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Veröffentlicht am 04.08.2019

Vielfältiger Überblick über Geschichte, Literatur, Physiologie und Psychologie

Vagina
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Naomi Wolf ist eine amerikanische Journalistin. Manchem ist vielleicht bereits ihr Buch "The Beauty Myth/Mythos Schönheit" bekannt.

Zu Beginn erläutert die Autorin die großen Unterschiede im Körperbau ...

Naomi Wolf ist eine amerikanische Journalistin. Manchem ist vielleicht bereits ihr Buch "The Beauty Myth/Mythos Schönheit" bekannt.

Zu Beginn erläutert die Autorin die großen Unterschiede im Körperbau von Frauen:
«Jede Frau ist anders innerviert. Bei einigen Frauen verzweigen sich die Nerven mehr in die Vagina, bei anderen mehr in die Klitoris. Bei manchen wird hauptsächlich der Damm versorgt oder der Muttermund, also der Eingang des Gebärmutterhalses. Das ist der Grund für die großen Unterschiede in der weiblichen Erregbarkeit.»

Daher könnten Männer sich nicht darauf verlassen, was bei der letzten Partnerin im Bett "funktioniert" habe, vielmehr müssten sie sich ganz neu einlassen und die Reaktionen der jetzigen Freundin entdecken. Oft sei es nicht die "Schuld" der Frau, dass sie keinen vaginalen Orgasmus bekomme, sondern es liege am Körperbau.

Sie misst dem Stresspegel der Frau eine große Bedeutung für die Qualität des Orgasmus zu:
"Um den transzendentalen Zustand zu erreichen, der das weibliche Gehirn in den Orgasmus katapultiert, muss frau sich absolut sicher fühlen – sicher vor schlechtem Stress, und zwar durch das Wissen, dass sie in besagten Trancezustand in Gegenwart eines anderen Menschen eintritt, der sie beschützen wird, wenn das nötig sein sollte, und sie nicht in Gefahr bringt oder in eine Situation, die sich ihrer Kontrolle entzieht."

Im zweiten Abschnitt schreibt Wolf über die soziale Kontrolle der weiblichen Sexualität. Über verbale Herabwürdigung, Vergewaltigung und Trauma zu lesen, fand ich emotional sehr anstrengend.
Sie schlägt einen Bogen von den uralten Göttinnenreligionen mit heiliger Hochzeit und Tempelprostitution über Scham und Hexenverbrennung im Mittelalter zur letzten Jahrhundertwende, als viele Künstlerinnen über sexuelle Befreiung schrieben oder malten. Sehr interessant war auch die Darstellung der Vagina in der Bluesmusik.
Als positives Beispiel nennt sie ebenfalls verschiedene östliche Epochen, in denen die Vagina als allerheiligster Ort im Universum galt, und als Himmelstor oder Blütenteich bezeichnet worden sei.

Im dritten Abschnitt berichtet die Autorin über die heutige Zeit und wie Pornografie, die Verküpfung von Sex und Gewalt sowie die Nutzung eines Vibrators zu Desensibilisierung und Abstumpfung führe.
Während in pornografischen Schriften der vikorianischen Zeit noch sehr liebevoll und zärtlich über die Vagina geschrieben worden sei, gleiche die Vagina heute Junkfood:
"Dieser Slang legt nahe, dass westlich geprägte junge Männer von heute Vaginas nicht wie früher mit dunkler Magie und auch nicht mit ihren eher boshaft beleidigenden Assoziationen gleichsetzen; stattdessen evozieren die meisten Begriffe minderwertige Junkfood-Massenware und sind nicht gerade von emotionaler Wucht."

Im letzten Abschnitt widmet sich die Autorin der Frage, wie man "die Göttin zurückholen" könne. So bezeichnet sie die Aktivierung der Entspannungsreaktion der Frau. Sie besucht einen Tantra-Workshop und einen Therapeuten für Vaginalmassage.
Ihre Vorschläge für Männer klingen allzu simpel, aber es ist genau das, was ich mir von einem Partner wünschen würde:
"Schau ihr in die Augen."
"Streichle sie."
"Höre ihr zu und rede mit ihr."
"Schenke ihr Schutz, Zeit und Zärtlichkeit."

Fazit: Das Buch bietet einen guten Überblick über das Thema, ist aber noch nicht der Weisheit letzter Schluss.
Ich fühle mich in dem bestätigt, was ich intuitiv gefühlt habe - dass Zeitdruck und emotionaler Stress destruktiv sind und dass Überstimulierung durch einen Vibrator oder Pornografie desensibilisiert.
Störend fand ich, dass die Autorin bei einem Interview Suggestivfragen gestellt hat. Die Schilderung der Göttinenkultur und der heiligen Hochzeit war nicht korrekt eingeordnet. Die Vermählung eines Herrschers mit der Göttin in Gestalt der Priesterin ist schon der erste Schritt hin zur patriarchalen monotheistischen Religion gewesen. Die Interpretation der Schlangen in der Hand der minoischen Göttin als Penisse ist falsch. Schlangen symbolisieren üblicherweise Tod und Wiederauferstehung.
Sie schreibt mehrfach von der Aktivierung des ANS (des autonomen Nervensystems), was missverständlich ist. Sie meinte sicher die Aktivierung des Parasympatikus für die Entspannungsreaktion.

Mich als Single ließ das Buch aber auch etwas ratlos zurück, weil die Autorin von Transzendenz und gesteigerter Kreativität nach dem Orgasmus schwärmt. Gerade weil ich keinen Partner habe, habe ich genug Zeit und Energie, kreativ zu sein. Und Transzendenz lässt sich auch über andere Wege erreichen.
Darüberhinaus hat Naomi Wolf im Buch Marnia Robinson und ihre Texte über Dopamin erwähnt, nicht jedoch, dass diese explizit empfiehlt auf Orgasmen zu verzichten. Das Dopamin-High und der abschließende Absturz würde die Gefühle durcheinanderbringen und eher zu Unruhe und Unzufriedenheit in der Beziehung führen. Die Karezza-Technik dagegen schaffe mehr Verbundenheit und langfristig stabile Partnerschaften (ganz interessant dazu sind z.B. als Einstieg die Artikel der Autorin Marnia Robinson auf Huffington Post).

Veröffentlicht am 29.07.2019

Entzauberung der Romantik

Warum Liebe weh tut
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Die Autorin Eva Illouz ist Soziologieprofessorin und erforscht das soziale Verhalten und das Zusammenleben von Menschen.

"Letztlich geht es mir darum, mit der Liebe zu machen, was Marx mit den Waren gemacht ...

Die Autorin Eva Illouz ist Soziologieprofessorin und erforscht das soziale Verhalten und das Zusammenleben von Menschen.

"Letztlich geht es mir darum, mit der Liebe zu machen, was Marx mit den Waren gemacht hat: zu zeigen, daß sie von konkreten gesellschaftlichen Verhältnissen geformt und hervorgebracht wird; zu zeigen, daß die Liebe auf einem Markt ungleicher konkurrierender Akteure zirkuliert; und die These aufzustellen, daß manche Menschen über größere Kapazitäten als andere verfügen, um die Bedingungen zu definieren, unter denen sie geliebt werden."

Die Autorin entzaubert die Liebe und zeigt das Dilemma der Moderne auf. Einerseits wünschen wir uns Liebe als Anerkennung unseres individualisierten Selbsts. Andererseits streben wir nach Autonomie.

Klappt es mit der Partnerschaft nicht, geben wir uns selbst die Schuld.

“Wenn ich es wert wäre, geliebt zu werden, stünde dann nicht jetzt hier ein Mann neben mir?”

Kennzeichen der Moderne sei die romantische Wahl. So wie wir heute frei unseren Beruf wählen könnten, könnten wir auch den Partner frei wählen. Damit entstünden verschiedene Probleme wie ungleich verteilte Macht und Bindungsangst.

Sie zitiert aus Bridget Jones “Schokolade zum Frühstück”
“Kann offiziell bestätigen, daß der Weg zum Herzen eines Mannes heutzutage nicht über Schönheit, Essen, Sex oder ein anziehendes Wesen führt, sondern einzig und allein über die Fähigkeit, nicht besonders interessiert an ihm zu wirken.”

Dagegen stellt sie die Souveränität der austenschen Heldinnen:
“Warum nimmt Elizabeth Bennett, die Heldin von Stolz und Vorurteil, Darcys arrogante und abschätzige Kommentare über ihr »ganz passables« Aussehen nicht niedergeschlagen und mit einem Gefühl der Demütigung auf, sondern mit Witz und Geist? Weil Darcys Verächtlichkeit ihr Selbst- und Selbstwertgefühl weder prägt noch beeinträchtigt. Obwohl Darcy der mit Abstand attraktivste Heiratskandidat in ihrer unmittelbaren Umgebung ist, behält Elizabeth ihre Gefühle völlig unter Kontrolle und läßt sie erst zum Ausdruck kommen, als Darcy sich in ihre Vision und Definition der Liebe fügt.”

Die damalige Brautwerbung lief ganz anders ab als im Internetzeitalter. Zurückweisung habe nicht am Selbst der Person, sondern der Stellung in der Gesellschaft und dem Charakter gelegen.

In der Konsumkultur dagegen gehe es überwiegend um Begehren und Sexyness. Schönheit sei vom Charakter abgetrennt worden. Und es seien neue Definitionen von Männlichkeit und Weiblichkeit entstanden. Die Medien schürten große Erwartungen von romantischen Erlebnissen, auf die unweigerlich Enttäuschungen folgen würden.

Und welches Problem entsteht, wenn ich als Single die Liebe durch die viel gepredigte Eigenliebe ersetzen will?

Fazit: Ich habe das Buch vor über einem halben Jahr angefangen und hatte Schwierigkeiten es zu Ende zu lesen. Es lag aber nicht an der Schreibweise, sondern allein an der Informationsdichte und dem desillusionierenden Inhalt. Ich musste das Buch immer wieder beiseite legen und über das Gelesene nachdenken.
Sehr gut gefallen haben mir, die vielen psychologischen Interviews sowie die Zitate aus Jane Austens Romanen.
Absolute Leseempfehlung! Die größeren Zusammenhänge von Liebe und Kultur werden verständlich dargestellt.

Als emotional aufbauende Anschlusslektüre empfehle ich "Weiblich, ledig, glücklich - sucht nicht” von Gunda Windmüller.

Veröffentlicht am 29.07.2019

Entzauberung der Romantik

Warum Liebe weh tut
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Die Autorin Eva Illouz ist Soziologieprofessorin und erforscht das soziale Verhalten und das Zusammenleben von Menschen.

"Letztlich geht es mir darum, mit der Liebe zu machen, was Marx mit den Waren gemacht ...

Die Autorin Eva Illouz ist Soziologieprofessorin und erforscht das soziale Verhalten und das Zusammenleben von Menschen.

"Letztlich geht es mir darum, mit der Liebe zu machen, was Marx mit den Waren gemacht hat: zu zeigen, daß sie von konkreten gesellschaftlichen Verhältnissen geformt und hervorgebracht wird; zu zeigen, daß die Liebe auf einem Markt ungleicher konkurrierender Akteure zirkuliert; und die These aufzustellen, daß manche Menschen über größere Kapazitäten als andere verfügen, um die Bedingungen zu definieren, unter denen sie geliebt werden."

Die Autorin entzaubert die Liebe und zeigt das Dilemma der Moderne auf. Einerseits wünschen wir uns Liebe als Anerkennung unseres individualisierten Selbsts. Andererseits streben wir nach Autonomie.

Klappt es mit der Partnerschaft nicht, geben wir uns selbst die Schuld.

“Wenn ich es wert wäre, geliebt zu werden, stünde dann nicht jetzt hier ein Mann neben mir?”

Kennzeichen der Moderne sei die romantische Wahl. So wie wir heute frei unseren Beruf wählen könnten, könnten wir auch den Partner frei wählen. Damit entstünden verschiedene Probleme wie ungleich verteilte Macht und Bindungsangst.

Sie zitiert aus Bridget Jones “Schokolade zum Frühstück”
“Kann offiziell bestätigen, daß der Weg zum Herzen eines Mannes heutzutage nicht über Schönheit, Essen, Sex oder ein anziehendes Wesen führt, sondern einzig und allein über die Fähigkeit, nicht besonders interessiert an ihm zu wirken.”

Dagegen stellt sie die Souveränität der austenschen Heldinnen:
“Warum nimmt Elizabeth Bennett, die Heldin von Stolz und Vorurteil, Darcys arrogante und abschätzige Kommentare über ihr »ganz passables« Aussehen nicht niedergeschlagen und mit einem Gefühl der Demütigung auf, sondern mit Witz und Geist? Weil Darcys Verächtlichkeit ihr Selbst- und Selbstwertgefühl weder prägt noch beeinträchtigt. Obwohl Darcy der mit Abstand attraktivste Heiratskandidat in ihrer unmittelbaren Umgebung ist, behält Elizabeth ihre Gefühle völlig unter Kontrolle und läßt sie erst zum Ausdruck kommen, als Darcy sich in ihre Vision und Definition der Liebe fügt.”

Die damalige Brautwerbung lief ganz anders ab als im Internetzeitalter. Zurückweisung habe nicht am Selbst der Person, sondern der Stellung in der Gesellschaft und dem Charakter gelegen.

In der Konsumkultur dagegen gehe es überwiegend um Begehren und Sexyness. Schönheit sei vom Charakter abgetrennt worden. Und es seien neue Definitionen von Männlichkeit und Weiblichkeit entstanden. Die Medien schürten große Erwartungen von romantischen Erlebnissen, auf die unweigerlich Enttäuschungen folgen würden.

Und welches Problem entsteht, wenn ich als Single die Liebe durch die viel gepredigte Eigenliebe ersetzen will?

Fazit: Ich habe das Buch vor über einem halben Jahr angefangen und hatte Schwierigkeiten es zu Ende zu lesen. Es lag aber nicht an der Schreibweise, sondern allein an der Informationsdichte und dem desillusionierenden Inhalt. Ich musste das Buch immer wieder beiseite legen und über das Gelesene nachdenken.
Sehr gut gefallen haben mir, die vielen psychologischen Interviews sowie die Zitate aus Jane Austens Romanen.
Absolute Leseempfehlung! Die größeren Zusammenhänge von Liebe und Kultur werden verständlich dargestellt.

Als emotional aufbauende Anschlusslektüre empfehle ich "Weiblich, ledig, glücklich - sucht nicht” von Gunda Windmüller.

Veröffentlicht am 29.07.2019

Hilfreicher Überblick

Warum wir uns Gefühle kaufen
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Der eindeutigerer Buchtitel wäre "Wie wir bei unseren Kunden Gefühle auslösen".

Der Autor Christian Mikunda ist Theater- und Medienwissenschaftler, hat beim Film und Fernsehen gearbeitet und berät Firmen ...

Der eindeutigerer Buchtitel wäre "Wie wir bei unseren Kunden Gefühle auslösen".

Der Autor Christian Mikunda ist Theater- und Medienwissenschaftler, hat beim Film und Fernsehen gearbeitet und berät Firmen bei der Darstellung ihrer Marke.

Im vorliegenden Buch erläutert er, wie beim Zuschauer oder Kunden bestimmte Gefühle geweckt werden können. Konkret geht es um Begierde, Entspannung, Erhabenheit, Power, Freude, Meisterhaftigkeit und Intensität.

Mikunda beschreibt jedes Hochgefühl , wie man es auslöst, verstärkt und nachwirken lässt. Er erläutert auch die Gefahren, wenn man es übertreibt und Fülle wie Ramsch erscheint oder Erhabenheit in Hochmut umschlägt.

Kombiniert man zwei Hochgefühle, entstehen Gefühlscocktails wie beim Las-Vegas-Prinzip (Freude und Begierde) oder New-York-Prinzip (Stärke und Größe).

Der Autor nennt zahlreiche Beispiele. Unter anderem das Mercedes-Benz-Museum (Überhöhung), einen Abercrombie & Fitch Store (Fülle) und das Filmset von "Krieg der Sterne". Im Globetrotter-Flagshipstore im Köln finden sich gar alle sieben Hochgefühle. Er erläutert, was Pokemons und MacGyver so faszinierend macht.
Am Ende des Buches findet sich ein Fototeil.

Das Buch richtet sich an Filmschaffende, Architekten, Werbemenschen und Designer von Computerspielen. Es hilft bei der Dekoration von Schaufenstern, der Gestaltung von Tourismusaktionen und Hotels.

Als Autorin habe ich mich für das Thema interessiert, um Szenen, Gebäude und Settings zu beschreiben, um beim Leser eine bestimmte Emotion zu wecken.

Insgesamt ein vielfältiges Buch, das einen guten Überblick gibt. Ich hätte mir allerdings noch mehr konkrete Informationen zu Farben, Materialien und Düften gewünscht. Doch hat man das Prinzip eines Hochgefühls und seiner Inszenierung einmal verstanden, kann man sich weiteres erschließen.

Veröffentlicht am 26.07.2019

Der beste Roman, den ich seit langem gelesen habe - berührend, zärtlich und bittersüß

Das goldene Palais
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Die Autorin Natasha Solomons führt die Leser zurück in eine längst vergangene Zeit, als die Damen noch Korsetts trugen und die Herren ihre Koteletten wachsten.

Wien, 1910. Greta, das jüngste Kind der ...

Die Autorin Natasha Solomons führt die Leser zurück in eine längst vergangene Zeit, als die Damen noch Korsetts trugen und die Herren ihre Koteletten wachsten.

Wien, 1910. Greta, das jüngste Kind der Bankiersfamilie Goldbaum ist eigenwillig und aufmüpfig. Ihr älterer Bruder Otto ist ihr Verbündeter gegen die strenge Mutter und schmuggelt sie mit in Vorlesungen und geht mit ihr zur Jagd. Um die Macht der Familie zu vergrößern soll Greta den ihr unbekannten Cousin Albert heiraten.

«Wenn ich Mutter bin, werde ich nicht so sein wie du. Ich werde meine Kinder jeden Tag sehen. Und ich werde sie küssen und in den Arm nehmen und zulassen, dass sie auf meinen Schultern kleine Fäden von Rotz hinterlassen wie eine Schneckenspur. Und sie werden auch wissen, dass ich sie liebe.» Greta küsste ihre Mutter auf die Stirn und ließ sie allein in ihrem dämmrigen Zimmer.


Von dem eleganten Elternhaus in Wien, über das moderne Paris, folgen wir Greta nach England in ihre Ehe.

"Wenn Wien die alte Tante in ihrer Krinoline war, die für das Kaiserreich die Anstandsdame spielte, dann war Paris die Cousine, die Greta ein Glas Champagner in die Hand drückt."


Trotz der konservativen Traditionen der englischen Gesellschaft, erkämpft sich Greta ein kleines Fleckchen Freiheit und bringt es zum Blühen.
Sie entdeckt ihre Wünsche und schließlich auch die Liebe.

Vor dem Hintergrund des kommenden Ersten Weltkriegs bahnt sich ein Umbruch in der Gesellschaft an. Erfindungen wie die Schreibmaschine und das Telefon, die Streiks der Arbeiter und die wirtschaftlichen Turbulenzen haben Auswirkungen auf das Bankhaus Goldbaum.

Auf über 600 Seiten bescheibt die Autorin die Erlebnisse und Gefühle ihrer liebevoll gezeichneten Charaktere.
Was geht in dem jungen Ehemann Albert vor, der sich scheinbar mehr für Käfer und Schmetterlinge interessiert, als für seine Frau Greta?
Wovon träumt sein älterer Bruder Clemens, der einmal das Bankhaus übernehmen soll, jedoch keinerlei Talent für Geschäfte hat?
Und wer ist der Waisenjunge Karl, der in den Kanälen unter dem Wiener Palais lebt?
Wie ist seine Geschichte mit der der Goldbaums verwebt?

Eine Erzählung, schimmernd, wie ein zartes Seidengewebe. Viele Seiten verströmen den Duft eines sonnenbeschienenen englischen Gartens, lassen mich in eleganten Bildern schwelgen. Mit meisterhaften Metaphern hat die Autorin eine Atmosphäre geschaffen, die mich in ihren Bann gezogen hat.

"Greta mochte diese Anschlagzettel. Die Bäume im Park waren voll von ihnen, wie von einer bestimmten Art weißer Vögel. Sie waren Botschaften aus einer anderen Welt – aus der gewöhnlichen Welt, in der Menschen zu kämpfen hatten, Schnaps aus der Flasche tranken, Schnitzel und Würste zu Abend aßen und eine überschaubare Anzahl Hosen besaßen. Die Zettel an den Bäumen betrafen verloren gegangene Hunde, Zimmer zur Miete oder Damen niederen Ansehens, die ihre Dienste anboten. Die verzweifeltsten waren auch die faszinierendsten: ein Geiger, der im Tausch für ein anständiges Essen und einen Eimer Kohlen Unterrichtsstunden anbot, zum Beispiel. Das Gewöhnliche und das Alltägliche war in Gretas Augen voller Glanz."

Eine Geschichte voll stummer Sehnsüchte, die mich mehrmals aufseufzen ließ.
Berührend und zärtlich und bittersüß.

Absolute Leseempfehlung für Fans von "Downton Abbey" und Gartenliebhaber.
Wenn Sie dieses Jahr nur ein Buch lesen - lesen Sie dieses!

(Laut der Internetseite der Autorin wurden die Fernseh-Rechte von "House of Gold" verkauft. Es ist geplant eine internationale TV-Serie zu drehen.)