Profilbild von wordfflow

wordfflow

aktives Lesejury-Mitglied
offline

wordfflow ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit wordfflow über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.05.2024

Das Paradox der Schönheit

Die Schönheit der Rosalind Bone
0

“Die Schönheit der Rosalind Bone” von Alex McCarthy erzählt die tragische Geschichte eines Mädchens und jungen Frau und dem kollektiven Versagen einer Dorfgemeinschaft in Wales, wie es aber auch stellvertretend ...

“Die Schönheit der Rosalind Bone” von Alex McCarthy erzählt die tragische Geschichte eines Mädchens und jungen Frau und dem kollektiven Versagen einer Dorfgemeinschaft in Wales, wie es aber auch stellvertretend überall anders passieren könnte. Es geht um das Wegsehen, um Missverständnisse, um Neid und Missgunst, um trügerischen Schein, das Paradox der Schönheit und das ein oder andere weitere kleine Geheimnis, das nahezu jeder zu verstecken versucht.

Der Schreibstil Alex McCarthys hat mich beinahe unmittelbar in seinen Bann gezogen. Die Sprache ist trotz ihrer inhaltlichen Abgründe sehr fein und leise, zum Teil poetisch, kann aber auch durch ihre Direktheit sehr plötzlich eine große Stärke und Schlagkraft entwickeln. Ich war an vielen Stellen des ziemlich kurzen Romans (160 Seiten) gerührt, betroffen, angeekelt, unfassbar wütend oder einfach nur fassungslos.

Wir begleiten die verschiedenen Dorfbewohner in ihrem Alltag und können somit selber relativ schnell hinter ihre Fassaden blicken. Man ist den Geschehnissen deshalb immer einen Schritt voraus, was diese aber nicht weniger spannend oder bedrückend macht.

Als namensgebende Hauptfigur dreht sich der Roman um die Schönheit der Rosalind Bone, welche vor Jahren ohne jegliche Mitteilung aus dem Dorf verschwand und nie wieder gesehen wurde. Trotzdem nimmt sie selber neben all den anderen Figuren nur eine Nebenrolle ein, um die sich ihr Mythos dreht.

Ich würde an dieser Stelle wirklich gerne tiefer in den Inhalt und die ganze Tragik um die Figur Rosalind einsteigen, kann dies aus Spoilergründen allerdings nicht machen. Trotz Leserunde habe ich noch immer so viel Redebedarf zu diesem Buch, was für mich der Indikator ist, wie gut mir die Geschichte gefallen hat.

Lediglich eine Triggerwarnung hat mir gefehlt, die ich deswegen ausdrücklich für dieses Buch ausspreche. Es werden einige schwierige Themen behandelt, wer da spezielle Punkte hat, kann sich gerne bei mir erkundigen, ich werde nach bestem Wissen Auskunft geben.

Das Ende hat die Geschichte für mich gut abgerundet und mich nach diesen vielen erdrückenden Momenten etwas erleichtern können. Nachdenklich bin ich jetzt noch einige Tage nach Beenden des Buches und das wird auch noch einige Zeit anhalten. Somit gibt es von mir eine eindeutige Leseempfehlung, wenn sich über die schweren Thematiken bewusst gemacht wurde.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.05.2024

Ein feministischer Blick auf die Scham

Sorry not sorry
0

“Sorry not sorry” von Anika Landsteiner ist ein Sachbuch über Scham, insbesondere die weiblich sozialisierter Menschen. Die Autorin wird dabei zum Teil sehr persönlich und erzählt aus ihrem Leben, wodurch ...

“Sorry not sorry” von Anika Landsteiner ist ein Sachbuch über Scham, insbesondere die weiblich sozialisierter Menschen. Die Autorin wird dabei zum Teil sehr persönlich und erzählt aus ihrem Leben, wodurch das Buch inhaltlich wie sprachlich nach meinem Empfinden gut zugänglich wird. Sie gliedert die verschiedenen Aspekte in übergeordnete Punkte wie Körper, Finanzen, das Thema Beziehung, angefangen beim Single-Dasein bis zur Familienplanung, Selbstbestimmung und Gewalt und räumt dabei einige Vorurteile und gesellschaftliche Strukturen auf.

Das Buch ist durchgehend eine Kritik an dem Patriarchat und die fein abzweigenden Strukturen, die eng damit einhergehen. Die Absurdität mancher Denkweisen, die einige Menschen noch heute teilen, macht mich immer wieder fassungs- und hilflos. Deshalb bin ich sehr dankbar für das, was Anika Landsteiner hier geschaffen hat. Denn auch wenn viele der Punkte und Fakten mir bereits bekannt waren, habe ich auch neue Perspektiven und Wissen dazugewonnen. Der Fokus auf die Emotion Scham fand ich sehr gelungen und treffend. Ich habe mich selber in vielen Beschreibungen wiedergefunden und konnte diese nachempfinden. Ich denke, dass das Buch für viele Frauen heilsam sein könnte, da es einen sachlichen und erklärenden Blick auf die Emotion hat, die uns sonst so oft gefangen hält. Zum Schluss hält die Autorin ein Plädoyer für kontrollierte Wut, die sich aufgrund ihrer engen Verbundenheit zur Scham sehr häufig als gesündere und selbstwirksamere Wahl herausstellt. Auch das hat wieder einen persönlichen Nerv in mir getroffen, denn ich arbeite im Rahmen meiner Therapie gerade selber an meiner Wutkraft.

“Sorry not sorry” ist eine Mischung aus Fakten, persönlichen Anekdoten und einer guten Prise Sarkasmus, wodurch das Buch ebenso informativ wie unterhaltsam zu lesen und ein guter Einstieg in die Thematik ist. Ein unglaublich wichtiges Werk, von dem ich mir sehr wünschen würde, dass wirklich jede Person dieses Buch lesen und verinnerlichen würde.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.04.2024

Aktuell, spannend und gesellschaftskritisch

The April Story – Ein wirklich erstaunliches Ding
0

"The April Story - Ein wirklich erstaunliches Ding" von Hank Green ist eine Sci-Fi Dystopie, die sich mit den Auswirkungen von Social Media und Verschwörungsideologien auf unsere Gesellschaft, der Diskussionskultur ...

"The April Story - Ein wirklich erstaunliches Ding" von Hank Green ist eine Sci-Fi Dystopie, die sich mit den Auswirkungen von Social Media und Verschwörungsideologien auf unsere Gesellschaft, der Diskussionskultur und der gesellschaftlichen Zugehörigkeit mit gleichzeitiger Abgrenzung andersdenkender Gruppen auseinandersetzt. Die Geschichte wird aus der verzerrten Perspektive durch die Protagonistin April May erzählt, was sie selber zu Beginn der Geschichte an die Leserschaft gerichtet anmerkt.

Kurz zum Inhalt:
April findet eine mysteriöse Statue, die sie “Carl“ tauft. Diese wurde auch in verschiedenen anderen Städten rund um die Welt gesichtet, die “Carls”, und sind in ihrer elementaren Beschaffenheit wissenschaftlich nicht zu erklären. Da April als Erste in den sozialen Medien darüber postet, findet sie sich plötzlich im Zentrum der medialen Aufmerksamkeit wieder. Sie wird von vielen Leuten gefeiert, aber auch gehasst und gefürchtet und so entsteht eine Folge von immer extremeren Ereignissen, die zum Ende der Geschichte in eine Katastrophe münden.

Den Genremix aus Sci-Fi Dystopie mit Gesellschaftskritik finde ich besonders gelungen, da viele aktuelle Themen aufgegriffen, überspritzt und dadurch kritisiert werden. Hank Green zeigt eindrucksvoll, welchen Einfluss die sozialen Medien bereits auf uns haben und wie leicht sich durch Manipulation und Inszenierung gegenteilige Lager immer weiter radikalisieren können. Der Konflikt von einem (Nicht-) Glauben, den die Unerklärbarkeit der “Carls” mit sich bringt, ist dabei auf unzählig vielen gesellschaftlichen Ebenen interpretierbar und macht das Buch in meinen Augen so vielschichtig und beeindruckend.

Durch die spannende Handlung und die aktuellen Themen hatte das Buch eine starke Sogwirkung auf mich und hinterlässt auch noch lange Zeit nach dem Lesen einen Eindruck, der weiterhin zum Nachdenken anregt. Nicht zuletzt trägt auch der Cliffhanger dazu bei, dass ich sehr auf eine zeitnahe Übersetzung von Band 2 hoffe.

Insgesamt kann ich "The April Story - Ein wirklich erstaunliches Ding" sehr empfehlen. Besonders durch die gesellschaftliche Relevanz und die interessante Erzählperspektive ist dieses Buch in meinen Augen ein Meisterwerk und definitiv eine Empfehlung wert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.03.2024

Von der Liebe zu Büchern und einer außergewöhnlichen Freundschaft

Die Vermesserin der Worte
0


“Die Vermesserin der Worte”, geschrieben von Katharina Seck, ist eine Geschichte über zwei Frauen, die ihren Platz in der Welt suchen und finden. Sie erzählt von Leidenschaft, Träumen und der Liebe zu ...


“Die Vermesserin der Worte”, geschrieben von Katharina Seck, ist eine Geschichte über zwei Frauen, die ihren Platz in der Welt suchen und finden. Sie erzählt von Leidenschaft, Träumen und der Liebe zu Büchern, über das Gewicht von Worten, vom Vergessen und vergessen werden, von Inspiration und der Freundschaft zweier Frauen, die ganz unterschiedlich und doch eigentlich sehr ähnlich sind.

Eine der Frauen verfolgte ihre Träume, musste dafür Opfer bringen und ist jetzt in hohem Alter einsam und droht vergessen zu werden. Die andere Frau ist eine Schriftstellerin, die ihre Worte verloren hat. Ohne Inspiration und in Geldnot nimmt sie einen Job als Haushälterin an. So begegnen sich jene beiden Frauen. Die ältere Dame ist zunächst harsch und abweisend, schon länger hat es keine Haushälterin bei ihr ausgehalten. Und doch entwickelt sich durch die gemeinsame Leidenschaft der Frauen eine zunächst zaghafte, aber immer tiefergehende Freundschaft, die das Vergessen und die Einsamkeit überwindet.

Katharina Seck erfasst dabei tiefgründig wie feinfühlig die Ängste, Hoffnungen und die Liebe, die diese zwei Frauen wahrnehmen, empfinden und teilen. Der Schreibstil spiegelt dies authentisch wider. Unaufdringlich und doch sehr wortstark und poetisch werden hier Gedanken geteilt, die einen zum Nachdenken anregen und innehalten lassen. Während des Lesens hat sich eine Ruhe über mich gelegt, in der sich ganz viel Gefühl und Leichtigkeit ausbreiten konnten.

In meinen Augen ist “Die Vermesserin der Worte” ein Liebesroman, aber Liebe im klassischen, romantischen Sinne findet man hier nur sehr zaghaft und unausgearbeitet. Stattdessen ist es ein Ausdruck der Liebe zur Literatur, zu Büchern und Worten. Zu freundschaftlicher Liebe und der Liebe zum Leben.

Ich bin sehr berührt und begeistert von diesem Buch und möchte es jedem ans Herz legen, dem selber Bücher am Herzen liegen und die vielleicht einfacher Freundschaften in Romanfiguren finden, als im echten Leben. Die sich über Literatur ausdrücken und denen eine Buchempfehlung einem Zugeständnis an Liebe und Zuneigung gleicht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.03.2024

Unterhaltung pur plus gut aufgearbeitete ernste Themen

Yours Truly
0

Yours Truly von Abby Jimenez ist eine fesselnde und unterhaltsame RomCom mit Krankenhaus Setting und wirklich wundervollen Charakteren.

Die Geschichte beginnt mit einem Haufen kleinerer und größerer ...

Yours Truly von Abby Jimenez ist eine fesselnde und unterhaltsame RomCom mit Krankenhaus Setting und wirklich wundervollen Charakteren.

Die Geschichte beginnt mit einem Haufen kleinerer und größerer Missverständnisse zwischen Briana und Jacob. Ich fand es sehr unterhaltsam, wie sich diese nach und nach klären und die erste Vertrauensbasis zwischen den beiden geschaffen wird. Nachdem sie sich dank Briefkontakt langsam angefreundet haben, muss Briana als Fake Freundin für Jacob herhalten, um seine Familie zu beschwichtigen und den glücklichen, verliebten Mann zu mimen. Dass dies die Gefühle der beiden noch zusätzlich anheizt, muss ich eigentlich gar nicht erwähnen.

Trotzdem bringt die Geschichte neben der locker-leichten Unterhaltung ebenso viele ernste Themen mit sich, da Brianas Bruder durch eine Autoimmunerkrankung auf ein Spenderorgan angewiesen ist, Jacob eine Angststörung und Briana mit einem traumatischen Verlust aus ihrer Vergangenheit zu kämpfen hat. Ich finde toll, dass die Charaktere trotzdem - oder vielleicht gerade deshalb? - so viel Positivität, Empathie und Lebensfreude besitzen (oder im Laufe der Handlung zurückgewinnen).

Briana und Jacob sind einfach zwei richtig tolle Charaktere, die ich sehr in mein Herz geschlossen habe. Ich hätte gerne noch ein paar hundert Seiten mehr oder zwei weitere Bücher über die beiden gelesen.

Dies war mein erster Roman von Abby Jimenez und da ich so viel Freude mit Yours Truly hatte, werde ich sie definitiv weiter im Auge behalten und sicher noch mehr von ihr lesen.

Von mir eine ganz klare Empfehlung!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere