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Veröffentlicht am 20.12.2024

Eine spannende Lektüre, die Denkanstöße gibt – auch wenn nicht alles alltagstauglich ist.

Moralische Ambition
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"Moralische Ambition ist der Wille, die Welt drastisch zu verbessern. Die eigene Karriere den großen Problemen unserer Zeit zu widmen, seien es der Klimawandel oder Kindersterblichkeit, Steuerhinterziehung ...

"Moralische Ambition ist der Wille, die Welt drastisch zu verbessern. Die eigene Karriere den großen Problemen unserer Zeit zu widmen, seien es der Klimawandel oder Kindersterblichkeit, Steuerhinterziehung oder die nächste Pandemie. Es ist das Bedürfnis, etwas zu bewirken und etwas zu hinterlassen, das wirklich zählt."
(Buchzitat - Seite 19)
Mit seinem neusten Werk Moralische Ambition widmet sich Rutger Bregman den großen Herausforderungen unserer Zeit und zeigt auf, wie Menschen durch moralisches Handeln die Welt nachhaltig verändern können. Bregman, geboren 1988, zählt zu den innovativsten Denker:innen Europas und ist bekannt für seine Werke Utopien für Realisten und Im Grunde gut, die weltweit gefeiert wurden. Er lebt mit seiner Familie in New York und inspiriert mit seinen Büchern Menschen, aktiv zu werden und über den eigenen Horizont hinauszudenken.

Worum geht’s genau?

Das Buch erzählt die Geschichten von Pionier:innen und Visionär:innen, die durch ihre moralische Ambition den Lauf der Geschichte verändert haben: von Abolitionist_innen, Suffragetten, Widerstandskämpfer:innn bis hin zu Bürgerrechtler:innen. Bregman beleuchtet, wie diese Menschen nicht nur von Idealen träumten, sondern sie in die Tat umsetzten – oft gegen alle Widerstände. Dabei liefert er nicht nur historische Beispiele, sondern auch einen Leitfaden, wie jede:r Einzelne angesichts globaler Krisen einen Unterschied machen kann. Es ist ein leidenschaftlicher Appell, das eigene Talent und die eigene Energie für etwas einzusetzen, das wirklich zählt.

Meine Meinung

Rutger Bregman zählt bereits seit längerem zu meinen Lieblingsautoren. Seine bereits erschienenen Bücher "Utopien für Realisten" und "Im Grunde gut" haben mich vollumfänglich begeistert, weshalb ich große Erwartungen an "Moralische Ambition" hatte. Das Buch, das ich als Rezensionsexemplar gelesen habe, hat mich insgesamt überzeugt, auch wenn es nicht ganz an die Genialität seiner Vorgänger heranreicht.

Wie immer beeindruckt Bregman durch seine akribische Recherche. Die Fülle an Daten, Fakten und Zahlen, die er verständlich und anschaulich aufbereitet, macht das Buch zu einer bereichernden Lektüre. Besonders gelungen sind die vielen Beispiele von moralisch ambitionierten Menschen aus der Geschichte. Diese Geschichten sind inspirierend und verdeutlichen, wie wichtig und wirkungsvoll Engagement sein kann. Gleichzeitig hätte ich mir mehr alltagstaugliche Beispiele gewünscht, die zeigen, wie jede:r im Kleinen anfangen kann. Einige der Anekdoten wirkten auf mich etwas weit hergeholt und nicht immer direkt übertragbar.

Positiv hervorzuheben ist, dass Bregman ausführlich auf das Thema Veganismus und Tierleid eingeht – ein Aspekt, der offensichtlich auch ihm persönlich am Herzen liegt und den ich sehr wichtig finde. Leider verzichtet das Buch auf gendergerechte Sprache, was ich gerade in einem Werk, das sich mit Fortschritt und Veränderung befasst, bedauerlich finde. Studien zeigen, dass Sprache unser Denken beeinflusst, und "mitgemeint" bedeutet eben nicht "mitgedacht".

Der Schreibstil ist typisch Bregman: klar, zugänglich und angenehm zu lesen. Es gelingt ihm, historische und ethische Themen lebendig darzustellen, ohne trocken zu wirken. Allerdings fand ich die Vielzahl der erwähnten Personen und Beispiele fast überwältigend – an manchen Stellen hätte weniger mehr sein können.

Trotzdem vermittelt das Buch eine wichtige Botschaft, die zum Nachdenken und Handeln anregt. Persönlich konnte mich "Moralische Ambition" nicht ganz so fesseln wie seine früheren Werke, was möglicherweise daran liegt, dass ich weniger Anknüpfungspunkte zum Thema habe. Dennoch halte ich das Buch für eine sehr solide Lektüre, die viele spannende Denkanstöße bietet.

Fazit

"Moralische Ambition" ist ein inspirierendes Buch, das aufzeigt, wie Menschen durch Überzeugung und Einsatz Großes bewirken können. Trotz kleiner Schwächen, wie kein klarer roter Faden und der Fülle an Beispielen, bleibt es ein lesenswertes Werk, das Bregmans Talent, komplexe Themen zugänglich zu machen, eindrucksvoll unter Beweis stellt. 4 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 20.12.2024

Ein humorvoller & gleichzeitig ernster Familienroman

Only Margo
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Mit Only Margo hat Rufi Thorpe einen Roman geschrieben, der humorvoll, ernsthaft und zugleich herzerwärmend die Geschichte einer jungen Frau erzählt, die sich den Herausforderungen des Lebens als alleinerziehende ...

Mit Only Margo hat Rufi Thorpe einen Roman geschrieben, der humorvoll, ernsthaft und zugleich herzerwärmend die Geschichte einer jungen Frau erzählt, die sich den Herausforderungen des Lebens als alleinerziehende Mutter stellt. Die Autorin, die 2009 ihren MFA von der University of Virginia erhielt, ist bekannt für ihre vielschichtigen Charaktere und gesellschaftskritischen Themen. Ihre Werke, darunter The Knockout Queen, wurden mehrfach ausgezeichnet und zeigen ihre Fähigkeit, menschliche Abgründe und Hoffnungen mit scharfsinnigem Stil zu beleuchten.

Worum geht’s genau?

Margo steht vor einer existenziellen Krise: Als 19-jährige, alleinerziehende Mutter, die von ihrem Professor geschwängert und verlassen wurde, kämpft sie darum, finanziell über die Runden zu kommen. Auf der Suche nach einem Weg, ihr Leben und das ihres Kindes zu sichern, entdeckt sie die Plattform OnlyFans. Anfänglich skeptisch, wagt sie den Schritt in diese Welt der digitalen Selbstvermarktung. Unterstützt von ihrer Cosplay-begeisterten Mitbewohnerin Suzie und ihrem Vater Jinx, einem ehemaligen Wrestling-Profi, erlebt Margo eine Achterbahnfahrt zwischen Ruhm und Realität. Doch der Erfolg hat auch Schattenseiten, und Margo muss herausfinden, ob die Lösung ihrer Probleme wirklich online liegt.

Meine Meinung

Das Buch hab ich mir als Rezensionsexemplar geholt, mich hat zuerst das wunderschöne Cover begeistert – ein echter Hingucker, der perfekt zum Thema passt. Inhaltlich stimmte die Geschichte weitgehend mit dem Klappentext überein, auch wenn ich die Handlung anfangs etwas anders erwartet hatte. Das Buch greift eine beeindruckende Bandbreite an Themen auf: von Machtmissbrauch über (frühe ungeplante) Mutterschaft, Sucht und Familie bis hin zu Klassismus, toxischer Männlichkeit und Liebe. Besonders beeindruckt hat mich, wie die Autorin diese unterschiedlichen Aspekte miteinander verknüpft, ohne den roten Faden zu verlieren.

Zugegeben, ich habe einige Zeit gebraucht, um in die Geschichte hineinzufinden, aber nach den ersten Kapiteln hat mich die Handlung gepackt. Der Schreibstil von Rufi Thorpe ist eine gelungene Mischung aus einfühlsamen Metaphern und einer Klarheit, die direkt unter die Haut geht. Besonders gefallen hat mir, dass auf gendergerechte Sprache geachtet wurde.

Die Hauptfigur Margo macht im Laufe der Geschichte eine erstaunliche Entwicklung durch, und es war faszinierend, sie auf dieser Reise zu begleiten. Der Wechsel zwischen erster und dritter Person (Perzeptive aus der geschrieben wird) hat mich an manchen Stellen irritiert, störte den Lesefluss aber nicht gravierend. Gleichzeitig war der Plot erfrischend anders – es ist spannend, wie Themen wie Sexarbeit und Internetphänomene auf eine respektvolle und vielschichtige Weise behandelt werden.

Einige Schwierigkeiten hatte ich mit dem verwendeten Vokabular, insbesondere beim Wrestling und bei der Jugendsprache. Obwohl ich selbst erst 31 bin, fühlte ich mich teilweise etwas „abgehängt“. Trotzdem bleibt der Roman durch seine originellen Figuren lebendig – besonders Suzie, Margos loyale Mitbewohnerin, ist für mich ein Highlight. Ihre Unterstützung und ihr Humor machen sie zu einer Figur, die jede:r Leser:in lieben wird.

Fazit

"Only Margo" überzeugt durch einen originellen Plot, einen einfühlsamen Schreibstil und vielschichtige Charaktere, auch wenn der Einstieg etwas holprig war und das Vokabular teilweise anspruchsvoll ist. Für Leser:innen, die Lust auf einen Roman haben, der gesellschaftlich relevante Themen aufgreift und dabei eine ungewöhnliche Heldin in den Mittelpunkt stellt, ist dieses Buch definitiv lesenswert. 3,5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 20.12.2024

Hörbuch mit Atmosphäre, jedoch wenig Überraschung

Angsttraum
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Mit Angsttraum liefert Carolin Hagebölling einen psychologisch spannenden Krimi, der die Grenzen zwischen Traum und Realität verschwimmen lässt. Die 1980 in Bochum geborene Autorin hat nach einem Studium ...

Mit Angsttraum liefert Carolin Hagebölling einen psychologisch spannenden Krimi, der die Grenzen zwischen Traum und Realität verschwimmen lässt. Die 1980 in Bochum geborene Autorin hat nach einem Studium der Kulturwissenschaften und einer Karriere als Werbetexterin ihre Leidenschaft für das Schreiben entdeckt. Ihr Debütroman Der Brief markierte den Beginn einer literarischen Laufbahn, die sich durch überraschende Wendungen und psychologische Tiefe auszeichnet.

Worum geht's genau?

Marla wird von düsteren Albträumen geplagt: Sie wird verfolgt, stürzt – und wacht plötzlich auf. Doch die Bedrohung fühlt sich beängstigend real an, und weder ihr Verlobter noch ihre Freund:innen können ihr helfen. Auf Anraten einer Psychotherapeutin unterzieht sie sich einer neuronalen Traumanalyse, bei der mittels künstlicher Intelligenz Traumsequenzen sichtbar gemacht werden. Die dabei erzeugten Bilder legen nahe, dass die Gefahr nicht bloß in Marlas Kopf existiert. Plötzlich steht sie vor der Frage, wer es wirklich auf sie abgesehen hat – und wem sie überhaupt noch vertrauen kann.

Meine Meinung

"Angsttraum" durfte ich als Rezensionsexemplar in Form eines Hörbuchs „lesen“. Ich war sehr neugierig auf die Autorin, da ich bisher noch nichts von ihr gelesen hab und sie nicht kannte. Die Sprecherin hat mit ihrer angenehmen Stimme zur Atmosphäre beigetragen, doch ich hätte mir mehr stimmliche Variationen gewünscht, um die Charaktere besser abzugrenzen.

Der Schreibstil von Carolin Hagebölling hat mir gut gefallen: nicht zu blumig und genau richtig für einen Krimi. Die Handlung entfaltet sich auf zwei Ebenen – der Jetzt-Zeit und Tagebucheinträgen – was der Erzählung eine zusätzliche Dimension gibt. Leider konnte mich die Geschichte nicht vollständig fesseln. Zwar war der Anfang spannend, aber der Plot entwickelte sich recht vorhersehbar. Schon früh hatte ich eine klare Vermutung, wer hinter den Geschehnissen steckte, und auch die Autor:innenenschaft der Tagebucheinträge war schnell zu durchschauen.

Ein weiterer Schwachpunkt waren einige unrealistische Dialoge und Handlungen, die mich aus der Geschichte herausgerissen haben. Besonders das Ende ließ viele Fragen unbeantwortet, was ich bei einem Krimi als unbefriedigend empfand. Dennoch war das Buch ein kurzweiliger Zeitvertreib, den ich gerne zwischendurch gehört habe – auch wenn es kein Buch ist, das ich erneut hören müsste.

Fazit

Angsttraum überzeugt durch einen klaren Schreibstil und eine interessante Erzählstruktur, bleibt aber inhaltlich hinter den Erwartungen zurück. Trotz guter Ansätze und einem spannenden Grundthema fehlte es an Überraschungsmomenten und einem runden Abschluss. Für Fans leichter Krimiunterhaltung durchaus empfehlenswert, aber nicht unbedingt ein Muss. 3 von 5 Sternen

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Veröffentlicht am 20.12.2024

Ein Krimi (mit einem abscheulichen Kernthema), der unter die Haut geht - nichts für "schwache Nerven"

Finsteres Herz
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Holger Karsten Schmidt, geboren 1965 in Hamburg, ist einer der renommiertesten Drehbuchautor:innen Deutschlands. Nach seinem Studium der Germanistik und Politikwissenschaft und einer Ausbildung an der ...

Holger Karsten Schmidt, geboren 1965 in Hamburg, ist einer der renommiertesten Drehbuchautor:innen Deutschlands. Nach seinem Studium der Germanistik und Politikwissenschaft und einer Ausbildung an der Filmakademie Baden-Württemberg widmete er sich mit Erfolg Film- und Buchprojekten. Mit „Finsteres Herz“ legt er den zweiten Band um das Ermittlerduo Lona Mendt und Frank Elling vor – ein fesselnder Kriminalroman, der tief in die Abgründe von Menschlichkeit und Gesellschaft eintaucht.

Worum geht’s genau?

Die Handlung dreht sich um einen düsteren Mordfall in Mecklenburg-Vorpommern, der das Leben vieler Beteiligter auf den Kopf stellt. Im Mittelpunkt steht die zwölfjährige Sarah, ein bulgarisches Waisenmädchen, das in ein Netz aus Menschenhandel, Verrat und tödlichen Geheimnissen gerät. Die Ermittler:innen Lona Mendt und Frank Elling versuchen, Licht in die Dunkelheit zu bringen, werden jedoch selbst Opfer eines Anschlags. Während sie im Koma liegen, übernehmen Maja Kaminski und Hagen Dudek die Ermittlungen, die immer gefährlicher und verworrener werden. Eine vielschichtige Geschichte , die sich in parallelen Erzählsträngen entfaltet und mich bis zum letzten Moment gefesselt hat.

Meine Meinung

„Finsteres Herz“ hat mich von der ersten Seite an gepackt. Der Einstieg ist rasant, und die Spannung zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Handlung. Besonders beeindruckend ist der flüssige und prägnante Schreibstil, der perfekt zur düsteren Atmosphäre des Krimis passt. Auch wenn die Vielzahl an Charakteren anfangs etwas herausfordernd war, zeigt sich schnell, wie gut Holger Karsten Schmidt diese Figuren zeichnet und ihnen Tiefe verleiht.

Die parallelen Erzählstränge zwischen Vergangenheit (Mendt und Elling) und Gegenwart (Dudek und Kaminski) sind hervorragend verwoben und sorgen dafür, dass die Geschichte durchgehend abwechslungsreich bleibt. Besonders die Themen Menschenhandel, soziale Ungerechtigkeit und die prekären Lebensumstände von Geflüchteten werden mit großer Ernsthaftigkeit und Relevanz behandelt. Dabei schafft es Schmidt, die Brisanz dieser Themen in die Handlung zu integrieren, ohne den belehrenden Tonfall einer Moralpredigt.

Charakterlich hat mich Lona Mendt sehr beeindruckt. Ihre Vielschichtigkeit und emotionale Bindung zu Sarah verleihen dem Buch eine zusätzliche Tiefe. Gleichzeitig werfen manche Handlungen der Figuren, wie der Machtmissbrauch einiger Ermittelnden, schwierige moralische Fragen auf, die zum Nachdenken anregen. Schade, dass sich der Autor gegen die gendergerechte Sprache (die nicht verpflichtend ist), entscheiden hat. Mir persönlich ist sie sehr wichtig, da sie gerade in einem so modernen und gesellschaftskritischen Roman wie diesem hier ein Zeichen setzen könnte und empirisch belegt ist, dass Sprache ein wichtiges Werkzeug ist, dass zur Sichtbarkeit und Wahrnehmung aller Geschlechter beitragen kann.

Ein weiteres Highlight des Krimis ist die realitätsnahe Darstellung der Figuren, die trotz ihrer Schwächen und Fehler glaubwürdig und menschlich wirken. Besonders die Wendungen rund um Hagen Dudek und die überraschenden Enthüllungen zum Ende hin haben mich in Atem gehalten. Die expliziten Beschreibungen der grausamen Machenschaften im Bereich des Menschenhandels waren schwer zu ertragen, haben jedoch die Tragweite des Themas eindrucksvoll vermittelt.

Fazit

„Finsteres Herz“ ist ein intelligenter, spannender und bewegender Krimi, der aktuelle gesellschaftliche Themen mutig aufgreift und mit einer dichten Atmosphäre kombiniert. Die durchdachte Handlung und die emotionalen Momente machen das Buch zu einem echten Pageturner. Für mich ist es eines der Krimi-Highlights des Jahres – das ich uneingeschränkt empfehlen kann. 5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 08.12.2024

Küstenflair und Krimi – gut, aber ausbaufähig

NordOstAngst (Flensburg-Krimi)
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Nele Bruun entführt in ihrem neuesten Krimi die Leser:innen in den hohen Norden, wo düstere Geheimnisse und alte Verbrechen aufgedeckt werden. Die Autorin, die ihre Liebe zur Küste schon früh entdeckte, ...

Nele Bruun entführt in ihrem neuesten Krimi die Leser:innen in den hohen Norden, wo düstere Geheimnisse und alte Verbrechen aufgedeckt werden. Die Autorin, die ihre Liebe zur Küste schon früh entdeckte, lebt mittlerweile als echtes Nordlicht in einem kleinen Haus am Deich. Mit ihrer psychologischen Expertise und einem Faible für atmosphärische Dichte schafft sie es, spannende Geschichten in Küstenregionen zu verankern.

Worum geht’s genau?

Während der Renovierung des Flensburger Stadttheaters wird das Skelett einer seit fast vier Jahrzehnten vermissten Dänin entdeckt. Die Kommissare Anne Anders und Hendryk Larsson übernehmen den mysteriösen Fall, der immer weitere Kreise zieht. Als zwei wichtige Zeugen kurz darauf ermordet werden, wird klar: Der Täter ist noch aktiv und bereit, alles zu tun, um die Wahrheit zu verbergen. Die Ermittlungen führen das Duo durch Flensburg und Kopenhagen, wo sie einer grausamen Wahrheit immer näher kommen.

Meine Meinung

"NordOstAngst" punktet mit einem leicht zugänglichen Schreibstil, der einen schnellen Einstieg in die Handlung ermöglicht. Besonders positiv fiel auf, dass zu Beginn nicht zu viele Charaktere eingeführt wurden, wodurch der Überblick gewahrt blieb. Gleichzeitig fehlte es an Beschreibungen der Hauptcharaktere – weder Anne noch Hendryk (die Hauptcharaktere) werden äußerlich beschrieben, was es schwer macht, ein klares Bild von ihnen zu entwickeln. Sollte ich das überlesen haben - bitte melden!

Die Nebenfiguren wie Opa Nissen oder Herma hingegen wurden sehr liebevoll gestaltet. Ihr nordischer Charme und Eigenheiten wie Dialekte oder Eigenarten ließen sie lebendig wirken, auch wenn der Dialekt von Opa Nissen gelegentlich schwer verständlich war.

Im Verlauf der Handlung greift der Krimi interessante Themen wie "dentaler Fingerabdruck" und "Arsen als Erbschaftspulver" auf, was den Lesenden spannende Einblicke in forensische Methoden bietet. Auch kulturelle Einblicke, etwa über Dänemark oder alte gesellschaftliche Strukturen, bereicherten die Geschichte.

Kritisch sehe ich jedoch die stereotype Liebesgeschichte zwischen den beiden Ermittler:innen, die sehr klischeehaft und vorhersehbar wirkte. Zwar hielt sie sich im Hintergrund, doch gerade in einem Krimi hätte ich darauf verzichten können, weil schon 100x gelesen. Auch einige Szenen – etwa die dramatische Konfrontation am Ende – wirkten überzogen und wenig realistisch.

Ein weiterer Punkt, der mir negativ auffiel, ist die fehlende gendersensible Sprache - mir persönlich ganz wichtig. In der heutigen Zeit erwarte ich von Büchern (vor allem wenn sie in der heutigen Zeit spielen), dass sie auch sprachlich möglichst inklusiv sind, da es grad auch in dem Bereich schon viele Forschungen gibt die belegen, dass mit gemeint nicht mitgedacht bedeutet.

Positiv hervorzuheben sind hingegen die emotionalen Momente, wie Hendryks sensible Reaktion auf den Umgang mit den trauernden Eltern oder seine Reflektion über eigene Unsicherheiten. Diese menschlichen Facetten verliehen dem Buch Tiefe.

Fazit

"NordOstAngst" ist ein unterhaltsamer Krimi mit einer soliden Handlung, der jedoch in einigen Aspekten hinter meinen Erwartungen zurückblieb. Die Mischung aus spannendem Setting, authentischen Nebenfiguren und lehrreichen Momenten macht ihn lesenswert, während klischeehafte Elemente und einige Unstimmigkeiten das Gesamtbild trüben. Ein netter Krimi für zwischendurch, der jedoch für mich im Vergleich zu anderen gelesenen Krimis kein Highlight des Genres darstellt. 3 von 5 Sternen.

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