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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.12.2021

Ein solider Krimi mit einer großartigen Atmosphäre

Der geheimnisvolle Mr. Hyde
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Craig Russell „leiht“ sich für seinen Krimi die Figur des Edward Hyde - dieser ist in der Buchwelt kein Unbekannter und stammt aus der Feder des schottischen Schriftstellers Robert Louis Stevenson. Russell ...

Craig Russell „leiht“ sich für seinen Krimi die Figur des Edward Hyde - dieser ist in der Buchwelt kein Unbekannter und stammt aus der Feder des schottischen Schriftstellers Robert Louis Stevenson. Russell erzählt Hydes Geschichte aber nicht neu, sondern schreibt in seinem Buch eine andere Geschichte.

Das Buch spielt in einem sehr düsteren Edinburgh, Nebel wallt durch die Straßen und dämpft alle Geräusche, die Gaslaternen bringen kaum Licht - die Atmosphäre ist wirklich sehr gut beschrieben und konnte an einigen Stellen einen wohligen Grusel erzeugen. Die Hauptrolle in der Geschichte spielt natürlich der von Gedächtnisverlusten geplagte Edward Hyde, der zudem die große Sorge hat, dass er während seiner Aussetzer gewaltsame Taten oder gar Morde begangen haben könnte. Auch rätselhafte Träume plagen ihn, irrt er durch eine düstere, von der keltischen Mythologie geprägte Welt. Obwohl mich Mythologie sehr interessiert hat mir dieser Aspekt der Geschichte weniger gefallen, denn für meinen Geschmack wurde zu wenig erklärt, so dass ich bis zum Ende des Buches einfach keinen Zugang zu den beschriebenen Wesenheiten und Bräuchen fand.

Die Charaktere hingegen konnten mich durchweg überzeugen. Aus Edward Hyde wird man lange nicht schlau, im Hinterkopf hat man immer seine Rolle in Stevensons Roman und hat ihm gegenüber stets gewisse Zweifel. An seiner Seite ist mit Dr. Burr eine weibliche Ärztin, die sich in einer Männerdomäne behaupten muss und mir von Beginn an sehr sympathisch war.

Der Spannungsbogen ist solide, im Mittelteil wird die Geschichte zwar etwas träge, dafür entschädigt dann aber das rasante Ende, wo sich die Ereignisse überschlagen und ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte. Die Motive hinter den Morgen waren für mich dann aber nicht komplett nachvollziehbar.

Fazit
Ein solider Krimi mit einer großartigen Atmosphäre und gelungenen Charakteren. Der mythologische Aspekt hätte für meinen Geschmack aber entweder einer tiefgründigeren Ausarbeitung bedurft oder weniger im Mittelpunkt stehen sollen.

Veröffentlicht am 04.12.2021

Super recherchiert, gut erzählt, lediglich mit den Charakteren konnte ich mich nicht anfreunden

Der Traumpalast
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Das Buch ist sehr aufwendig recherchiert, viele historische Geschehnisse und auch Persönlichkeiten sind in die Geschichte eingeflochten. Die damalige Zeit, die Menschen und ihr Leben, sind toll dargestellt, ...

Das Buch ist sehr aufwendig recherchiert, viele historische Geschehnisse und auch Persönlichkeiten sind in die Geschichte eingeflochten. Die damalige Zeit, die Menschen und ihr Leben, sind toll dargestellt, ich fühlte mich mitten in die Vergangenheit versetzt. Auch den aufkeimenden Nationalsozialismus fängt der Autor sehr stark ein. Ich hätte mir allerdings einen größeren Fokus auf das Kino gewünscht. Vor allem in der ersten Hälfte des Buches geht es Großteils um die politischen Entwicklungen der damaligen Zeit, Film und Kino spielen nur eine kleine Rolle.

Die Kapitel sind sehr kurz, oft nur zwei oder drei Seiten lang. Eigentlich bevorzuge ich längere Abschnitte und tat mich mit den recht abrupten Szenenwechseln zu Beginn eher schwer. Der Autor schafft durch den häufigen Perspektivwechsel jedoch eine sehr gute Dynamik und immer wieder auch Spannung, so dass ich mich schnell daran gewöhnt hatte und mir die kurzen Abschnitte mit der Zeit immer besser gefielen.

Leider wurden mir bis zum Ende die beiden Protagonisten Rahel und Tino nicht wirklich sympathisch. Rahels Wunsch nach Selbstständigkeit und dass sie für ihre Träume kämpft gefiel mir gut. Allerdings ist sie einfach zu perfekt um mir richtig ans Herz zu wachsen. Gebildet, redegewandt, stets die Schönste im Raum und unglaublich talentiert auf verschiedensten Gebieten. In der Summe ist mir das zu viel des Guten. Tino ist ein eitler Geck der problemlos und reihenweise Frauenherzen bricht. Seine Eitelkeit ist zwar seinem Charakter geschuldet, er kommt vermutlich genauso rüber wie er durch die Feder des Autors erschaffen wurde, sympathisch wird er mir durch dieses Wissen dennoch nicht.

Fazit:
Ein toll erzähltes Buch, das den Zeitgeist der 1920er Jahre einfängt, ich bin nur leider mit den Protagonisten so gar nicht warm geworden.

Veröffentlicht am 04.12.2021

Ein sehr spannender Fall

In ewiger Freundschaft (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 10)
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Nele Neuhaus zehnter Krimi steht ganz unter dem Thema Literatur- und Verlagswelt; die Autorin bietet uns eine ermordete Lektorin, interne Machtkämpfe beim Literaturverlag, ein geheimnisvolles Manuskript ...

Nele Neuhaus zehnter Krimi steht ganz unter dem Thema Literatur- und Verlagswelt; die Autorin bietet uns eine ermordete Lektorin, interne Machtkämpfe beim Literaturverlag, ein geheimnisvolles Manuskript und exzentrische Autoren und Verleger. Das sind am Ende dann natürlich eine ganze Menge handelnde Figuren und noch mehr Namen über die gesprochen wird, verpackt in die Hauptermittlung und ergänzt durch einige Nebenplots. Da muss man schon dranbleiben, um die Übersicht nicht zu verlieren. Das Buch ist allerdings so spannend geschrieben, dass man es ohnehin nicht mehr aus der Hand legen möchte. Der Mordfall ist clever durchdacht, die Verdächtigen wechseln sich ab und die Autorin legt immer wieder falsche Fährten für den Leser. Die finale Auflösung konnte mich absolut überraschen und fügt sich gleichzeitig perfekt in die Geschichte ein.

Obwohl ich die Vorgängerbände kenne habe ich ein wenig gebraucht um die immer wieder erwähnten vergangenen Geschehnisse und die Masse an Figuren zuordnen zu können. Für das Personenregister war ich daher sehr dankbar. Wie typisch für die Romane spielt neben dem Fall auch das Privatleben der Ermittler eine Rolle. Im neuesten Buch steht Oliver von Bodenstein im Fokus, der mit krebskranker Ex-Frau, eifersüchtiger Ehefrau und abweisender Stieftochter gerade einiges um die Ohren hat. Neuhaus schafft es, dass diese ganzen Probleme nicht wie eine Seifenoper erscheinen, sondern es den Leser wirklich interessiert wie die Ermittler Privatleben und Mordermittlung überhaupt stemmen können.

Fazit
Ich wurde sehr kurzweilig und spannend unterhalten und kann das Buch nur empfehlen. Wer die Reihe kennt, wird am neuesten Fall seine Freude haben, für Neulinge ist ein Einstieg beim zehnten Buch möglich.

Veröffentlicht am 18.11.2021

Unbedingt lesen!

Wolkenkuckucksland
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Byzanz, 15. Jahrhundert:
Waisenkind Anna lebt in Konstantinopel, gemeinsam mit ihrer älteren Schwester arbeitet sie als Stickerin. In der Stadt munkelt man bereits, dass der osmanische Sultan eine Streitmacht ...

Byzanz, 15. Jahrhundert:
Waisenkind Anna lebt in Konstantinopel, gemeinsam mit ihrer älteren Schwester arbeitet sie als Stickerin. In der Stadt munkelt man bereits, dass der osmanische Sultan eine Streitmacht ausgesandt hat um die Stadt einzunehmen, doch Anna und ihre Schwester haben nichts wohin sie fliehen könnten. Und so bleibt ihnen nur zu hoffen, dass die Mauern dem Angriff standhalten.
Omeir steht auf Seiten der Osmanen. Unfreiwillig wurde der Junge rekrutiert und ist als Ochsentreiber nun ein Teil des großen Heeres das Konstantinopel einnehmen will.

Idaho, 21. Jahrhundert:
Seymour ist in einfachen Verhältnissen aufgewachsen. Sein liebster Ort war ein kleines Wäldchen, seine größte Freude dort eine Eule zu sehen, die langsam zu seinem Freund wurde. Doch aus dem Wald wurde eine Reihenhaussiedlung und die Eule verschwand zusammen mit den Bäumen. Seymour beginnt für die Natur zu kämpfen, gerät an Fundamentalisten und plant schließlich einen Anschlag. Er will ein Zeichen setzen und niemanden verletzen, doch dann verliert er die Kontrolle über die Geschehnisse.
Rentner Zeno hat in seinem Leben viel erlebt. In jungen Jahren den Vater verloren, im Koreakrieg gekämpft, in einer Umgebung aufgewachsen, wo er nicht zeigen durfte, dass er einen anderen Mann liebt. Durch einen unglücklichen Zufall gerät er nun Seymour in den Weg.

Raumschiff „Argo“, irgendwann in der Zukunft:
Konstance ist gemeinsam mit 65 Menschen auf dem langen Weg zu einem fernen Planeten, um sich dort eine neue Existenz aufzubauen. Das Mädchen wurde auf dem Raumschiff geboren, ihr Vater hingegen hat die Erde noch erlebt. Mit an Bord haben die Menschen eine riesige digitale Bibliothek.
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Anthony Doerrs Buch ist eine wirklich komplexe Erzählung. Zusätzlich zu seinen drei Erzählsträngen gibt es noch eine vierte Geschichte, die in allen drei Zeitebenen eine Rolle spielt, eine Sage über ein utopisches Land über den Wolken: „Wolkenkuckucksland“. Jede der einzelnen Geschichten wäre schon ein Buch wert, zusammen sind sie ein Meisterwerk. Man muss aber Geduld mitbringen und sich darauf einlassen, dass man mehrere Geschichten zeitgleich liest, die dann erst ganz am Ende konkret miteinander in Verbindung gebracht werden. Die meisten Kapitel sind zum Glück lang genug, damit man sich in einer Zeitebene einfinden kann, bevor es weiter zur nächsten geht. Auch die Jahreszahlen zu Kapitelbeginn haben mir sehr geholfen den Überblick zu behalten.

Doerrs Charaktere sind lebendig und greifbar, er schafft es ihnen Leben einzuhauchen. Hat man das Buch beendet, ist es als würde eine Reise mit guten Bekannten zu Ende gehen. Es geht um Glück und Trauer, Liebe und Verlust und obwohl die Protagonisten einige Rückschläge erleben müssen ist es immer eine sehr warmherzige und positive Erzählung, die ganz ohne Kitsch auskommt. Die Geschichte ist sehr bildhaft und spannend erzählt, mir haben alle Erzählstränge ausgesprochen gut gefallen, ich könnte gar keinen Favoriten benennen. Doerr schafft es auch ein paar überraschende Wendungen einzubauen, er baut Situationen auf, führt den Leser in eine Richtung, um dann später zu zeigen, was sich hinter dem Schein wirklich versteckt. Einfach großartig!

Fazit: Der Roman ist clever konstruiert und absolut mitreißend erzählt - und zugleich ist es ein Buch das zeigt, dass das Glück nicht immer in der Ferne liegt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.11.2021

Wer über das schwache Ende hinwegsehen kann erhält eine spannende Story

FLUCH - Schiff des Grauens
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Wolfgang Hohlbein erzählt seine Geschichte gewohnt flüssig, der Schreibstil ist eingängig und bei manchen Kapiteln konnte ich das Buch kaum weglegen. Die Atmosphäre ist sehr eindringlich beschrieben, man ...

Wolfgang Hohlbein erzählt seine Geschichte gewohnt flüssig, der Schreibstil ist eingängig und bei manchen Kapiteln konnte ich das Buch kaum weglegen. Die Atmosphäre ist sehr eindringlich beschrieben, man riecht und schmeckt das was er da beschreibt förmlich. Auch die Emotionen der Charaktere werden gut vermittelt, das Grauen das einen der Protagonisten gepackt hat ist absolut greifbar. An blutigen Details spart der Autor ebenfalls nicht, beim Essen kann man nicht jede Szene lesen.

Leider hat das Buch auch ein paar Schattenseiten. Die Charaktere sind etwas klischeebehaftet, die Ehefrau kreischt regelmäßig und wird von ihren Begleitern über die starke Schulter geworfen und durch die Gänge geschleppt. Dass das Buch aus 1988 ist merkt man hier und an ein paar anderen Szenen dann doch.

Größter Schwachpunkt ist das Ende des Buches, das mich gleich aus mehreren Gründen nicht überzeugen konnte. Beim großen Finale wird viel von einem Ort zum anderen gerannt, das zieht sich beim Lesen etwas. Zudem wiederholen sich die Erlebnisse am Schluss zu sehr, was der Geschichte einiges an Überraschung und Spannung nimmt. Dass die Geschichte ein offenes Ende hat gefällt mir gut, aber es kommt viel zu abrupt und die mysteriösen Ereignisse sind nur unzureichend erklärt.

Fazit
Eine spannende Idee, deren größte Schwäche leider das maximal mittelmäßige Ende ist.