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Veröffentlicht am 01.06.2024

Urlaub in Cornwall

Wenn die Masken fallen
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Um ihre Freundschaft aufzufrischen und sich von den letzten Ereignissen zu erholen, lädt Archie Penrose die Autorin Josephine Tey in sein Heimatdorf in Cornwall ein. Die Ferien wollen sie genießen. Doch ...

Um ihre Freundschaft aufzufrischen und sich von den letzten Ereignissen zu erholen, lädt Archie Penrose die Autorin Josephine Tey in sein Heimatdorf in Cornwall ein. Die Ferien wollen sie genießen. Doch leider erfährt Archie bei seiner Ankunft, dass der junge Harry tot aus dem naheliegenden See geborgen wurde. Und so muss Archie Penrose zunächst einer Bestattung beiwohnen. Natürlich kommt er als Polizist nicht umhin, sich über die Todesumstände Gedanken zu machen. Josephine, die etwas später ankommt, unterstützt Archie Penrose bei seinen Untersuchungen. Gleichzeitig freut sie sich über die Gelegenheit, sein familiäres Umfeld kennenzulernen.

Bei diesem zweiten Band der Reihe von historischen Kriminalromanen um die Autorin Josephine Tey und Inspector Archie Penrose ist Archie gezwungen in seinem Heimatort zu ermitteln. Dabei erfährt er Dinge, die für ihn doch sehr belastend sind. Schließlich kennt er die meisten Menschen im Ort schon sein ganzes Leben. Manchmal kann Josephine beruhigend auf ihn einwirken, hin und wieder jedoch gehen auch ihr die Worte aus. Das Leben macht auch vor einer Dorfidylle nicht halt. Durch den Tod von Harry ist das gesamte Dorf in Aufruhr. Besonders seine Schwestern sind untröstlich. Die ältere Morwenna wirkt teilweise geradezu wütend, das ihr Bruder, ihre Stütze nicht mehr da ist.

Manchmal erweist sich eine als fröhlich geplante Rückkehr in die Heimat als schwieriger als gedacht. Genau das muss Archie Penrose hier erfahren. Er wollte Josephine seine Heimat nahebringen, besonders auch das Freilichttheater von Minack. Aus dem erhofften entspannten Urlaub entwickelt sich ein fesselnder Fall. Was er bei seinen Nachforschungen über sein nächstes Umfeld erfährt, ist auch für einen gestandenen Polizisten kaum erträglich. Hier ist er nicht nur der Inspector, sondern auch Verwandter oder Bekannter. Mal wieder ist festzustellen, dass ein vermeintliches Dorfidyll vor nichts schützt. Gerade wenn man meint, so etwas gibt es dort nicht, wird man feststellen, die Menschen sind nicht besser. Eher ist alles komprimierter, weil weniger sich weniger Einwohner tummeln. Jeder weiß alles über jeden und viele wissen es besser. Dieses Erkennen macht die Lektüre sehr spannend. Ehe es aber allzu dramatisch erscheint, es gibt auch humorvolle Szenen und die Schilderungen der pittoresken Landschaft tragen zum Lesevergnügen bei. Wer einen ruhigen, intelligenten britischen Krimi mag, ist hier genau richtig.

Veröffentlicht am 01.06.2024

Ja, ich will

Glück für Wiedereinsteiger
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Der 40. Hochzeitstag naht. Thea und Ronny haben sich schon während der Schulzeit kennen- und liebesgelernt. Sie haben drei erwachsene Töchter und sind eigentlich recht zufrieden. Aber wenn sie es so bedenken, ...

Der 40. Hochzeitstag naht. Thea und Ronny haben sich schon während der Schulzeit kennen- und liebesgelernt. Sie haben drei erwachsene Töchter und sind eigentlich recht zufrieden. Aber wenn sie es so bedenken, ist ihr Leben doch recht eingefahren. Sie beide werden an ihrem Hochzeitstag sechzig Jahre alt und an diesem Festtag soll es eine große Feier geben. Dazu wollen sie ihre besten Freunde persönlich einladen. Die Besuche bei ihren Freunden bestärken sie in dem Entschluss, den sie bereits gefasst haben. Sie hatten eine gute Ehe, doch sie haben festgestellt, dass sich ihre Träume unterscheiden. Deshalb werden sie auf ihrer Party verkünden, dass sie künftig getrennte Wege gehen.

Wenn man seine Familie und sein Umfeld mal so richtig.überraschen möchte, muss man sich nur so etwas ausdenken, Man stelle sich nur mal vor, wie es wäre, wenn die eigenen Eltern mit einer solchen Idee um die Ecke. Oder man würde es selbst mal ausprobieren. Ronny und Thea haben es sich so klug überlegt und sind zu dem Ergebnis gekommen, wann, wenn nicht jetzt. Sie freuen sich auf die Verkündung. Dann wird die Frage lauten, willst du dich trennen, und die Antwort, ja, ich will. Und alle werden es verstehen und der Applaus wird aufbranden.

Und das müssen sie jetzt selber lesen, äußerte die Autorin während der Lesung immer mal wieder, wenn sie sich von dem Buch gelöst hat und einige Anekdoten über das Bücher schreiben und ihr Leben erzählt. So unterhaltsam war das, ebenso wie der Teil des Romans, den man sich selbst erschließen darf. Theas und Ronnys Leben ist wirklich etwas in einen durchorganisierten eintönigen Alltag verfallen. Das hat man ja selbst auch mal, dass man denkt, man weiß schon, was man Donnerstag in zehn Monaten macht. Es ist schon klasse, wenn man den Alltag nochmal richtig auf den Kopf stellt. Interessant ist auch, die Reaktion der anderen. Wie aus dem echten Leben. Und wie schön, dass das Leben auch mit sechzig Jahren nicht vorbei sein muss. Man kann einen Neuanfang wagen und das mit Humor und Empathie.

Veröffentlicht am 25.05.2024

Pips Sommer

Miss Veronica und das Wunder der Pinguine
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Veronica McCreedys Leben verläuft in ruhigen und geordneten Bahnen. Mit ihren 86 Jahren kommt sie noch gut alleine klar. Ihre Haushaltshilfe nimmt ihr einiges ab, aber grundsätzlich geht es noch, schließlich ...

Veronica McCreedys Leben verläuft in ruhigen und geordneten Bahnen. Mit ihren 86 Jahren kommt sie noch gut alleine klar. Ihre Haushaltshilfe nimmt ihr einiges ab, aber grundsätzlich geht es noch, schließlich kann sie ganze Passagen aus dem Hamlet zitieren. Als sie jedoch ihre alten Tagebücher noch mal vorholt, verspürt sie das Bedürfnis, zu erfahren, ob sie nicht doch noch Verwandte hat. Tatsächlich findet die Agentur einen Enkel. Dieser Patrick gefällt ihr jedoch garnicht, so heruntergekommen und das in seinen jungen Jahren. Was also will Veronica mit dem Rest ihres Lebens und ihrem Vermögen anfangen. Durch eine TV-Sendung erfährt sie, dass die Adeliepinguine bedroht sind.

Tja, so ist das. Dann fährt sie mit 86 Jahren, relativ rüstig nur ein wenig schwerhörig und manchmal muss sie sich doch was aufschreiben, mal eben in die Antarktis in eine Forschungsstation. Und das, obwohl ihr alle eindringlich abraten. Ganz so warm ist es nicht und die Station ist gerade kein Hotel. Aber Widerstände haben Veronica schon immer angestachelt. Da helfen keine guten Worte, keine Überzeugungsversuche. Das Geld aber verhilft ihr zumindest zu einer bequemen Anreise. Und dieser Patrick? Der hat nicht mit einer Großmutter gerechnet und mit Veronica schon überhaupt nicht mit Veronica.

Dies ist wirklich mal ein schöner Roman für ein schönes Wochenende. Veronica mit ihrem Witz, aber auch mit ihrer Eckigkeit wird sie einem schnell sympathisch. Wenn sich ihre Persönlichkeit dann immer mehr erschließt, weil sie beginnt sich zu öffnen, freut man sich, dass sie auch in ihrem Alter fähig ist, ihr Leben zu überdenken und auch umzudenken. Dabei schafft sie es andere miteinzubeziehen. Sie ändert sich selbst, sie lässt andere Einfluss nehmen und sie beeinflusst andere und das mit einer Offenheit, die man einer alten Dame kaum zutrauen würde. Und auch die weiteren Personen sind authentisch und freundlich gezeichnet. Auch die Pinguine kommen nicht zu kurz. Man kann einiges lernen oder sich einfach an den lustigen Gesellen erfreuen. Ein rundum gelungener Roman, der den freien Tag versüßt.

Veröffentlicht am 24.05.2024

Schwertträger

Jenseits der Zeit
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Die gegenseitige Abschreckung zwischen den Trisolariern und den Menschen hält nun schon eine ganze Weile. Für die Menschen hat es zu Wachstum und einem relativen Sicherheitsgefühl geführt. Doch was, wenn ...

Die gegenseitige Abschreckung zwischen den Trisolariern und den Menschen hält nun schon eine ganze Weile. Für die Menschen hat es zu Wachstum und einem relativen Sicherheitsgefühl geführt. Doch was, wenn der fragile Waffenstillstand nicht mehr hält. Die Ingenieurin Cheng Xin wird aus dem Kälteschlaf erweckt. Ein ehemaliger Kommilitone von ihr ist schwer erkrankt und als Zeichen seiner Zuneigung schenkt er ihr einen Stern. Danach will er eigentlich an einem Sterbehilfeprogramm teilnehmen, wird jedoch buchstäblich in letzter Sekunde daran gehindert. Ihm fällt eine außerordentliche Aufgabe zu, die vielleicht einmal zur Rettung der Menschheit beitragen kann.

Das dritte Hörspiel der Trisolaris Reihe ist wieder mit hoher Qualität produziert. Die Menschen und die Trisolarier leben in quasi friedlicher Co-Existenz. Doch beide Wesenheiten wissen voneinander nicht, ob ihre Pläne immer so friedlich sind. Auch wissen sie nicht, ob sie nicht heimlich Möglichkeiten entwickeln, trotz der Bedrohung durch die dunkle Wald Gleichung, die Oberhand zu gewinnen. Und so kann eine Entwicklung in Gang kommen, die zu gefährlichen Situationen führt. Wobei größere Entwicklungszeiträume zum Glück durch Perioden des Kälteschlafs überbrückt werden können. Dadurch kann die Intelligenz wichtiger Personen beinahe unbegrenzt genutzt werden. Doch was, wenn es noch weitere intelligente Lebewesen außer den Trisolariern und den Menschen gibt.

Wieder ist das Hörspiel um den Abschluss der Trisolaris Reihe sehr gut produziert. Durch die unterschiedlichen Sprecher wird das Geschehen sehr lebendig und Musik führt zu einer stimmungsvollen Untermalung. Manchmal wird der Kälteschlaf doch mit sehr großer Leichtigkeit eingesetzt und wenn ganze Planetensysteme vernichtet werden, denkt man, der Autor geht doch recht leichtfertig mit dem Leben um. Auch der Schluss ist gewöhnungsbedürftig. Dennoch ist das Hörspiel sehr spannend und die Quintessenz der Handlung ist gut erfasst. Man möchte nach jedem Kapitel gleich Weiterhören. Hörspiele in dieser Art dürften gerne häufiger produziert werden.

Veröffentlicht am 24.05.2024

Der Zustand

Die Träumenden von Madras
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Eigentlich ist Mariamma noch ein kleines Mädchen als sie an älteren Mann verheiratet wird. Parambil liegt leider weit weg von daheim. Und Mariamma ist sehr unsicher, wie sie sich als Haushaltsvorstand ...

Eigentlich ist Mariamma noch ein kleines Mädchen als sie an älteren Mann verheiratet wird. Parambil liegt leider weit weg von daheim. Und Mariamma ist sehr unsicher, wie sie sich als Haushaltsvorstand verhalten soll. Wenigstens hat sie einigermaßen Glück mit ihrem Mann. Er schweigt zwar viel, aber er drängt sie zu nichts. Vielleicht sucht er zunächst keine Frau, sondern eine Gefährtin für seinen kleinen Sohn, dessen Mutter verstorben ist. Der Kleine ist ein herziges Bürschchen, doch er scheint ebenso wie sein Vater eine seltsame Scheu vor Wasser zu haben. Mit den Jahren gewöhnt sich Mariamma an ihr neues Leben.

Dieser epische Roman weckt durch seinen Titel einiges an Neugier. Indien ist zum einen ein fremdes, zum anderen aber doch britisch geprägtes Land. Die Handlung setzt um 1900 ein, eine Zeit, in der die Kolonialherren noch in ihrer Position waren. Über die Zeit der Unabhängigkeit geht es bis in die 1970er Jahre. An Parambil gehen die politischen Ereignisse nicht spurlos vorbei. Sie bilden aber nicht das Hauptaugenmerk der Bewohner. Eher geht es um Mariammas Glück, ihre Trauer, ihr Durchhaltevermögen, die Liebe zu ihrer Tochter und das Einvernehmen mit ihrem Mann. Und natürlich geht es um den seltsamen Zustand, der die Familie über Generationen hinweg heimsucht.

Die Menschen in Parambil hat man schnell lieb gewonnen. Besonders Mariamma wächst einem ans Herz. Allerdings erschließt sich der deutsche Titel des Romans nicht so ganz. Wahrscheinlich war für den Englischen (The Covenant of Water) keine passende Übersetzung zu finden. Die Handlung des Buches umfasst mehrere Generation, so dass man zwangsläufig neue Bezugspersonen finden muss. Möglicherweise wäre in Teilbereichen eine weniger ausufernde Erzählung angenehmer gewesen. Dennoch überrascht der Roman immer wieder mit mitreißenden Teilgeschichten. Schließlich rundet sich die Handlung zum Ende auf herzerwärmende Weise ab, wodurch man für einige Längen bestens entschädigt wird. Ein lesenswertes Werk, das einen in eine unbekannte Welt eintauchen lässt.