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Veröffentlicht am 07.11.2021

Perle des Nordens

Elbleuchten
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Im Jahr 1886 hat Lily Karsten die Ehre das neue Schiff ihres Vaters zu taufen. Doch ihr Bruder Franz haut einfach mit der Kutsche ab. Um noch pünktlich zu sein, schnappt sie sich das neue Fahrrad und schafft ...

Im Jahr 1886 hat Lily Karsten die Ehre das neue Schiff ihres Vaters zu taufen. Doch ihr Bruder Franz haut einfach mit der Kutsche ab. Um noch pünktlich zu sein, schnappt sie sich das neue Fahrrad und schafft es so gerade. Natürlich erregt sie Aufsehen mit ihrem Auftritt, ihre Rede kommt gut an. Dummerweise reißt der Wind ihr den Hut von den Haaren. Ein Arbeiter will ihr helfen, das gute Stück zurück zu bekommen. Dabei kommt es zu einem tragischen Unglück, in dessen Folge der Arbeiter sein Leben verliert. Für Lily ist dies ein Wendepunkt, denn sie will der Familie ihre Hilfe anbieten und wagt sich dabei in die Arbeitergegend Hamburgs vor.

In diesem ersten Band um die Hamburger Reederfamilie Karsten wird es gleich sehr dramatisch. Der tragische Unfall bringt Lily Karten in Kontakt mit Jo Bolten, der sie durch das Gängeviertel. Aus einem gut situiertem Haus stammend ist die junge Lily erstmal schockiert. Dennoch versucht sie etwas für die Familie des Arbeiters zu tun. Ihre Eltern dürfen davon nichts wissen, sie wären entsetzt, wenn sie wüßten, wo Lily sich rumtreibt und was für Gedanken sie sich macht. Dabei ist Lily nicht die Einzige des Karstens, die etwas zu verbergen hat.

Das Schicksal von Lily und Jo ist für die damalige Zeit sehr ungewöhnlich. Unter anderen Umständen hätten sich der Hafenarbeiter und die Reedertochter nie getroffen. Für beide beginnt eine Zeit des Umbruchs, die sie für immer verändern wird. Deutlich wird dabei, dass das Leben der armen Menschen zwar voller Sorge, aber nicht immer unglücklich ist, während die Reichen weniger Sorgen haben, was aber nicht heißen muss, dass sie glücklich sind. Sowohl Jo als auch Liliys Famlie haben Geheimnisse, die nicht ans Licht kommen sollen. Und Lily, die für ihre Zeit sehr fortschrittliche Ansichten hat, schwebt in Gefahr, zwischen den Polen zerrieben zu werden. Beim Hören dieses Romans fliegt die Zeit nur so dahin, die realitätsnah geschilderten Ereignisse überschlagen sich mitunter. Das scheint manchmal schon zu viel des Dramas. Dennoch bleibt man gefesselt und will unbedingt wissen, ob Lily durch den Sturm des Lebens steuern kann. Von Tanja Fornaro wird dieses Hörbuch sehr glaubhaft vorgetragen, man wähnt sich wie mitten im Geschehen.

Veröffentlicht am 06.11.2021

Eine Garage für Hugo

Feind des Volkes
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Hauptmann Max Heller lässt es ruhiger angehen, lange dauert es nicht mehr bis er in Rente geht. Gerne hätte er die Garage für seinen Trabi fertig, doch Material ist schwer zu bekommen, ebenso die Arbeiter. ...

Hauptmann Max Heller lässt es ruhiger angehen, lange dauert es nicht mehr bis er in Rente geht. Gerne hätte er die Garage für seinen Trabi fertig, doch Material ist schwer zu bekommen, ebenso die Arbeiter. Als in der Nähe zwei schlimm zugerichtete Leichen gefunden werden, macht er sich mit seinen Kollegen sofort auf den Weg. Bei den Toten handelt es sich um Arbeitskollegen, die auch privat bekannt waren. Die Ehefrauen reagieren wie erstarrt auf die Todesnachricht, doch ein Motiv ist erstmal nicht zu erkennen. Es dauert auch nicht lange, bis die Staatssicherheit sich für die Sache interessiert.

Max Hellers letzter Fall beginnt im Jahr 1959 und kommt im Jahr 1961 zu Abschluss. Kurz vor der Rente hat Heller schon fast mit seiner Arbeit abgeschlossen. Sein Vorgesetzter macht ihm das leicht. Allzu linientreu geht es Appelt manchmal nicht so sehr darum, einen Fall aufzuklären, eher scheint er Lösungen zu wünschen, mit denen kein Aufsehen erregt wird. Und so werden Max’ Nachfragen zu der Vergangenheit der Toten nicht sehr gern gesehen. Schwierig ist für die Hellers auf das Verhältnis zu ihrem Sohn Klaus. Als überzeugter Sozialist und treuer Mitarbeiter der Staatssicherheit sind die Auffassungen von ihm und seinen Eltern einfach zu unterschiedlich.

Auch mit Hellers letztem Fall versteht es der Autor, seine Leser zu fesseln. Auch wenn die Untersuchung etwas kompliziert erscheint und die Taten grausam, die Schilderung von Hellers Gedanken, seinem Hadern mit dem Staat, seiner Liebe zu seiner Familie, sein Streben danach, seine Arbeit ordentlich zu machen, das reißt einen bei der Lektüre mit. Diese unterschwellige Enge durch die mögliche Beobachtung durch die Stasi, Karins Sehnsucht nach ihrem zweiten Sohn, der im Westen lebt, Anni, die letztlich unter Max’ kritischer Einstellung zu leiden hat. Aber Dresden ist ihre Heimat und eigentlich haben sie auch alles, sie bekommen alles, es dauert nur etwas länger. Der Zwiespalt zwischen Kritik am Staat und Heimattreue, in dem sich Max Heller befindet, trägt diesen spannenden Roman. Die lebensnahe Zeichnung der handelnden Personen ist ausgesprochen gelungen.

Veröffentlicht am 01.11.2021

Austausch-Cop

Der andere Sohn
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Es sollen Cold Cases wieder aufgerollt werden. Da das mysteriöse Verschwinden einer jungen Frau vor zehn Jahren nie aufgeklärt wurde, ist dies der erste Fall, den die Einheit in Karlstad, Schweden, aufgreift. ...

Es sollen Cold Cases wieder aufgerollt werden. Da das mysteriöse Verschwinden einer jungen Frau vor zehn Jahren nie aufgeklärt wurde, ist dies der erste Fall, den die Einheit in Karlstad, Schweden, aufgreift. Den Ermittlern an die Seite gestellt wird John Adderley aus Amerika. Adderley musste in den Zeugenschutz, weil er gegen üble Verbrecher als Kronzeuge aufgetreten ist. Es war Adderleys Wunsch nach Schweden entsannt zu werden, da seine Mutter und sein Halbbruder dort leben. Bei seinen neuen Kollegen eckt er erstmal an und er erzählt auch nicht jedes Detail aus seinem Leben.

In diesem ersten Fall um den FBI-Agenten im schwedischen Polizeieinsatz wird es gleich brisant. Nach der jungen Emelie wurde vor zehn Jahren fieberhaft gesucht. Ihre Mutter hat sich mit ihrem Verschwinden abgefunden, für ihren Vater ist allerdings nichts wie vor. Beide wollen, dass das Schicksal ihrer Tochter endlich geklärt wird. Während die schwedische Polizei mit ihren Nachforschungen dort ansetzt, wo sie vor Jahren aufgehört hat, gelingt es Adderley als Außenstehendem tatsächlich einen anderen Blickwinkel einzunehmen und damit auch neue Hinweise zu finden. Diese weisen zwar auf den damals bekannten Verdächtigen, was John zum Anlass nimmt, energisch weiterzubohren, denn der Verdächtige ist sein Halbbruder.

Ein Amerikaner in Schweden, ein einsamer Wolf, der sich ins neue Team einfügen muss. Das fällt ihm nicht leicht, die amerikanische Überheblichkeit muss er ablegen. Als Ermittler erweist sich der Neue als Gewinn für das Team, was bei den Kollegen nicht nur Freude hervorruft. Die über ihm schwebende Gefahr, dass seine Deckung auffliegt, seine Fähigkeiten als Spürnase, seine Eckigkeit als Kollege und seine private Verstrickung. Das alles ergibt eine explosive Mischung für einen spannenden Thriller. Zwar erscheint Adderley in einigen Momenten etwas überirdisch oder seine Kollegen als etwas arg normal. Der Fall dagegen wartet mit einigen Überraschungen auf. Gerade wenn man meint, es sei alles klar, ergibt sich doch noch eine neue Spur. Obwohl man mitunter den Eindruck gewinnt, der Fall könnte etwas überfrachtet sein und dem Ermittler werde ein wenig zu viel zugemutet, so hat man doch einen sehr fesselnden Kriminalroman.

Veröffentlicht am 31.10.2021

Der Tourguide

Gejagt im Eis
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Es soll die letzte Tour des Jahres sein. Eine amerikanische Familie hatte eine einwöchige Tour durch die Eislandschaft Spitzbergens gebucht. Martin Moltzau weiß seinen Gästen einiges zu bieten. Schon seit ...

Es soll die letzte Tour des Jahres sein. Eine amerikanische Familie hatte eine einwöchige Tour durch die Eislandschaft Spitzbergens gebucht. Martin Moltzau weiß seinen Gästen einiges zu bieten. Schon seit Jahren ist er mit dem Schneemobil unterwegs und hat einige Routen gespeichert, die kaum jemand sonst kennt. Die Parkers werden zufrieden sein, denkt er. Doch nach deren Ankunft, ist Martin überrascht. Die Familie feiert eine Art Wiedervereinigung mit der Tochter, die gestaltet sich allerdings nicht ganz einfach. Martin will ihnen eine ansprechende Tour bieten, doch schon am ersten Tag unterwegs mit den Schneemobilen läuft einiges anders als geplant.

Martin Motlzau ist ein Abenteuer, der die Welt bereist hat. Seine Reisen haben ihn gezeichnet, so hat er durch Erfrierungen ein paar Finger verloren. In Spitzbergen hat er eine Art Ruhe gefunden, obwohl seine Touren auch hier nicht ungefährlich sind. Spitzbergen liegt nördlich des Polarkreises und ist eine der nördlichsten besiedelten Gegenden. Unter norwegischer Herrschaft gibt es hauptsächlich Bergbau und Tourismus. Moltzau wundert sich, wieso seine Gäste unbedingt zu der verlassenen Bergbausiedlung Pyramiden wollen. Auf dem Weg dorthin werden die Amerikaner auf raue Art mit der Härte der Natur konfrontiert. Eine Tour mit dem Schneemobil ist keine Spazierfahrt und nicht nur die Natur hält Gefahren bereit.

Es fängt ganz harmlos an und entwickelt sich zu einem packenden Thriller. Der Autor nimmt einen mit in eine Landschaft aus Schnee und Eis, in eine besondere politische Einheit, die sich entmilitarisiert nennt. Ein Muss für Touristen, die das Außergewöhnliche lieben. Zu Martins Leidwesen hat das auch die Passagierschifffahrt entdeckt. Fesselnd beschrieben ist, wie eine einfache Tour in die Natur zu einer gefahrvollen Jagt durch die urtümliche und unwirtliche Landschaft wird. Auch wenn einige Szenen schwer zu glauben und andere schwer zu verdauen sind, so ist dieser Thriller doch rasant geschrieben und kundet davon, dass der Autor gerade hinsichtlich der Touren weiß, wovon er schreibt. Die authentischen Beschreibungen lassen die Lesezeit wie im Fluge vergehen.

Veröffentlicht am 29.10.2021

Bootsausflug

Meeressarg (Ein Fabian-Risk-Krimi 6)
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Sie kentert bei einer Kanutour und dabei sieht sie ein mit zwei Toten besetztes Autowrack im Wasser. Der Mann ist schnell identifiziert, es handelt sich um einen hochrangigen Beamten der dänischen Polizei. ...

Sie kentert bei einer Kanutour und dabei sieht sie ein mit zwei Toten besetztes Autowrack im Wasser. Der Mann ist schnell identifiziert, es handelt sich um einen hochrangigen Beamten der dänischen Polizei. Die Frau bleibt unbekannt. Die Ermittlungen leitet Jan Hesk, der von seinem Chef Kim Sleizner eingesetzt wird. Sleizener, der so manche üble Tat nachgesagt wird, sieht in Hesk eine willige Marionette, über den er Fall in die gewünschte Richtung bringen kann. In Schweden versucht Fabian Risk immer noch Spuren gegen Sleizner zu finden. Und Dunja, die von Sleizner aus dem Polizeidienst gedrängt wurde, glaubt diesmal eine echte Spur zu haben.

In seinem sechsten Fall taucht Fabian Risk eigentlich sehr wenig auf. Verständlicherweise, denn in sein Privatleben ist einfach wichtiger. Seine dänische Kollegin Dunja Hougard ist Sleizner ebenfalls auf der Spur. Seit sie nicht mehr im Polizeidienst ist, kann sie dazu keine legalen Mittel mehr nutzen. Aber alles, was ihr und ihren Freunden Qiang und Fareed zur Verfügung steht, nutzt sie. Und natürlich hat Dunja ihre Fähigkeiten als ehemalige Polizistin. Aber Sleizner ist gewieft und auf seine Art genial. Er scheint seinen Häschern immer einen Schrift voraus zu sein.

Man hofft, wirklich böse Menschen sind selten, aber Kim Sleizner, der es bis in die oberen Ränge des Polizeidienstes geschafft hat, könnte einer von ihnen sein. Grundlos gewalttätig, gemein, niederträchtig und manipulativ. Wenn man die Reihe um Fabian Risk verfolgt hat, ist man erstaunt, wie lange Sleizner es schafft, seine Kollegen zu blenden. Und wie schwer es diejenigen, die ihn durchschauen, haben, andere zu überzeugen. Und Sleizner weiß sich zu wehren. Man glaubt es kaum, wie eine Katze mit neun Leben, scheint er immer wieder auf die Füße zu fallen. Dass dabei die Untersuchung im Fall der beiden Wasserleichen ein wenig ins Hintertreffen gerät, ist vielleicht unausweichlich. Auch Fabian Risk leistet aus nachvollziehbaren Gründen wenig Polizeiarbeit. Die sympathische und energische Dunja Hougard ist diejenige, sich sich dahinter klemmt und nicht locker lässt. Auf sehr spannende Weise sind die Handlungsstränge verknüpft. Alles baut aufeinander auf eine Art auf, mit der man nicht rechnen kann. Zumindest dieser Komplex um Fabian Risk ist zu einem hoffnungsvollen Schluss gekommen.