Jeder Schritt nach vorne ist ein Schritt in die Vergangenheit
Der König und der UhrmacherDer isländische Uhrmacher Jón Sívertsen widmet sich Ende des 18. Jahrhunderts mit ganzer Leidenschaft in Schloss Christiansborg in Kopenhagen in einem verstaubten Lagerraum der Restaurierung einer kunstvollen ...
Der isländische Uhrmacher Jón Sívertsen widmet sich Ende des 18. Jahrhunderts mit ganzer Leidenschaft in Schloss Christiansborg in Kopenhagen in einem verstaubten Lagerraum der Restaurierung einer kunstvollen astronomischen Uhr aus dem Jahr 1592.
Dabei leistet ihm König Christian VII gelegentlich Gesellschaft. Der Monarch lässt sich während der Reparatur-Arbeiten von Jón dessen isländische Familiengeschichte erzählen.
Sowohl der König wie auch der Uhrmacher schwelgen in Erinnerungen und arbeiten sehr persönliche Geheimnisse und Gefühle auf. Jedes Wort und jeder Schritt nach vorn ist dabei auch eine Reise in das Vergangene.
Emotional tief berührt philosophieren sie über viel Bewegendes und Menschliches.
Von Beginn an spürt man die Leidenschaft Jóns für die Uhr und kann sich in seine Seele einfühlen.
Auch die weltlichen, gesellschaftlichen Erwartungen und Verpflichtungen werden sehr deutlich.
Die strukturiert aufgebaute Erzählung macht das flüssige Lesen einfach.
Die Wechsel zwischen den Zeiten und Örtlichkeiten fügen sich unkompliziert und fortlaufend.
Insgesamt wird die Geschichte dadurch nachvollziehbar und rund.
Die jeweiligen Formulierungen sind zeitgemäß sprachlich gut gewählt.
Literarisch hervorragend sind Hintergrund-Informationen und Zusammenhänge erzählerisch in die Geschichte eingebaut. Kurz und knapp machen sie neugierig und veranlassen bei Interesse das weitere Recherchieren, was aber für das Verständnis der Geschehnisse nicht notwendig ist.
Der Leser wird aber nicht unnötig mit geschichtlichen Fakten und Verstrickungen konfrontiert bzw. herausgefordert.
Durch viele Formulierungen wird das Gefühl für die Zuneigung des Uhrmachers zu seiner Arbeit sowie die Bedeutung, die das Restaurieren für ihn persönlich hat, deutlich.
Die gefühlvolle und bildhafte Sprache machen die Atmosphäre und die Örtlichkeiten spürbar.
Die Vielfalt der Charaktere und die Persönlichkeiten der Mitwirkenden erscheinen absolut real.
Emotional kann man sich gut in die Personen einfühlen.
Alle Personen, haben ihre Geschichte, mit der sie nach ihrem persönlichen Stil umgehen und ihr Handeln damit begründen.
Mein Fazit:
Der klar strukturierte Aufbau sowie die zeitlich und gesellschaftlich passende Ausdrucksweise nehmen den Leser mit in dieser Geschichte.
Die menschliche, tiefgründige und emotionale Erzählung weckt das Interesse an dänischer und isländischer Geschichte.
Die Restauration bedeutet mehr als das Wiederbeleben der kunstvollen historischen Uhr.
Es ist eine Reise in die Vergangenheit, in die menschlichen Seelen und in die Aufarbeitung der eigenen Historie.
Es ist der Versuch, Etwas entstehen zu lassen sowie etwas Kaputtes wieder ganz zu machen.
Das Buch empfehle ich Allen, die beim Lesen gerne mitfühlen und Jenen, die gerne philosophieren über menschliche und gesellschaftliche Entwicklungen sowie verletzte Seelen der Gesellschaft.
Die Geschichte dieses historischen Romes ist fiktiv, beruht aber auf wahren Begebenheiten.
Das Geschehen und die Charaktere erscheinen jedoch völlig real und in jede Zeit an jeden Ort übertragbar.