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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.01.2018

Spannender Roman auf mehreren Zeitebenen

Der Schattengarten
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1993: Lucy kehrt nach etlichen Jahren von London nach Hause ins heimische Melbourne zurück - ein rätselhafter Brief ihres Großvaters Edwin hat sie neugierig gemacht. Ihre Familie - das ist eigentlich nur ...

1993: Lucy kehrt nach etlichen Jahren von London nach Hause ins heimische Melbourne zurück - ein rätselhafter Brief ihres Großvaters Edwin hat sie neugierig gemacht. Ihre Familie - das ist eigentlich nur noch ihr Vater Ron, der mit seinem Vater Edwin schon seit Jugendjahren zerstritten ist. Lucys Mutter kam vor 16 Jahren bei einem tragischen Unglück ums Leben. Und nun dieser Brief - der bei Lucy die Erinnerungen an den Unfall 1977 wieder wach ruft, ihre Gedanken zum Rotieren bringt, an ihre eigene Schuld und an das, was sie damals bei ihrem Großvater gesehen hatte - oder zu sehen glaubte.
Parallel wird die Geschichte von Edwin und Clarice und ihrer Pflegetochter Orah aus den Jahren 1930/1931 erzählt - eine tragische Geschichte voller Verwicklungen, Missverständnissen, Leid. Ein falscher Schritt nach dem anderen führt die drei immer weiter ins Verderben.

Schon der Anfang ist geheimnisvoll. Ein Prolog, bei dem man nur erfährt, dass es eine Tote gab. Was ist passiert, damals in 1930 ? Aber wer ist die Tote? Wie konnte es dazu kommen und wieso ? Da spielt die Autorin mit dem Geheimnis und lässt uns Leser im Dunkeln. Aber gerade dieser Anfang macht ungemein neugierig.
Anna Romer kann fesselnd erzählen, die abwechselnden Zeitebenen erhöhen den Spannungsfaktor . Die Sichtweisen in den Vergangenheitsebenen wechseln, ermöglichen hinter die Fassaden zu blicken, die Gefühle und Gedanken der Protagonisten zu verstehen.
Auf der "aktuellen" Erzählebene von Lucy wechselt die Autorin die Erzählpersepektive, mit ihr erleben wir die Ich-Erzählerin Lucy, mit irh erleben wir ihre Reise zurück in die Heimat, ihre Nachforschungen und Gefühle mit. Denn auch Lucy ist traumatisiert, lange schleppte sie ein dunkles Geheimnis mit sich herum, dass sie selbst verdrängt hatte. Bei ihr geht es aber auch um eine erloschen geglaubte LIebe und eine Flucht aus ihrer jetzigen Beziehung - und die Konflikte, die sie dadurch mit sich selbst ausmacht.
Ein weiterer ganz interessanter Erzählstrang sind die Märchen, die Lucys Vater Ron schreibt. Eines wird parallel - immer in Häppchen - erzählt und zeigt, wie Ron seine Kindheit sieht und verarbeitet, anhand des umgeschriebenen Märchens von Rumpelstilzchen.

Mich hat die Geschichte sehr gefesselt. Die Protagonisten kamen mir sehr lebendig vor und ich konnte mich gefühlsmäßig sehr auf sie einlassen.
Der Roman handelt von dunklen Familiengeheimnissen, ist spannend auf mehreren Zeitebenen erzählt, ist geheimnisvoll, düster und tragisch. Mich hat das Buch ungemein gut gefallen und daher von mir absolute Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 06.01.2018

Abgründe des Bösen

Dunbar und seine Töchter
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Eines vorweg - das "Original" - Shakespeares König Lear habe ich nie gelesen. "Dunbar und seine Töchter" ist eine moderne Neuinterpretation. Henry Dunbar ist ein alternder Medienzar, ihm gehört ein großer ...

Eines vorweg - das "Original" - Shakespeares König Lear habe ich nie gelesen. "Dunbar und seine Töchter" ist eine moderne Neuinterpretation. Henry Dunbar ist ein alternder Medienzar, ihm gehört ein großer Konzern, er ist Milliadär. Zwei seiner Töchter haben ihn in ein abgelegenes Altersheim abgeschoben mittels Pharmaka ruhig gestellt und versuchen nun auch die Firmenleitung an sich zu reißen. Doch sie haben nicht damit gerechnet, dass ihr Vater und ihre jüngere Halbschwester ihre Pläne durchkreuzen wollen. Denn Dunbar flieht aus dem Heim - die Suche der unterschiedlichen Schwestern nach ihm aus den unterschiedlichsten Gründen gerät zu einem Wettlauf mit Dunbars Leben.
Der Roman führt psychologisch die ganze Bandbreite an Abgründen auf. Der alternde Egomane Dunbar, der sich am Ende seines Lebens wandelt, die Boshaftigkeit der älteren Schwestern, deren Grausaumkeiten keine (Schmerz-)Grenzen kennen, die "gute", jüngere Schwester, die den Vater nicht des Geldes wegen sucht, sondern der Familienbande wegen.

Der Roman wurde gut geschrieben, die Sichtweisen wechseln, die Gefühle und Gedanken, die Abgründe des (modernen) Menschen werden detailliert ausgeführt. Macht und Mammon, Gier und Ehrgeiz, gepaart mit einer unterirdischen Hemmschwelle erschrecken. Dabei liegt der Schwerpunkt eindeutig auf der "bösen" Seite, die "gute" Seite wird Nebenschauplatz.
St. Aubyn weiß sich auszudrücken, die Situationen zu beschreiben, bildhaft, die krankhaften Züge seiner Protagonisten ausleben zu lassen, und dennoch ab und an mal auch Humor durchblitzen zu lassen.
Im Laufe des Romanes flacht die Spannung ziemlich ab und manche der Ausführungen waren mir etwas zu ausgebreitet oder auch zu blaß, so dass ich lange schwankte, ob ich drei oder vier Sterne vergeben kann, dennoch, am Ende hat mich das Drama wieder gefangen genommen, so dass ich die 3,5 Sterne, die ich gerne verteilt hätte, gerne aufrunde. Denn eines ist sicher, das Erschrecken über die Abgründe hallt noch lange nach.

Fazit:
Moderne Neuinterpretation von Shakespeares König Lear. Interessant, psychologisch, durchdacht, detailliert,abgründig - aber gerade dadurch auch anstrengend zu lesen.

Veröffentlicht am 02.01.2018

Nicht nur das Cover ist wunderschön...

Die Blütentöchter
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Heilbronn, 1333. Die Drillinge Clementia, Imagina, und Eilika sind 16 Jahre alt und sollen bald verheiratet werden. Doch dann kommt der Wanderprediger Aladus nach Heilbronn und eine zufällige Begegnung ...

Heilbronn, 1333. Die Drillinge Clementia, Imagina, und Eilika sind 16 Jahre alt und sollen bald verheiratet werden. Doch dann kommt der Wanderprediger Aladus nach Heilbronn und eine zufällige Begegnung mit der Magd Irma verändert das Leben der Drillinge. Alardus prophezeit den Heilbronnern, dass die Drillinge Unheil über die Stadt bringen werden und als kurz darauf die Stadt von Hochwasser heimgesucht wird, geraten die Mädchen in höchste Gefahr. Nur mit Glück können sie fliehen - werden jedoch auseinander gerissen.

Joel Tan hat bereits mehrere historische Romane geschrieben. Dies ist allerdings der erste, den ich gelesen habe. Und ich habe mich gleich wohl damit gefühlt. Die Autorin kann fesselnd und interessant erzählen. Ich konnte mir alles sehr lebendig vorstellen und habe mitgefiebert beim Lesen. Der Schreibstil ist abwechslungreich und der historische Kontext passt. Im Anhang erläutert sie noch einmal historische Begebenheiten. Dafür bin ich immer sehr dankbar, denn so kann man Wahrheit und Fiktion aus dem Roman besser einordnen. Ein Glossar mit den mittelalterlichen Begriffen schliesst sich daran an.

Die Spannungselemente und immer wieder neue Wendungen sorgen dafür, dass man immer weiter lesen möchte. Die 465-seitige Geschichte lässt sich schnell lesen - und irgendwie mochte ich auch kaum auftauchen aus dieser Geschichte - sie ist so schön, genauso wie das farbige Blütencover, das auf die Kunst der Drillinge anspielt, in unterschiedlichen Arten Blüten gestalten zu können. Diese Kunst verbindet sie und hilft ihnen nach der Flucht.

Eingeflochten in die Geschichte sind auch politische Ränke, die Macht des Einzelnen, Irrglaube, Liebe, Ängste, mittelalterliche Strafen und das Leben des kaiserlichen Hofes. So deckt der Roman eine großes Spektrum ab und diese Mischung ist äußerst interessant zu Lesen.
Von mir gibt es eine 5-Sterne Leseempfehlung !

Veröffentlicht am 08.12.2017

Kann man die Uhr zurückdrehen ?

Unsere Tage am Ende des Sees
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Hannas Mann ist bei einem Verkehsunfall vor einigen Monaten ums Leben gekommen, die einzige Tochter ist als Austauschschülerin in die USA geflogen. Sie ist immer noch tief in ihrer Trauerphase, als sie ...

Hannas Mann ist bei einem Verkehsunfall vor einigen Monaten ums Leben gekommen, die einzige Tochter ist als Austauschschülerin in die USA geflogen. Sie ist immer noch tief in ihrer Trauerphase, als sie das erste Mal nach 25 Jahren wieder was von ihrer Mutter Gaby hört. Ein Telefonanruf der alles verändert, der wieder einen Kontakt herstellt, eine Aussprache, aber auch die Vergangenheit wieder zurückholt. An die Zeiten, die Hanna einerseits als die schlimmsten ihres Lebens betrachtet, in der sie sich aber auch das erste Mal verliebt hatte. In Alex. Was wäre gewesen, wenn damals alles anders gewesen wäre ? Hat sie damals alles richtig gemacht ? Gab es einen anderen Ausweg, als den, den sie gewählt hat ?

Von Linda Winterberg habe ich schon "Das Haus der verlorenen Kinder" gelesen, dass während des 2. Weltkriegs und in der Jetzt-Zeit spielt, gelesen. Eine Geschichte, die mich beim Lesen sehr bewegt hatte. Auch diesmal wählt die Autorin zwei Zeitschienen, Gegenwart und Vergangenheit. Abwechselnd erleben wir Hanna heute und als 16jährige im Jahr 1990. Anfangs habe ich diesmal etwas gebraucht um richtig in die Geschichte hinein zu finden, vielleicht lag es an den vielen Informationen und Begebenheiten, die nötig waren um das Szenario in beiden Zeiten aufzubauen. Erst hinterher, als die Geschichte in "ruhigeres" und emotionaleres Fahrwasser kommt, war ich mitgerissener. Die Geschichte dreht sich um eine verlorene Liebe, aber auch um eine verlorene Kindheit. Um einerseits die Aufarbeitung all dessen und um einen Neuanfang. Um Gefühle und Bindungen, um Träume und Alpträume.

Durch die wechslenden Erzählstränge kommt auch etwas Spannung auf, denn was damals passierte, warum und wieso der Kontakt abbrach ahnt man zwar, aber immer bleibt lange im Ungewissen darüber, was sich genau damals abgespielt hat. Und während die Handlung in der Vergangenheit immer weiter eskaliert, werden die Emotionen in der Gegenwart immer mehr gesteigert, bis....ja, hier will ich nicht zuviel verraten, lasst euch einfach auf viel Gefühl ein.

Eine Geschichte, die einen nachdenklich macht und berührt und die nicht überreizt wurde mit Aktionen, sondern gerade durch diese ruhige Erzählweise mitten ins Herz trifft.

Veröffentlicht am 06.12.2017

Interessant und unterhaltsam

Grimms Morde
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Jakob und Wilhelm Grimm leben in Kassel, ihre Märchensammlung ist vor kurzer Zeit erschienen. Da wird die ehemalige Mätresse des gerade verstorbenen Kurfürsten tot im Bergpark Wilhelmshöhe gefunden - grausam ...

Jakob und Wilhelm Grimm leben in Kassel, ihre Märchensammlung ist vor kurzer Zeit erschienen. Da wird die ehemalige Mätresse des gerade verstorbenen Kurfürsten tot im Bergpark Wilhelmshöhe gefunden - grausam mit Kerzenwachs ermordet und bei ihr liegt ein Zettet mit einem Zitat aus einem eher unbekannten Märchen. Die Grimms sind entsetzt und versuchen herauszufinden, wer hinter dem Mord steht, auch deshalb, weil sie selber unter Verdacht stehen.

Im fernen Münster leben die Schwestern Annette und Jenny von Droste-Hülshoff. Die beiden haben das Märchen, aus dem das Zitat stammte, und auch ein paar andere, einst den Grimm-Brüdern für die Märchensammlung übersandt. Daher sind auch sie schockiert und neugierig, was es damit auf sich hat. Annette, die gerade erst langsam aus ihrer Lethargie und ihrer depressiven Zeit erwacht, nachdem ihr im letzten Jahr übel mitgespielt worden ist, und Jenny reisen nach Kassel um Jakob und Wilhelm zu helfen. Doch sind sie dort willkommen ? Begeben sie sich nicht selbst in Gefahr ?

Tanja Kinkels neuer Roman dreht sich um Morde, die in Kassel stattfinden. Doch auch wenn die Toten im Mittelpunkt stehen und Dreh- und Angelpunkt sind, sind es vor allem die Randgeschichten, die Informationen über die Grimm-Brüder und die Droste-Schwestern, das historische Stadtbild und die Lebensweise, die politischen Verhältnisse und die zurückliegende Napolonische Zeit, die den Roman so interessant und unterhaltsam machen.

Die Autorin lässt durch wechselnde Sichtweisen Einblicke in das Leben ihrer Protagonisten zu. In ihre Gemütslagen, Beweggründe, ihr Alltagsleben. Mal Jakob, mal Wilhelm, mal Annette, mal Jenny.
Für mich war das alles sehr authentisch erzählt und ich konnte mir die Figuren sehr gut dabei vorstellen. Auch wenn die eigentliche Handlung natürlich reine Fiktion ist, ist vieles von dem "Drumherum" von der Autorin sehr gut recherchiert worden.

Mein Fazit:
Die Dialoge, die Geschehnisse, die Rahmenhandlung, die Begebenheiten, die Atmospähre und das Umfeld in Kassel - es war alles stimmig und einfach rund. Die Geschwisterpaare habe ich fast bildlich vor Augen gehabt und der Roman hat mich noch neugieriger auf die beiden gemacht. Die Ermittlungen und der Mord haben Spannung in die Geschichte hineingebracht, aber ich empfand gerade die vielen Randgeschichten als sehr unterhaltsam.