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Veröffentlicht am 04.08.2019

Langer Weg zur Heilung

Wir von der anderen Seite
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Anika Decker beschreibt den Krankenhausaufenthalt bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung auf realistische Art und Weise. Leicht erinnert sie mich dabei an Christa Wolfs Buch Leibhaftig, wobei bei Decker ...

Anika Decker beschreibt den Krankenhausaufenthalt bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung auf realistische Art und Weise. Leicht erinnert sie mich dabei an Christa Wolfs Buch Leibhaftig, wobei bei Decker Krankheit weniger als Metapher wirkt.

Die schwere Erkrankung bedeutet einen Einschnitt im Leben der Protagonistin und es zieht Veränderungen nach sich.
Es gibt detaillierte Beschreibungen des Gemütszustand der Icherzählerin in den verschiedenen Stadien der Behandlung und Genesung sowie vom Krankenhausalltag. Schließlich muss sie auch noch in eine Herzspezialklinik und in Reha. Das ist teilweise sehr mühsam. Auch die Zeit danach.
Die Autorin schafft es aber, ernste und humorvolle Momente zu verschmelzen.
Nebenbei ist es auch noch ein ganz schöne Familiengeschichte. Der Zusammenhalt imponiert mir.
Mein einziger Kritikpunkt ist, das vieles manchmal etwas zu ausführlich ist. Dafür kann man immer nachvollziehen, wie die Hauptfigur sich bei all dem fühlt und darum geht es schließlich bei Literatur.

Wir von der anderen Seite gibt es als Hörbuchversion, die ich gehört habe. Gelesen wird das Buch von Katja Riemann und ihre Stimme passt sehr gut. Sie verleiht der Figur zusätzlich Profil.

Veröffentlicht am 03.08.2019

Leuchtturm in Irland

Show me the Stars
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Die junge, gescheiterte Hamburger Journalistin nimmt in Irland einen ungewöhnlichen Job an: Haussitterin in einem Leuchtturm.
Über eine so naive Protagonistin kann ich mich nur wundern. Sie wirkt wie ein ...

Die junge, gescheiterte Hamburger Journalistin nimmt in Irland einen ungewöhnlichen Job an: Haussitterin in einem Leuchtturm.
Über eine so naive Protagonistin kann ich mich nur wundern. Sie wirkt wie ein Teenager und scheint kaum geeignet für Abenteuer. In Irland angekommen verlässt sie sich auf Pierre, der sie zu dem Leuchtturm bringen soll. Sie schafft es nicht einmal alleine Schuhe einzukaufen. Nervig auch, wie sie den selbstbewussten Kjer von Anfang an anschmachtet.

Livs Bedürfnis sich im Leben und Beruf neu zu orientiert empfinde ich als glaubwürdig und nachvollziehbar. Dazu gehört auch, ihr schwieriges Verhältnis zu ihrer kalten Mutter und ihre Phobien, z.B. Angst vor Dunkelheit zu bewältigen. Es gibt also auch eine zartbitter-süße Note.
Das entzehrt den ansonsten harmlosen Plot. Zudem gibt es ein paar schöne Irland-Impressionen. Ich denke, dass die Fans der Kate-Dakota-Romane auch „Show me the stars“ mögen könnten.

Veröffentlicht am 31.07.2019

Lebensgefühl der jungen Generation

Gespräche mit Freunden
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In Sally Rooneys Roman fällt die genaue und ruhige Erzählweise auf.
Die Handlung ist unspektakulär, nicht aber die Gefühlslage der beteiligten Hauptfiguren. Die Studentinnen Frances und Bobbie lernen ...

In Sally Rooneys Roman fällt die genaue und ruhige Erzählweise auf.
Die Handlung ist unspektakulär, nicht aber die Gefühlslage der beteiligten Hauptfiguren. Die Studentinnen Frances und Bobbie lernen ein interessantes Paar kennen, das sie fasziniert. Den Schauspieler Nick und seine Frau Melissa, eine Schriftstellerin. Es gibt gemeinsame Abendessen und kultivierte Gespräche, doch dann beginnen Frances und Nick eine Affäre.
Frances ist die Icherzählerin des Buches und sie ist 21 Jahre jung, weiß noch nicht genau, wo sie im Leben steht, sowohl beruflich wie im Privatleben. Das ist ja auch normal.
Zwischen ihr und Nick läuft es schwierig. Doch die Affäre belastet sie anscheinend auch emotional, das äußert sich sogar in Selbstverletzungen und Krankheit. Streckenweise tat sie mir leid, aber als Leser bin ich lange nicht dicht an den Figuren dran, weswegen ich emotional wenig beteiligt bin. In der zweiten Romanhälfte ändert sich das ein wenig.
Der Titel scheint mir nicht passend, denn Freunde sind die 4 Hauptfiguren nicht wirklich und die Gespräche bleiben auf der Oberfläche.
Davon abgesehen gibt es wirklich einige bemerkenswerte Formulierungen, nur stammen die meistens aus Frances inneren Gedanken.
Im Prinzip begrüße ich Bücher, die etwas vom Lebensgefühl der jungen Generation erzählt.

Veröffentlicht am 29.07.2019

Atmosphärisch dicht und düster, aber auch verstörend

Die letzte Witwe
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Auf Die letzte Witwe bin ich nur durch Zufall gestoßen. Es ist der siebte Teil einer Reihe. Ein Kenner der Georgia-Serie von Karin Slaughter bin ich nicht und darin liegt vielleicht auch Teil des Problems. ...

Auf Die letzte Witwe bin ich nur durch Zufall gestoßen. Es ist der siebte Teil einer Reihe. Ein Kenner der Georgia-Serie von Karin Slaughter bin ich nicht und darin liegt vielleicht auch Teil des Problems. Es ist ohne Vorkenntnisse wohl nicht nachvollziehbar, warum sich die tragenden Figuren des Romans alle so irrational verhalten.
Mehrere von ihnen sind anscheinend von schlimmen Erfahrungen der Vergangenheit geprägt. Das ist neben dem Kriminalfall ein wichtiger Teil der Handlung.

Prägend für den Roman ist die prekäre Situation, die gleich zu Beginn der Handlung entsteht. Eine Frau wird entführt und durch Zufall nach einem Bombenattentat dann auch Will Trents Freundin Sara Linton, die Ärztin ist und einen der verletzten rechtsgerichteten Terroristen behandeln soll.
Mit dem Terroristenchef Dash hat Karin Slaughter einen klischeehaften Superschurken geschaffen. In einem Camp in den Bergen plant er verheerende Anschläge.
Die Angst der Entführten und die Sorge der Angehörigen inklusive Will werden sehr deutlich gemacht und übertragen sich auf den Leser. Zudem ist anscheinend eine latent sadistische Grundstimmung vorhanden. Das sorgt dafür, dass man sich als Leser ziemlich schlecht fühlt.

Die Form, in der der Roman gestaltet ist, erstaunt mich. Es wird versucht Episoden aus verschiedenen Perspektiven zu erzählen. Das glückt nur teilweise, trägt aber sehr zur Verwirrung des Lesers bei.
Ich vermag nicht zu sagen, ob es gewollt ist, dass die Szenen und die Gedanken der Protagonisten so sprunghaft sind?

Die Handlung wirkt trotz origineller Grundidee teilweise auch sehr konstruiert.
Was ist aber anerkenne ist die erzählerische Dichte und düstere Atmosphäre des Thrillers. Auch die Spannungsmomente des Finales konnten mich überzeugen.

Veröffentlicht am 26.07.2019

Irisches Tagebuch

Vom Fischen und von der Liebe
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Benoite Groult ist sehr bekannt wegen ihres autobiografisch geprägten Erfolgsroman Salz auf unserer Haut, der auch verfilmt wurde. Diese Tagebücher, die einen Zeitraum von 1977 bis 2003 abdecken, wirken ...

Benoite Groult ist sehr bekannt wegen ihres autobiografisch geprägten Erfolgsroman Salz auf unserer Haut, der auch verfilmt wurde. Diese Tagebücher, die einen Zeitraum von 1977 bis 2003 abdecken, wirken fast wie eine Fortsetzung oder Ergänzung, denn die Beziehungen zu ihrem Mann Paul wie auch zu ihrem Geliebten Kurt stehen sehr im Vordergrund.
Dennoch ist es hier natürlich alles ungeschminkt autobiografisch, sogar Benoites Schwester Flora taucht gelegentlich auf. Ein weiteres wichtiges Thema ist das Altern.
Das Tagebuch lässt sich sehr gut und angenehm lesen. Das kryptische, das manchen Tagebüchern kennzeichnet, fehlt hier komplett. Es liest sich auch nicht anders als Prosa.
Vom Gefühl her würde ich daher auch die Arbeit der Übersetzerin aus dem Französischen von Patricia Klobusiczky als gelungen einschätzen.
Es gibt einige gute Beschreibungen vom Meer und der Umgebung der irischen Westküste, an der Benoite und Paul die Sommer verbringen und oft zum Fischen rausfahren. Das zu lesen ist wirklich ein Genuß und man bekommt Lust, auch Salz auf unserer Haut wieder zu lesen.