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Veröffentlicht am 14.09.2020

Ohne Moral

Nacht über dem Bayou
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Detective Dave Robicheaux wird beauftragt, sich einen alten Fall anzuschauen. Ein schwarzer Bürgerrechtlicher wurde vor langen Jahren umgebracht und der mutmaßliche Mörfer Aaron Crown verurteilt. Dieser ...

Detective Dave Robicheaux wird beauftragt, sich einen alten Fall anzuschauen. Ein schwarzer Bürgerrechtlicher wurde vor langen Jahren umgebracht und der mutmaßliche Mörfer Aaron Crown verurteilt. Dieser behauptet nun, er sei es nicht gewesen. Obwohl es kaum Hoffnung für eine Wiederaufrollung des Falles gibt, geht Dave einigen Hinweisen nach. Seltsam kommt ihm allerdings vor, dass sich der künftige Gouverneur Burford LaRose für die Sache interessiert. Und nicht lange danach wird ein Filmreporter tot aufgefunden. Irgendetwas geht da nicht mit rechten Dingen zu und Robicheaux wird herausfinden, wie die Dinge zusammenhängen.

Man könnte meinen, in New Iberia, wo Dave Robicheaux bei der Polizei tätig ist, habe sich sämtlicher white Trash aus ganz Louisiana versammelt. Und Dave bekommt im Laufe seiner Ermittlungen vermeintlich mit jedem davon zu tun. Und diese Leute haben keine Hemmungen, ihren Mitmenschen ganz absonderliche Dinge anzutun. Oder ihr Verhalten ist meist hinterhältig und gemein. Man kann Daves Wunsch, als Privatdetektiv in einer Nachbarstadt zu arbeiten, gut verstehen. Die Frage ist nur, ob es dort besser ist. Möglicherweise kennt er dort die Menschen nicht so gut. Aber ist nicht gerade das auch hilfreich bei den Ermittlungen? Wenn man sich gut auskennt, kann man die Menschen auch besser einschätzen.

Dieser Band ist der neunte Band in einer Reihe von bisher 23 Büchern. Zum einen sind die Bücher des Autors immer irgendwie gut, zum anderen allerdings wirkt es doch etwas aus dem Zusammenhang gerissen, wenn man einfach einen Band herausgreift. Auch führt der Autor immer wieder Personen ein, deren Namen einen Südstaaten-Klang haben und die sich damit so ähneln, dass man überlegt, wer war das nochmal. Der Bodensatz der Menschlichen Art, der sich hier trifft, sucht schon seinesgleichen. Dennoch ist das Buch spannend und auch, wenn man meint, gewisse Leute fallen immer auf die Füße, so gibt es doch eine ausgleichende Gerechtigkeit. Und Dave Robicheaux und seine Familie freuen sich auf Weihnachten.

Veröffentlicht am 13.09.2020

Zweifaltigkeit

Triceratops
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Die Verhältnisse im Elternhaus des Jungen sind schwierig. Der Vater hat für alles einen Bibelspruch zur Hand. Die Mutter ist häufiger wegen psychischer Probleme in der Klinik. Dann muss der Junge, dessen ...

Die Verhältnisse im Elternhaus des Jungen sind schwierig. Der Vater hat für alles einen Bibelspruch zur Hand. Die Mutter ist häufiger wegen psychischer Probleme in der Klinik. Dann muss der Junge, dessen Schwester noch nicht alt genug ist, um auf ihn aufzupassen, zur Tante oder zur Oma Aschenbach. Bei der Oma auf dem kleinen Bauernhof fühlt er sich wohl, denn die Oma kümmert sich um ihn, während er sich daheim des Öfteren um die Mutter kümmern muss. Eigentlich würde der Junge lieber malen und einfach nur Kind sein.

Es wundert einen nicht, dass der Junge von seiner Kindheit überfordert ist. Genau genommen hat er keine richtige Kindheit. So richtig auszudrücken wagt er es nicht, allerdings hat er schwerwiegende Hautprobleme, die der ärztlichen Behandlung bedürfen. Wenn man sich mit psychischen Erkrankungen nicht auskennt, könnte man auf die Idee kommen, die Eltern sollten sich besser um ihre Kinder kümmern, anstatt um sich selbst zu rotieren. Wahrscheinlich jedoch ist deren Wahlmöglichkeit eingeschränkt und wie eigentlich alle Eltern geben sie ihr Bestes, um den Kindern den Weg ins Erwachsenenleben zu ebnen. Es will ihnen nur nicht so recht gelingen. Der Vater flüchtet in die Bibel und wohl auch in den Alkohol, die Mutter flüchtet ins Krankenhaus. Die Oma scheint als Einzige relativ normal, auch wenn drei ihrer sechs Kinder früh gestorben sind und sie manchmal etwas viel vom Krieg redet.

Puh, so eine Familie möchte man nicht geschenkt. Man ist zum einen froh, dass es sich hoffentlich nur um einen Roman handelt und zum anderen ist man froh, dass es bei durchaus vorhandenen Schwierigkeiten in der eigenen Familie mehr Fröhlichkeit zu verteilen gab. In seiner Schwere hat der Roman durchaus einen Nachhall und die fehlende Gefälligkeit muss kein Nachteil sein. Die szenischen Beschreibungen entwerfen Bilder im Kopf. Doch manchmal fragt man sich, ob es der Tragödien nicht zu viele sind für ein kleines Leben. Immerhin der Junge ist stark und er steht seine Kindheit durch. Man fragt sich, ob man seine Stärke hätte oder ob man lieber auswandern würde.

Veröffentlicht am 12.09.2020

Der Dachboden

Herzfaden
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Im Haus der Augsburger Puppenkiste tritt ein 12jähriges Mädchen neugierig durch ein geheime Tür. Sie landet auf einem dunklen Dachboden und findet den Weg zurück nicht. Doch plötzlich hört sie Geräusche ...

Im Haus der Augsburger Puppenkiste tritt ein 12jähriges Mädchen neugierig durch ein geheime Tür. Sie landet auf einem dunklen Dachboden und findet den Weg zurück nicht. Doch plötzlich hört sie Geräusche und überrascht trifft sie auf Marionetten und sie selbst ist auf einmal so groß wie Urmel, Jim Knopf, Prinzessin Li Si und wie sie alle heißen. Ihre Geschichte und die des Theaters wird erzählt von Hatü, der Tochter des Gründers. Das Mädchen erfährt vom zweiten Weltkrieg und von Walter Oehmichen, der aus der Kriegsgefangenschaft mit der Idee des Puppentheaters heimkehrt.

Die Nazizeit und der Krieg haben Spuren hinterlassen, bei Walter Oehmichen, aber auch bei seiner Frau und den beiden Töchtern. Die Menschen brauchen etwas, das ihre kindliche Seele erreicht. Der Krieg und die Nazi-Gräuel können nicht ungeschehen gemacht werden und sie dürfen nicht vergessen werden. Doch vielleicht können die Menschen etwas wie Kultur wiederfinden. Hier möchte Oehmichen ein Angebot machen, zunächst um die Kinder zu erreichen. Doch bald gibt es auch Inszenierungen für Erwachsene. Seine Tochter Hannelore, die Hatü genannt wird, ist schon früh dabei. Noch als Jugendliche schnitzt sie ihre erste Marionette, einen Kasperl, der sie irgendwie ängstigt, so dass der Vater ihm freundlichere Züge geben will.

In der Nachkriegszeit als alles darniederlag, war es eine ungewöhnliche Idee, ein Marionetten-Theater zu gründen. Doch vielleicht brauchten die Menschen einfach etwas Positives und durch den Mund der Puppen kann man manchmal mehr sagen als man es als Mensch wagen würde. Die Zeiten waren schwer, aber mit den Jahren machte sich auch eine Aufbruchstimmung breit. Hatü erzählt von einer Zeit, wie sie das Mädchen nie erlebte. Die Entbehrungen, aber auch der Mut des Neubeginns. Die Geschichte der Puppen und einiger großartiger Inszenierungen, die die Augsburger Puppenkiste weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt gemacht haben. Aber auch die Geschichte des Kasperls, die die damalige Zeit so deutlich widerspiegelt. Man glaubt, beinahe selbst auf diesem fensterlosen Dachboden zu sitzen und Hatü zu lauschen. Man fühlt sich ein wenig am eigenen Herzfaden gezupft und ist froh, dass man sich von den Ereignissen auf diesem Dachboden berühren lassen durfte.

Veröffentlicht am 11.09.2020

Roll the Dice

Die Rückkehr des Würfelmörders (Ein Fabian-Risk-Krimi 5)
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Kann die Gemeinsamkeit sein, dass es keine Gemeinsamkeit gibt? Kommissar Fabian Risk und sein Team stehen immer noch vor einem Rätsel. Sie haben unterschiedliche Morde und nicht wirklich einen Ansatzpunkt. ...

Kann die Gemeinsamkeit sein, dass es keine Gemeinsamkeit gibt? Kommissar Fabian Risk und sein Team stehen immer noch vor einem Rätsel. Sie haben unterschiedliche Morde und nicht wirklich einen Ansatzpunkt. Dennoch kommt Risk der Verdacht, dass die Fälle zusammenhängen und dass es möglicherweise einen Trittbrettfahrer gibt. Abseits von der eigentlichen Ermittlung geht Risk noch weiteren Hinweisen nach, was ihn bei der Chefin nicht gerade beliebter macht. Und wieder gibt es ein Opfer. Ein Opfer, das eigentlich gerettet schien. Wie perfide kann ein Täter vorgehen?

In seinem fünften Auftritt muss Kommissar Fabian Risk die rätselhaften Morde endlich aufklären. Zu diesem Band gehört der vorherige Teil „Der Würfelmörder“, der bereits unter dem Titel „10 Stunden tot“ erschienen ist. Im laufenden Fall bekommt man den Eindruck, Risk muss an allen Fronten kämpfen. Er verfolgt diese anderen Hinweise. Und auch in seiner Familie gibt es Probleme. Seine Tochter glaubt an Geister und sein Sohn hat sich mit den falschen Leuten eingelassen. Wie es um seine Ehe steht, kann auch nicht so leicht beantwortet werden. Doch wenigstens hat er eine Kollegin, der er vertrauen kann. Kann er es unter den ungünstigen Umständen überhaupt schaffen, den oder die Täter zu schnappen?

Ein Kriminalroman in zwei Teilen, ob das für den klassischen Krimileser, der davon ausgeht, der laufende Fall ist zum Ende des Romans weitgehend abgeschlossen, das Richtige ist, sollte eben jener Leser einfach ausprobieren. Spannend ist die weitergesponnene Handlung allemal. Zwar gerieren sich manche der handelnden Personen so, als ob sie einen ordentlichen Dämpfer gebrauchen könnten. Und wieder kann man sich fragen, was daraus noch werden wird. Dennoch fesselt Fabian Risk mit seinen ungewöhnlichen Ermittlungsmethoden und seinem Durchsetzungswillen. Er kämpft förmlich bis zur Erschöpfung, um dem Täter endlich das Handwerk zu legen. Hin und wieder fragt man sich, wie er denn jetzt darauf kommt, aber grundsätzlich ist die Handlung schlüssig und bei dem furiosen Finale hält man während des Lesens tatsächlich manchmal die Luft an.

Veröffentlicht am 10.09.2020

Gitarrensolo

Vintage
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Sein Chef fliegt nicht gerne, deshalb wird sein Aushilfsmitarbeiter Thomas Dupré nach Inverness geschickt, um eine seltene Gitarre auszuliefern. Der Abnehmer Lord Whinsley erweist sich als wahrer Kenner ...

Sein Chef fliegt nicht gerne, deshalb wird sein Aushilfsmitarbeiter Thomas Dupré nach Inverness geschickt, um eine seltene Gitarre auszuliefern. Der Abnehmer Lord Whinsley erweist sich als wahrer Kenner und als er Thomas erlaubt Gitarren aus seiner Sammlung auszuprobieren, schwebt dieser über den Wolken. Doch der Lord hat noch einen Auftrag für Dupré, er soll die seltenste Gitarre der Welt finden, eine Gibson Moderne, von der der Lord behauptet, sie sei ihm gestohlen worden. Ein geringfügiges Problem gibt es dabei, soweit bekannt, soll es von dem Instrument allenfalls Prototypen geben.

Thomas, der eigentlich ein eher unbekannter Musiker, aber auch Journalist ist, ist von der Geschichte des Lords angefixt und natürlich lockt eine lukrative Belohnung. Er begibt sich also auf eine Spurensuche sowohl nach der Geschichte der Gitarre als auch nach einem möglicherweise tatsächlich noch existierenden Instrument. Er beginnt damit in seiner Heimatstadt Paris bei seinem Chef, der sogar ein paar kleine Hinweise für ihn hat. Bald weist jedoch vieles in die USA, die Heimat der Gibson Gitarrenbauer. Dupré reist zunächst nach Tennessee, um einem Post nachzugehen, den er in einem Internetforum gefunden hat.

Über die Gibson Moderne aus dem Jahr 1957 lassen sich im weltweiten Netz einige wenige Informationen finden. Aus diesen hat der Autor einen ausgesprochen spannenden Musik-Thriller geformt. Zwar erscheinen einige wenige Szenen etwas over the top, aber insgesamt liest sich diese Spurensuche wie eine packende investigative Reportage mit persönlichem Touch. Dupré entwickelt sich dabei von einem relativ unbedarften Aushilfsverkäufer zu einem cleveren Detektiv, der sein Ziel nie aus den Augen verliert und sich auch nicht so schnell aus der Ruhe bringen lässt. Gerne hätte man einige seiner Beschreibungen der Musikstücke nachgehört, aber da hat der Autor wohl seine Phantasie spielen lassen. So muss man sich selbst die Vorläufer des Metall komponieren, was die Lektüre beinahe noch packender macht.