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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.08.2019

harmlos, aber amüsant

Effi liest
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Bei Effi Liest hatte ich eine Parodie auf Effi Briest von Theodor Fontane erwartet, aber so weit kann man nicht gehen. Der Roman ist leider ziemlich harmlos.
Schauplatz ist Berlin, 1894. Die junge Effi ...

Bei Effi Liest hatte ich eine Parodie auf Effi Briest von Theodor Fontane erwartet, aber so weit kann man nicht gehen. Der Roman ist leider ziemlich harmlos.
Schauplatz ist Berlin, 1894. Die junge Effi hat mit den strengen Anstandsregeln dieser Zeit zu kämpfen.
Die Autorin Anna Moretti bemüht sich um ein Portrait des neunzehnten Jahrhunderts, doch es gibt viele Romane dieses Themas. Dennoch interessiert mich diese Zeit immer noch.

Immerhin gibt es ein paar amüsante Szenen und auch ein paar gute Einfälle, z.B. der abgebildete Merkzettel auf vergilbten Papier sowie der Einsatz von Briefen. Außerdem noch gelungene Zitate vor den Kapiteln, z.B. von Freud, Friedrich Schlegel. Joseph Conrad und aus dem Damen-Conversationslexikon! Und schließlich sogar von Fontane himself!

Überwiegend ist der Roman routiniert geschrieben. Das ist in Ordnung.
Leider wirken die meisten Nebenfiguren leicht merkwürdig, z.B. Tante Auguste, dabei hat die zum Ende hin doch noch etwas zu bieten. Max von Waldau, für den sich Effi interessiert, hat wenig Profil.

Ich wünschte, mit hätte der Roman besser gefallen, doch ich kann diesmal leider nur gute 3 von 5 Sternen geben. Ganz informativ war dann noch das Nachwort der Autorin.

Veröffentlicht am 06.08.2019

Eine Frau von Format

Tante Martl
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Ursula März ist hauptsächlich als Literaturkritikerin in Erscheinung getreten. Schon dabei hat sie mich immer beeindruckt. Seit einigen Jahren schreibt sie auch Prosa, jetzt auch erstmals einen Roman. ...

Ursula März ist hauptsächlich als Literaturkritikerin in Erscheinung getreten. Schon dabei hat sie mich immer beeindruckt. Seit einigen Jahren schreibt sie auch Prosa, jetzt auch erstmals einen Roman. Es gibt anscheinend autobiografisch Bezüge, obwohl das nicht genau benannt wird. Das spielt dann letztlich keine Rolle, denn die Titelfigur steht natürlich exemplarisch für Frauen aus der Nachkriegszeit.

Es sind 192 starke Seiten. Ursula März weiß durch ihre Erfahrung als Kritikerin, dass bei Beschreibungen des Alltags der Hauptfigur ein zu sehr gekünstelter Stil nicht passend wäre, dass aber ein Erzählton entstehen muss. Sie schafft das unter anderen auch durch eine Prise Humor. Tante Martl ist ein Original, aber sie wird nicht übertrieben geschildert und damit auch nicht der Lächerlichkeit preisgegeben.
Doch fängt schon mit ihrer Geburt ein Missgeschick an. Ihr Vater kann nicht akzeptieren, dass sein Kind wieder ein Mädchen ist und nennt sie Martin. Diesen Fehler muss er aber beim Standesamt wieder korrigieren. Dieses Missgeschick scheint Tante Martl aber geprägt zu haben, denn selbst als ältere Frau hat sie als seriöse und anständige Person das nicht vergesse und hat auch ansonsten kein Verständnis für Firlefanz. Dennoch pflegt sie später aufoperungsvoll und pflichtbewusst den kranken Vater.

Im Roman gibt es häufig Dialoge zwischen der Erzählerin und der Tante. Die Sätze der Tante sind im Dialekt gehalten.
Mir gefällt, wie gut sie sich verstehen. Man spürt die Sympathie, die der Figur entgegengebracht wird. Es gibt auch noch die Schwestern von Martl. Jede von ihnen hatte ihre eigene Rolle in der Familie.
In verschiedenen, meist amüsanten, manchmal leicht tragischen Episoden wird Tante Martls Leben von Kindheit, Jugend bis ins Alter geschildert. Für mich war es ein Lesegenuß.

Ich wünsche dem Buch großen Erfolg und sei es nur, damit Ursula März weiterschreibt!

Veröffentlicht am 05.08.2019

Die Entstehung des blauen Engel

Im Licht der Zeit
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Edgar Rai schreibt in seinem Buch mit dem leicht rätselhaften Titel Im Licht der Zeit über einen Abschnitt im Leben von Marlene Dietrich, die Schauspielerin, die ab den dreißiger und vierziger Jahren große ...

Edgar Rai schreibt in seinem Buch mit dem leicht rätselhaften Titel Im Licht der Zeit über einen Abschnitt im Leben von Marlene Dietrich, die Schauspielerin, die ab den dreißiger und vierziger Jahren große Erfolge hatte. Der blaue Engel, Die Zeugin der Anklage und Marokko. Das sind Filme, die kannte zu meiner Zeit fast jeder. Heutzutage sind alte Filme nicht mehr so gefragt, aber ich denke, Marlene Dietrich ist auch heute noch vielen ein Begriff
.
Über Marlene Dietrich ist schon viel geschrieben worden. Auch gegensätzliches oder vages, denn die Frau war auch gerne rätselhaft. Ihre schauspielerische Ausstrahlung, ihre Stimme und ihre Rolle bei der Truppenbetreuung im Krieg halte ich für außerordentlich. Manche sehen das auch anders.
Daher war ich gespannt, wie Edgar Rai die Figur entwirft. Auch bei ihr wird sie eine Kunstfigur bleiben. Unterhaltungsromane können die Komplexität eines Menschen nicht komplett abbilden.

Doch unterhaltsam ist das Buch, ohne Frage und Edgar Rai schreibt in einem leicht zugänglichen Stil. Rai schildert Marlene schon als junge Frau als selbstbewusst und ehrgeizig. Zentral sind die Dreharbeiten zu Der blaue Engel.
Aber es ist nicht nur ein Buch über Marlene Dietrich. Rai überzeugt auch durch das Zeitbild, das er relativ glaubhaft zeichnet. Dazu gehört auch der beginnende schlimme politische Wandel in Deutschland.

Von den prominenten Nebenfiguren gefällt mir das Portrait von Emil Jannings, der eine kontroverse Figur in der Zeit war, und auch der Schriftsteller Heinrich Mann, der die Vorlage für Der blaue Engel geschrieben hatte.

Ich mag das Buch!

Veröffentlicht am 04.08.2019

Langer Weg zur Heilung

Wir von der anderen Seite
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Anika Decker beschreibt den Krankenhausaufenthalt bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung auf realistische Art und Weise. Leicht erinnert sie mich dabei an Christa Wolfs Buch Leibhaftig, wobei bei Decker ...

Anika Decker beschreibt den Krankenhausaufenthalt bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung auf realistische Art und Weise. Leicht erinnert sie mich dabei an Christa Wolfs Buch Leibhaftig, wobei bei Decker Krankheit weniger als Metapher wirkt.

Die schwere Erkrankung bedeutet einen Einschnitt im Leben der Protagonistin und es zieht Veränderungen nach sich.
Es gibt detaillierte Beschreibungen des Gemütszustand der Icherzählerin in den verschiedenen Stadien der Behandlung und Genesung sowie vom Krankenhausalltag. Schließlich muss sie auch noch in eine Herzspezialklinik und in Reha. Das ist teilweise sehr mühsam. Auch die Zeit danach.
Die Autorin schafft es aber, ernste und humorvolle Momente zu verschmelzen.
Nebenbei ist es auch noch ein ganz schöne Familiengeschichte. Der Zusammenhalt imponiert mir.
Mein einziger Kritikpunkt ist, das vieles manchmal etwas zu ausführlich ist. Dafür kann man immer nachvollziehen, wie die Hauptfigur sich bei all dem fühlt und darum geht es schließlich bei Literatur.

Wir von der anderen Seite gibt es als Hörbuchversion, die ich gehört habe. Gelesen wird das Buch von Katja Riemann und ihre Stimme passt sehr gut. Sie verleiht der Figur zusätzlich Profil.

Veröffentlicht am 03.08.2019

Leuchtturm in Irland

Show me the Stars
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Die junge, gescheiterte Hamburger Journalistin nimmt in Irland einen ungewöhnlichen Job an: Haussitterin in einem Leuchtturm.
Über eine so naive Protagonistin kann ich mich nur wundern. Sie wirkt wie ein ...

Die junge, gescheiterte Hamburger Journalistin nimmt in Irland einen ungewöhnlichen Job an: Haussitterin in einem Leuchtturm.
Über eine so naive Protagonistin kann ich mich nur wundern. Sie wirkt wie ein Teenager und scheint kaum geeignet für Abenteuer. In Irland angekommen verlässt sie sich auf Pierre, der sie zu dem Leuchtturm bringen soll. Sie schafft es nicht einmal alleine Schuhe einzukaufen. Nervig auch, wie sie den selbstbewussten Kjer von Anfang an anschmachtet.

Livs Bedürfnis sich im Leben und Beruf neu zu orientiert empfinde ich als glaubwürdig und nachvollziehbar. Dazu gehört auch, ihr schwieriges Verhältnis zu ihrer kalten Mutter und ihre Phobien, z.B. Angst vor Dunkelheit zu bewältigen. Es gibt also auch eine zartbitter-süße Note.
Das entzehrt den ansonsten harmlosen Plot. Zudem gibt es ein paar schöne Irland-Impressionen. Ich denke, dass die Fans der Kate-Dakota-Romane auch „Show me the stars“ mögen könnten.