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Veröffentlicht am 20.10.2017

Trügerisch

Der Angstmann
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Ende 1944 in den Kriegswirren geschieht in Dresden ein Mord an einer jungen Frau. Sie wurde übelst zugerichtet. Kommissar Max Heller übernimmt die Ermittlungen. Er ist einer der wenigen, die noch normale ...

Ende 1944 in den Kriegswirren geschieht in Dresden ein Mord an einer jungen Frau. Sie wurde übelst zugerichtet. Kommissar Max Heller übernimmt die Ermittlungen. Er ist einer der wenigen, die noch normale Polizeiarbeit ausführen dürfen. Wegen einer Verletzung aus dem ersten Weltkrieg ist er nicht kriegstauglich. Doch er und seine Frau sorgen sich außerordentlich um die beiden Söhne, die an der Front kämpfen. Durch die häufigen Bombenwarnungen werden die Untersuchungen ebenso behindert wie durch Hellers Chef, der den Fall unbedingt schnellsten gelöst haben will. Schließlich sollen bald auch noch die letzten jungen Männer eingezogen werden. Und die Verstorbene war mit einem Juden verheiratet gewesen. Da bietet der sich als Täter doch förmlich an.

Kommissar Max Heller ermittelt in einer Extremsituation. Ende 1944 zeichnet sich schon ab, dass der Krieg nicht zu gewinnen ist, doch die sogenannten Herrenmenschen sind noch an der Macht. Und so müssen die, die sich eigentlich eine andere Welt wünschen, ausgesprochen vorsichtig sein in ihrem Verhalten. Ein Denunziant könnte überall lauern. Dass sein direkter Vorgesetzter unbedingt eine bestimmte Lösung haben möchte, macht es auch nicht leichter. Erst ein zweiter Mord führt dazu, dass zumindest weiter nach dem Täter gesucht werden kann. Doch nur schleppend geht es voran.

Es scheint seltsam unpassend, dass in Kriegszeiten auch „normale“ Verbrechen geschehen können. Man könnte meinen, das kann doch nicht sein. Durch Krieg, Hunger und Tod sollte genug Leid unter den Menschen sein, es dürfte nicht noch irgendwelche Verbrechen brauchen. Doch ein Mörder ruht nicht und bringt Unheil über die Stadt. Die Menschen haben Angst, umso mehr seit dieser Mörder umgeht. Man möchte sie hinein fühlen in die Welt der vielen Mitläufer und der wenigen Aufrechten, man möchte sie durchdringen die noch existierenden Verbindungen zwischen den noch Machthabern. Ein wenig fern bleibt die Szenerie und doch verfängt man sich im Geschehen. Gerade Dresden, die so sehr zerbombte Stadt, bildet eine berührenden Hintergrund für diesen Kriminalroman, mit dem ein neuer Ermittler vorgestellt wird.

Max Heller bei seinem ersten Fall, der mit einer ganz anderen spannenden Ausgangssituation endet als zu erwarten gewesen wäre.

Veröffentlicht am 15.10.2017

Myrina

Die geheimen Schwestern
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Kann die Sage von Troja einen wahren Kern haben? Dieser Frage geht die Philologin Diana Morgan nach, die sich auch sehr für die Geschichte der Amazonen interessiert. Eigentlich unterrichtet Diana ein Seminar ...

Kann die Sage von Troja einen wahren Kern haben? Dieser Frage geht die Philologin Diana Morgan nach, die sich auch sehr für die Geschichte der Amazonen interessiert. Eigentlich unterrichtet Diana ein Seminar an einer britischen Universität. Doch einem verlockenden Angebot, eine alte Schrift zu entziffern, kann sie nicht widerstehen. Sie reist nach Nordafrika, um eben diese Aufgabe zu lösen. Bei ihrer Ankunft trifft sie auf Nick Barran, ein auf den ersten Blick zwielichtiger Typ, der sich mehr in Dianas Gedanken schleicht als ihr recht ist. Ihr Jugendfreund James liegt doch viel mehr auf ihrer Linie. Diese Gedanken sind jedoch schnell vergessen, denn tatsächlich ergeben sich Spuren zu den Amazonen, deren Existenz Diana gerne bestätigen möchte.

Troja, Amazonen, die Ilias - könnte wirklich etwas dran sein? Sicher fast jeder kennt die sagenhaften Geschichten, hat mal eine Verfilmung gesehen oder ein Buch gelesen. Eine Fülle von Leben, aus denen sich viele Artikel, Romane, Filme, Stücke zaubern lassen. Es ersteht eine Vorstellung alter Welten, die nie langweilig gewesen zu sein scheinen.

In ihrem Roman verknüpft die Autorin geschickt Vergangenheit und Gegenwart und nährt so die Idee eines gewissen Wahrheitsgehaltes der alten Sagen und Erzählungen. Beim Lesen bzw. Hören verbinden sich die Erinnerungen an die Geschichte mit den Erläuterungen der Autorin. Gefesselt verfolgt man Parallelen und Unterschiede, Auswirkungen des Lebens in alter und moderner Gesellschaft, deren Unterschiede manchmal nicht so groß sind. Einige Dinge ändern sich halt nie oder es gab sie schon länger als gedacht. Mit diesen Vergleichen im Kopf verfolgt man Dianas Weg durch Antike und Gegenwart, ein Weg, der etwas harmlos beginnt zum Schluss aber immer mehr wie ein Thriller wirkt.

Vergangenheit und Gegenwart sind bei diesem Hörbuch sehr gut verbunden und doch getrennt durch die angenehm betonten Lesungen von Tanja Fornaro und Suszanne von Borsody. Wenn man sich selbst auch eher als Anhänger ungekürzter Lesungen sieht, so wie geboten, bilden ca. 22 Stunden doch eine gewisse Herausforderung.

Veröffentlicht am 22.09.2017

Worlds Apart

Dark Matter. Der Zeitenläufer
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Der Lehrer Jason Dessen führt mit seiner Frau Daniela und seinem Sohn Charlie ein beschauliches Leben. Manchmal denkt er, was gewesen wäre, wenn damals alles ganz gekommen wäre. Vielleicht hätte er eine ...

Der Lehrer Jason Dessen führt mit seiner Frau Daniela und seinem Sohn Charlie ein beschauliches Leben. Manchmal denkt er, was gewesen wäre, wenn damals alles ganz gekommen wäre. Vielleicht hätte er eine Stelle als Forscher angenommen. Und Daniela? Sie hat für ihre Familie ihre Karriere als Künstlerin aufgegeben. Doch was ist das schon gegen eine glückliche Familie. So denkt Jason als er unversehens nieder geschlagen wird und in einem seltsamen Labor erwacht. Dort scheinen ihn die Menschen erwartet zu haben. Völlig Fremde, die so tun als ob sie ihn kennen, als ob es normal wäre, dass er dort ist.

Nach und nach bekommt Jason eine Ahnung, was geschehen sein könnte. Möglicherweise ist er in einer Welt gelandet, in der sein Leben einen ganz anderen Weg genommen hat. Plötzlich ist er Wissenschaftler, reich und angesehen und allein. Hat er solch ein Leben insgeheim gewollt? Könnte er sich daran gewöhnen? Im Moment ist er eher ein Forschungsobjekt. Er war verschwunden, doch aus welcher Sicht verschwunden? Das gewohnte Dasein hat er schließlich erst vor kurzem verlassen. Jason unternimmt einiges, um zu entschlüsseln wie es zu diesem Ereignis kommen konnte.

Eine Gehirnbeschäftigungsidee könnte dieser Romanansatz bieten. Beim Lesen fängt man tatsächlich an, zu überlegen, ob man sich in dieses Konstrukt hineindenken kann. Gibt es eine Möglichkeit von Welt zu Welt zu reisen? Eine andere Welt, in der das eigene Leben einen anderen Verlauf genommen hat? Möchte man das? Kann man dort alles besser gemacht haben? Und wie ist es mit dem Zustand dazwischen? Der Zustand vor der Entscheidung, in dem beide Möglichkeiten im Raum stehen. Was passiert in der geschlossenen Kiste? Schöne Gedankenspiele, die wirklich fesseln. Allerdings schleicht sich mit der Zeit das Gefühl ein, dass sich der Autor etwas verzettelt hat. Wie ein Flussdelta verzweigt sich die Handlung und man fragt sich, in welche Richtung es sich wenden wird. Einiges kommt schließlich zur Ruhe und einiges bleibt offen. Nach einem packenden Beginn fühlt man sich etwas irritiert. Insgesamt jedoch wird das Gehirn wie zu Beginn gesagt, sehr gut beschäftigt und kann auch nach Beendigung der Lektüre noch eine Weile weitergrübeln über die Möglichkeiten, die solche Welten bieten mögen.

Hauptsächlich aus Jasons Sicht liest Florian Lukas mit angenehmer und fesselnder Betonung. Mit der Stimme von Karoline Schuch kommt auch Daniela zu Wort, von der man gerne mehr gehört hätte.

Veröffentlicht am 14.09.2017

Der Informant

Königsallee
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Kommissar Reuter von der Düsseldorfer Mordkommission bekommt es mit einem schwierigen Fall zu tun. Ein Informant wird brutal ermordet und eine Zeugin verschwindet. So schnell lässt sich kein Motiv für ...

Kommissar Reuter von der Düsseldorfer Mordkommission bekommt es mit einem schwierigen Fall zu tun. Ein Informant wird brutal ermordet und eine Zeugin verschwindet. So schnell lässt sich kein Motiv für die Tat finden. Nach einer Weile gerät auch der Bruder des Kommissars in Bedrängnis. Er hat wohl den Rückkauf eines gestohlenen Gemäldes vermittelt und wird nun selbst bedroht. Die Tagespresse kümmert sich allerdings weniger um die Fälle der Polizei, sondern mehr um ein Investitionsprojekt, das eigentlich das Image der Stadt verbessern soll, nun aber zu platzen droht.

Viele Spuren führen zum Ziel und vieles ist verbunden, was zunächst keine Verbindung zu haben scheint, ergibt schließlich doch einen Zusammenhang. In der Festung laufen die Fäden zusammen, die aber sorgfältig sortiert werden müssen. Doch nicht jeder scheint ein Interesse daran zu haben, die Fälle aufzuklären. Wer hat da etwas zu verbergen? Gibt es Beziehungen zwischen Verbrechen und staatlichen Stellen? Das kann doch nicht sein, oder? Sind auch einige Kollegen involviert? Jan Reuter gräbt immer tiefer und nicht jede Entdeckung erfreut ihn.

Auch dieser etwas ältere Roman aus dem Jahr 2007 ist im Bereich der Düsseldorfer Kriminalpolizei angesiedelt. Einige Personen, die man aus späteren Werken bereits kennt, tauchen in einzelnen Szenen auf. Doch wie bei jedem Dezernat wechselt hin und wieder das Personal und so fällt hier die Hauptrolle dem Kommissar Jan Reuter zu. Akribisch ermittelt dieser die Hintergründe zu diesem Fall und fördert immer brisantere Details zutage. Mit Spannung verfolgt man den Gang der Ermittlungen und muss manchmal doch innehalten ob der schier unglaublichen Vorgänge.

Mit angenehmer und den jeweiligen Situationen im Buch angepasster Betonung liest der Autor selbst und erzeugt sowohl Momente der Anspannung als auch solche ruhigerer Gangart. Er ist immer nah bei seinem Werk und schafft es auch die Zuhörer für dieses Buch einzunehmen. Man mag vielleicht für die späteren Kriminalromane mehr Begeisterung aufbringen, doch auch in diesem etwas älteren Roman blitzt schon einiges von dem auf, was später zur Perfektion gebracht wird.

Veröffentlicht am 23.08.2017

Kämpfer

Purpurland
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Tim Sander war zu einem Auslandseinsatz in Afghanistan abkommandiert. Dort ist er nur knapp dem Tod entronnen und hat Dinge gesehen, deren Anblick einem eigentlich erspart bleiben sollte. Wieder daheim ...

Tim Sander war zu einem Auslandseinsatz in Afghanistan abkommandiert. Dort ist er nur knapp dem Tod entronnen und hat Dinge gesehen, deren Anblick einem eigentlich erspart bleiben sollte. Wieder daheim kommt er zunächst in eine Reha-Einrichtung in Süddeutschland. Dort trifft er den Polizisten Felix Mey aus Düsseldorf kennen, der dort ebenfalls wegen schwer zu verwindender Ereignisse zur Kur ist. Mit ihm tauscht sich Sander aus, besonders über seine Frau Julie, die sein Halt und sein ein und alles ist. Zurück in Düsseldorf wechselt Mey in die Mordkommission und während seines ersten Einsatzes stößt er auf eine Tote, bei der es sich zu seinem großen Erschrecken um Julia handelt.

Was während der Auslandeinsätze der Soldaten geschieht, dürfte weitgehend unbekannt sein und bleiben. Wüsste man alles, könnte man derartige Einsätze, auch wenn sie wohl tatsächlich der Schaffung oder Erhaltung eines brüchigen Friedens dienen, vermutlich nie gutheißen. Tim Sander möchte, dass einige Sachen ans Licht kommen, doch er wird herbe ausgebremst. Unklar ist, weshalb seine Frau Julia sterben musste. Zwar stellt sich heraus, dass sie so manches Geheimnis hatte, aber nichts wirkt so, dass es eine so grausame Tat rechtfertigen würde.

Ein Themenmix, der insbesondere was die Afghanistanschiene anbelangt sehr brisant und interessant wirkt, der aber gerade in anderen Bereichen auch Mitempfinden hervorruft. Mit seiner herausragenden Recherche und seiner ansprechenden Komposition fesselt Horst Eckert auch mit diesem einem seiner früheren Werke. Schier unglaublich erscheinen einige der Ereignisse und man gerät ins Nachdenken und die geschilderten Vorgänge entwickeln einen besonderen Nachhall.

Als Hörbuch vorgetragen wirkt das Buch allerdings sehr getragen. Sicher ist es Geschmacksache, ob einen eher mit neutraler Stimme gelesenen Vortrag bevorzugt oder ob einem eine actiongeladenere Darbietung lieber ist. Wenn einem allerdings letzteres näher ist, könnte man hier eine kleine Enttäuschung erleben.