Profilbild von walli007

walli007

Lesejury Star
offline

walli007 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit walli007 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.01.2020

Klassikliebhaber

Kindertotenlied
0

Der alte Englisch Professor Oliver Winshaw entdeckt am Pool der Nachbarin einen jungen Mann. Es herrscht ein schweres Gewitter. Weil er sich keinen Reim auf die Situation machen kann, ruft er die Polizei. ...

Der alte Englisch Professor Oliver Winshaw entdeckt am Pool der Nachbarin einen jungen Mann. Es herrscht ein schweres Gewitter. Weil er sich keinen Reim auf die Situation machen kann, ruft er die Polizei. Die ersten Beamten vor Ort finden nicht nur den jungen Hugo, sondern auch die brutal ermordete Eigentümerin des Hauses. Kommissar Martin Servaz eilt nach Marsac, eigentlich ist er nicht zuständig, aber die Mutter des Jugendlichen am Pool hat ihn gebeten, die Ermittlungen zu übernehmen. Die örtliche Polizei begeistert das natürlich nicht, aber die aus Toulouse haben einfach mehr Ressourcen. Servat glaubt nicht, dass es sich bei dem jungen Hugo um den Täter handelt.

Es ist ein alter Fall, der Servat nicht aus dem Kopf geht. Könnte der entflohene Mörder und Liebhaber klassischer Musik Hirtmann etwas mit diesem neuen Mord zu tun haben? Zumindest will Martin Servat in alle Richtungen ermitteln. Sein privates Umfeld spielt in seine Untersuchungen hinein. Er kennt die Mutter des Verdächtigen von früher, denn er selbst ging in Marsac zu Schule. Ist er etwa dadurch im positiven Sinne voreingenommen oder etwa befangen? Zunächst einmal beginnt Servat mit dem Verhör von Hugo. Und immer noch nagt es an ihm, könnte Hirtmann sich in der Gegend aufhalten?

Bei diesem Kriminalroman handelt es sich um den zweiten Teil der Reihe um Martin Servat und sein Team. Da es gerade am Anfang etliche Bezüge in die Vergangenheit gibt, kommt schon der Gedanke auf, es wäre besser gewesen, den ersten Teil zu kennen. Hat man die Anfangsschwierigkeiten jedoch erstmal überwunden, entwickelt sich der Fall sehr spannend und überraschend. Nicht nur Servat trumpft dabei auf, sondern auch seine Kollegen. Zwar scheint es als ob jeder ein wenig für sich ermittelt, am Ende jedoch passt alles in eine Lösung, die wirklich unvorhersehbar ist. Auch wenn es hier ein wenig zu sehr ins Private des Kommissars geht, kann man sich den Autor mit seinem Kommissar Servat gerne im Hinterkopf behalten.

Veröffentlicht am 05.01.2020

Lazy Summer

Sweet Sorrow
0

Charlie hat gerade keine gute Phase. Durch die Trennung seiner Eltern hat er die Lust an der Schule verloren. Nun war der letzte Schultag und auf seine Prüfungen kann er nicht bauen. Zwar kommen die Ergebnisse ...

Charlie hat gerade keine gute Phase. Durch die Trennung seiner Eltern hat er die Lust an der Schule verloren. Nun war der letzte Schultag und auf seine Prüfungen kann er nicht bauen. Zwar kommen die Ergebnisse erst am Ende des Sommers, aber Charlie weiß einfach, das war nichts. Seine Schwester ist mit der Mutter bei dem neuen Lover eingezogen und er musste bei seinem depressiven Vater bleiben. Es könnte wirklich alles besser sein. Das Lesen wird ihm ein Trost und eines Nachmittags, als Charlie sich auf seine Lieblingswiese zurückgezogen hat, fällt ihm die wunderbare Fran Fisher vor die Füße.

Mit Frans Auftauchen beginnt Charlies Abenteuer des Sommers, sie bringt ihn dazu, bei einer Shakespeare Produktion von „Romeo und Julia“ mitzumachen. Was für eine Zeit steht den jungen Leuten bevor. Besonders für Charlie bedeutet es ein Ausbrechen aus dem trüben Alltag, in dem er sich mehr als Betreuer seines Vaters vorkommt als dessen Sohn. Na klar, eigentlich will er nur mit Fran ausgehen und nichts mit der Theatergruppe zu tun haben. Nach und nach jedoch beschäftigt er sich doch mit dem Text. Wobei die Übungen mit Fran sehr hilfreich sind und natürlich helfen sie auch, Charlies Wunsch nach mehr Zeit mit Fran zu erfüllen.

So lazy ist der Sommer garnicht. Das soll den jungen Leuten erstmal einer nachmachen, sich in ein Stück von Shakespeare zu vertiefen, es zu interpretieren. Mit leichter Hand zeichnet der Autor ein bezauberndes Bild eines jungen Mannes, der aus der Zeit heraustritt und den Sommer seines Lebens erlebt. Eine Auszeit, die zu Beginn unendlich scheint, deren Ende doch irgendwann naht und die der Realität weichen muss. Fast überirdisch schön scheint dieser Sommer und auch sehr wichtig, denn kein junger Mensch sollte sich um seinen Vater so kümmern müssen wie Charlie. Manchmal verlangt das Leben einfach zu viel von jungen Menschen. Bewundernswert mit welcher Kraft Charlie seine Chance für ein eigenes Leben ergreift. Die emotionalen und witzigen Dialoge zwischen ihm und Fran machen so viel Spaß beim der Lektüre, dass man das Buch am liebsten gleich noch einmal lesen möchte.

Ein Coming-of-Age Roman, in dem genau die richtige Portion Süße und Realität gemischt sind. Ein Roman zum Verlieben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.01.2020

Aufstand

Juni 53
0

Die noch junge DDR sollte eigentlich ein aufstrebender Staat sein. Der Sozialismus ist zum Guten für alle Menschen, sie werden versorgt und ihre Arbeitsleistung läuft nach Plan. Doch die Menschen sind ...

Die noch junge DDR sollte eigentlich ein aufstrebender Staat sein. Der Sozialismus ist zum Guten für alle Menschen, sie werden versorgt und ihre Arbeitsleistung läuft nach Plan. Doch die Menschen sind nicht zufrieden. Das Plansoll ist zu hoch und der Lohn ist nicht besonders hoch. Um den siebzehnten Juni 1953 kommt es zu Aufständen, die niedergeschlagen werden. Kommissar Max Heller, dessen Chef von einem Neuen vertreten wird, bekommt die Aufklärung eines Mordes übertragen. In einer Fabrik für Glasfaserprodukte wird ein Mitarbeiter in einem Behälter für die gefährlichen Fasern tot aufgefunden.

Max Heller und besonders seine Frau Karin leiden an der DDR. Immer wieder kommt der Gedanke, zu ihrem Sohn Erwin in den Westen zu gehen. So wie viele andere Menschen das Land verlassen. Dass die Aufstände niedergeschlagen werden und die vermeintlichen Rädelsführer von dem Staatssicherheitsdienst verhaftet werden, bestärkt sie eher. Schließlich blicken sie einer ungewissen Zukunft entgegen. Die Gesundheit der alten Frau Marquard, die sie aufgenommen hat, wird immer schwächer. Hellers Position bei der Polizei ist auch nicht die Beste, da er sich weigert in die Partei einzutreten. Und ihr jüngerer Sohn Klaus hat sich dermaßen dem neuen Staat verschrieben, dass er keinen guten Kontakt mehr zu seinen Eltern hat.

Mit diesem fünften Band um Kommissar Max Heller thematisiert Frank Goldammer den Arbeiteraufstand vom 17. Juni. Der Mordfall in der Fabrik gerät dabei fast etwas ins Hintertreffen. Die Beschreibung des Lebens in der jungen DDR ist allerdings sehr fesselnd. Die Durchdringung des alltäglichen Lebens und Arbeitens durch die Politik, die Formung der Menschen durch den Staat, das wird durch die Schilderungen sehr plastisch. Schauderhaft wie da schon wieder ein Staat in seine Bürger hinein manipuliert. Wobei sich natürlich auch die Frage stellt, ob die Menschen im Westen nicht auch gesteuert werden, nur etwas subtiler. Aus heutiger Sicht wirkt diese Sicherheit, die der Staat verteilt, eher bedrohlich. Dennoch ist verständlich, dass etliche Menschen in der DDR ein gutes Leben führten. Ihnen fehlte nicht viel außer der Freiheit, die heute manchmal überhaupt nicht mehr geschätzt wird. Gerade indem der Autor aufzeigt, wie es damals war oder zumindest gewesen sein könnte, liegt die besondere Qualität dieses Romans. Es wäre schön, wenn es eine ehrliche Erinnerung gäbe, die Gutes und Ungutes aufzeigt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.01.2020

Die Tagung

Hexeneinmaleins
0

Sie sind alle gekommen nach Stratford-upon-Avon. Professor Thompson hat einen entscheidenden Vortrag angekündigt. Endlich soll klar sein, wer die Stücke Shakespeares wirklich verfasst hat. Doch am Vorabend ...

Sie sind alle gekommen nach Stratford-upon-Avon. Professor Thompson hat einen entscheidenden Vortrag angekündigt. Endlich soll klar sein, wer die Stücke Shakespeares wirklich verfasst hat. Doch am Vorabend des Vortrags wird Professor Thompson nach der Aufführung von Macbeth tot in seinem Zuschauersitz gefunden. Zwar sieht alles nach einem natürlichen Todesfall aus, doch als sich herausstellt, dass das Hotelzimmer des älteren Mannes durchwühlt wurde, beginnt Superintendent Ian Stokes zu ermitteln. Der freundliche alte Herr hatte bereits einen leichten Schlaganfall. Eigentlich kann niemand einen Grund gehabt haben, sein Leben zu verkürzen. Georgina, die vor langen Jahren bei Thompson studiert hat, ist entsetzt.

Wer hat die Stücke von Shakespeare geschrieben? Eine Frage, um die sich Legenden ranken. Möglicherweise war es tatsächlich der einfache Händler Shakesper, dem man solche herausragenden Leistungen kaum zutrauen kann. Oder vielleicht doch Christopher Marlowe oder gar der Earl von Oxford Edward de Vere? Fast wie ein Krimi lesen sich die Hinweise zur möglichen Autorenschaft. Für den Superintendent ist dies zunächst nebensächlich. Er will endlich herausfinden, ob ein dritter Schuld am Tod des Professors ist. Seine Befragungen der Tagungsteilnehmer und der Theaterbesucher bleiben zunächst ergebnislos. Aber locker lässt Ian Stokes nicht.

Eine schöne Idee Themen von Shakespeare in einem Kriminalroman zu verarbeiten. Etwas gekünstelt wirkt die auf britischen Cosy Crime gemachte Sprache und auch manche Wortspiele entziehen sich dem Verständnis. Dennoch ist ein durchaus interessanter Krimi gelungen. Lustig mäandert die Handlung hin und her zwischen Mordfall und der Frage, wer der wahre Autor von Shakespeares Werken ist. Vielleicht sollte man ein besserer Kenner von Shakespeare sein, um diesen Krimi würdigen zu können. Trotzdem bleibt die Lektüre unterhaltsam, wenn auch manche Motivation der Handelnden ein wenig im Dunkeln bleibt. Vielleicht hätte das Ganze noch klarer und geschliffener sein können, dennoch war die Lektüre durchaus lehrreich und unterhaltsam.

Veröffentlicht am 02.01.2020

Das Haus am Meer

Ein letzter Sommer in Méjean
0

Nach dem Abitur 1984 fahren sechs Freunde nach Südfrankreich in den kleinen Ort Méjean. So viele Ferienhäuser gibt es dort noch nicht und viele der Touristen fahren in bekanntere Gegenden. Doch Michaels ...

Nach dem Abitur 1984 fahren sechs Freunde nach Südfrankreich in den kleinen Ort Méjean. So viele Ferienhäuser gibt es dort noch nicht und viele der Touristen fahren in bekanntere Gegenden. Doch Michaels Eltern haben dieses Haus am Meer und es soll ein toller Sommer werden. Am nächsten Morgen jedoch ist Michael tot, ermordet. Dreißig Jahre später versammeln sich die fünf Überlebenden wieder in Méjean. Nicht ganz freiwillig sind sie da, sie haben per Brief eine Art Einladung bekommen. Endlich soll der Mordfall von damals aufgeklärt werden. Ein Brief ging auch an die Polizei und der gerade erst genesene Kommissar Renard übernimmt den Fall.

Man ist ja nicht ganz gesund, wenn man nach einer Erkrankung wieder anfängt, zu arbeiten. Eine Wiedereingliederung am Meer hat doch einen gewissen Reiz. Einmal in dem kleinen Dörfchen angekommen, merkt der Kommissar allerdings, dass er noch lange nicht so stark ist wie früher. Das hält ihn jedoch nicht davon ab, mit den Befragungen zu beginnen. Da werden weder die ehemaligen Abiturienten verschont, noch die Dorfbewohner, die zum Zeitpunkt des Geschehens auch in Méjean lebten. Zunächst mal wird der Polizist dabei mit Halbwahrheiten abgespeist. Anscheinend hat niemand bei den ersten Ermittlungen die ganze Wahrheit gesagt.

Der Ausflug von seiner Reihe um den Kriminaler Roger Blanc ist dem Autor sehr gelungen. Vor einer Urlaubskulisse wird ein alter Fall wieder aufgerollt, der so verzwickt ist, dass bei der ersten Untersuchung kaum eine Chance bestand den Täter zu finden. Nun kommt der Ansatz aus dem Kreis der Verdächtigen selbst und der Kommissar ist zwar gesundheitlich angeschlagen, aber er hat keinen Zeitdruck und auch keine Ablenkung. So kann er sich voll und ganz der Sache widmen. Es ist schon sehr ansprechend wie Renard das aus den Beteiligten herauskitzelt, was sie eigentlich nie verraten wollten. Und er geht auch kleinsten Widersprüchen nach. Und einen gibt es, der die Sache aufgeklärt wissen will und der so eine ungeahnte Hilfe für den Ermittler ist. Mit dieser feinsinnigen Untersuchung bereitet der Autor Freude und auch die überraschende Auflösung zeigt die große Qualität der Handlung.