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Veröffentlicht am 14.06.2017

Käffchen geht immer

Ich schenk dir die Hölle auf Erden
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Und wer war nun diese Sekretärin, die den Koffer ihres Mannes zurückgebracht hat? Die mit den Stiefeln bis über die Knie? So sollte Carinas Mädels-Abend eigentlich nicht anfangen, aber es ist heraus, ihr ...

Und wer war nun diese Sekretärin, die den Koffer ihres Mannes zurückgebracht hat? Die mit den Stiefeln bis über die Knie? So sollte Carinas Mädels-Abend eigentlich nicht anfangen, aber es ist heraus, ihr Mann Jonas hat sie betrogen. Carina, die immer beinahe bis zur Selbstaufgabe alles getan hat, um ihre Ehe am Laufen zu halten, ist am Boden zerstört. Da kann es nur eine Lösung geben. Jonas muss gehen. So hat sich Jonas das allerdings nicht vorgestellt, er möchte weiterhin seine warmen Mahlzeiten zu hause und den Champagner in der Stadt. Während Carina endlich beginnt, auch mal an sich zu denken, erfährt Jonas bald, dass einen der Alltag manchmal schneller ereilt als einem lieb sein kann.

Puh, was für ein unsympathischer Meckerfred ist dieser Jonas. Nichts kann seine Frau ihm recht machen, alles reglementiert er und mit dem Geld hält er sie auch noch knapp. Dafür darf sie dann knechten, die Kinder betreuen, kochen, putzen, eine tolle Hausfrau und Mutter sein. Im ersten Moment denkt man, wenn man etwas nicht gebrauchen kann, ist es so eine Ehe oder sogar überhaupt eine Ehe. Da gibt es keine traute Zweisamkeit mehr, die es zu vermissen gälte. Doch kann einer alleine an allem Schuld sein? Selbst wenn es so wäre, führt diesesTrennungsereignis doch auch dazu, das Carina beginnt, darüber nachzudenken, was sie in ihrem Leben ändern könnte. Ihre Mädels besonders ihre beste Freundin Leni stehen ihr dabei treu zur Seite und haben auch so manchen Tip. Und wenn gar nichts mehr geht, dann gibt es einen Kaffee. Der baut auf.

Wie herrlich kann man sich aufregen über Jonas, der sich wie ein schlechter Sohn verhält, und auch über Carina, die sich schlechter macht als nötig und die man etwas schütteln möchte, um ihr Selbstbewusstsein wieder aufzurütteln. Auch wenn sich sie bei diesem Buch um eine eher leichtere Lektüre handelt, so sind doch ein paar ernstere Untertöne vorhanden, die durchaus anregen können, sich auch über sich selbst ein paar Gedanken zu machen. Kommt man zu sehr in eine Routine, nimmt man alles zu selbstverständlich? Wird man immer anspruchsvoller, wenn ein anderer versucht, Wünsche zu erfüllen? Reicht es nicht, wenn Sachen erledigt werden, müssen sie immer auch richtig erledigt werden? Und was, wenn alles in Scherben liegt? Was kann man selber tun, um wieder eine gute Basis in sein Leben zu bekommen.

Eine schöne heiterere Sommerlektüre mit einer gewissen Ernsthaftigkeit, die aber nie ihre Leichtigkeit verliert und die wahrhaft lehrt zu fliegen. Und wenn das nicht hilft: Käffchen geht immer!

Veröffentlicht am 11.06.2017

Cainesville

Dunkles Omen – Ein Cainsville-Thriller
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Ihr Leben verläuft in geregelten Bahnen, sie kommt aus einem wohlhabenden Elternhaus, sie leistet ehrenamtliche Tätigkeiten und in einem Monat soll die Hochzeit sein. Jäh ist es allerdings vorbei mit der ...

Ihr Leben verläuft in geregelten Bahnen, sie kommt aus einem wohlhabenden Elternhaus, sie leistet ehrenamtliche Tätigkeiten und in einem Monat soll die Hochzeit sein. Jäh ist es allerdings vorbei mit der Idylle. Olivia Taylor-Jones erfährt, dass nichts von dem stimmt, was sie für selbstverständlich erachtet hat. Reporter haben sie aufgespürt und auf einmal ist sie die Tochter von verurteilten Mördern. Olivia sieht nur eine Chance, sie muss herausfinden, ob das, was ihren leiblichen Eltern zur Last gelegt wurde, wirklich so geschehen ist. Ihr Weg führt sie nach Cainesville, ein eigenartiges kleines Städtchen, in dem sie wohlwollend aufgenommen wird.

Natürlich passiert so was nicht im richtigen Leben. Dennoch ist die Vorstellung, dass das ganze Leben zusammenstürzt, wenn man etwas erfährt, mit dem man nie gerechnet hätte, eher beängstigend. Schon allein die Mitteilung, man sei adoptiert, stellt alles auf den Kopf. Doch wenn man dann auch noch damit klarkommen soll, dass die leiblichen Eltern Schwerverbrecher sein sollen. Das scheint fast unmöglich zu ertragen zu sein. Schnell kommt Misstrauen gegenüber den Adoptiveltern auf, warum haben sie nie etwas gesagt. Haben sie die Wahrheit gekannt. Welches Erbe trägt sie von ihren leiblichen Eltern in sich. Ein Mördergen?

Auch wenn man nicht unbedingt in Sachen Horror oder Paranormal unterwegs ist, lohnt es sich diesem Buch eine Chance zu geben. In diesem ersten Band einer Reihe, von der auf Englisch in diesem Jahr noch der Abschlussband erscheint, geht es hauptsächlich irdisch zu. Die junge Olivia ist verständlicherweise am Boden zerstört als sie erfährt, dass ihr wohlbehütetes Leben auf einer Lüge basiert. Von ihrer Adoptivmutter fühlt sie sich im Stich gelassen und zum ersten Mal muss und will sie für sich selbst sorgen. Und so gerät sie nach Cainesville und gemeinsam mit dem ehemaligen Anwalt ihrer leiblichen Mutter beginnt sie mit den Nachforschungen, was sich zur Zeit der Mordserie tatsächlich zugetragen hat. Dieses Szenario bildet die Grundlage für einen packenden Thriller mit leichten paranormalen Anklängen, die gerade einen besonderen Reiz bilden wie ein außergewöhnliches Gewürz in einer so schon wohlschmeckenden Suppe. Das leichte Prickeln zwischen Olivia und Gabriel regt zusätzlich die Phantasie an.

Nach einem fesselnden Beginn und einem eher ruhigen Mittelteil nimmt die Geschichte zum Schluss hin so viel Fahrt auf, dass man nichts anderes tun kann als Seite für Seite seine Neugier zu befriedigen.

Veröffentlicht am 10.06.2017

Nüchtern

Schattenjunge
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Danny Katz wird von einer jungen Frau kontaktiert. Ihr Ehemann ist seit ein paar Tagen verschwunden und sie hat den Eindruck, dass die Polizei kein großes Interesse hat, die Ermittlungen einzuleiten. Man ...

Danny Katz wird von einer jungen Frau kontaktiert. Ihr Ehemann ist seit ein paar Tagen verschwunden und sie hat den Eindruck, dass die Polizei kein großes Interesse hat, die Ermittlungen einzuleiten. Man geht dort von einem freiwilligen Verschwinden aus. Joel Klingberg hat das Verschwinden seines älteren Bruders nie verwunden, auch nicht nach über vierzig Jahren. Katz kennt den Verschwundenen aus seiner Militärzeit, gemeinsam wurden sie zu Übersetzern ausgebildet. Doch kann das auf der Suche nach dem Vermissten hilfreich sein? Möglicherweise ist Danny Katz mehr durch den Fall angerührt als ihm lieb sein kann.

In seinem ersten Fall wird Danny Katz mit einem Teil seiner Vergangenheit konfrontiert. Seine Zeit beim Militär hat ihn schon geprägt, obwohl er einiges nicht durchblicken konnte und ihm Hintergrundwissen vorenthalten wurde. Die Wege seines Kameraden Joel hat er nicht mehr weiter verfolgt. Umso rätselhafter ist nun sein Verschwinden. Hegt Klingberg auch nach den langen Jahren noch den Wunsch, das Schicksal seines Bruders zu klären? Oder hat ihn noch etwas anderes veranlasst, sein Haus zu verlassen? War es überhaupt ein freiwilliges Geschehen? Schnell bekommt Katz den Eindruck, dass nicht alle Fragen, die er stellt, ehrlich beantwortet werden. Ähnlich geht es der Staatsanwältin Eva Westin.

Zwar ist es nicht zwingend notwendig, die Bände der Reihe in der richtigen Reihenfolge zu lesen, aber Sinn macht es natürlich schon. Aber auch wenn man den Folgeband bereits kennt, vermag auch dieser erste Teil zu fesseln. Allerdings muss man der Thematik, die der Autor wählt, eine gewisse Offenheit entgegen bringen. Man mag nicht glauben, dass es im vermeintlich beschaulichen Schweden so hart hergehen kann. Was vom Menschen übrig bleibt, scheint nicht allzu viel, wenn er die Mühlen durchlaufen hat. Doch müsste nicht jemand etwas merken? Allerdings fällt einem dann doch schnell wieder ein, dass man den Leuten bekanntlich nur vor den Kopf kucken kann. Auch wenn vielleicht noch nicht alles ganz rund läuft, hat der Autor doch einen interessanten Ermittler in einem besonderen Umfeld vorgestellt, der in seinem ersten Fall schon gut beginnt und im zweiten zu noch besserer Form aufläuft.

Veröffentlicht am 06.06.2017

Heimkehr

Die Kalte Sofie
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Einige Jahre hat die Rechtsmedizinerin Sofie Rosenhuth in Berlin gearbeitet. Nun kehrt sie in ihre Heimatstadt München zurück. Gleich an ihrem ersten Arbeitstag findet Sofie eine tote Maus, die tatsächlich ...

Einige Jahre hat die Rechtsmedizinerin Sofie Rosenhuth in Berlin gearbeitet. Nun kehrt sie in ihre Heimatstadt München zurück. Gleich an ihrem ersten Arbeitstag findet Sofie eine tote Maus, die tatsächlich so aussieht als sei sie keines natürlichen Todes gestorben. Nun könnte eine Maus ihr eigentlich egal sein, aber Sofies Neugier ist geweckt und sie nimmt den kleinen Leichnam mit. Etwas derangiert kommt sie an ihrem Arbeitsplatz an und erhält eine Ansprache von ihrer neuen Chefin. Na, das fängt ja gut an. Sofie kann zum Glück bald einigen Boden gut machen, denn ein kleines Mädchen bricht zusammen und Sophie hat das richtige Näschen, um eine mögliche Ursache zu erkennen.

Die Heimkehr an ihre alte Wirkungsstätte bringt Sofie, die vor ihrem Studium als Polizistin tätig war, viel Gutes. Aber nicht alles ist eine reine Freude, denn auch ihr Ex-Mann Joe tritt wieder in ihr Leben ein. Er ist der ermittelnde Kommissar und Sofie muss mit ihm zusammenarbeiten, ob es ihr nun gefällt oder nicht. Dann gibt es da aber auch den Lichtblick von Polizeireporter und seinem Auto, denen Sofie gerne einen zweiten Blick widmet. Eine Stütze für Sofie ist auch ihre Tante Vroni. Ja, daheim ist es doch am schönsten. Und nun gilt es herauszufinden, wieso das kleine Mädchen erkrankt ist und welches Geheimnis die tote Maus in sich birgt.

Ein Lokalkrimi mit viel Münchner Hofart. Sofie ist eine freundliche gewitzte Rechtsmedizinerin, der man so leicht nichts vormachen kann. Ihre ursprüngliche Polizeiausbildung hilft ihr beim Aufspüren kleinster Spuren. Doch manchmal ermittelt sie auch in Joes Zuständigkeit hinein, was diesem nicht immer passt. Aber wenn es noch eine Zukunft für Sofie und Joe geben soll - das hätte Vroni gerne - muss er natürlich über einiges hinweg sehen. Insbesondere über die Anwesenheit dieses Reporters, der seine neugierige Nase überall hineinsteckt. Ja, man kann sich Sofies Heimkehr mit Wohlfühlfaktor gut vorstellen. Zwar hat sie es nicht ganz leicht, aber grundsätzlich ist es in ihrer Umgebung doch eher kuschelig. Und so unterhält die Lesung mit viel Mundart auf kurzweilige Art und Weise. Als Hörer, der in Mundarten keine besonderen Fähigkeiten besitzt, hat man glücklicherweise keine Verständnisprobleme, aber man sehnt sich schließlich doch ein wenig nach dem Hannoveraner Zungenschlag.
3,5 Sterne

Veröffentlicht am 05.06.2017

Freiheit!

Der Tag X
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Kurz nach dem Krieg wird Nellys Vater von den Sowjets aus Ostberlin nach Russland verschleppt. Wie viele andere Wissenschaftler soll er für die Sieger forschen. Nellys Mutter weigert sich, ihren Mann zu ...

Kurz nach dem Krieg wird Nellys Vater von den Sowjets aus Ostberlin nach Russland verschleppt. Wie viele andere Wissenschaftler soll er für die Sieger forschen. Nellys Mutter weigert sich, ihren Mann zu begleiten. Noch im Jahr 1953 weiß Nelly nicht, wo ihr Vater ist. Bald will sie Abitur machen, doch ihr Engagement bei der christlichen jungen Gemeinde wird ihr zum Verhängnis. Ihr wird verboten, an den Abiturprüfungen teilzunehmen. Wolf Uhlitz, ein junger Uhrmacher, der sich in Nelly verliebt hat, wird von der Stasi in den Dienst gezwungen, um die christliche Gruppe zu infiltrieren. Und der Russe Ilja, der einmal gut zu Nelly war, bringt immer seltener Briefe von ihrem Vater.

Keine Liebesgeschichte im eigentlichen Sinne, keine romantischen Treffen junger Menschen in einer wachsenden DDR, in der doch alles nicht so schlimm ist. Man muss nur seine Nische finden. Und wenn man nicht in eine abgeschottete Nische will? Wenn man offen seine Meinung sagen will? Wenn man einfach nur über Vor- und Nachteile des Systems diskutieren will. Im Frühjahr 1953 ist die Lage in Ostdeutschland schlecht, die Normen werden heraufgesetzt, die landwirtschaftliche Produktion sinkt, die Läden sind leer. Manche Mütter wissen nicht, wie sie ihren Kindern etwas Vernünftiges auf den Tisch bringen sollen.

Bespitzelung und Denunziation an allen Ecken und Enden. Keiner kann dem anderen wirklich trauen. Geheimdienste spionieren und nutzen jede Gelegenheit, um die jeweils anderen auszuspähen. Und auch die große Politik spinnt ihre Fäden. Gerade diese jedoch haben nicht unbedingt das Wohl der Menschen im Sinn. Wenn es um das sogenannte große Ganze geht, kann ein Einzelner schon zum bedauerlichen Opfer werden. Und so wird der verzweifelte Aufstand der Arbeiter von allen Seiten für die eigenen Ziele genutzt.

Nach der mitreißenden Lektüre dieses Romans fühlt man sich eindringlich daran erinnert, dass die Freiheit, sich nach seiner Überzeugung zu äußern und zu leben, zumindest solange man andere damit nicht ungerechtfertigt einschränkt, nicht selbstverständlich ist. Fast klaustrophobisch könnte man das Gefühl beschreiben, das die Lektüre auslöst. Die immer größer werdende Enge des Überwachungsstaates, das gegenseitige Belauern, das Misstrauen, das immer größer wird. Dazu ein spannendes Spionagegeschehen vor dem Hintergrund der Weltpolitik. Man stellt sich, die Frage, ob die Menschen in der DDR von allen verlassen wurden, zum einen, um den idealen Arbeiter- und Bauernstaat zu schaffen, zum anderen aber auch, um ein vereintes, aber neutrales Deutschland zu verhindern. Soll man von Glück reden, wenn die eigenen Großeltern einfach ein paar Kilometer weiter gelaufen sind und einem so ermöglicht haben in einer westlichen Demokratie aufzuwachsen. Zumindest sind die Zeiten vorbei, in denen man dieses Privileg für selbstverständlich halten sollte.

Ein hervorragender zeitgeschichtlicher Roman, der sehr eindringlich daran erinnert, dass Freiheit keine Selbstverständlichkeit ist.