Profilbild von walli007

walli007

Lesejury Star
offline

walli007 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit walli007 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.07.2022

Grundatz

Richter morden besser
0

Einen idealistischen Richter, der Karriere macht, gibt es nicht. Davon kann Siggi Buckmann ein Lied singen. Er ist ist mit über fünfzig noch einfacher Richter am Amtsgericht. Neben den Urteilen, die er ...

Einen idealistischen Richter, der Karriere macht, gibt es nicht. Davon kann Siggi Buckmann ein Lied singen. Er ist ist mit über fünfzig noch einfacher Richter am Amtsgericht. Neben den Urteilen, die er spricht und die oftmals vorm Landgericht abgeschwächt werden, stellt er Listen über die Kollegen auf, welche so vorhersehbar handeln wie nur was. Doch dann stirbt der Junkie Fredi an einer falschen Dosierung. Buckmann ist wirklich betroffen. Er kannte Fredi, der nach einem Schicksalsschlag abgestürzt ist, schon ewig. Und Fredi hat Buckmanns Tochter mal aus einer üblen Klemme geholfen. So etwas vergisst der Richter Siggi Buckmann nicht.

Es würde nicht wundern, wenn aus diesem Romandebüt eine Reihe würde. Das Leben des Amtsrichters Siggi Buckmann verläuft eigentlich in ruhigen Bahnen. Er spricht seine Urteile, er weiß, wie es läuft, und er hat sich damit arrangiert. Seine Ehe ist im Guten auseinander gegangen und er hat zwei tolle Töchter, die studieren. Über das System macht er sich manchmal lustig, aber er lebt damit. Bis Fredi einfach so zu Tode kommt, der dritte Junkie in kurzer Zeit. Ein guter Mensch. Buckmann veranlasst, dass in dem Fall ermittelt wird. Doch irgendwie scheint nicht gewollt zu sein, dass die Verantwortlichen an Fredis Versterben zur Rechenschaft gezogen werden.

Wenn man auch nur irgendetwas mit rechtlichen Dingen zu tun hat, weiß man, dass der Grundsatz immer auch eine Ausnahme beinhaltet. Und so fragt man sich nach dem Lesen des Klappentextes, warum und wie der Amtsrichter Buckmann dazu kommt, den Grundsatz zu überdenken. Ist es wirklich nur der plötzliche und unnötige Tod von Fredi, den der Richter über die Jahre gehegt und gepflegt hat, wenn er ihn schon nicht von der Sucht befreien konnte. Oder hat da vielleicht ein Tropfen das Fass zum Überlaufen gebracht? Man mag ja im System zurecht kommen, aber man muss es nicht mögen. Und mit über Fünfzig neigt sich das Arbeitsleben dem Ende zu, da kann man schon mal etwas unleidlich werden. Dann sucht man sich eine ganz andere Tätigkeit, ein Hobby oder man beginnt, die Grundsätze zu überdenken. Es ist nicht ganz klar, ob man die Verwaltungsstrukturen kennen muss, um den Reiz des Buches genießen zu können. Ist dies jedoch der Fall, wird man so manches mal zustimmend schmunzeln. Und wenn es ans Eingemachte geht, wird einem das Lachen auch mal im Halse stecken bleiben. So oder so wird man mit diesem etwas ironisch sarkastischen Kriminalroman sehr gut unterhalten.

Veröffentlicht am 10.07.2022

Auf der Alm

Gefährliche Treue. Lorenz Lovis ermittelt
0

sollte es eigentlich keine Sünde geben. Privatdetektiv, Bauer und ehemaliger Polizist Lorenz Lovis nimmt sich eine kleine Auszeit auf der Alm seines verstorbenen Onkels. Mit dabei sind seine drei jugendlichen ...

sollte es eigentlich keine Sünde geben. Privatdetektiv, Bauer und ehemaliger Polizist Lorenz Lovis nimmt sich eine kleine Auszeit auf der Alm seines verstorbenen Onkels. Mit dabei sind seine drei jugendlichen Hilfssheriffs. Gemeinsam mit ihnen soll er den Pilzdieb finden, der den Einheimischen das kostbare Gut vor der Nase wegschnappt. Verdächtig ist ein Italiener, der sich in der kurzen Zeit seiner Anwesenheit schon mit etlichen der Südtiroler Dorfbewohner angelegt hat. Doch dann wird die Frau seines alten Schulfreunds, des Wieser Michl, tot aufgefunden. Zwischen den Eheleuten herrschte keine Zwietracht und doch wird Michl als Mordverdächtiger verhaftet.

Die Brixen Krimis um Lorenz Lovis gehen hiermit in die dritte Runde. Lorenz Lovis, den nur seine Freundin Angelika Lollo nennen darf, ist noch nicht ganz angekommen in seinem Leben als Bauer und Hoferbe. Seinen ehemaligen Chef vermisst er allerdings kein bisschen. Nur seinen Freund und Kollegen Scatolin würde er gerne häufiger sehen. Schwierig wird es beim Ermitteln, denn eigentlich darf Scatolin ihm keine Informationen geben, aber so manches sickert doch durch. Nur wenn Lovis mal wieder unter die Verdächtigen gerät, kann Scatolin ihm nicht helfen. Ihr damaliger gemeinsamer Vorgesetzter möchte Lovis nur allzu gerne was ans Zeug flicken. Und was, wenn es ihm gelingt?

Auch bei ihrem dritten Auftritt nutzen sich die Erlebnisse von Lorenz Lovis und seinem Team nicht ab. Die Jungs sind pfiffig und angemessen abenteuerlustig. Lorenz ist froh, dass seine Mitarbeiter bei der Bewirtschaftung des Hofes helfen. So hat er Zeit die Muße auf der Alm zu genießen, was ihm jedoch nicht lange vergönnt ist. Das Gerede um den Dieb nimmt kein Ende und die Dörfler möchten endlich wissen, wer der Übeltäter ist. Sollte der Pilzdieb etwa auch den Mord begangen haben? Nach einigen Momenten des Tappens im Dunklen wird es nach und nach richtig spannend. Wenn alle Verdächtigen nicht richtig verdächtig sind, nicht einmal Lorenz, frag man sich, wer noch übrig bleibt. Doch selbst wenn man eine Ahnung hat, ist das Treiben des liebenswerten Detektivteams so sympathisch beschrieben, dass man dennoch gefesselt weiterliest. Hinzu kommen noch die sehr anschaulichen Landschaftsbilder, die neugierig auf einen echten Besuch im schönen Südtirol machen.

Veröffentlicht am 09.07.2022

Reise in die Vergangenheit

Auf der Straße heißen wir anders
0

Karlas Oma ist verstorben. Die Oma, die so toll kochen konnte, die immer da war. Und zum ersten Mal wird Karla bewusst, dass sie armenische Wurzeln hat. Die Oma wollte nach dem armenischen Ritus beerdigt ...

Karlas Oma ist verstorben. Die Oma, die so toll kochen konnte, die immer da war. Und zum ersten Mal wird Karla bewusst, dass sie armenische Wurzeln hat. Die Oma wollte nach dem armenischen Ritus beerdigt werden und überraschend konnte ein Priester gefunden werden. Karlas Vater Avi hat sie viel von seiner Jugend erzählt. Sein richtiges Leben begann eigentlich erst in Deutschland, wo er zum Entsetzen seiner Mutter in eine Einheimische verliebte. Zwar hielt die Beziehung nicht, doch an Karla haben die Eltern das nicht ausgelassen. Nach dem Leichenschmaus muss die Wohnung der Oma geräumt werden. Dabei finden die Hinterbliebenen einen Armreif, der für Lilit bestimmt ist.

Karlas Familie ist mit ihren armenischen Wurzeln, dem Leben in der Türkei und der Auswanderung nach Deutschland schon sehr international. Doch leider ist die Familiengeschichte nicht von Aufbruchstimmung bestimmt, sondern von Leid, Vertreibung und Flucht. Dabei hat die Oma ebenso viel für sich behalten wie Avi. Doch Avi hat noch Zeit zu reden. Gemeinsam fliegt er mit Karla nach Jerewan, um nach der geheimnisvollen Lilit zu suchen. Besonders für Avi wird es eine Reise zu seinen Wurzeln, die er nie richtig kennenlernen durfte. Und Karla kann an ihrem Vater neue Seiten entdecken.

Die Beschreibung zu diesem Roman macht neugierig, schließlich geht es auch um einen Teil der Geschichte, über die normalerweise nicht so viel bekannt ist. Auch die verwickelten Familienbeziehungen wirken sehr interessant und man ist gespannt, ob Vater und Tochter das Rätsel um Lilit lösen können. Allerdings ist die Handlung so aufgebaut, dass sich nicht so leicht eine emotionale Beziehung zu den handelnden Personen aufbauen lässt. Viele Dinge werden nur angedeutet. Da wirkt die Autorin irgendwie genauso verschwiegen wie ihre Protagonisten, obwohl sich Karla in Bezug auf ihren Vater genau darüber beklagt. Auch aus Karlas Erwachsenenleben erfährt man wenig. Dafür kann man sich gut in sie hineinversetzen als sie von ihrer Schulzeit berichtet, wo sie und die meisten ihrer Klassenkameraden irgendwie nicht dazugehörten und deshalb zusammenhalten mussten. Wenn man eine direktere Sprache bevorzugt, mag dieser Roman etwas schwierig sein, doch wenn es einem liegt, das Unausgesprochene zu deuten, kann dieses Buch gerade das richtige sein.

Veröffentlicht am 08.07.2022

Westcoast

Der Tausch – Zwei Frauen. Zwei Tickets. Und nur ein Ausweg.
0

Endlich will sie ihn verlassen. Claire hat akribisch geplant. Jede Minute ist durchgetaktet. Während der Reise nach Chicago muss ihr Verschwinden geschehen. Rory soll sie nie mehr finden können. Doch kurz ...

Endlich will sie ihn verlassen. Claire hat akribisch geplant. Jede Minute ist durchgetaktet. Während der Reise nach Chicago muss ihr Verschwinden geschehen. Rory soll sie nie mehr finden können. Doch kurz vor der Reise ändert ihr Mann das Ziel, nach Costa Rica soll es gehen und all die schönen Pläne sind dahin. Oder bietet sich doch noch eine Chance? Am Flughafen lernt Claire Eva kennen. Die beiden Frauen gleichen sich vom Typ her. Und auch Eva will einen Neuanfang. Würde es auffallen, wenn sie einfach die Plätze tauschen? Eva geht zum Gate nach Costa Rica und Claire macht sich auf den Weg nach Kalifornien.

Zwei Frauen auf der Flucht. Claire will ihrem Ehemann entkommen, der anscheinend keine Ahnung hat, dass man seine Mitmenschen insbesondere die weiblichen auch gut und liebevoll behandeln kann. Auch Eva hat ein Geheimnis. In Kalifornien angekommen muss Claire schnell feststellen, dass Evas Erzählungen eigentlich in keinem Punkt der Wahrheit entsprechen. Claire bekommt es mit der Angst zu tun, zum einen, weil Evas Umfeld ein anderes ist als geglaubt, zum anderen, weil sie befürchtet, dass Rory auf verschlungenen Wegen herausfinden könnte, wo sie sich aufhält. Obwohl das nach menschlichem Ermessen eigentlich garnicht passieren kann.

In ihrem Debütroman wählt die Autorin einen spannenden Ansatz. Zwei Frauen, die ihre Geheimnisse haben, tauschen einfach mal die Plätze. Für ihr eigentliches Umfeld sind sie damit verschwunden. Doch reicht das? Eine Spannung der Ungewissheit baut sich schnell auf. Als Leser weiß man lange nicht, welche Richtung die Wege der beiden Frauen nehmen. Und daraus entwickelt man die Neugier am weiteren Verlauf der Story. Doch leider bleibt die Geschichte ohne großen Clou, der Twist, auf den man hofft, kommt nicht und der, der sich entfaltet, ist irgendwie unspektakulär. Dennoch liest sich dieser Thriller spannend und flüssig. Genau richtig für die freien Stunden nach Feierabend.

Veröffentlicht am 04.07.2022

Heckenburg

Totenspieler
0

Nachdem Mark Heckenburg einen Verhaftungscoup gelandet hat, wird er zu einer Unfallermittlung geschickt. Als Mitglied der Ermittlungsgruppe für Serienverbrechen spürt der mögliche Serienverbrechen auf. ...

Nachdem Mark Heckenburg einen Verhaftungscoup gelandet hat, wird er zu einer Unfallermittlung geschickt. Als Mitglied der Ermittlungsgruppe für Serienverbrechen spürt der mögliche Serienverbrechen auf. Im beschaulichen Surrey ist ein wohl situierter Einwohner bei einem seltsamen Unfall ums Leben bekommen. Bereits vorher hat er einen Unfall nur knapp überlebt. Auch der örtlichen Polizei kommen die Umstände des Todes eigenartig vor, doch die Gerichtsmedizin hat auf Unfall entschieden. Die junge Polizistin Gail will aber nicht lockerlassen. Zusammen mit ihr bildet Mark eine Task Force aus zwei Personen.

In seinem fünften Fall bekommt es Mark Heckenburg mit einem unheimlichen Fall zu tun. Schon bei der ersten Begehung des Unfallortes findet er etwas Unerwartetes. Einen Hinweis, der einen Mord an dem reichen Mann wahrscheinlicher erscheinen lässt. Heckenburgs Zusammenarbeit mit Gail Honeyford gestaltet sich als schwieriger als erwartet. Obwohl er selbst es gewöhnt ist, sich in immer neue Teams einzufügen, eckt er mit Gail schnell an. Na, das kann ja heiter werden. Allerdings handelt es sich bei Gail um ein gewiefte Ermittlerin, trotz ihrer Jugend hat sie ihr Handwerk im Griff. Und auch sie glaubt an einen Mord. Gemeinsam suchen die beiden Beamten nach einem Motiv. Gleichzeitig bittet Mark um Informationen über mögliche weitere ebenso ungewöhnliche Todesfälle.

Bei diesem sehr gut konstruierten Thriller ist man möglicherweise etwas hin und her gerissen. Besonders zu Beginn geht es nicht so recht voran und man sucht nach einem Zusammenhang. Wenn sich die Hinweise zu einer Spur verdichten, wird es zwar sehr spannend, jedoch gleich so brutal, dass man den Beschreibungen kaum folgen möchte. Die Lösung ist dafür völlig unerwartet und beinahe unbegreiflich. Heckenburgs Vorgehensweise ist dabei sehr strukturiert und durchdacht. Mit einigen Ereignissen kann selbst er nicht rechnen. Auch wenn man sich mit einigen Aspekten nur schwer anfreunden kann, so hat man doch einen schließlich fesselnden Kriminalfall mit Wendungen, die verblüffen.