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Veröffentlicht am 13.10.2020

Eine Reise in Kluftis Vergangenheit

Kluftinger (Kluftinger-Krimis 10)
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Seit Band 1 bin ich bei den Abenteuern des Allgäuer Kommissars dabei, eine Buchreihe die ein wenig an eine Achterbahnfahrt erinnert. Die ersten Bände sind absolut genial und ich kann sie ohne Einschränkungen ...

Seit Band 1 bin ich bei den Abenteuern des Allgäuer Kommissars dabei, eine Buchreihe die ein wenig an eine Achterbahnfahrt erinnert. Die ersten Bände sind absolut genial und ich kann sie ohne Einschränkungen empfehlen. In den Folgebänden war dann etwas die Luft raus, aus Humor wurde Klamauk und beim Lesen war regelmäßig Fremdschämen angesagt. Die letzten Teile haben mir dann wieder besser gefallen, auch wenn das Niveau der ersten Bände nie erreicht wurde. Nun bin ich gespannt welche Richtung Band 10 einschlägt.

„Kluftinger“ stellt für eben jenen eine Reise in die Vergangenheit dar. Um herauszufinden wer für die Sache mit dem Holzkreuz verantwortlich ist muss er herausfinden wer ihm nach dem Leben trachten könnte. Hier kommen nicht nur die hinter Gittern gebrachten Verbrecher in Frage, denn Kluftingers Jugend ist nicht so unscheinbar verlaufen wie man meinen könnte. In Rückblenden erfährt der Leser mehr darüber und erlebt auch, die Kluftinger vom einfachen Schutzpolizisten zum Kriminalbeamten wurde. Für mich runden diese Rückblenden die Geschichte, ja sogar die ganze Buchreihe, sehr gut ab.

Der Fall selbst ist recht spannend, wobei hier auch gleich gesagt sei, dass das Buch ein offenes Ende hat. Der elfte Band, der den Titel »Funkenmord« trägt ist aber bereits erschienen und schließt direkt an die Ereignisse aus dem Vorgängerband an. Ich bin gespannt, wie der neueste Band die offenen Fäden aufnimmt und hoffe, dass der offene Fall zu einem logischen Ende gebracht wird.

Das Buch ist ein unterhaltsamer Krimi, der aber von einer deutlich dunkleren Grundstimmung durchzogen ist als die ersten Bände. Gefallen hat mir das Buch aber trotzdem, vor allem, weil der Leser endlich etwas über Kluftingers Vergangenheit erfährt, das war schon lange überfällig.

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Veröffentlicht am 03.10.2020

Ein würdiges Prequel

Kingsbridge - Der Morgen einer neuen Zeit
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Seit Ankündigung habe ich darauf gewartet und war sehr gespannt auf den neuen Roman von Ken Follett der gleichzeitig die Vorgeschichte zum »Die Säulen der Erde«-Epos darstellt.

Für mich war es sehr spannend ...

Seit Ankündigung habe ich darauf gewartet und war sehr gespannt auf den neuen Roman von Ken Follett der gleichzeitig die Vorgeschichte zum »Die Säulen der Erde«-Epos darstellt.

Für mich war es sehr spannend ein Buch über diese sehr frühe Zeit Englands zu lesen. Mein Gebiet ist sonst das spätere Mittelalter und so konnte ich hier viel Neues lernen. Follett beschreibt detailliert, aber nie langweilig, das damalige Leben, Handwerk und Rechtsprechung. Wobei natürlich auch einige Fakten seiner Fantasie entspringen, was aber einfach daran liegt, das aus dem Zeitalter vergleichsweise wenige Informationen vorliegen. Doch seine Details erscheinen stets plausibel und so vermischt er sehr gekonnt seine umfangreiche Recherche mit fundierter Fiktion. Schade finde ich allerdings, dass das Buch mit nur 10 Jahren eine sehr kurze Zeitspanne behandelt. Ich hätte mir erhofft, dass er noch William den Eroberer berücksichtigt, der ja immerhin ein wichtiger Meilenstein der englischen Geschichte war, doch Follett lässt sein Buch noch vor der Landung des Normannen enden.

Wie wir es von Ken Follett kennen erzählt er in seinem Buch mehrere ineinander verwobene Geschichten. Da ist zum einen Bootsbauer Edgar, der mit der Zeit auch ein großes Talent für den Bau von Gebäuden entwickelt. Neben ihm spielt die Adlige Ragna eine Rolle, geboren und aufgewachsen in der Normandie verschlägt es sie nach England. Und dann sind da noch drei mächtige und undurchsichtige Brüder, die um Reichtum und Macht kämpfen. Diese Handlungsfäden verwebt Ken Follett zu einer fesselnden Story. Natürlich bedient er sich dabei auch einiger Klischees und wer bereits in der Vergangenheit seine Bücher gelesen hat wird ein gewisses Muster bei seinen Charakteren entdecken, dennoch hat mich das an keiner Stelle gestört. Bei Bootsbauer Edgar hätte ich mir allerdings etwas mehr Tiefe gewünscht, von den Charakteren ist er der eindimensionalste, was ihn etwas langweilig erscheinen lässt. Auf den letzten 200 Seiten wirken zudem manche Dialoge etwas platt, zum Glück aber nur sehr vereinzelt, sodass es nicht weiter ins Gewicht fällt. Die Entwicklung des unbedeutenden Weilers zur Stadt King’s Bridge ist hingegen sehr gut dargestellt. Es macht großen Spaß, immer wieder parallelen zu den nachfolgenden Romanen zu entdecken.

𝐅𝐚𝐳𝐢𝐭
Bereits nach wenigen Seiten ist man von der Geschichte gefangen und muss einfach weiterlesen um zu wissen welche Geschehnisse, Intrigen oder Freuden auf den nächsten Seiten warten. Ken Follett Fans werden an dem Buch ohnehin nicht vorbeigehen können, aber auch allen anderen geschichtsinteressierten Lesern ist »Kingsbridge« sehr zu empfehlen. Da es sich um die Vorgeschichte handelt ist eine Kenntnis der bereits erschienenen Bücher nicht notwendig, um in die Reihe einzusteigen kann man sehr gut mit »Kingsbridge« beginnen.

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Veröffentlicht am 19.09.2020

Man mag kaum glauben, dass dieses Buch in unserer Zeit spielt

Unorthodox
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Deborah Feldmann erzählt ihre Geschichte, beginnend mit der Kindheit, über ihre Jugend und Ehe bis hin zum Verlassen der Gemeinde. Für mich als Außenstehende hat das Buch sehr spannende, aber auch erschütternde, ...

Deborah Feldmann erzählt ihre Geschichte, beginnend mit der Kindheit, über ihre Jugend und Ehe bis hin zum Verlassen der Gemeinde. Für mich als Außenstehende hat das Buch sehr spannende, aber auch erschütternde, Einblicke gegeben. Feldmann ist Jahrgang 1986, doch liest man ihre Geschichte bekommt man den Eindruck sie wäre in einem anderen Jahrhundert als man selbst aufgewachsen. Die Art der Kleidung ist strikt vorgeschrieben, zudem müssen sich verheiratete Frauen die Haare abrasieren und Perücken tragen. Weder Berufswahl noch die Entscheidung ob, wann und wen geheiratet wird darf selbst gefällt werden. Als Frau wird von Deborah erwartet den von ihrer Familie ausgewählten Mann zu heiraten, Kinder in die Welt zu setzen und sich künftig um Haushalt und Familie zu kümmern. Sie lebt abgeschnitten von aller weltlichen Unterhaltung wie Kino, Fernsehen und Radio. Den Frauen ist sogar das Singen verboten.

Dass Deborah aus diesem Umfeld ausbrechen möchte ist nur verständlich, sie sehnt sich nach Freiheit und Selbstbestimmung. Dass sie unter diesen Bedingungen eine eigene Meinung entwickelt und viele Dinge hinterfragt ist beeindruckend. An manchen Stellen hat mich aber ihre etwas überheblich wirkende Einstellung gestört. Der künftigen Schwägerin fühlt sie sich wegen dem besseren Aussehen schon beim ersten Treffen überlegen. Und auch gegenüber anderen Frauen die ultraorthodoxe Gemeinden verlassen haben und deren Problemen sieht sie sich im Vorteil. So schreibt Feldmann, dass sie zwar nicht weiß was sie anders als diese Frauen machen wird, doch sie wird es besser machen. Im Vergleich zur ausführlichen Beschreibung ihrer Kindheit ist das Ausbrechen aus der Gemeinde dann nur sehr kurz umrissen. Immer wieder werden Hürden und Probleme angedeutet, und eben geschrieben, dass sie diese ganz anders und besser bewältigen wird als alle Frauen vor ihr, aber darauf eingegangen wird nicht weiter. Das fand ich recht schade, es lässt beim Leser einige Fragen offen und durch das Teilen ihres Wissens könnte sie anderen Frauen die sich in ähnlicher Situation befinden helfen und einen Ausweg aufzeigen.

Ein wenig beim Lesen gestört haben die sehr häufig verwendeten jiddischen Ausdrücke. Diese werden zwar im angehängten Glossar erklärt, doch das viele Blättern hat immer wieder den Lesefluss unterbrochen, denn die meisten Begriffe erschließen sich nicht von selbst. Fußnoten wären hier eine für den Leser angenehmere Lösung gewesen.

𝐅𝐚𝐳𝐢𝐭
Ein spannendes, lehrreiches und gleichzeitig erschreckendes Buch. Immer wieder musste ich mir in Erinnerung rufen zu welcher Zeit das Buch spielt, es ist kaum zu glauben, dass mitten in New York so eine mittelalterlich anmutende Lebensweise praktiziert wird. Gleichzeitig ruft es einem in Erinnerung wie viele Freiheiten man selbst hat und wie privilegiert man aufgewachsen ist.

Veröffentlicht am 18.09.2020

Viel Naivität und Unwissenheit

Die weiße Massai
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Bei der Bewertung von autobiografischen Romanen tue ich mich immer schwer, denn natürlich bildet man sich eine Meinung über die Personen, sollte aber auch immer bedenken, dass Kritik hier nicht die Ideen ...

Bei der Bewertung von autobiografischen Romanen tue ich mich immer schwer, denn natürlich bildet man sich eine Meinung über die Personen, sollte aber auch immer bedenken, dass Kritik hier nicht die Ideen eines Autors sondern die wahren Handlungen einer Person betrifft. Auch bei diesem Buch bin ich wieder zwiegespalten inwiefern mein Unverständnis und Entsetzen über viele Entscheidungen in die Bewertung einfließen sollten.

Schon bei Hofmanns Begegnung mit Lketinga beginnt mein Unverständnis. Ein Kennenlernen zwischen den beiden findet eigentlich nicht statt, sie entdeckt ihn auf einer Fähre und ist wegen eines Aussehens sofort von ihm fasziniert, ja fast besessen. Den Rest des Urlaubs verbringt sie damit nach diesem ihr eigentlich völlig unbekannten Mann zu suchen um ihn kennenzulernen. Endlich vereint stellen beide dann fest, dass sie mangels Englischkenntnissen kaum Worte miteinander wechseln können. Doch für Hofmann steht fest nach Kenia zu diesem Mann zu ziehen. Sie beherrschen zwar weder eine gemeinsame Sprache, noch weiß sie etwas über die Lebensumstände, Tradition und Kultur in dem fremden Land, doch für sie zählt nur wie „schön“ dieser Mann ist und damit steht der Entschluss fest. Dass sie ihren Mann nur auf das exotische Äußere reduziert hat mich an mehreren Stellen sehr gestört.

Auch gibt es einige Stellen an denen ich entsetzt war wie naiv und realitätsfremd Corinne Hofmann sich verhalten hat. Zugutehalten muss man ihr, dass sie sehr ehrlich über ihre falschen Entscheidungen schreibt. Doch da sie diese Fehler regelmäßig wiederholt ist man mit der Zeit recht genervt über das weiterhin blauäugige Verhalten. So vergisst sie bei den Bus- und Autofahrten regelmäßig Wasser mitzunehmen und das obwohl sie bereits mehrmals Pannen miterlebt hat bei denen es teilweise die ganze Nacht nicht weiterging. Auch hätte ich erwartet, dass sie über die Kultur und die Traditionen zumindest grundlegend informiert ist, doch sie stolpert völlig unwissend von einem Ereignis zum nächsten und so werden gefühlt jedes zweite Kapitel bittere Tränen vergossen. Auch Krankheiten gegenüber ist Hofmann sehr unwissend, auf die Gefahren von Malaria, Aids oder Hepatitis ist sie nicht mal grundlegend vorbereitet.

Ich hatte ein Buch über eine starke Frau erwartet, die trotz des harten Lebens und vieler Widrigkeiten ihren Weg geht und ein Leben in einer fremden Kultur führt. Doch durch das Buch habe ich nur den Eindruck einer sehr naiven Frau erhalten, die jegliche Probleme mit Geld löst, stetig mit den Eigenheiten einer fremden Kultur hadert und sich zwischendurch immer wieder tränenreich selbst bemitleidet.

Letztendlich habe ich mich dafür entschieden drei Sterne zu vergeben. Der Leser erhält einen interessanten Einblick in die Traditionen und Kultur der Massai und deren einfaches und entbehrungsreiches Leben. Für eine bessere Bewertung fehlt mir aber, dass ich für mich als Leser aus dem Buch etwas mitnehme oder durch die handelnden Personen inspiriert oder von ihnen zumindest beeindruckt wurde.

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Veröffentlicht am 29.08.2020

Ein sehr gelungenes Debüt

Turmschatten
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Beim Auspacken war ich ein wenig über die Dicke des Buches überrascht, knapp 600 Seiten, ganz schon lang für einen Thriller. Doch schnell habe ich gemerkt, dass es genau diesen Umfang braucht um die komplexe ...

Beim Auspacken war ich ein wenig über die Dicke des Buches überrascht, knapp 600 Seiten, ganz schon lang für einen Thriller. Doch schnell habe ich gemerkt, dass es genau diesen Umfang braucht um die komplexe Geschichte zu erzählen und dabei auf alle Sichtweisen eingehen zu können.

Ein ehemaliger Mossad-Agent, Selbstjustiz, Neonazis - bei dieser Konstellation hätte viel schief gehen können. Ist es aber zum Glück nicht und so erhält der Leser eine vielschichtige und sehr spannende Geschichte. Den begeisterten Stimmen über das Buch kann ich mich absolut anschließen. Kaum aufgeschlagen ist man schon mitten in der Geschichte und dann fliegen die Seiten nur so dahin. Obwohl sich Grandl viel Zeit nimmt seine Charaktere vorzustellen wird das Lesen nie zäh. Jede Figur hat einen detailliert ausgearbeiteten Hintergrund, der, wie auch die Denkweise und die Beweggründe, dem Leser durch Rückblenden nähergebracht wird. Die Rückblenden sind dabei aber nie zu lang, so dass sie die Geschichte sehr gut ergänzen, aber nicht davon ablenken. Verschiedene Erzählperspektiven geben dem Ganzen zusätzliche Tiefe und sorgen für Abwechslung und Spannung. Obwohl relativ viele Figuren eine Rolle spielen, war ich sehr positiv überrascht, wie problemlos ich sie alle auseinanderhalten konnte. Mein einziger Kritikpunkt sind wenige kleine Logiklücken, die aber nicht groß ins Gewicht fallen.

Sehr gut gefallen hat mir das Einflechten von historisch stattgefundenen Ereignissen, wie etwa die Geiselnahme von Gladbeck, die zu einer Diskussion über verantwortungsvollen Journalismus führte. Auch bei der fiktiven Geiselnahme im Turm gieren die Medien nach möglichst hohen Einschaltquoten und Moral wird dabei hinter Profit zurückgestellt. Dabei hatte ich aber nie das Gefühl, dass übertriebene Medien-Kritik betrieben wird, denn dass die Berichterstattung auch in Wirklichkeit so ablaufen könnte kann ich mir sehr gut vorstellen.

Das Buch wirft beim Leser viele Fragen auf und auch die Grenzen zwischen Gut und Böse sind nicht so klar wie man zunächst meinen würde.

Fazit
»Turmschatten« ist ein hochspannender Thriller mit Anti-Rechts-Botschaft. Mit gut recherchierten Hintergründen und einer sehr detaillierten Ausarbeitung der Charaktere konnte mich das Buch absolut überzeugen. Durch seine Botschaft ist es nicht nur für Thriller Fans zu empfehlen.

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