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Veröffentlicht am 28.03.2024

Spannung, Humor und Action – ein weiterer spannender Fall für das Finale rund um Carl Morck und das Sonderdezernat Q.

Verraten
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Time to say Goodbye - "Verraten" von Jussi Adler-Olsen ist ein weiterer packender und leider auch der 10. und letzte Fall aus der Reihe rund um Kommissar Carl Mørck und das Sonderdezernat Q. Mit gewohntem ...

Time to say Goodbye - "Verraten" von Jussi Adler-Olsen ist ein weiterer packender und leider auch der 10. und letzte Fall aus der Reihe rund um Kommissar Carl Mørck und das Sonderdezernat Q. Mit gewohntem Geschick führt uns der Autor durch ein Netz aus Lügen, Geheimnissen und Mord(en), während man mit dem Ermittlungsteam mitfiebert, um den/die Täter:innen zu stoppen.

Wie auch schon bei den letzten Büchern bin ich beeindruckt, wie es dem Autor gelungen ist, die Spannung auf über 600 Seiten aufrecht zu erhalten. Ich hab das Buch innerhalb von 2 Tagen ausgelesen. Dabei steht nun der Fall im Zentrum (eeeeendlich!), über den wir schon im allerersten Band etwas erfahren und der auch in allen Büchern der Reihe immer wieder erwähnt wird und mitschwingt. Im Zentrum der Ermittlungen steht diesmal aber Carl Morck höchstpersönlich.

Daneben tauchen auch alte Bekannte wieder auf, und wir erfahren, wie ihr Leben verlaufen ist. Die erneute Präsenz des gesamten Ermittlungsteams, allen voran Assad, Rose und Gordon, verleiht der Geschichte eine vertraute Atmosphäre in die man sehr leicht einsteigen kann, auch wenn ich den vorangegangenen Teil der Reihe vor mehr als zwei Jahren gelesen habe. Assads Kamelwitze sind auch wieder am Start und haben bei mir für den ein oder anderen Lacher gesorgt :D Zudem habe ich ein neues Wort gelernt = "stippen" bedeutet "tunken/eintauchen/dippen". Es kommt auch klar heraus, wie mediale Hetzjagd und Fake-Kampagnen auf Kosten von ganzen Existenzen verbreitet werden und welche Macht sie auf die Demokratie ausüben können.

Dennoch gibt es auch einige Kritikpunkte. Die Geschichte verlässt sich gelegentlich etwas zu sehr auf Zufälle (also bestimmte Personen sind dem Tod sehr oft "von der Schippe gesprungen"), und leider wurde auf das gendern verzichtet. Auch ein kleine Fehler (S. 22) ist mir aufgefallen, wo von "Carla" statt von Carl die Rede ist. Am meisten gestört hat mich aber, dass sich einige Stellen im Buch finden, die durch ableistische 8S. 59), rassistische (S. 521/522) oder diskriminierende "Witze" negativ auffallen und den Lesegenuss beeinträchtigen. Um ein Beispiel zu nennen: Auf Seite 100 ist davon die Rede, dass die obdachlose Person "die am längsten in die Hose gepisst hat und noch immer von der Sozialhilfe lebt" über allen anderen steht. Das finde ich eine ziemlich respektlose Aussage.

Insgesamt bietet "Verraten" jedoch eine gelungene Mischung aus Spannung, Charakterentwicklung und überraschenden Wendungen. Trotz kleiner Schwächen ist es ein würdiger Beitrag zur Reihe, der Fans der Serie sicherlich begeistern wird. Mit einem fulminanten Ende und einem Einblick in die Vergangenheit des Sonderdezernats Q bleibt nur zu sagen: "Time to say goodbye" – zumindest vorerst. Ich vergebe 4/5 Sternen.

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Veröffentlicht am 25.03.2024

Amanda Sthers entführt uns in "Caffè sospeso" in die Welt des Café Nube und präsentiert sieben Kurzgeschichten rund um seine Besucher:innen.

Caffè sospeso
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"Wenn man die Augen schließt, hört man die Wäsche, die im Wind tanzt wie Fahnen, die flirrenden Masten der Schiffe, die Stimmen, die in der Ferne lachen oder schreien, das Tyrrhenische Meer, das kommt ...

"Wenn man die Augen schließt, hört man die Wäsche, die im Wind tanzt wie Fahnen, die flirrenden Masten der Schiffe, die Stimmen, die in der Ferne lachen oder schreien, das Tyrrhenische Meer, das kommt und geht, ein paar wendige Vespas, und dieser bunt gemischte Chor besagt, dass ein Weg bereitet ist für alle, die den Fuß auf neapolitanischen Boden setzen. In Neapel gilt ein Gebot, das sich im Laufe der Zeit herausgebildet hat: Die Geschichte verläuft hier in Schleifen, denen man sich fügen muss, es gibt ein ausgeprägtes Gespür für das Schicksal. Man entkommt dem nicht, was die Stadt ins Buch unseres Lebens eingeschrieben hat, man muss da- mit verschmelzen, wie man sich, auch wenn man Angst hat, in den Armen des geliebten Menschen fallen lässt." - Buchzitat (S. 1)

Ein Besuch im Café Nube in Neapel birgt mehr als nur eine Tasse Kaffee – es ist eine Einladung, dem Leben anderer zuzuhören und sich von ihren Geschichten berühren zu lassen. In "Caffè sospeso" erzählt Amanda Sthers in sieben Kurzgeschichten von Begegnungen, Verlusten und der Menschlichkeit, die sich zwischen den dampfenden Tassen entfaltet.

Der Protagonist des Romans, in diesem Fall der französische Autor Jacques Madelin, führt uns durch das Gewirr der neapolitanischen Straßen und Herzen, während er die Geschichten der Menschen um ihn herum enthüllt, die, wie er, das Café Nube besuchen. Diese Geschichten, die zwischen 1982 und 2022 angesiedelt sind, bieten einen facettenreichen Einblick in die menschliche Natur und ihre Verbindungen. Wir folgen aber nicht nur den Erzählungen der Figuren, sondern auch der persönlichen Reise des Protagonisten Jacques Madelin, dessen eigene Geschichte uns ebenso enthüllt wird. Manche Figuren tauchen in mehreren Geschichten auf wie alte Bekannte, manche kommen nur in einer Geschichte vor.

Besonders fasziniert und angetan war ich von der poetischen Beschreibungen Neapels, die mir das Gefühl gab, so richtig in das "dolce vita" Neapels einzutauchen und dem Buch eine besondere Lebendigkeit gegeben haben. Leider dominiert meiner Meinung nach das Thema (heterosexuelle) Liebe in fast allen Erzählungen, was sehr schade ist, da ich mir hier wirklich vielfältigere Themen und Lebensentwürfe gewünscht hätte. Zwar werden wichtige gesellschaftsrelevante Themen wie Rassismus, Heteronormativität, Homosexualität, Transsexualität, Patriarchat, Emanzipation, Schönheitsideale, Identität, Feminismus subtil angeschnitten, doch bleibt das Potenzial, diese weiter auszuarbeiten, ungenutzt.

Ein weiterer Kritikpunkt liegt in der teilweise vulgären Sprache und dem problematischen Frauenbild, das in einigen Geschichten präsentiert wird. Frauen werden oft durch den "male gaze" beschrieben und stereotypisiert, was dem sonst vielschichtigen Erzählstil einen bitteren Beigeschmack verleiht. Trotz dieser Mängel bietet "Caffè sospeso" faszinierende Einblicke in die neapolitanische Kultur, sei es durch die Darstellung der Mafia, religiöse Bezüge oder die mythologischen Elemente, die eine wichtige Rolle spielen. Teilweise hatte ich auch Mühe, die Personen auseinanderzuhalten. Manche Aussagen fand ich auch grotesk oder gar widerlich:

"Wie das Schicksal so spielt, sollte sich Rechtsanwalt Pericone eines Tages unsterblich in eine gewisse Flavia verlieben, die ihm zwar keine Kinder würde schenken können, ihm aber einen blasen konnte, wie nur ein Mann es vermag..." - Buchzitat (S. 26)
"Dieses Kind ist noch immer sehr präsent im Körper der erwachsenen Frau, die nicht besonders groß geworden ist und deren Brüste noch nicht einmal eine Männerhand ausfüllen würden." - Buchzitat (S. 65/66)
"Ich weiß nicht, ob ich alte Paare wirklich so reizend finde, diese Ansammlung von welker Haut und Bauchgeräuschen, an die sie sich gewöhnt haben, wie in einem Familiengrab, in dem lauter Körper zu verwesen beginnen." - Buchzitat (S. 112)
"Der Architekt nannte sie »Zigarren-Anzünder<<< und Francesco »die Hauptspeise, sie war ein bisschen zu rund für seinen Geschmack, was er wirklich liebte, waren die kleinen Desserts<<. Die Männer sind immer hart zu denen, die besonders weich sind." - Buchzitat (S. 155)

Meine persönliche Lieblingsgeschichte ist die von Doktor Chen. Ich durfte neues über die Mafia lernen und man erfährt auch viel über die Beziehung zur Religion, Heiligenfiguren und Schutzpatronen, Mythen, Sagen und Gottheiten die eine wichtige Bedeutung für viele Menschen in Neapel zu haben scheinen. Und hier noch einige meiner Lieblingszitate aus dem Buch:

"Worte werden nur lebendig, wenn sie von Schweigen unterbrochen sind; auch in unserem Körper gibt es Leerstellen, unsichtbar schreibt sich das Schicksal in uns ein, das wir mit uns herumtragen wie die Narben alter Wunden." - Buchzitat (S. 92)
"Wir sind nichts als eine Hand, die man jemandem reicht oder die man ergreift. Wenn die Erde bebt und das Leben vergeht, vergrößert all unser Krimskrams die Trümmerhaufen nur noch." - Buchzitat (S. 140)
"Italien ist ein Land, in dem man auch nachts immer eine Möglichkeit findet, um Blumen zu kaufen. Das sagt alles. Über den Umgang mit Unglück, mit Freude, mit Symbolen und mit Leidenschaft." - Buchzitat (S. 173)

Insgesamt bietet das Buch eine ansprechende Mischung aus Tradition, Moderne und menschlichen Begegnungen, die zum Nachdenken anregen. Während einige Geschichten mehr Tiefe verdient hätten und ich die Darstellung der weiblichen Figuren teilweise problematisch fand, hat mich "Caffè sospeso" durch seine atmosphärische Dichte und die kurzweiligen Geschichten trotzdem weitestgehend unterhalten. Daher vergebe ich 3 von 5 Sternen.

"Jetzt, da ich alt werde, habe ich den Eindruck, dass ein caffè sospeso manchmal wertvoller ist als ein Kunstwerk. Für den, der gibt, steckt ebenso wie für den, der empfängt, ein Stück Leben in dieser Tasse, die der eine sich in seiner Fantasie vorstellt und der andere aus unbekannten Händen entgegennimmt. Was hier verschenkt wird, ist nicht ein Kaffee, sondern die Welt darum herum, das Spektakel, das man mit anderen teilt, die Blicke, die sich kreuzen, Menschen, die liebenswert sind. - Buchzitat." (S. 14)

Das Buch war ein Rezensionsexemplar. Dies hat die Bewertung nicht beeinflusst.

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Veröffentlicht am 24.03.2024

Die Macht der Geschichtenerzähler:innen oder "Wer schreibt Geschichte(n)?: Ein Blick auf 'Yellowface' von Rebecca F. Kuang

Yellowface
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"Der Literaturbetrieb sucht sich einen Gewinner oder eine Gewinnerin aus attraktiv genug, cool und jung und, mal ehrlich, wir denken es doch alle, also sprechen wir es doch aus, divers genug und überschüttet ...

"Der Literaturbetrieb sucht sich einen Gewinner oder eine Gewinnerin aus attraktiv genug, cool und jung und, mal ehrlich, wir denken es doch alle, also sprechen wir es doch aus, divers genug und überschüttet diese Person mit Geld und Unterstützung. Es ist so verdammt willkürlich. Oder vielleicht nicht willkürlich, aber es hängt von Faktoren ab, die nichts mit der Qualität des eigenen Schreibens zu tun haben. Athena - eine wunderschöne, internationale, potenziell queere Woman of Color mit Yale-Abschluss wurde von der höheren Macht auserwählt. Ich hingegen bin nur June Hayward aus Philly, braune Augen, braune Haare und ganz egal wie hart ich arbeite oder wie gut ich schreibe, ich werde niemals Athena Liu sein." (Buchzitat - S.12/13)

Rebecca F. Kuangs "Yellowface" hat bereits vor seiner Veröffentlichung viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Als Bestsellerautorin ("Babel" - 2023) bringt Kuang ihr umfangreiches Wissen und ihre Perspektive als Philologin (Chinastudien) und Schriftstellerin in dieses Werk ein.

"Yellowface" erzählt die Geschichte zweier Autorinnen, June Hayward und Athena Liu, deren Wege auf unerwartete Weise miteinander verflochten sind. Als Athena tragisch stirbt, entscheidet sich June, ihr Manuskript zu übernehmen und es unter ihrem eigenen neuen Künstlerinnennamen "Juniper Song" zu veröffentlichen. Doch damit beginnen die Komplikationen, denn June muss ihr Geheimnis hüten und sich mit den ethischen Fragen des Urheberrechts und der kulturellen Aneignung auseinandersetzen.

Auf das Buch bin ich über die nicht zu übersehenden 1000 von Postings/Stories auf Instagram gestoßen - egal welchem Buchblog man da folgt, am Hype um "Yellowface" kommt da aktuell keine:r vorbei. Aufgrund des vielversprechenden Klappentextes hab ich mich daher auch dazu entschieden, das Buch zu lesen. Allerdings gestaltete sich der Einstieg etwas mühsam, da die erste Hälfte des Buches für meinen Geschmack zu langatmig war und ich Schwierigkeiten hatte in die Geschichte reinzukommen. Mit der Zeit gings aber und ich war gefesselt von der Atmosphäre, die sich teilweise wie ein Psychothriller anfühlte, indem die Grenzen zwischen Realität und Einbildung verwischt wurden und nicht klar war ob sich die Protagonistin alles nur einbildet, oder es der Wahrheit entspricht. Auch wird durchgehend Wert auf genderneutrale Sprache gelegt, was ich sehr wichtig finde.

Das Buch behandelt eine Vielzahl wichtiger Themen allen voran natürlich Rassismus und im speziellen Yellowfacing. Aber auch kulturelle Aneignung, Cancel Culture, Fake News/Hate Speech, Sexismus und sexualisierte Gewalt sind Themen. Besonders beeindruckend fand ich die eingehende Betrachtung des Drucks, dem Autor:innen ausgesetzt sind, und die Einblicke in das harte Verlagswesen, die das Buch bietet und von dem man als Leser:in meiner Meinung nach sehr wenig mitbekommt. Teilweise habe ich mir gedacht, was für ein Zufall es ist, dass das Buch auf aktuelle Themen Bezug nimmt, die nicht geplant gewesen sein können weil das Buch ja noch nicht so lange am Markt ist. Bspw. ist mir der Link zum Genozid in Gaza und die Rassismusdebatte inkl. (Nicht-)Reaktion des Piper Verlags rund um Monika Gruber/Roma Maria Mukherjee ins Auge gestochen:

"Wir sollten die Behauptungen nicht mit einer Antwort würdigen. Unser Team hat in der Vergangenheit festgestellt, dass man Trolle bloß ermutigt, wenn man sich auf sie einlässt. Es tut mir leid, dass June das erleben muss, doch wir glauben, Schweigen ist hier der beste Weg." (Buchzitat - S.177)
"Es war so verdammt klar, dass Hayward auf Geschichten über weiße Retterinnen steht. Wollen wir wetten, dass sie auch die Israel Defence Forces liebt?" (Buchzitat - S.184)

Besonders gut gefallen hat mir an dem Roman auch, dass gut herausgearbeitet wurde, aus welcher Perspektive wir Geschichten erzählen , publizieren etc. und welche Perspektiven nicht berücksichtigt werden, da es einen Unterschied macht, ob ich als weiße Cis-Frau ohne Behinderung über bspw. Sexismus schreibe oder bspw. eine queere PoC. Wir werden sehr wahrscheinlich nicht dieselben Erfahrungen gemacht haben und haben trotzdem ein recht darüber zu schreiben, aber eben nur wenn klar ist aus welchem Blickwinkel und man nicht über andere schreibt/diese nicht zu Wort kommen lässt.

"Wer will schon ins Kino gehen und sich Leute ansehen, die zwei Stunden lang chinesisch sprechen? Würde man sich dann nicht gleich einen chinesischen Film aussuchen? Wir sprechen hier von einem Blockbuster, der für ein amerikanisches Publikum gedreht wird. Zugänglichkeit ist wichtig. (Buchzitat - S.157)"

Zum Nachdenken gebracht hat mich auch diese Passage:

"Die Art und Weise, wie wir in Klassenräumen über Geschichte sprechen, ist so antiseptisch. Dadurch kommen einem die Probleme so weit entfernt vor, als könnten uns diese Dinge niemals passieren, als würden wir niemals dieselben Entscheidungen treffen, wie die Menschen in den Geschichtsbüchern. Ich will diese grausamen Geschichten in den Vordergrund rücken. Ich will, dass die Leser:innen verstehen, wie eng diese Erlebnisse noch mit unserer Gegenwart verbunden sind." (Buchzitat - S.134)

Denn das sehe ich als großes Problem in der Welt. Erstens werden vergangene Gräueltaten schnell vergessen und nicht daraus gelernt. Zweitens die Anmaßung, dass man selbst ja niemals sowas grauenhaftes wie bspw. den Holocaust unterstützt hätte. Ja es gibt bestimmt Menschen, die das nicht gemacht haben, aber die waren nicht unbedingt in der Überzahl. Menschen überschätzen ihre Rolle und Formbarkeit im System.

Was mich etwas gestört hat ist der Begriff "Selbstmord". Ich persönlich lehne den Begriff Selbstmord ab, da er Betroffene kriminalisiert. Personen, die Suizid begehen, werden dadurch auf eine Stufe mit Mörder:innen gestellt und das macht den Anschein, als würden sie einen juristischen Straftatbestand erfüllen. Die Gründe für Mord werden aber durch einen Suizid nicht erfüllt und so werden Menschen die einen Suizid überleben ja nicht vors Gericht gestellt. Daher empfiehlt es sich von Suizid oder Selbsttötung zu sprechen anstelle von Selbstmord. Die mythologischen Geister-Geschichten (S.314f.) haben mich ziemlich verstört muss ich zugeben und mir erschließt sich da nicht ganz der Sinn, warum diese so dargestellt wurden.

Trotz einiger Kritikpunkte, wie der für mich langatmige erste Teil, die verstörende mythologischen Geister-Geschichten und die Nutzung des Begriffs Selbstmord, empfand ich "Yellowface" als eine lohnenswerte und wichtige Lektüre. Die fundierte Auseinandersetzung mit der Perspektive beim Geschichtenerzählen, das Thema Rassismus an sich und im Speziellen im Verlagswesen tragen dazu bei, dass ich dem Buch insgesamt vier von fünf Sternen vergebe.

"Die Wahrheit ist fließend. Man kann die Geschichte immer in eine andere Richtung drehen, immer Sand in das narrative Getriebe streuen. Das habe ich aus der ganzen Sache gelernt, wenn auch sonst nicht viel." (Buchzitat - S. 378)

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Veröffentlicht am 20.03.2024

Kampf um Wurzeln: Ein Memoir über Identität und Rassismus

Die Sonne stand tief, als ich meinen Vater fand
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"Mit verdrängten Erinnerungen zu leben heißt nicht, zu sein wie eine wurzellose Pflanze, es heißt, zu sein wie ein Pflanze, deren Wurzeln mit nichts in Berührung kommen." - Buchzitat (S. 59)

Shane McCraes ...

"Mit verdrängten Erinnerungen zu leben heißt nicht, zu sein wie eine wurzellose Pflanze, es heißt, zu sein wie ein Pflanze, deren Wurzeln mit nichts in Berührung kommen." - Buchzitat (S. 59)

Shane McCraes "Die Sonne stand tief, als ich meinen Vater fand" ist eine autobiografische Erzählung über Identität, Herkunft und Rassismus. McCrae, bekannt für seine preisgekrönten Gedichtbände, wirft einen persönlichen Blick auf seine Kindheit, geprägt vom Schwarzsein, das ihm von seiner Familie vorenthalten wurde.

Leider konnte mich das Buch nicht überzeugen. Der Schreibstil des Autors war für mich schwer zugänglich, geprägt von sehr langen Sätzen und einer Sprache, die mich oft ins Stocken brachte. Um ein Beispiel zu nennen:

"Wir verließen das Piggly Wiggly mit etwas Rotem. Mein Großvater verließ das Piggly Wiggly mit etwas Rotem. Oder die Verpackung hatte größtenteils eine andere Farbe, aber die Ware in der Verpackung war rot und mit einem attraktiv inszenierten Foto bedruckt, das größtenteils rot war. Mein Großvater verließ das Piggly Wiggly mit etwas Rotem,..." - Buchzitat (S. 56)

Und das ist ein (!) Satz:

"Derek und ich waren die einzigen Kinder in unserem Alter in unserer langen Straße, insofern die einzigen Kinder in unserer Straße, die die East Avenue Middle School besuchten, wobei am anderen Ende der Straße, unsichtbar von unseren Häusern aus – unser Haus stand zwei oder drei Häuser hinter der Ecke, wo die Straße anfing, an der Ecke, die ich für den Anfang der Straße hielt, wobei die Straße natürlich irgendwo zu Ende war, und vielleicht dachten sich die Leute, die am Ende der Straße wohnten, das Ende als den Anfang und dachten sich mich, wobei sie bestimmt nicht an mich persönlich dachten, vielleicht dachten sie sich die Leute, die da wohnten, wo ich wohnte, als die Bewohner am Ende der Straße, immerhin wohnte ich im jüngst entwickelten Teil unserer Straße, und unter so vielen Umständen liegt das Neueste immer nah am Ende – am unsichtbaren hinteren Ende der Straße wohnte unser Lehrer für Werkunterricht, Mr Dennis, wobei die Straße so lang war, dass mir erst in der achten Klasse an Halloween klar wurde, dass er da wohnte." - Buchzitat (S. 84/85)

Es wirkte, als wäre das Buch unmittelbar aus McCraes Gedanken auf das Papier gebracht worden, mit wiederholten Passagen und Gedankensprüngen, die das Lesen erschwerten:

"Mein Großvater und ich hielten an der Kreuzung. Mein Großvater hielt an der Kreuzung, kontrollierte, musste kontrolliert haben, ob die Straße frei war,…." - Buchzitat (S. 53)

Obwohl das Buch einige eindrucksvolle Zitate und Aussagen enthält, die durchaus auch zum Nachdenken bringen, war ich enttäuscht dass das Gendern nicht berücksichtigt wurde. Denn auch Sprache ist Macht. Das zentrale Thema, das Thema der Identität wurde gut herausgearbeitet:

"Doch auch das Gehirn scheint einen Geschmack dafür zu entwickeln, Erinnerungen zu verschlucken, und in die, die sie nicht als Ganzes verschluckt, beißt sie Löcher hinein – die Korrektur einer Erinnerung mittels fotografischer Beweise zum Beispiel habe ich erfahren, und mehr als einmal habe ich es nicht als Augenblick der Genugtuung empfunden, sondern als Augenblick plötzlichen Hungers." - Buchzitat (S. 121)

"Ich ersetzte die Erinnerung an einen schwarzen Mann durch eine Erinnerung an weiße Männer, um mir selbst eine Geschichte zu erzählen, um mich selbst zu erkennen, löschte ich meinen Vater aus. Wer bist du, wenn du dir nicht sicher sein kannst, wann und für wie lange du irgendwo gewohnt hast? Wer bist du, wenn du jedes Mal, wenn du dich an dein Leben erinnerst, dein Leben auslöschst?" - Buchzitat (S. 109)

Auch ist mir aufgefallen, dass auf Seite 140 der Begriff "Anti-Selbstmord-Kampagne" genutzt wurde. Ich persönlich lehne den Begriff Selbstmord ab, da er Betroffene kriminalisiert. Personen, die Suizid begehen, werden dadurch auf eine Stufe mit Mörder:innen gestellt und das macht den Anschein, als würden sie einen juristischen Straftatbestand erfüllen. Die Gründe für Mord werden aber durch einen Suizid nicht erfüllt und so werden Menschen die einen Suizid überleben ja nicht vors Gericht gestellt. Daher empfiehlt es sich von Suizid oder Selbsttötung zu sprechen anstelle von Selbstmord.

Alles in allem hatte ich mir von diesem Buch mehr erwartet und musste mich dazu zwingen, es überhaupt fertig zu lesen. Aufgrund der genannten Gründe kann ich "Die Sonne stand tief, als ich meinen Vater fand" nur 2 von 5 Sternen geben.

Das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Dies hatte jedoch keinen Einfluss auf die Rezension/meine Meinung.

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Veröffentlicht am 20.03.2024

„Flug 1421“: Ein packendes Hörerlebnis voller Spannung und Emotionen

Absturz
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In T. J. Newmans packendem Thriller „Absturz“ erleben wir einen wahrhaftigen Höhenflug der Spannung. Die ehemalige Flugbegleiterin und Bestsellerautorin entführt uns in die beklemmende Atmosphäre eines ...

In T. J. Newmans packendem Thriller „Absturz“ erleben wir einen wahrhaftigen Höhenflug der Spannung. Die ehemalige Flugbegleiterin und Bestsellerautorin entführt uns in die beklemmende Atmosphäre eines Flugzeugabsturzes und schildert die dramatischen Geschehnisse aus nächster Nähe.

Als Flug 1421 nur wenige Minuten nach dem Start abstürzt und im Meer versinkt, sind die Überlebenden dem Schicksal ausgeliefert. Der Wettlauf gegen die Zeit beginnt, als Rettungskräfte alles daransetzen, die eingeschlossenen Passagiere zu retten. Doch die Chancen schwinden mit jeder verstrichenen Minute, und die Enge des Flugzeugs macht die Situation zunehmend aussichtslos.

„Absturz“ ist ein Meisterwerk der Spannung, das mich von Anfang bis Ende in seinen Bann gezogen hat. Die lebendige, emotionale und einfühlsame Erzählweise macht es leicht, sich in die Charaktere hineinzuversetzen und ihre Angst, Hoffnung und Verzweiflung hautnah zu spüren. Die beiden Sprecher:innen, Michaela Gaertner und Uve Teschner (den ich schon von der Hunter und Garcia-Reihe von Chris Carter kannte), verleihen den Figuren mit ihren Stimmen eine besondere Tiefe und Authentizität, die das Hörerlebnis noch intensiver macht.

Trotz der detaillierten Beschreibung im Klappentext (hätte für mich vager sein dürfen bspw. das Sinken des Flugzeugs nicht verraten) gelingt es der Autorin, die Spannung konstant hochzuhalten und mit unerwarteten Wendungen zu überraschen. Auch wenn manche Handlungselemente vorhersehbar erscheinen mögen, sorgt das geschickt konstruierte Ende für eine unerwartete Wendung, die den Thriller zu einem unvergesslichen Erlebnis macht.

„Absturz“ ist nicht nur ein packender Thriller, sondern auch eine tiefgründige Reflexion über Leben, Tod und den unerschütterlichen Willen zum Überleben. T. J. Newman beweist mit diesem Werk ihr außergewöhnliches schriftstellerisches Talent und hinterlässt bei mir einen bleibenden Eindruck - ich werde mir ihr erstes Buch, das ich (noch) nicht kenne, garantiert auch anhören/lesen. Klare 5 von 5 Sternen für dieses mitreißende Hörbuch!

Bei dem Hörbuch handelte es sich um ein Rezensionsexemplar. Das hat meine Meinung dazu allerdings nicht beeinflusst.

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