Anna Moretti – Effi liest: Eine Romantische Komödie
Für Aufklärung lässt der Anstand keinen Raum
Zum Inhalt:
Die achtzehnjährige Effi muss ihr Mädchenpensionat verlassen, nachdem eine Lehrerin sie mit einem für 1894 anstößigen Buch aufgetroffen hat. Auf der Zugfahrt nach Hause, lernt Effi den wenige Jahre älteren Arzt Max kennen. Das Gespräch ermutigt sie ihren Vater zu bitten studieren zu dürfen – eigentlich unvorstellbar für eine junge Frau dieser Zeit. Ihr Vater ist zu einem Kompromiss bereit: seine Schwester Auguste soll nach Berlin reisen und Effi in die Gesellschaft einführen. Ob sie das von ihren Plänen abbringen wird?
Zum Cover:
Das Cover ist ziemlich verspielt. Es zeigt eine Frau in Kleid, welche ein Buch in der Hand hält, um das Herzchen schweben. Mit der anderen Hand hält sie einen Schirm. Da all dies in schwarz gehalten ist, wirkt es wie ein Scherenschnitt. Lediglich im Harr trägt sie etwas Farbe in Form einer Rose.
Im Hintergrund sieht man skizziert eine Szene Berlins.
Meine Meinung / Bewertung:
Direkt zu Beginn kommt es zu dem skandalösen Verhaltens Effis, aufgrund dessen sie nach Hause nach Berlin geschickt wird. Ich persönlich finde es immer gut, wenn ein im Klappentext bzw. der Inhaltsangabe angekündigtes wichtiges Ereignis recht bald eintritt, da man weiß, dass erst danach die Geschichte wirklich Fahrt aufnimmt.
Das Buch handelt von fiktiven Figuren, hat jedoch einen historisch echten Hintergrund. Es zeichnet ein Bild der Gesellschaft Ende des neunzehnten Jahrhunderts. Eine Zeit, in der eine Frau vom Haushalt ihres Vaters in den Haushalt ihres Ehemannes wechselte. Dazwischen gab es nichts. Das Buch liest sich daher ein wenig wie eine Gesellschaftsstudie. Und ich muss gestehen, dass mich so etwas sehr fasziniert. Denn einerseits hat sich das gesellschaftliche Denken in den letzten zwei Jahrhunderten hier bei uns in Deutschland sehr gewandelt. Aber andererseits war mir vieles von dem, was der Anstand damals vorschrieb, nicht unbekannt. Es schien mir so, als sei das Denken von damals auch in den Köpfen von heute präsent. Warum sonst würde man immer noch die Rolle der Frau diskutieren und als einzige Wahlmöglichkeiten Kind oder Karriere nennen?
Der Schreibstil hat mich nicht ein einziges Mal ins Stocken gebracht. Er war sehr flüssig. Besonders interessant wurde es an Stellen, an denen Wörter verwendet wurden, die im heutigen Sprachgebrauch ausgestorben sind. Doch entweder konnte ich den Sinn der Wörter durch den Zusammenhang verstehen oder aber die Wörter würde auf natürliche Art erläutert.
Besonders gut gefallen hat mir, dass die Geschichte zwar vollständig aus Effis Sicht geschrieben ist, jedes Kapitel aber mit einem Brief von Max an seinen Bruder Ben endet. Auf diese Art lässt uns die Autorin an den Gedanken Max’ teilhaben. Ein toller Kniff.
Ein klitzekleines Manko habe ich aber: ich bin mir bis zum Schluss nicht sicher, was ich davon halten soll, dass der Titel mich doch sehr stark an eine Pflichtlektüre aus der Schule erinnert.
Mein Fazit:
Eine fesselnde Geschichte über die Gedanken einer jungen Frau auf dem Weg zur Selbstfindung Ende des neunzehnten Jahrhunderts.
Sterne: 5 von 5!
Viel Spaß beim Lesen!