Profilbild von walli007

walli007

Lesejury Star
offline

walli007 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit walli007 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.08.2021

Alte Sitten

Unbarmherziges Land
0

Mick Hardin ist als Militärermittler in Deutschland stationiert. Seine Ehe mit Peggy ist schwierig. Dass Peggy schwanger ist, hat er von seiner Schwester Linda erfahren. Hardin reist nach Kentucky. Als ...

Mick Hardin ist als Militärermittler in Deutschland stationiert. Seine Ehe mit Peggy ist schwierig. Dass Peggy schwanger ist, hat er von seiner Schwester Linda erfahren. Hardin reist nach Kentucky. Als eine weibliche Leiche entdeckt wird, ist Linda froh, dass sie die Sache mit Mick besprechen kann. Linda ist noch nicht lange als Sheriff des Ortes tätig. Da Peggy sowieso nicht mit ihm reden will, macht sich Mick gerne auf den Weg zum Fundort, um nach Spuren zu suchen. Auch die Anwohner befragt er. Dabei kommen Erinnerungen an die Zeit hoch als Mick Hardin selbst noch hier lebte.

Mick Hardin ist ein ungewöhnlicher Ermittler mit seinen Erfahrungen bei der Armee. Doch auch seine Schwester ist eine durchsetzungsfähige Polizistin, die sich nicht so schnell die Butter von Brot nehmen lässt. Die Leute am Ort haben sich inzwischen an ihre Position als Sheriff gewöhnt. Meist folgen sie Lindas Anweisungen auch. Der Todesfall ist schon ungewöhnlich und zunächst mal müssen die verwandtschaftlichen Beziehungen der Toten geklärt werden. Aus welcher Familie stammt sie, in welche Familie hat sie eingeheiratet. Der Ort ist so klein, dass jeder jeden kennt, im Grunde über ein paar Generationen. Die familiären Freundschaften und Feindschaften sind festgefügt. Fremde kommen eigentlich nicht dazwischen. Deshalb wundert sich Linda, wieso auch das FBI einen Beamten schickt.

Mick Hardin ist ein eigensinniger, aber sympathischer Ermittler, der seinen Weg geht und sich vielleicht mit einer leichten Verzögerung den Situationen stellt so wie sie sich ihm darbieten. Er und seine Schwester bilden ein gutes Team, auch wenn sie ihre Berufe normalerweise an sehr unterschiedlichen Plätzen ausüben. Am Ende dieses Kriminalromans ist alles auf unkonventionelle Art geregelt, doch die Zahl der Todesfälle ist doch etwas hoch. Abgesehen davon ist dies ein Krimi mit witzigen trockenen Dialogen und einer kenntnisreichen Beschreibung des dörflichen Leben in einem kleinen Ort in Kentucky. Die Einwohner wissen um die Familienbande teilweise über mehrere Generationen. Es nutzt auch nichts, wenn jemand weggezogen ist. Die Erinnerung bleibt. Das ist packend und treffend beschrieben. Das, die ansprechende Sprache und die knorrigen, aber sympathischen Personen, machen den Roman sehr lesenswert. Das merkt man im Übrigen schon auf den ersten Seiten.

Veröffentlicht am 05.08.2021

Ein hartnäckiger Ermittler

Ein frommer Mörder
0

1969, Glasgow, Di Duncan McCormack soll versuchen herauszufinden, was im Fall der drei ermordeten jungen Frauen schief gelaufen ist. Seit Monaten wird der Täter gesucht und es gibt keine großen Fortschritte. ...

1969, Glasgow, Di Duncan McCormack soll versuchen herauszufinden, was im Fall der drei ermordeten jungen Frauen schief gelaufen ist. Seit Monaten wird der Täter gesucht und es gibt keine großen Fortschritte. Die Nachforschungen sind förmlich in einer Unmenge an Hinweisen aus der Bevölkerung erstickt. McCormack versucht, dem nachzugehen und herauszufinden, ob nicht doch etwas übersehen wurde. Doch seine Kollegen fühlen sich kontrolliert und sie sind nicht besonders interessiert an einer ordentlichen Zusammenarbeit. Wie soll McCormack am besten mit den Kollegen umgehen und gleichzeitig doch im Fall weiterkommen. Da geschieht ein Raubüberfall, der weitere Kräfte bindet.

Duncan McCormack im ersten der Morde bereits selbst erfolglos ermittelt und nun soll er den Kollegen auf die Sprünge helfen. Das ist schon eine spezielle Situation und dessen ist sich Duncan auch bewusst. Trotzdem will er den Mörder, der Quäker genannt wird, unbedingt fassen. Es kann ja nicht ausgeschlossen werden, dass der Killer wieder zuschlägt, auch wenn nun schon länger nichts passiert ist. Gleichzeitig ist es für den zurückhaltenden McCormack nicht leicht, einen Zugang zu den anderen Beamten zu finden. Dennoch scheinen seine Chefs auf ihn zu setzen. Wenn er seine Aufgabe gut bewältigt, könnte eine Beförderung winken.

Ein etwas anderer Ansatz für einen Kriminalroman, eine Idee, die neugierig macht. Hier soll also ein Ermittler eine Untersuchung nachvollziehen, um Tips geben zu können, was besser gemacht werden könnte. Man ist gespannt, wie Duncan McCormack an die Aufgabe herangeht und die Kollegen auf ihn reagieren. Gleichzeitig will man wissen, welche neuen Gesichtspunkte sich auftun könnten. Doch gerade zu Beginn wird gerade durch diesen ungewöhnlichen Ansatz Geschwindigkeit aus der Geschichte genommen, was die Lektüre etwas erschwert. Erst im Fortgang der Story, besonders natürlich zum Ende hin wird es richtig spannend. Dann kann man das Buch kaum noch aus der Hand legen und man ist gepackt von den unerwarteten Entwicklungen, die sich auftun.

Veröffentlicht am 01.08.2021

Der Ausbruch

Monschau
0

Im Jahr 1962 kann man so einiges von einer Geschäftsreise mitbringen, leider auch noch die Pocken. Und so passiert es einem Monteur der Monschauer Rither-Werke. Da er nur leicht erkrankt, wird er falsch ...

Im Jahr 1962 kann man so einiges von einer Geschäftsreise mitbringen, leider auch noch die Pocken. Und so passiert es einem Monteur der Monschauer Rither-Werke. Da er nur leicht erkrankt, wird er falsch diagnostiziert und geht bald wieder arbeiten. Als jedoch seine kleine Tochter schwerer erkrankt, wird ein Arzt aufmerksam und lässt sie nach Aachen in eine Klinik bringen, um sie zu isolieren. Dort jedoch weigert man sich, das Kind aufzunehmen und in Monschau muss eine provisorische Isolierstation aufgebaut werden. Aus Düsseldorf eilen Professor Stüttgen und sein junger Assistent herbei, die dafür sorgen sollen, Kranke in Quarantäne zu schicken und Ansteckungen zu verhindern.

Ein historisches Ereignis wird hier romanhaft aufgearbeitet. Im Vergleich mit der heutigen Pandemie ist der Ausbruch der Pocken damals eher winzig. Die Reaktionen der Politiker, Industriellen, der Menschen, Mediziner und Kranken sind jedoch erschreckend ähnlich wie heute. Man darf sich also fragen, wie groß ein Lerneffekt ist. Eher klein, ist zu befürchten. So redeten die Politiker schon damals alles klein, die Fabrikanten wollten ihre Werke am Laufen halten, die Quarantäne war eher ungeliebt und die Monschauer im Umkreis unbeliebt und das im Karneval. Und doch bemüht sich das medizinische Personal mit Hilfe von Freiwilligen, die Ansteckungsgefahr zu gut wie möglich einzudämmen.

Natürlich ist es gerade in der heutigen Pandemiezeit sehr interessant auf einen historisch belegten Krankheitsausbruch in einem beschaulichen Städtchen zu schauen. Spannend sind dabei auch Veröffentlichungen aus dem Internet, mit denen man einen Eindruck bekommt, wie genau der Autor recherchiert hat. Doch man bekommt das Gefühl, dass der Autor machmal etwas zu weit abschweift, mitunter anekdotisch oder auch zeitgeschichtlich, wodurch dann die eigentlichen Begebenheiten im Epilog abgehandelt werden. Auch wenn das Drumherum durchaus lesens- und wissenswert erscheint, hätte man gerne mehr über den Krankheitsausbruch und seine Auswirkungen auf die Monschauer gewusst. Auch wie die Ärzte ihre Aufgabe empfinden und wie sie mit ihren Patienten umgehen, hätte noch etwas eingehender geschildert werden können. Dennoch verarbeitet der Autor in seinem Roman ein spannendes Thema, das von Johann von Bülow sehr sympathisch vorgelesen wird.

Veröffentlicht am 31.07.2021

Gangsterblues

Am Ende einer Welt
0

Zum Ende des zweiten Weltkriegs in Amerika glaubt Joe Coughlin, es geschafft zu haben. Der ehemalige Gangster hat seine Geschäfte weitgehend legalisiert. Für seinen Sohn Tomas will er ein normales Leben ...

Zum Ende des zweiten Weltkriegs in Amerika glaubt Joe Coughlin, es geschafft zu haben. Der ehemalige Gangster hat seine Geschäfte weitgehend legalisiert. Für seinen Sohn Tomas will er ein normales Leben führen. Doch seine Verbindungen zu Komitee bestehen natürlich weiter. Und was einmal gelernt ist, ist gelernt. Als das Gerücht aufkommt, jemand wolle Joe umbringen, ist er doch besorgt, denn in seinen Kreisen kommt es schonmal vor, dass einer ein Schiff betritt, es jedoch nicht wieder verlässt. Wer kann Joe an den Kragen wollen? Natürlich, die Geschäfte laufen nicht mehr so wie früher und neue Mitspieler tauchen auf, die alte Reviere übernehmen wollen.

Wie zu erfahren ist, gibt es ein weiteres Buch um Joe Coughlin. Für das Verständnis diesen Bandes muss man es nicht unbedingt kennen. Auch so erhält man einen spannenden Eindruck vom Dasein als Gangster im Florida der 1940er Jahre. Dabei geben sich die Verbrecher so normal, dass sie beinahe menschlich und sympathisch werden. Bis zu dem Moment, wo dann doch mal jemand das Schiff nicht mehr verlässt. Joe Coughlin sieht sich als liebevollen Vater und Witwer, der seine geliebte Frau nie vergessen hat. Beschließt er jedoch, dass keine andere Möglichkeit mehr besteht, zögert er nicht, zu schießen.

Mit seinem Anfang der 1940er Jahr angesiedelten Roman beschreibt Dennis Lehane den Beginn vom Ende eines Zeitalters. Die Mobster verlieren an Einfluss und um ihre Pfründe zu sichern, beginnen Streitigkeiten und Verrat. Dort hinein gerät Joe Coughlin, der mit einigen gewitzten Schachzügen einen Großteil seiner Geschäfte legalisiert hat. Doch auf bittere Weise muss er erfahren, dass die Vergangenheit ihn nicht loslässt. Die Handlung baut Lehane dazu sehr akribisch und auch langsam auf, so dass erst relativ spät richtige Spannung aufkommen kann. Wenn man den speziellen Kniff des Buches erkennt wird es allerdings richtig packend. Ob man die vielen Toten so gut ertragen kann, nun ja. Klasse dargestellt ist jedoch der Wandel in dieser Zeit und auch die Zwiespältigkeit des Joe Coughlin, der eben doch ein Gangster war, aber auch ein liebender Vater, dem sein Sohn der wichtigste Mensch ist.

Ein düsterer Thriller mit sonnigen Momenten -zum Schluss hin ausgesprochen packend.

Veröffentlicht am 29.07.2021

Geniale Kochkunst

Die Geheimnisse der Küche des Mittleren Westens
0

Die Eltern von Eva sind schon früh verstorben, doch sie ist nicht ganz allein. Immer gibt es Menschen, denen sie sich anvertrauen kann. Besonderen Trost findet sie in ihrer Liebe zum Kochen. Schon in ihrer ...

Die Eltern von Eva sind schon früh verstorben, doch sie ist nicht ganz allein. Immer gibt es Menschen, denen sie sich anvertrauen kann. Besonderen Trost findet sie in ihrer Liebe zum Kochen. Schon in ihrer Kindheit fing es an, dass sie sich für herausragende Rezepte interessierte. Vielleicht hat sie auch das eine oder andere selbst erfunden. Allerdings umgibt sie meist auch ein Hauch von Einsamkeit und Melancholie. Ihr Leben ist nicht leicht, aber reichhaltig. Im Laufe der Jahre reift Eva zu einer Spitzenköchin heran, die ein gutes Händchen für ungewöhnliche Locations hat.

Bei diesem Debütroman handelt es sich um einen ungewöhnlichen Familienroman, weil die Hauptfigur eigentlich keine Familie hat. Zufälle treiben Eva durchs Leben und Zufälle bestimmen ihre Bekanntschaften. Daraus entwickelt sich mit einer gewissen Distanziertheit eine fesselnde Geschichte. Wie wird aus einem ungewöhnlichen kleinen Mädchen eine herausragende Köchin. Sie muss einige Schicksalsschläge hinnehmen, doch sie folgt ihrem Traum. Sie schafft es. Und wieder ein Zufall will es, dass sie dabei von einer Frau beobachtet wird, die einst ihren Gefühlen folgte und nach Australien auswanderte. Wird die fremde ein Ticket zu einem der begehrten Restaurantplätze ergattern können.

Aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet der Autor unterschiedliche Stationen in Evas Leben, dabei gewinnt man den Eindruck, dass er sich immer weiter von ihr entfernt, dass aber gerade diese Ferne neue Möglichkeiten eröffnet. Ob man als Leser lieber näher an Eva bleiben würde, um mehr von ihrem Empfindungen und Ansichten zu erfahren, muss man für sich selbst entscheiden. Davon abgesehen besticht der Roman durch sein spezielles Thema, das mit ein paar Rezepten bereichert wird, und seiner sympathischen Protagonistin, deren innere Kraft man sich zum Vorbild nehmen könnte. Von dem schönen auf das Thema abgestimmten Cover angelockt, wird man nicht enttäuscht.