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Veröffentlicht am 16.05.2024

Stille Revolution: Ein Roman über Mut, Sisterhood und Veränderung

Und alle so still
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"Aus Splittern besteht sie, ein Menschenmosaik, überall verliert sie kleine Stücke, kann nicht stehen bleiben, nicht inne halten, muss den Rest mitnehmen und einfach schneller laufen damit wenigstens irgendwas ...

"Aus Splittern besteht sie, ein Menschenmosaik, überall verliert sie kleine Stücke, kann nicht stehen bleiben, nicht inne halten, muss den Rest mitnehmen und einfach schneller laufen damit wenigstens irgendwas am Ziel ankommt, und das, was wegrieselt, wächst hoffentlich wieder nach." - Buchzitat S. 33 (Print-Hardcover)
"Das Patriarchat kann sich darauf verlassen, wann immer irgendwo ein Kind oder eine alte Person umfällt, kommt eine Frau und hebt es auf"- Buchzitat S. 176 (Print-Hardcover)
Ich hab jetzt einige Tage gebraucht, um das Ganze sacken zu lassen und schreib jetzt auch diese Rezension hier im Wissen, dem Buch damit NIEMALS gerecht werden zu können. Mareike Fallwickl, bekannt für ihren einfühlsamen Blick auf gesellschaftliche Themen, entführt uns in ihrem 2024 erschienenen Roman "Und alle so still" in eine Welt voller Protest, Mut und Veränderung. Mit ihrem feinen Gespür für menschliche Abgründe und gesellschaftliche Ungerechtigkeiten erzählt sie eine Geschichte, die zum Nachdenken anregt und den Leser:innen die Augen öffnet. Während sie "Die Wut die bleibt" ihrer Tochter gewidmet hat, ist dieser hier für ihren Sohn.

Der Roman folgt den Lebensgeschichten von Elin, Nuri und Ruth, drei Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten, deren Wege sich an einem entscheidenden Sonntag vor einem Krankenhaus kreuzen. Durch eine unerwartete Protestaktion von Frauen geraten sie in eine unvorhergesehene Situation, die ihr Leben für immer verändern wird. Der Roman wirft einen schonungslosen Blick auf gesellschaftliche Missstände und zeigt, wie Menschen sich gegen das bestehende System auflehnen.

Schon Mareikes vorheriges Werk "Die Wut, die bleibt" hat mich tief berührt, daher war ich sehr gespannt auf dieses Buch. Ich wurde nicht enttäuscht. Mareike schafft es meisterhaft, die Komplexität gesellschaftlicher Strukturen darzustellen und einem die Augen zu öffnen für die vielen Ungerechtigkeiten, mit denen wir (Frauen) täglich konfrontiert sind. Besonders beeindruckend fand ich die Idee mit den sprechenden Gegenständen, die eine zusätzliche Dimension und Faktenwissen in die Geschichte einbringt und so neue Perspektiven eröffnet. Die Charaktere sind liebevoll ausgearbeitet und ihre Geschichten berühren tief. Besonders Nuri hat mich mit seiner Entwicklung und seinem Mut beeindruckt. Das Buch zeigt eindringlich, dass Veränderung nur durch gemeinsames Handeln möglich ist und dass wir uns gegenseitig unterstützen müssen, um die bestehenden Strukturen zu durchbrechen. Die Themen, die Fallwickl anspricht, sind vielschichtig und wichtig für unsere Gesellschaft. Von Schönheitsidealen über prekäre Arbeit bis hin zu häuslicher Gewalt - sie packt alles in diesen Roman und schafft es, dadurch zum Nachdenken anzuregen. Besonders gefallen hat mir auch die Widmung am Anfang des Buches für all die mutigen Frauen, die schon vor uns gekämpft haben und immer noch kämpfen für Frauen, Leben und Freiheit.

Fazit: "Und alle so still" ist ein beeindruckendes Werk, das den Finger in die Wunden unserer Gesellschaft legt und zum Handeln aufruft. Mareike Fallwickl gelingt es, komplexe Themen sensibel und mitreißend zu erzählen und den Leser:innen eine neue Perspektive zu eröffnen. Ein Buch, das ich uneingeschränkt empfehlen kann und das volle 5 von 5 Sternen verdient hat. LEST ES!

"Und vielleicht ist es irgendwann im Leben für manches zu spät. Aber vielleicht können Menschen auch lange Zeit parallel zueinander weitergehen, um sich wiederzutreffen an einer Gabelung, die unerwartet auftaucht. Und das ist dann in Ordnung so." -Buchzitat S. 320 (Print-Hardcover)

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Veröffentlicht am 16.05.2024

Ein Roman, der dem Hype nicht gerecht wird und hinter den Erwartungen zurückbleibt.

Die Tage in der Buchhandlung Morisaki
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"Glaubst du... ich vergeude meine Zeit?" Mein Onkel lächelte mich an. "Nein, das glaube ich nicht. Das Leben ist lang. Zwischendurch muss man auch mal innehalten, Pause machen. Du ankerst hier bloß ein ...

"Glaubst du... ich vergeude meine Zeit?" Mein Onkel lächelte mich an. "Nein, das glaube ich nicht. Das Leben ist lang. Zwischendurch muss man auch mal innehalten, Pause machen. Du ankerst hier bloß ein Weilchen, und wenn du dich erholt hast, stichst du wieder in See." - Buchzitat S. 44/45 (E-Book)
"Satoshi Yagisawa entführt uns mit seinem Debütroman "Die Tage in der Buchhandlung Morisaki" in das faszinierende Antiquariatsumfeld von Tokios berühmtem Bücherviertel Jimbōchō und entfaltet dabei eine Geschichte über Selbstfindung und Neubeginn."

Die Storyline folgt der 25-jährigen Takako, deren Leben durch die überraschende Ankündigung ihres Freundes, eine andere Frau zu heiraten, aus den Fugen gerät. Verletzt und orientierungslos, findet sie vorübergehend Zuflucht bei ihrem Onkel in dessen Antiquariat. Dort entdeckt sie eine Leidenschaft für Bücher und beginnt, sich neu zu definieren.

Ich hatte hohe Erwartungen an diesen Roman, aber leider wurden sie nicht erfüllt. Die Protagonistin Takako erschien mir einfach nur sehr verunsichert. Mir ist schleierhaft, dass sie nicht mitbekommt, dass ihr Freund sie betrügt und sie nicht den Mut hat, ihm mal ordentlich die Meinung zu geigen oder den Kontakt ganz abzubrechen. Klar sie ist noch jung, aber lässt sich viel zu viel gefallen.

Der zeitliche Rhythmus der Handlung wirkte überstürzt und vieles hat auf mich sehr unwirklich gewirkt. Vorallem der Einzug bei einem Onkel, den man jahrelang nicht gesehen und dessen Telefonnummer man nicht einmal gespeichert hatte. Aber auch das plötzliche Auftauchen der Tante, dass das Buch quasi in zwei Teile ein VOR der Tante und ein NACH der Tante einteilt und daher auch nur in zwei Kapitel gegliedert ist.

Positiv hervorzuheben ist das wunderschön illustrierte Cover, das jedoch keinen Bezug zum Inhalt des Buches herstellt. Einige Lebensweisheiten und Zitate wirkten auf mich eher wie konstruiert, damit etwas tiefgründiges enthalten ist und trugen alles in allem aber nicht zur Tiefe der Geschichte bei. Was mich auch gestört hat ist, dass nicht gegendert wurde und im Gegenteil auch vielfach Sexismus mitschwang, oder ich mich zu wenig mit der japanischen Kultur auskenne und es dazu gehört Frauen auf ihr Äußeres zu reduzieren wie beispielsweise hier:

"Sieh an«, sagte der ältere Herr und musterte mich anerkennend. »Ich wusste gar nicht, dass Satoru-san eine so hübsche, junge Nichte hat." - Buchzitat S. 27 (E-Book)
„Tante Momoko war als junge Frau ziemlich hübsch gewesen. Keine Schönheit, aber sie hatte eine ganz eigene Anziehungskraft gehabt. Wie ein nicht besonders wertvoller Stein am Strand, der herrlich funkelt.“ - Buchzitat S. 96 (E-Book)


Mich hat auch die Haltung des Autors bzw. der Figuren zu vielen Themen wie Altern, Abtreibung oder Geschlechterrollen gestört:

„Schau doch, wie makellos deine Haut vom Hals bis zur Brust hinunter ist. Da zeigt sich das Alter als Erstes! Bei dir - nicht eine Falte! Beneidenswert«, - Buchzitat S. 167 (E-Book)
Aber noch bevor es auf die Welt kommen konnte, ist es in mir gestorben ... Das ist dachte ich. Die Strafe dafür, dass du dein erstes Kind nicht zur Welt gebracht hast. Du hast kein Recht mehr, Mutter zu sein Satoru hat versucht, mich zu trösten, dabei war er selbst am Boden zerstört. - Buchzitat S. 164 (E-Book)
"Wusstest du, dass Takako-chan einen Freund hat, Satoru?", fragte meine Tante sofort. "Was? Nein! Das wusste ich nicht. Wirklich? Warum hast du mir nichts erzählt?", fragte mein Onkel und sah mir ins Gesicht. "Ach, da gibt's nicht viel zu erzählen ..." "Perfekt!«, sagte meine Tante und klatschte in die Hände. Wenn sie heiraten, kann der das Geschäft übernehmen. Kinder haben wir ja nicht." "Dem Kerl willst du das Geschäft überlassen?", rief mein Onkel fassungslos.
Buchzitat S. 187 (E-Book)
„Aber mein Onkel? Mein Onkel war wie ein Weichtier. Ich hatte noch nie so viel Zeit mit ihm ver- bracht, aber je länger ich mit ihm zusammen war, desto mehr überraschte mich, wie weich er war. Vielleicht hatte Tante Momoko ja deswegen das Weite gesucht.“ - Buchzitat S. 33 (E-Book)


Das Buch konnte mich trotz einiger weniger schönen Zitat leider nicht abholen.

Fazit: "In Die Tage in der Buchhandlung Morisaki" vermag Satoshi Yagisawa zwar eine stimmungsvolle Atmosphäre zu schaffen, jedoch bleibt die Geschichte insgesamt flach und erreicht nicht das Potenzial, das ich mir erhofft hatte. Vielleicht liegt es daran, dass ich bisher wenig Bücher von japanischen Autoren gelesen habe und mit dem Stil nicht vertraut bin. Aber mit den durchschnittlichen Figuren und für mich unrealistischen Handlungselementen konnte mich dieser Roman nicht überzeugen. Daher vergebe ich 2 von 5 Sternen.

Je mehr man reist und liest, hatte ich umgekehrt immer das Gefühl, desto weniger weiß man. So ist das im Leben. Du kannst dir deiner nie sicher sein. Wie heißt es so schön bei Taneda Santoka? Der Wald bleibt grün, egal wie weit du hineingehst. - Buchzitat S. 45 (E-Book)

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Veröffentlicht am 16.05.2024

Eine eindringliche (Familien-)Geschichte über das Gefühl des Fremdseins, mutige Frauen und die Suche nach den eigenen Wurzeln und Heilung.

Issa
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"Lass die Jahre kommen, denn sie bringen die Weisheit der Mutter, die Kraft der Großmutter. Lass mit jedem Jahr meine Liebe zu meinem Kind fließen, mein Lernen sei sein Wegweiser, wenn es einen sucht. ...

"Lass die Jahre kommen, denn sie bringen die Weisheit der Mutter, die Kraft der Großmutter. Lass mit jedem Jahr meine Liebe zu meinem Kind fließen, mein Lernen sei sein Wegweiser, wenn es einen sucht. Lass mich die sicheren Arme sein, in die es fällt, die Schulter, an der es Trost sucht, und das Herz, das stets offen und warm ist. Denn ich bin die älter werdende Frau, das ist die Schönheit, die in der Seele verweilt und aus den Augen strahlt. Ich bin Mutter." Buchzitat - Seite 264 (E-Book)

Mirrianne Mahns "Issa" entführt die Leser:innen auf eine emotionale Reise durch die Höhen und Tiefen von Identität, Familie und kultureller Verwurzelung. Die Autorin, eine Aktivistin und Theatermacherin, nimmt uns mit nach Kamerun ins Land der Protagonistin(nen).

In "Issa" begleiten wir die titelgebende Figur Issa auf ihrer inneren und äußeren Reise. Schwanger und voller Selbstzweifel begibt sie sich auf eine Reise nach Kamerun, dem Land ihrer Kindheit, auf der Suche nach Wurzeln und Heilung. Doch die Rückkehr in die vermeintliche Heimat wird zu einer Reise voller Konflikte und Erkenntnisse, die Issas ganze Existenz in Frage stellen.

Das Buch bietet einen faszinierenden Einblick in eine Welt, die zumindest mir bisher fremd war. Mahn beschreibt eindrucksvoll die kulturellen Rituale und Traditionen Kameruns oder zumindest der Region in der die Geschichte spielt, die Issas Reise durchdringen und prägen. Ich mochte besonders, dass die Geschichte zwischen Gegenwart und Vergangenheit (Anfang 20 Jahrhundert bis 2006) hin und her gesprungen ist und eigentlich nicht nur Issas Geschichte, sondern auch die von vier anderen Frauen erzählt und miteinander verwebt.

Issa als Hauptfigur ist eine Frau voller Selbstzweifel und innerer Zerrissenheit, gefangen zwischen zwei Welten und Identitäten. Hier wie dort ist sie fremd. Hier zu dunkel-, dort zu hellhäutig. Überall wird sie sofort als nicht zugehörig erkannt und muss den Spott über sich ergehen lassen. Man erlebt mit Issa Höhen und Tiefen, wobei sich immer wieder berührende Momente mit einer Prise Humor aber auch Traurigkeit abwechseln. Mit der Figur von Issa bin ich aber trotzdem nicht so richtig warm geworden. Wahrscheinlich weil ihre Realität ziemlich weit weg von meiner eigenen ist, was aber nicht heißt, dass es nicht trotzdem spannend zu lesen war.

Gut gefallen hat mir die leicht zugängliche Sprache, die eingestreuten Wörter in Pidgin-English und Bakweri (keine Angst, es gibt dazu ein Glossar) und der Schreibstil an sich. Das Cover ist schön (farbenfroh), aber auch etwas traurig und nach dem lesen des Buches passt es sehr sehr gut wie ich finde. Das Buch berührt Themen wie Identitätssuche, Rassismus und weibliche Selbstbestimmung auf eine eindringliche Weise, die zum Nachdenken anregt und lange nachhallt.

"Issa" ist nicht nur eine Geschichte über eine einzelne Frau, sondern ein eindrucksvolles Porträt von Mut, Widerstand und Selbstfindung. Mahn gelingt es, komplexe Themen wie polygame Ehen, traditionelle Rituale und das Gefühl des Fremdseins auf einfühlsame Weise zu beleuchten. Ich vergebe 4 von fünf Sternen.

"Das Denken kann dir niemand beibringen, das musst du selbst erlernen. Denn dann kannst du deine Geschichte selbst schreiben. Du musst in die Vergangenheit schauen, um die Gegenwart zu verstehen, damit du deine Zukunft gestalten kannst." Buchzitat - Seite 258 (E-Book)

Da Buch wurde mir als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Dies hat meine Meinung aber nicht beeinflusst.

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Veröffentlicht am 04.05.2024

"Leuchtfeuer" ist ein einfühlsames Porträt zweier Familien, deren Leben mehr miteinander verwoben sind, als Anfang ersichtlich.

Leuchtfeuer
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"Wieder berührt er sie am Arm, als wollte er sich vergewissern, dass sie real ist. Sie wendet sich ihm zu, und im Raum stehen fünf Jahre voller Fragen, noch ungeformt. Warum bist du weggegangen? Warum ...

"Wieder berührt er sie am Arm, als wollte er sich vergewissern, dass sie real ist. Sie wendet sich ihm zu, und im Raum stehen fünf Jahre voller Fragen, noch ungeformt. Warum bist du weggegangen? Warum bist du zurückgekommen? Was auch immer du gelernt hast, war es wirklich den Schmerz wert, den du uns zugefügt hast?" - Buchzitat (S. 113)

Was ist ein Haus ohne seine Bewohner, ohne Möbel und Bilder, ohne Familienfotos, Vasen auf Tischplatten, Bettzeug in Schränken, eine gefüllte Vorratskammer? Töpfe, Siebe, ein Wok. Tischsets, Besteck, Weingläser. Tupperdosen, Einmachgläser, von Mimi beschriftete Kräuterdöschen. Regale über Regale mit Büchern. - Buchzitat (S. 160)

Dani Shapiros "Leuchtfeuer" ist eine fesselnde und vielschichtige Erzählung, die eine breite Palette von Themen wie Familie, Tod, Trauer, Demenz, Autismus, Geschwisterliebe, Ehe, Eltern-Kind-Beziehung, Alkoholsucht, Untreue und Entfremdung behandelt. Das Setting in einem typisch amerikanischen Vorort verleiht der Geschichte eine vertraute Atmosphäre, während die leicht esoterisch anmutende Botschaft von der Verbundenheit aller Dinge dem Roman eine zusätzliche Tiefe verleiht.

"Der Himmel von 1936 mit dem Himmel von 2010. Aus dieser Entfernung scheint es möglich, dass alles gleichzeitig geschieht: dieses Leben, jenes Leben eine unermessliche Anzahl von Leben, die sich alle parallel abspielen." - Buchzitat (S. 31)

Beim Betrachten des Covers hätte ich nicht erwartet, dass sich hinter diesem Buch eine so komplexe Geschichte verbirgt. Leider bleibt die genaue Bedeutung des Covers auch nach dem Lesen für mich unklar. Die Bedeutung des Titels konnte ich mir zusammenreimen. Der Klappentext hält das Geheimnis der Geschichte gut unter Verschluss, obwohl das Geheimnis selbst bereits früh im Buch aufgedeckt wird. Persönlich mag ich es, wenn der Klappentext nicht zu viel vorwegnimmt. Insofern hat das für mich gut gepasst. Das Buch lässt sich, wie ich finde, schwer in Worte fassen. Der Schreibstil ist eigentlich angenehm und flüssig, dennoch hatte ich anfangs etwas Mühe reinzukommen. Zum Glück hat es mich dann aber doch noch gecatcht und seine ganz eigene Magie verbreitet. Trotz vieler Zeitsprünge (1999, 2010, 2014 und 2020) gelingt es Shapiro, die Handlung fließend zu gestalten, obwohl es manchmal eine Herausforderung sein kann, die Ereignisse richtig einzuordnen. Die Aufteilung in einzelne Kapitel, die jeweils aus der Perspektive einer bestimmten Figur geschrieben sind, ermöglicht es den Leser:innen, die Entwicklung der Charaktere besser nachzuvollziehen. Obwohl es viele Charaktere gibt, sind sie gut voneinander zu unterscheiden. Einige Figuren werden detaillierter beschrieben als andere, was möglicherweise darauf zurückzuführen ist, dass sie im Verlauf der Geschichte eine weniger aktive Rolle spielen. Dennoch hätte ich gerne noch mehr Einblicke in ihre Gefühlswelt bekommen. Für mich persönlich ist die ungewöhnliche Freundschaft zwischen Ben und Waldo das Highlight des Buches, das der Geschichte eine besondere Tiefe verleiht.

"Er ist praktisch veranlagt, doch an einem wortlosen Ort tief in seinem Innern ist Ben Wilf zu der Überzeugung gelangt, dass unser Leben schleifenförmig verläuft und nicht in einer gerade Linie; dass die Luft selbst nicht bloß aus Molekülen besteht, sondern aus Erinnerung; dass diese Schleifen ein unsichtbares Muster bilden, dass Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Teil dieses Musters sind; dass sich unsere Leben für Bruchteil von Sekunden überschneiden, die Jahre, Jahrhunderte, Jahrtausende sind; dass nichts je verschwindet." - Buchzitat (S. 165)

Insgesamt ist "Leuchtfeuer" ein Buch, das leise, aber eindringlich von den Verstrickungen des Lebens erzählt und dabei wichtige Themen anspricht. Es ist ein Roman, der nicht laut daher kommt, sondern im Stillen viel mit sich trägt. Mich hat es jedenfalls unterhalten und nachdenklich gemacht, und ich bin sicher, dass es noch lange in mir nachhallen wird. Ein einfühlsamer und bewegender Roman, der durch seine Vielschichtigkeit und Menschlichkeit überzeugt. Ich vergebe daher 4 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 04.05.2024

Die vergessene "Mutter der DNA": Marie Benedict enthüllt Rosalind Franklins Geschichte

Das verborgene Genie
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"Das verborgene Genie" von Marie Benedict entführt uns in die Welt der Wissenschaft und erzählt die faszinierende Geschichte von Rosalind Franklin, einer brillanten Forscherin, deren Entdeckung der Doppelhelixstruktur ...

"Das verborgene Genie" von Marie Benedict entführt uns in die Welt der Wissenschaft und erzählt die faszinierende Geschichte von Rosalind Franklin, einer brillanten Forscherin, deren Entdeckung der Doppelhelixstruktur der DNA lange Zeit im Schatten stand. Benedict, allgemein bekannt für ihre Romane über vergessene Frauen, setzt sich das Ziel, diesen Heldinnen gebührende Anerkennung zu verschaffen. Ich kannte Benedict zuvor nicht. Mein Interesse am Buch wurde dadurch geweckt, dass ich erst kürzlich das Buch "Beklaute Frauen" von Leonie Schöler gelesen habe, in dem Rosalind Franklin ebenfalls eine Rolle spielte. Deshalb habe ich, als ich das Buch hier entdeckte, gleich "zugeschlagen" und mich erfolgreich um ein Rezensionsexemplar beworben.

Das Buch selbst ist aus der Ich-Perspektive (Rosalind Franklin) geschrieben und führt uns durch die Jahre 1947 bis 1958. Ich hatte anfangs etwas Mühe, in den Lesefluss zu kommen, da der Text stellenweise trocken und sehr wissenschaftlich daherkommt. Im weiteren Verlauf wird jedoch klar, dass der Schreibstil wohl als Stilmittel fungiert und Rosalinds sozial gehemmte Persönlichkeit widerspiegeln soll. Die Beschreibungen ihrer Laborarbeiten sind detailliert und ermöglichen es der Leserschaft, ein tieferes Verständnis für ihre bahnbrechenden Entdeckungen zu bekommen. Für mich war es stellenweise etwas zu "wissenschaftslastig", und es konnte sich auch keine richtige Spannung aufbauen, was jedoch bei einem biografischen Roman meiner Meinung nach eh selten ist. "Das verborgene Genie" ist ein wichtiges Zeugnis im Kampf gegen stereotype Klischees über Frauen in der Wissenschaft. Mir fiel es leicht, eine Bindung zu Rosalind aufzubauen, und ich habe richtig mitgefiebert, obwohl ich durch das Buch "Beklaute Frauen" ja schon wusste, wie es enden würde. Das Cover kommt eher unscheinbar daher, nach dem Lesen wird jedoch klar, wie viel es eigentlich über die Geschichte und die Frau hinter dem Buch aussagt.

"Das verborgene Genie" ist keinesfalls eine leichte Lektüre für zwischendurch, aber dennoch lohnenswert. Persönlich hätte ich gerne mehr über Rosalinds persönlichen Hintergrund und ihr Privatleben erfahren. Auch ist für mich nicht ganz klar herausgekommen, was jetzt tatsächlich Fakt und was Fiktion war. Hier hätte ich mir eine klarere Abgrenzung durch die Autorin gewünscht. Bisher habe ich, wie schon erwähnt, kein Buch von Marie Benedict gelesen. Teilweise wurde die Übersetzung des Buches kritisiert, die nicht von derselben Übersetzerin vorgenommen wurde wie bei Benedicts bereits erschienenen Werken. Für mich wird es jedenfalls nicht das letzte Buch aus der Reihe rund um vergessene Heldinnen gewesen sein.

Insgesamt bietet "Das verborgene Genie" einen Einblick in das Leben und die Arbeit einer bemerkenswerten Frau der Wissenschaft, die leider nie die Anerkennung bekommen hat, die sie verdient. Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

Das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Dies hat keinen Einfluss auf die Bewertung.

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