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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.09.2021

Eindringlich und bewegend

In Flammen
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In Megha Majumdars Roman geht es um das Sehnen nach einem besseren Leben. Jivan träumt davon zum Mittelstand zu gehören, sich keine Sorgen mehr um die nächste Mahlzeit machen zu müssen. Lovely wünscht ...

In Megha Majumdars Roman geht es um das Sehnen nach einem besseren Leben. Jivan träumt davon zum Mittelstand zu gehören, sich keine Sorgen mehr um die nächste Mahlzeit machen zu müssen. Lovely wünscht sich eine Karriere als Schauspielerin und PT Sir möchte Respekt und Anerkennung, selbst wenn er dies nur auf Kosten anderer erhält. Neben den ganz persönlichen Kämpfen und Problemen der drei Protagonisten spielen auch Politik und Gesellschaft eine Rolle. Korruptheit, eine verurteilende Gesellschaft und ein voreingenommenes Gerichtssystem sind Herausforderungen mit denen die Menschen täglich zu kämpfen haben. Wer auf eine Dienstleistung angewiesen ist, von dem werden zusätzliche „Gebühren“ verlangt. Wer anders ist wird an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Ein gesellschaftlicher Aufstieg wird den Menschen so schwer wie möglich gemacht.


Majumdars Geschichte ist abwechselnd aus Sicht der drei Protagonisten erzählt, ergänzt durch kurze Kapitel in denen auch Sichtweisen einiger Nebencharaktere Platz finden. Trotz der doch recht umfangreichen Personenanzahl und der für mich fremden Namen, hatte ich nie Probleme die einzelnen Charaktere zu unterscheiden. Jivan, Lovely und PT Sir sind sehr facettenreich und auch emotional gestaltet, eine gewisse Distanz zu ihnen bleibt aber immer. Vielleicht lag es daran, dass bei drei Hauptcharakteren einfach nicht der Platz ist komplett in die Tiefe zu gehen. Megha Majumdar schafft es trotzdem ihre Geschichte sehr emotional und mitreißend zu erzählen und lässt den Leser mit den Protagonisten leiden.


Das Buch bietet einen interessanten und gleichsam erschreckenden Einblick in das Leben im modernen Indien. Hier treffen unterschiedlichste Welten aufeinander: große Armut in den Slums, das schillernde Leben Bollywoods und die alles bestimmende Politik. Die beschriebenen Ungerechtigkeiten die viele Menschen erleben sind oft nur schwer zu ertragen.


Fazit
Der Roman handelt von tiefgreifenden Entscheidungen, Entscheidungen die einen selbst voranbringen, aber für andere Menschen negativ sind. Durch die eindringlichen und sehr bewegenden Thematiken ist es keine unbeschwerte Lektüre, aber eine sehr lohnenswerte!

Veröffentlicht am 28.09.2021

Es lohnt sich für seine Träume zu kämpfen

Das Mädchen mit der lauternen Stimme
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Die Geschichte von Adunni konnte mich von der ersten Seite an fesseln. An vielen Stellen mag man kaum glauben, dass das Buch im 21. Jahrhundert spielt. Daré schreibt ihren Roman aus der Sicht von Adunni ...

Die Geschichte von Adunni konnte mich von der ersten Seite an fesseln. An vielen Stellen mag man kaum glauben, dass das Buch im 21. Jahrhundert spielt. Daré schreibt ihren Roman aus der Sicht von Adunni und passt das verwendete Vokabular dem des Mädchens an, dessen Sprache sehr einfach und auch mal recht grob ist. Zu Beginn habe ich teils noch gestutzt, aber es passt einfach und macht die Geschichte authentisch. Der Leser kann so auch Adunnis sprachliche Weiterentwicklung miterleben, etwa wenn sie mit der Zeit lernt, dass es „Mobiltelefon“ und nicht „Telefonmobil“ heißt.

Überhaupt ist Adunni eine großartige Protagonistin die man schnell ins Herz schließt. Sie ist aufgeweckt und mutig und trotz ihrer schlimmen Erfahrungen, sowie der Unterdrückung und Ausbeutung die sie schon in ihren jungen Jahren erlebt hat, versinkt sie nie in Selbstmitleid. Stattdessen hat sie immer ihr Ziel vor Augen und glaubt fest daran. Sie möchte ein freies, selbstbestimmtes Leben führen und sie will, dass auch andere Mädchen diese Möglichkeit haben. Für sich und für andere ist sie bereit zu kämpfen.

Die Autorin erzählt die Geschichte ohne übertriebene Dramatik oder Kitsch und genau deshalb ist sie so eindringlich. Es gibt viele Höhen und Tiefen. An manchen Stellen ist es schwer, ja fast unerträglich, zu lesen wie furchtbar und ungerecht das Mädchen behandelt wird. Daneben gibt es aber auch frohe und hoffnungsvolle Passagen, so dass das Buch insgesamt Mut macht.

Fazit
Eine große Leseempfehlung für diesen tollen Roman, der zeigt, dass es sich lohnt für die eigenen Träume zu kämpfen.

Veröffentlicht am 24.09.2021

Viel Licht und Schatten

Der Tod und das dunkle Meer
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Bei den Büchern von Stuart Turton weiß man sehr lange nicht, ob sie einem gefallen oder nicht. Beim Lesen stolpert man über viele Stellen die erstmal seltsam erscheinen und hofft, dass der Autor am Ende ...

Bei den Büchern von Stuart Turton weiß man sehr lange nicht, ob sie einem gefallen oder nicht. Beim Lesen stolpert man über viele Stellen die erstmal seltsam erscheinen und hofft, dass der Autor am Ende eine schlüssige Lösung bereithält. Bei seinem ersten Roman „Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle“ ist ihm das gelungen und trotz der teils undurchsichtigen Handlung konnte er mich dort immer fesseln. „Der Tod und das dunkle Meer“ bietet zwar eine überraschende Auflösung, bis man dahin gelangt ist es aber ein zäher Leseweg.

Vieles was im Klappentext angedeutet ist passiert erst erstaunlich spät. Ich hatte mir spannende Ermittlungsarbeit, Spurenlesen und Rätseln über die Vorkommnisse erhofft. Doch die ganze Handlung entfaltet sich leider nur sehr, sehr träge. Der Beginn war noch interessant, aber dann wird ziemlich ermüdend ermittelt, befragt, gerätselt und untersucht. Die Abläufe, Gespräche und Gedanken sind sich dabei so ähnlich, dass es mich bald gelangweilt hat. 200 Seiten weniger und eine straffere Handlung hätten dem Buch gutgetan. Auch einige Logiklücken konnte ich nicht übersehen. Ein verschenkter Gegenstand ist plötzlich wieder bei der Person die ihn weggegeben hatte. Schiffe verlassen den Konvoi, werden ein paar Seiten später bei der Zählung der Positionslichter aber wieder mit eingerechnet. Über eine einzelne solcher Szenen kann ich noch hinwegsehen, mehrmals darf es aber nicht vorkommen. Die finale Auflösung der Geschichte hat für mich einige Überraschungen bereitgehalten. Das Ende ist weder gut noch schlecht, ich hatte ich mir aber mehr erwartet, es ist mir zu rund.

Turton strickt ein sehr komplexes Netz aus Beweggründen, Beziehungen und Begegnungen in Vergangenheit und Gegenwart. Beim Erzählen seiner Geschichte verzettelt er sich dann leider etwas und verliert sich in Wiederholungen. Bei den Protagonisten sind wenige Sympathieträger vorhanden, viele sind interessant angelegt, mir aber zu glatt.

Überzeugen konnte mich der lebendige und bildliche Erzählstil, so dass ich das Buch insgesamt weder komplett begeistert noch absolut enttäusche beendet habe. Historische Korrektheit darf man nicht erwarten, Turton erklärt in seinem Nachwort, dass historische Korrektheit nicht sein Ziel war und er ganz bewusst einiges so zurechtgebogen hat, dass es in die Geschichte passt.

Fazit
Eine träge Story, blasse Charaktere und zu viele Wiederholgen stehen einem lebendigen und atmosphärischem Erzählstil gegenüber. Mich konnte das Buch damit insgesamt nicht überzeugen.

Veröffentlicht am 04.09.2021

Man darf keine Spannungsliteratur erwarten

Eine Familie in Berlin - Paulas Liebe
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Das Buch ist recht dick, die Autorin erzählt Paulas Geschichte entsprechend auch sehr langsam und detailliert. Die erste Hälfte des Buches widmet sich Paulas Aufwachsen und Erwachsenwerden, auch die Familie ...

Das Buch ist recht dick, die Autorin erzählt Paulas Geschichte entsprechend auch sehr langsam und detailliert. Die erste Hälfte des Buches widmet sich Paulas Aufwachsen und Erwachsenwerden, auch die Familie und ihre Beziehungen untereinander werden dabei sehr ausführlich dargestellt. Der Leser erhält dadurch einen sehr tiefen Einblick in das Familienleben, entsprechendes Interesse daran muss aber vorhanden sein um sich nicht zu langweilen. Das Buch lebt nicht von Spannung oder mitreißenden Erlebnissen, sondern von seinen nuanciert erschaffenen Charakteren und der ruhigen aber dennoch intensiven Erzählweise. Es ist ein Roman um in eine andere Zeit abzutauchen.

Für meinen persönlichen Geschmack hätte gerne etwas mehr Handlung und zumindest ein kleiner Spannungsbogen vorhanden sein dürfen. Die Briefe zwischen Paula und Richard waren mir zu schwülstig, ich bin zugegebenermaßen aber auch kein Freund solchen „poetischen Kitsches“, manch anderer wird sie bestimmt großartig und romantisch finden.

Fazit:
Es ist eine positive Geschichte, die mit viel Wärme erzählt ist und ohne Gewalt auskommt. Das Buch verschafft zugleich einen guten Einblick in das Aufwachsen als Frau Ende des 19. Jahrhunderts. Der zweite Band der Familiensaga wird bereits nächstes Jahr erscheinen. ⠀

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.09.2021

Ein packender historischer Roman

Krone des Himmels
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„Krone des Himmels“ ist mein erstes Buch über einen der Kreuzzüge und ich habe jede Seite dieser großartigen Lektüre genossen! Das Buch ließ mich die beschwerliche Reise ins Heilige Land, erbitterte Schlachten ...

„Krone des Himmels“ ist mein erstes Buch über einen der Kreuzzüge und ich habe jede Seite dieser großartigen Lektüre genossen! Das Buch ließ mich die beschwerliche Reise ins Heilige Land, erbitterte Schlachten und natürlich die Belagerung Akkons hautnah miterleben. Vor allem letzteres fand ich absolut faszinierend. Man bekommt ein sehr gutes Gefühl dafür wie es den Belagerern mit der Nahrungsknappheit und den grassierenden Seuchen erging und wie sie dennoch an der Hoffnung Jerusalem zu erreichen festhielten. Der Klappentext lässt eine große Lovestory erwarten, zum Glück stehen aber die historischen Ereignisse im Vordergrund.

Juliane Stadler erzählt ihre Geschichte aus mehreren Perspektiven, die Hauptrolle spielen dabei Aveline und Étienne. Der Leser erfährt durch sie viel über die gefährliche Reise ins Heilige Land, über die Arbeit der Wundärzte und das Leben der einfachen Soldaten. Bekannte historische Personen, wie Friedrich Barbarossa oder Richard Löwenherz, kreuzen die Wege der beiden und der Leser erlebt dadurch auch wichtige historische Momente. Gut gefallen hat mir dabei, dass Aveline und Étienne bei diesen Begegnungen nur selten eine größere Rolle spielen, meist sind sie, entsprechend ihrer niederen Stellung, nur Beobachter. Ein weiterer Handlungsstrang umfasst Sultan Saladin und Karakush, den Statthalter Akkons. Ich fand es sehr gelungen, dass wir im Roman auch die „Gegenseite“ kennenlernen. Juliane Stadler schafft es dadurch sehr eindringlich zu zeigen, dass sowohl Christen als auch Muslime ihre Beweggründe hatten und es auf beiden Seiten ganz normale Menschen waren die kämpften und starben. Ein generelles Gut oder Böse gab es nicht

Fazit
Mit „Krone des Himmels“ gelingt Juliane Stadler ein sehr spannender und fundiert recherchierter Debütroman. Das Buch wird als historisches Highlight des Jahres beworben, für mich ist es das definitiv! Ich freue mich schon auf weitere Bücher von ihr!