Der Mittelpunkt ist der Mord und die Aufklärung, aber auch das private Leben von Enrico Rizzi. Er hat in der Vergangenheit trauriges erlebt, hat nun wieder eine Freundin, und hilft in seiner freien Zeit seinem Vater auf der Gemüseplantage. Hier versucht er mit konservativen Mitteln gegen Plagegeister, die die Ernte gefährden, vorzugehen und versucht seinen Vater davon abzubringen, gleich Gift einzusetzten. Es ist ein beschauliches Leben auf Capri, wäre da nicht der brutale Mord. Als Leser ist man bei den Ermittlungen dabei, dennoch gibt es auch immer wieder Rückblenden, die das Leben des Opfers vor der Tat beleuchten. Erst nach und nach kristallisiert sich mehr heraus, Hintergründe, Verdächtige. Ich hatte zwar irgendwann ziemlich früh den richtigen "Riecher", was die Auflösung betrifft, aber das tat dem Lesegenuss keinen Abbruch, denn es war ja lange auch meinerseits nur eine vage Vermutung.

Ich freue mich schon auf den zweiten Band der Capri-Reihe, den der Autor nun schreibt, denn noch sind nicht alle Fragen, was das Privatleben der Polizisten angeht, geklärt. Nichts was jetzt ungemein wichtig wäre, nein, der Roman ist schon in sich abgeschlossen. Es ist eher so, dass man mehr von ihnen erfahren möchte und daher gespannt auf den Folgeband ist.

Für den ersten Band gibt es eine Leseempfehlung und 4,5 Sterne von mir!

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