Profilbild von walli007

walli007

Lesejury Star
offline

walli007 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit walli007 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.06.2020

Münster nicht Dom

Der Turm aus Licht
0

Im 13. Jahrhundert beschließt der Graf von Freiburg den Bau des Münsters fortzusetzen. Ein Baumeister aus dem nahen Straßburg soll seine Kunst beweisen. Als Meister Gerhard mit seiner Frau und seinen Gesellen ...

Im 13. Jahrhundert beschließt der Graf von Freiburg den Bau des Münsters fortzusetzen. Ein Baumeister aus dem nahen Straßburg soll seine Kunst beweisen. Als Meister Gerhard mit seiner Frau und seinen Gesellen in die Stadt einzieht, wird er leider nicht mit der gebührenden Aufmerksamkeit empfangen. Im Laufe der Zeit stellt sich heraus, dass der erste Eidruck nicht ganz falsch war. Nachdem der Bau zunächst flott vorangeht, beginnen die Geldgeber also hauptsächlich die gräfliche Familie mit den Finanzmitteln zu knausern. Immer häufiger kommt in Meister Gerhard der Gedanke auf, er könne in Straßburg besser aufgehoben sein.

So ein monumentaler Kirchenbau ist wahrscheinlich nie komplett fertig. Irgendetwas gibt es immer zu tun. Die Autorin beleuchtet mit ihrem Roman die Hauptbauphase des Freiburger Münsters über ungefähr 60 Jahre. Indem sie das Wachsen der Kirche mit den Schicksalen der beteiligten Menschen verbindet, glückt es Astrid Fritz sehr gut, die Zeit lebendig werden zu lassen. Wenn man vielleicht selbst schon mal ein altertümliches Bauwerk besucht hat, auch wenn es nicht das Freiburger Münster war, und sich bei einer Führung erklären ließ, dass die in Stein gehauenen Kerben die Zeichen der Steinmetze und Baumeister waren, wurde einem da schon sehr deutlich vor Augen geführt, dass es echte Menschen waren, die Stein auf Stein gelegt und verziert haben. Und so könnten sich auch Meister Gerhard und seine Kollegen verewigt haben.

Die Geschichten um Menschen und Kirche, das Bestreben, das Bauwerk schließlich der Vollendung entgegen zu treiben - daraus webt die Autorin ein fesselndes Altartuch. Welchen Erfindungsreichtum die Baumeister hatten, um die Konstruktion vor dem Einsturz zu bewahren, welche Schicksale sich um die Beteiligten ranken. Da der Roman einen recht langen Zeitraum umspannt, muss man von einigen Abschied nehmen. Doch auch das gehört zur Authentizität des Buches, ebenso wie das Verhandeln um Gelddinge, Familienfehden und Liebesränke. Bei den fast 800 Seiten wird einem nie langweilig und der Kirchenbau um seine Menschen sind einem ein ganzes Stück näher gerückt.

Veröffentlicht am 14.06.2020

Sturmbrausen

Vardo – Nach dem Sturm
0

Um Weihnachten 1617 wird die kleine norwegische Insel Vardø von einem starken Sturm getroffen. Die Frauen standen auf ihre Männer wartend am Ufer und mussten mit ansehen, wie die gestandenen Seeleute umkamen. ...

Um Weihnachten 1617 wird die kleine norwegische Insel Vardø von einem starken Sturm getroffen. Die Frauen standen auf ihre Männer wartend am Ufer und mussten mit ansehen, wie die gestandenen Seeleute umkamen. Fast alle Familien sind betroffen. Einige - wie Maren - haben mehrere Familienmitglieder verloren. Vater, Bruder, Verlobter, die wie ausgelöscht sind. Zwar gibt das Meer die Toten zurück, aber das ist nur ein geringer Trost. Anstatt die Leichen aufzubahren und mit ihnen auf den Sommer zu warten, um die Erde für die Bestattungen aufbrechen zu können, würden die Frauen lieber gemeinsam mit ihren Lieben das neue Jahr begrüßen.

Maren leidet sehr unter dem Verlust. Obwohl sie froh ist, dass Dimma, die Frau ihres Bruders da ist, fühlt sei auch etwas Neid auf die Schwangere. Doch Kristin ist eine Frau, die vorwärts denkt. Da große Hilfe von außen nicht zu erwarten ist, schlägt sie vor, die Dorfbewohnerinnen sollen selbst aufs Meer hinausfahren und die Netze ausbringen. Bald kommt ein neuer Pfarrer in den Ort, dem das Treiben nicht so gefällt. Und spätestens jetzt kommt ein Keil zwischen die Frauen, die einen, die zur Kirche gehen, und die anderen, die dies eben nicht für nötig halten.

In ihrem ersten Roman für Erwachsene nimmt die Autorin ein Ereignis, welches tatsächlich stattgefunden hat, als Ausgangspunkt für ihre ungewöhnliche Geschichte. Im Jahr 1617 ist es durchaus ungewöhnlich, das die Frauen ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Aus der Not heraus sind sie ihrer Zeit voraus. Doch nicht einmal im Dorf gefällt das allen. Mit den dramatischen Ereignissen um den Sturm beginnt das Buch, um dann recht behäbig weiterzugehen. Gerade, wenn man sich ein Urteil bilden will, bekommt die Handlung eine überraschende Wendung, aus der die ganze Kraft des Romans hervorscheint. Die Frauengestalten haben es wirklich in sich, sie strahlen förmlich. Wie schade, dass es Missgunst, Neid und Bigotterie gibt. Die Menschheit könnte so viel besser sein, wenn sie Positives einfach anerkennen würde, auch wenn es anders ist als üblich.

Ein packender Roman, dessen wahrer Gehalt sich aus dem Klappentext leider oder zum Glück nicht erschließt.

Veröffentlicht am 13.06.2020

Der Gute

Morenga
0

Beworben hat sich der Oberveterinär Gottschalk nicht für den Einsatz in den deutschen Kolonien. Doch mit seinem Kollegen Wenstrup versteht er sich und gemeinsam lernen sie von ihrem Laufburschen die Nama-Sprache. ...

Beworben hat sich der Oberveterinär Gottschalk nicht für den Einsatz in den deutschen Kolonien. Doch mit seinem Kollegen Wenstrup versteht er sich und gemeinsam lernen sie von ihrem Laufburschen die Nama-Sprache. Die Idylle trügt, denn die Einheimischen werden rebellisch. Verständlicherweise wollen sie ihr Land behalten und ihre eigenen Herren bleiben. Besonders Jakobus Morenga bereitet dem deutschen Militär Schwierigkeiten. Strategisch geschickt plant er seine Scharmützel und schlägt die Deutschen mehr als einmal in die Flucht. Je mehr sich Gottschalk mit Land und Leuten im damaligen Deutsch Südwestafrika beschäftigt, desto weniger kann er verstehen, wieso gegen die einheimische Bevölkerung ein solcher Krieg geführt wird.

Zum 80. Geburtstag des Autors wurde dieser bereits 1983 erstmals erschienene Roman erneut herausgebracht. Genau aus historischen Quellen und auch im heutigen Namibia recherchiert zeichnet Uwe Timm ein beeindruckendes Bild von den Aufständen der Herero und Nama und dem darauf folgenden Krieg. Sein Veterinär Gottschalk ist dabei das Abbild einer traurigen Hoffnung auf einen guten Deutschen. Er ist einer der Wenigen, die klar sehen, dass hier ein Volk vernichtet wird und der es dennoch erst nach den Ereignissen schafft, um seine Entlassung aus der Armee nachzusuchen. Wenn Gottschalk meint, die Lage verbessern zu können, verkehrt sich die Wirkung gerade ins Gegenteil.

Erschütternd, mit welcher dummdreisten Leichtigkeit die Militäroberen über die Vernichtung von Menschen entscheiden. Kleinste Anlässe werden als Entschuldigung für schärfste Strafen genommen. Und tödliche Erkrankungen werden billigend in Kauf genommen. Wenn man bedenkt, dass es eines ganzen Heeres bedurfte, um ein paar Hundert Aufständische zu besiegen, zeigt dies, dass die Deutschen wohl doch keine so guten Strategen waren. Wie bedauerlich ist es, dass die sogenannten Sieger die verbleibenden Herero und Nama nach ihrem Gutdünken niedermachen konnten. Nicht das erste Mal steht man fassungslos vor der Schlechtigkeit der sogenannten Herren und fragt sich, wieso die Welt nicht besser ist. Im Übrigen ist dieser zwar etwas sperrige, aber sehr beeindruckende Roman auch verfilmt worden.

Veröffentlicht am 13.06.2020

Das Schwert

Cursed - Die Auserwählte
0

Die junge Nimue ist unbändig, wissbegierig und schlau. Wegen ihrer übernatürlichen Kräfte ist sie im Dorf nicht gut angesehen, die Menschen fürchten sie. Zudem herrschen Unruhen im Land. Die roten Paladine ...

Die junge Nimue ist unbändig, wissbegierig und schlau. Wegen ihrer übernatürlichen Kräfte ist sie im Dorf nicht gut angesehen, die Menschen fürchten sie. Zudem herrschen Unruhen im Land. Die roten Paladine wollen das Wort der Kirche unter die Menschen bringen. Wer allerdings nicht zuhören will, muss mit dem Tode rechnen. Auch Nimues Mutter und ihre beste Freundin sind unter den Toten. Als Nimue an das Schwert der Macht kommt, spürt sie dessen Kraft, aber auch den Einfluss, den es auf sie ausübt. Und welche Rolle spielt Merlin der weise alte Mann.

Die Artus-Sage in einer neuen Interpretation. Die ungefähr 16-jährige Nimue erfährt von dem Geheimnis um ihre Geburt. Durch den Besitz des Schwertes werden ihre ungewöhnlichen Kräfte noch stärker. Sogar mit den roten Paladinen kann sie es aufnehmen. Aber will nicht nur eine brutale Kämpferin sein. Der Besitz des Schwertes bedeutet auch Verantwortung. Sie will sich nicht von der Gewalt um sie herum vereinnahmen lassen. Doch kann sie wirklich verhindern, dass es zu weiteren Gewaltausbrüchen kommt. Die roten Paladine kennen keine Gnade. Selbst Kinder metzeln sie dahin. Wieso kann oder soll Nimue Gnade walten lassen. Vielleicht ist der Kampf der einzige Weg noch Schlimmeres zu verhindern.

Interessant ist es allemal diese alte Geschichte aus einer anderen Sichtweise kennenzulernen. Nimue ist ein starker Charakter. Sie ist gradlinig und ihre Freunde können auf sie zählen. Die Sage bekommt so einen frischen Anstrich, der gut in die heutige Zeit passt. Natürlich neigt man beim Lesen dazu, nach Unterschieden und Parallelen zu suchen. Das führt dazu, dass man sich die Geschichte um Artus nochmal in Erinnerung ruft. Allerdings gibt es recht viele Schilderungen von Gewalt in dem Roman, der auch die Grundlage für eine Netflix-Serie ist. Da muss man sich schon etwas stählen, wenn so viel Blut fließt. Dennoch bleibt der Gedanke an eine unabhängige junge Frau, die ihren Weg macht. Und die Bilder des Zeichners Frank Miller untermalen die Story vortrefflich.

Veröffentlicht am 11.06.2020

Maiks Familie

Der Bodyguard
0

Der Kampfsportler Maik hat einen Traum, er möchte seine Fähigkeiten als Kämpfer weitergeben. Um diese Schule gründen zu können, braucht er Kapital. Deshalb arbeitet er bei einem Sicherheitsdienst, welcher ...

Der Kampfsportler Maik hat einen Traum, er möchte seine Fähigkeiten als Kämpfer weitergeben. Um diese Schule gründen zu können, braucht er Kapital. Deshalb arbeitet er bei einem Sicherheitsdienst, welcher die Industriellenfamilie van Holland betreut. Weil einer der Mitarbeiter ausgefallen ist, darf Maik bei der Betreuung von Lynn einspringen, obwohl er noch nicht lange beschäftigt ist. Schon bei seinem ersten Treffen mit Lynn setzt er sich gewaltig in die Nesseln. Und doch funkt es bei ihm. Lynn ist manchmal etwas rebellisch und sie lehnt sich gegen die Einschränkungen auf. Gerne mal trifft sie sich mit ihren Freundinnen und geht feiern, obwohl es Drohungen gibt.

Eigentlich verhalten sich besonders Maik, aber auch Lynn nicht sehr professionell. So leicht lassen sich Gefühle allerdings nicht abstellen. Doch zeigt die Feiermaus Lynn ihrem Bodyguard wer sie wirklich ist? Und Maiks Stellung in dem Sicherheitsdienst ist durchaus noch nicht so gefestigt, wie er es gerne hätte. Noch ist er der Neue, der erstmal kleine Brötchen backen muss. Dass Maiks Aufgabe erster zu nehmen ist als gedacht, wird klar als die Bedrohungen einen ernsteren Charakter annehmen. Da scheint es um etwas persönliches zu gehen.

Was recht lustig mit einem prickelndem Irrtum beginnt, wird recht bald zu einem spannenden Thriller, in dem die hinreißende Lynn zum Opfer werden könnte. Durch kleine Einschübe wird dabei die Spannung noch erhöht, denn so bekommt man Anhaltspunkte, um sich Gedanken zu machen, was wohl dazu geführt haben kann, dass Lynn und ihre Familie einen so großen Bedarf an Sicherheitsmaßnahmen haben. Geschickt wird man nach und nach zu einer Lösung geführt, die man so nicht erwartet hat. Wenn man also meint, man habe alles durchschaut, so sollte man sich nicht zu sicher sein. Auch wenn einige Personen etwas zu extrem agieren, bringt dieser Roman einige Lesestunden, während derer man gefesselt an den Seiten klebt.