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Veröffentlicht am 25.10.2024

Ein WG-Leben ohne Ecken und Kanten: Interessante Idee, aber unauthentische Umsetzung

Wohnverwandtschaften
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In "Wohnverwandtschaften" erzählt Isabel Bogdan von einer Wohngemeinschaft, die aus vier Menschen verschiedener Lebensphasen besteht und dabei die Grenzen zwischen Freundschaft und Familie auslotet. Die ...

In "Wohnverwandtschaften" erzählt Isabel Bogdan von einer Wohngemeinschaft, die aus vier Menschen verschiedener Lebensphasen besteht und dabei die Grenzen zwischen Freundschaft und Familie auslotet. Die Autorin, die unter anderem Werke von bekannten Autoren wie Jonathan Safran Foer und Nick Hornby ins Deutsche übersetzte, hat sich auch als Schriftstellerin einen Namen gemacht. Ihr Debütroman "Der Pfau" war ein großer Erfolg und zeigte ihren feinsinnigen Humor und präzisen Stil. Bogdan, die in Hamburg lebt und arbeitet, verknüpft in ihrem neuen Roman nun humorvolle und nachdenkliche Töne, um eine Geschichte über moderne Wahlfamilien zu erzählen.

Worum geht’s genau?
Nach der Trennung von ihrem langjährigen Partner Flo zieht Constanze als Übergangslösung in eine Wohngemeinschaft, die von Jörg, einem älteren Witwer, gegründet wurde. Neben ihm leben noch Murat, ein charmanter und lebenslustiger Mann in den Fünfzigern, und Anke, eine Schauspielerin, die unter den beruflichen und persönlichen Herausforderungen des Älterwerdens leidet, in der WG. Alle vier bringen ihre individuellen Geschichten, Hoffnungen und Unsicherheiten in die Wohngemeinschaft ein. Dabei stellt sich bald die Frage: Ist diese Zweck-WG mehr als eine bloße Wohnlösung? Könnte sie eine Art Ersatzfamilie sein, die ihnen Halt gibt?

Meine Meinung
Leider muss ich sagen, dass mich der Roman "Wohnverwandtschaften" enttäuscht hat. Die Vorstellung, dass Freundschaften eine bessere Familie sein könnten, ist zwar eine interessante Thematik, die sich allerdings im Buch nicht wirklich befriedigend widergespiegelt hat. Die vier Hauptfiguren haben zwar ihre eigenen Baustellen im Leben, scheinen jedoch keine Probleme mit ihren leiblichen Familien zu haben, wodurch das Thema der „besseren Familie“ hier nicht nachvollziehbar herausgearbeitet wird. Die einzelnen Charaktere sind dabei durchaus vielseitig: Jörg, der nach dem Tod seiner Frau (den er noch nicht überwunden hat) seine Lebenssituation verändert & die WG gegründet hat; Murat, der mit Mitte fünfzig eine jugendliche Freiheit zu leben scheint, die jedoch oberflächlich bleibt; Anke, die um ihre Schauspielkarriere bangt und mit den sozialen Erwartungen ans Alter kämpft; und schließlich Constanze, die nach der gescheiterten Beziehung & einem von ihr abgelehnten Heiratsantrag auf der Suche nach sich selbst ist. Für mich sind leider alle Figuren trotz dieser Hintergründe erstaunlich unnahbar geblieben. Die sehr harmonisch beschrieben WG-Leben hat auf mich künstlich inszeniert und unrealistisch gewirkt.

Insbesondere die "Rivalität" zwischen Constanze und Anke in Bezug auf Murat war für mich wenig authentisch und erschien aufgezwungen, ohne einen echten Spannungsbogen zu entwickeln. Auch zur Erzählweise mit den kurzen Kapiteln und langen inneren Monologen hab ich keinen Zugang gefunden - ebenso wie zu den Charakteren. Die Perspektive von Jörg fand ich dabei noch am gelungensten, während mich die Abschnitte der anderen Charaktere durch die langatmigen Gedankengänge oft eher ermüdeten. Die Dialoge, vor allem zwischen Jörg und Anke, waren dagegen ein Lichtblick: Sie waren humorvoll und haben mich gelegentlich schmunzeln lassen. Insgesamt jedoch hat mich der Roman nicht gepackt, obwohl die Themen die angeschnitten werden, wie bspw. Zusammenleben, Altern und Demenz, an sich spannend und wichtig sind - jedoch für meinen Geschmack zu oberflächlich behandelt wurden.

Fazit
"Wohnverwandtschaften" behandelt eigentlich interessante Themen, bleibt für mich jedoch zu inszeniert und distanziert. Trotz der gelungenen Dialoge und mancher humorvollen Momente fehlt dem Roman für mich persönlich die emotionale Tiefe, um das Kernthema Freundschaft als Wahlfamilie wirklich überzeugend darzustellen. Daher kann ich nur 2 von 5 Sternen vergeben.

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Veröffentlicht am 22.10.2024

Für Thriller-Fans definitiv lesenswert, auch wenn es für 5 Sterne nicht ganz gereicht hat.

Schreikind
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"Schreikind" von Marcus Hünnebeck erzählt die verstörende Geschichte eines Mörders, der es auf Familien mit sogenannten Schreikindern abgesehen hat. Der Thriller ist der 18. Band der Reihe um die Kommissare ...

"Schreikind" von Marcus Hünnebeck erzählt die verstörende Geschichte eines Mörders, der es auf Familien mit sogenannten Schreikindern abgesehen hat. Der Thriller ist der 18. Band der Reihe um die Kommissare Lukas Sommer und Robert Drosten, geschrieben von einem erfahrenen und erfolgreichen Autor, der seit Jahren die Leser:innen mit spannenden Geschichten fesselt. Hünnebeck, geboren 1971 in Bochum, hat sich durch seine E-Book-Publikationen einen Namen gemacht und gehört heute zu den erfolgreichsten Self-Publishing-Autoren Deutschlands. Viele seiner Werke erreichten die Top 10 der Amazon-Bestseller-Charts.

Worum geht’s?
Der Thriller startet schockierend: Ein Familienvater wird gezwungen, in die Pistole des Mörders zu blicken, bevor er mit einem schnellen Schuss hingerichtet wird. Die Mutter jedoch erwartet ein langer und qualvoller Tod. Zurück bleiben die überlebenden Kinder, darunter das jüngste, ein Schreikind, das an den Nerven der Familie gezerrt hat. Das Ermittlerteam um Lukas Sommer und Robert Drosten wird mit einer Serie grausamer Morde konfrontiert. Der Täter scheint ein perfides Muster zu haben: Er sucht gezielt Familien mit Schreikindern aus, lässt die Kinder am Leben, aber tötet die Eltern auf grausame Weise. Die Ermittler fragen sich, wie der Mörder auf die Familien aufmerksam wird und warum er die Väter schneller erlöst als die Mütter.

Meine Meinung
"Schreikind" war nicht mein erstes Buch von Marcus Hünnebeck, daher war ich mit dem schnellen, schnörkellosen Schreibstil vertraut. Man kommt gut und schnell in die Geschichte rein. Der Thriller kommt zügig zur Sache und hält die Spannung bis zum Ende aufrecht. Besonders gefallen haben mir die unerwarteten Wendungen. Manchmal glaubt man, der Lösung nah zu sein, nur um dann durch eine überraschende Entwicklung eines Besseren belehrt zu werden. Auch wenn ich nicht alle Bände der Reihe um Sommer und Drosten kenne, war das keine Hürde – man kann problemlos in den Thriller einsteigen und die Figuren verstehen.

Ich habe das Buch als Hörbuch gehört, gelesen von Günter Merlau, dessen Sprecherleistung ich sehr gelungen fand. Seine Interpretation der Charaktere und die Vortragsweise haben die Spannung noch weiter erhöht und das Hörerlebnis intensiviert.

Trotz der spannenden Geschichte und der gelungenen Wendungen hat mich der Thriller jedoch nicht ganz so gefesselt, wie ich es mir für die Höchstwertung gewünscht hätte. Dennoch ist "Schreikind" ein solider Thriller, der mit Spannung und einem guten Plot punktet, aber für mich nicht das Niveau erreicht hat, das ich für 5 Sterne vergeben würde.

Fazit
Mit "Schreikind" liefert Marcus Hünnebeck einen durchweg spannenden Thriller ab, der von Wendungen und einem schnellen Erzählstil lebt. Auch ohne alle Vorgängerbände zu kennen, ist die Geschichte gut verständlich und unterhaltsam. Für die Höchstwertung hat es nicht ganz gereicht, aber mit 4 von 5 Sternen ist "Schreikind" definitiv ein empfehlenswerter Thriller.

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Veröffentlicht am 22.10.2024

True-Crime-Thrill mit Längen: Abgetrennt überzeugt nur bedingt

Abgetrennt
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Abgetrennt ist der dritte Band der True-Crime-Thriller-Reihe um den Rechtsmediziner Paul Herzfeld, geschrieben von Michael Tsokos. In diesem Teil stößt Herzfeld auf einen makabren Fall, bei dem Leichenteile ...

Abgetrennt ist der dritte Band der True-Crime-Thriller-Reihe um den Rechtsmediziner Paul Herzfeld, geschrieben von Michael Tsokos. In diesem Teil stößt Herzfeld auf einen makabren Fall, bei dem Leichenteile in einem privaten Lehrinstitut entdeckt werden. Die Frage, ob die Körperteile illegal beschafft wurden oder ob hinter dem Fall sogar Mord steckt, führt ihn auf eine gefährliche Spur. Michael Tsokos, geboren 1967, ist nicht nur einer der bekanntesten Rechtsmediziner Deutschlands, sondern auch ein erfolgreicher Autor. Mit seiner medizinischen Expertise und Erfahrungen aus echten Kriminalfällen verleiht er seinen Thrillern eine realistische und packende Atmosphäre. Neben seinen erfolgreichen Sachbüchern arbeitet er auch als Drehbuchautor und hat mit Sebastian Fitzek zusammengearbeitet.

Worum geht’s?

In Abgetrennt beginnt alles mit einem erschütternden Fund in einem medizinischen Lehrinstitut: Beschlagnahmte Leichenteile geben Anlass zum Verdacht auf illegale Beschaffung. Der erfahrene Rechtsmediziner Paul Herzfeld entdeckt an einem der Arme ein markantes Nazi-Tattoo, das ihm bekannt vorkommt. Durch DNA-Analysen stellt sich heraus, dass er den Körper bereits seziert hatte. Doch woher stammen die Leichenteile wirklich, und warum tauchen sie erneut auf? Die Ermittlungen führen ihn immer tiefer in einen Sumpf aus Korruption und Verbrechen, bis er selbst ins Visier der Täter gerät.

Meine Meinung

Obwohl ich die Buchreihe um Paul Herzfeld bis zu diesem Punkt nicht kannte, hatte ich keinerlei Schwierigkeiten, in die Handlung reinzukommen. Tsokos schreibt so, dass auch Neueinsteiger:innen gut folgen können, ohne die vorherigen Bücher zu kennen. Besonders positiv fand ich das Nachwort des Autors, in dem er auf wahre Ereignisse eingeht, die ihn inspiriert haben. Das macht die Geschichte umso authentischer und gibt Einblicke in seine Erfahrungen als Rechtsmediziner.

Ich habe das Buch als Hörbuch gehört, und Sprecher Johannes Steck hat seine Sache sehr gut gemacht. Die Geschichte war spannend und unterhaltsam, aber sie hat mich leider nicht vollends überzeugt. Besonders der Showdown, der auch das Finale der Handlung darstellt, war meiner Meinung nach zu langatmig. Hier fehlte es mir an dem gewissen Etwas, das den Thriller wirklich packend und unvergesslich macht.

Ein Punkt, der mich zunehmend gestört hat, war die ständige Erwähnung von Zeit und Ort. Dies mag in Thrillern zur Strukturierung beitragen, aber hier wirkte es auf mich eher störend. Ebenso empfand ich die wiederholten Hinweise auf die Körperfülle von "Herr von Waldstamm" als überflüssig. Eine Beschreibung reicht vollkommen aus, aber fast jedes Mal auf das Gewicht dieser Figur hinzuweisen, empfand ich als unnötig.

Der Schreibstil von Michael Tsokos ist jedoch durchweg anschaulich und spannend. Er versteht es, die forensischen Details packend zu präsentieren, und man merkt, dass er sich auf diesem Gebiet hervorragend auskennt. Trotzdem fehlten mir in diesem Thriller überraschende Wendungen. Die Geschichte war für meinen Geschmack zu vorhersehbar, sodass der Spannungsbogen nicht durchgehend hielt.

Fazit

Abgetrennt bietet solide Thriller-Unterhaltung mit interessanten Einblicken in die Rechtsmedizin, bleibt jedoch hinter meinen Erwartungen zurück, was Spannung und unvorhersehbare Wendungen betrifft. Der reale Bezug und die Authentizität sind starke Pluspunkte, aber einige Längen und Wiederholungen haben das Lesevergnügen getrübt. Daher gebe ich dem Buch 3,5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 21.10.2024

Die Macht der Väter und das Schweigen der Töchter: Ein intensives Familiendrama

Die Ungelebten
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Caroline Rosales' Roman "Die Ungelebten" behandelt auf eindringliche Weise das Thema der Machtverhältnisse zwischen Vätern und Töchtern und das Schweigen, das oft über traumatischen Ereignissen liegt. ...

Caroline Rosales' Roman "Die Ungelebten" behandelt auf eindringliche Weise das Thema der Machtverhältnisse zwischen Vätern und Töchtern und das Schweigen, das oft über traumatischen Ereignissen liegt. Im Zentrum steht Jennifer Boyard, die als dreifache Mutter und Leiterin des Familienunternehmens zunehmend mit den dunklen Seiten der Vergangenheit ihres Vaters Bernd konfrontiert wird. Als eine Sängerin Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihn erhebt, gerät Jennifers eigenes Leben ins Wanken. Rosales zeichnet ein vielschichtiges Bild von Frauen, die in patriarchalen Strukturen gefangen sind und ihre eigenen Wege finden müssen. Die Autorin, Jahrgang 1982, ist bekannt für ihre feministischen Themen und gesellschaftskritischen Schriften, die sie regelmäßig als Kolumnistin bei der ZEIT veröffentlicht.

Worum geht's genau?

Jennifer Boyard ist eine erfolgreiche Geschäftsfrau und Mutter, die die Leitung des Familienunternehmens übernommen hat. Doch als Lorelei, eine frühere Sängerin ihres Vaters, ihren ehemaligen Arbeitgeber der Vergewaltigung beschuldigt, wird Jennifer gezwungen, sich mit der dunklen Vergangenheit ihres Vaters auseinanderzusetzen. Während Bernd Boyard die Vorwürfe gewohnt kalt und manipulativ behandelt, beginnt Jennifer zu zweifeln: Ist der Mann, den sie immer bewundert hat, wirklich schuldig? Gleichzeitig erfährt Jennifer immer mehr über das Schicksal ihrer Mutter und die unterdrückte Wahrheit, die hinter den Fassaden ihres Familienlebens lauert. Sie befindet sich auf einem schwierigen Weg, um die Wahrheit herauszufinden – nicht nur über ihren Vater, sondern auch über sich selbst und ihre Rolle als Tochter, Mutter und Frau.

Meine Meinung

"Die Ungelebten" ist ein Roman, der mich von Beginn an gepackt hat, auch wenn ich mich später immer wieder mit einigen Aspekten schwertat. Besonders beeindruckt hat mich die Komplexität von Jennifers Beziehung zu ihrem Vater. Sie wird ambivalent und vielschichtig dargestellt, was ich als sehr realistisch empfand. Es ist spannend zu sehen, wie Jennifer sich allmählich von der manipulativen Figur Bernd löst, auch wenn dies ein schmerzhafter und langsamer Prozess ist. Der Roman bietet viele starke Momente, insbesondere wenn er die Themen Victim Blaming und die historische Verharmlosung von Vergewaltigungen aufgreift. Jennifers anfängliche Opferbeschuldigungen zeigen eindrucksvoll, wie tief verwurzelte gesellschaftliche Normen selbst bei den betroffenen Frauen weitergegeben werden können.

Die Darstellung von Regina, Jennifers Mutter, und ihres Lebens unter Bernds Kontrolle ist bedrückend und zugleich sehr kraftvoll. Man spürt deutlich, wie sehr sie unter seiner manipulativen Art gelitten hat und schließlich resignierte. Der Roman greift viele gesellschaftliche Themen auf, die immer noch aktuell sind: ungleiche Geschlechterrollen, Altersdiskriminierung und unbezahlte Care-Arbeit. Besonders hat mir gefallen, dass die Geschichte immer wieder auf diese Themen zurückkommt und sie durch die Erlebnisse der Charaktere greifbar macht.

Ein kleines Manko war für mich der Schreibstil, der durch ungewöhnliche Perspektivwechsel und sprunghafte Szenen manchmal etwas verwirrend war. Gerade im letzten Teil des Buches fand ich es schwierig, den Überblick zu behalten, was meiner Lesefreude einen kleinen Dämpfer verpasste. Besonders das Ende wirkte auf mich zu diffus und ließ mich ein wenig enttäuscht zurück. Ich hatte gehofft, dass Jennifer aus den Strukturen ihrer Familie ausbrechen würde, doch stattdessen bleibt vieles unklar und unaufgelöst.

Trotz dieser Kritikpunkte fand ich das Buch insgesamt sehr lesenswert. Es schafft es, eine vielschichtige Familiengeschichte zu erzählen und gleichzeitig wichtige gesellschaftliche Themen zu thematisieren.

Fazit

"Die Ungelebten" von Caroline Rosales ist ein spannender und komplexer Roman, der tief in die Mechanismen patriarchaler Strukturen eintaucht und die Leser:innen dazu anregt, über Themen wie Macht, Geschlecht und Familie nachzudenken. Auch wenn der Schreibstil an manchen Stellen etwas verwirrend ist und das Ende nicht ganz meinen Erwartungen entsprach, bietet das Buch starke Figuren und eine packende Handlung. Eine klare Empfehlung, auch wenn ich letztlich 3,5 von 5 Sternen vergeben würde.

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Veröffentlicht am 21.10.2024

Mutterschaft und Selbstverwirklichung: Gaia Manzini über die Komplexität des Lebens

Für uns gibt es keinen Namen
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Gaia Manzinis Roman Für uns gibt es keinen Namen erzählt die Geschichte der jungen Ada, die mit 17 Jahren Mutter wurde und ihre Tochter Claudia bei den Großeltern am Lago Maggiore aufwachsen ließ. Während ...

Gaia Manzinis Roman Für uns gibt es keinen Namen erzählt die Geschichte der jungen Ada, die mit 17 Jahren Mutter wurde und ihre Tochter Claudia bei den Großeltern am Lago Maggiore aufwachsen ließ. Während Claudia nach ihrem Studium in Mailand Fuß fasst und dort den charmanten, aber homosexuellen Alessio kennenlernt, entwickelt sich zwischen ihnen eine unkonventionelle Freundschaft. Der Roman beleuchtet die schwierigen Beziehungen zwischen Ada, ihrer Tochter und den Menschen in ihrem Umfeld und stellt Fragen nach Identität, Mutterschaft und Selbstfindung. Gaia Manzini, eine vielfach nominierte italienische Autorin, ist für ihren mutigen und facettenreichen Schreibstil bekannt.

Worum geht's genau?

Der Roman entfaltet sich um das komplexe Leben von Ada und ihrer Tochter Claudia, die beide auf unterschiedliche Weise versuchen, ihren Platz in der Welt zu finden. Ada, die sich nach ihrer frühen Mutterschaft von der Gesellschaft distanziert fühlt, kämpft darum, ihre Rolle als Mutter mit ihrem Wunsch nach Selbstverwirklichung zu vereinen. Claudia hingegen steht vor der Herausforderung, ihren eigenen Weg zu gehen, ohne sich von ihrer schwierigen Kindheit definieren zu lassen. Die Beziehung zwischen den beiden ist von Spannungen geprägt, während Claudia in ihrer Freundschaft mit Alessio einen Menschen findet, der ihr nahesteht, jedoch nie die klassische Rolle eines Partners einnehmen kann.

Meine Meinung

Ich habe den Roman im Rahmen einer Leserunde erhalten, die jedoch leider nicht zustande kam. Dennoch habe ich das Buch selbstständig gelesen. Der Einstieg fiel mir leider ziemlich schwer, aber ich bin froh, dass ich drangeblieben bin. Die Geschichte hat dann nämlich fahrt aufgenommen und mir doch noch sehr gut gefallen. Die Charaktere, insbesondere Ada, sind vielschichtig und ihre Suche nach Identität und Selbstakzeptanz zieht sich wie ein roter Faden durch die Erzählung. Adas Reise zu sich selbst und ihre inneren Konflikte wirkten sehr authentisch und berührend.

Einige sprachliche Konstruktionen haben jedoch meinen Lesefluss gestört. Ich vermute, dass dies der Übersetzung geschuldet ist (bspw. wenn von Flugplatz statt Flughafen die Rede ist). Trotz dieser sprachlichen Hürden vermittelt der Roman eine starke emotionale Tiefe. Manzini nutzt eine distanzierte, nüchterne Sprache, um Adas Zerrissenheit und Einsamkeit darzustellen, die sich aus der Spannung zwischen beruflichem Erfolg und ihrer Rolle als alleinerziehende Mutter ergibt. Besonders beeindruckend ist, dass die Autorin dieses Szenario nicht romantisiert, sondern realistisch und wertungsfrei schildert. Das macht den Roman gerade im katholisch geprägten Italien zu einem mutigen und wichtigen Werk.

Die Vielfalt der thematisierten Beziehungen, die fernab klassischer Normen existieren, gibt dem Roman eine besondere Relevanz. Manzini zeigt auf, dass es im Leben keine einfachen Antworten auf Fragen der Identität und Mutterschaft gibt. Allerdings war es für mich durch die erzählerischen Sprünge nicht immer leicht, der Geschichte zu folgen, was hin und wieder zu Verwirrung führte.

Das Cover des Buches konnte mich nicht überzeugen. Ich fand es eher unscheinbar und denke, dass es in einer Buchhandlung nicht meine Aufmerksamkeit erregt hätte. Es ist schade, denn ich wäre beinahe an einem Werk vorbeigegangen, das inhaltlich sehr viel zu bieten hat. Ähnlich ging es mir auch mit einem anderen Buch des Verlags, "Und dann sind wir gerettet" von Alessandra Carati, das ebenfalls thematisch stark und lesenswert ist.

Fazit

Für uns gibt es keinen Namen ist ein tiefgründiger Roman, der auf einfühlsame Weise das Leben einer Frau zwischen Mutterschaft und Selbstfindung beschreibt. Gaia Manzini gelingt es, gesellschaftliche und persönliche Konflikte authentisch darzustellen, auch wenn sprachliche Stolpersteine und narrative Sprünge den Lesefluss gelegentlich behindern. Ein lesenswerter Roman, der 4 von 5 Sternen verdient.

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