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Veröffentlicht am 19.03.2019

Schön wie Panther

Welch schöne Tiere wir sind
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Schauplatz dieses Romans ist die griechische Insel Hydra. Hier machen privilegierte Familien ihren Sommerurlaub.
Der reiche Jimmie Codrington und seine griechische Frau Phaine sowie seine 24jährige Tochter ...

Schauplatz dieses Romans ist die griechische Insel Hydra. Hier machen privilegierte Familien ihren Sommerurlaub.
Der reiche Jimmie Codrington und seine griechische Frau Phaine sowie seine 24jährige Tochter Naomi haben dort eine Villa und auch ein Hausmädchen.

Naomi begegnet einer amerikanischen Familie und freundet sich mit der 20jährigen Samantha an. Die beiden jungen Frauen finden auf einem entlegenen Teil der Insel durch Zufall einen arabischen Mann, vermutlich ein syrischer Flüchtling. Aber Faoud gibt nichts von sich preis. Naomi möchte ihm helfen und hat eine Idee mit fatalen Folgen.
Überraschend, wie die Handlung sich entwickelt, aber da sollte man nicht zu viel verraten.

Das Buch hat eine raffinierte psychologische Note. Naomi scheint sehr gelangweilt. Das Treffen mit Faoud gibt ihr innerlichen Aufschwung.

Der Roman ist sprachlich sehr elegant und zwingend gemacht. Immer wieder stößt man auf bemerkenswerte Sätze. Teilweise sind es detailreiche Beschreibungen der wunderschönen griechischen Insel, jedoch in knapper Form, nichts wird unnötig ausgeschmückt. Und teilweise sind es Sätze wie Metaphern. Insgesamt entwickelt sich viel Atmosphäre.

Ich bin froh, diesen Autor jetzt entdeckt zu haben.

Veröffentlicht am 17.03.2019

Stilistisch gut, inhaltlich harmlos

Das kleine Café im Gutshaus
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Das kleine Café im Gutshaus ist ein etwas zu leichter Roman, aber nicht so schlimm wie bei Pilcher, es erinnert mehr an Maeve Binchy, aber Julie Shackman ist Schottin.
Immerhin ist der Stil geschmeidig ...

Das kleine Café im Gutshaus ist ein etwas zu leichter Roman, aber nicht so schlimm wie bei Pilcher, es erinnert mehr an Maeve Binchy, aber Julie Shackman ist Schottin.
Immerhin ist der Stil geschmeidig und das bleibt auch in der Übersetzung von Anja Mehrmann erhalten. Originaltitel ist A Room at the Manor.

Der Beginn ist ganz gut gemacht. Die Hauptfigur und Icherzählerin Lara arbeitet als Kellnerin bei der schlecht gelaunten Kitty, ein echter Drachen. Dann lernt sie den Gutsherrn von Glenlovatt Manor, den Lord Hugo Carmichal kennen, ein 90 Jahre alter charmanter Mann und freundet sich mit ihm an. Als sie von ihm ein Gebäude erbt, um darin ein Café aufzumachen, ist das eine große Chance für sie. Ihre lebhafte Freundin Morven soll ihr dabei helfen. Lara hat Zweifel, ob sie es schaffen kann, stellt sich aber der Aufgabe. Und hier hätte man meiner Meinung nach mehr aus der Geschichte machen können, doch die Handlung fängt an, vor ich hinzu plätschern und die beginnende Liebesgeschichte wirkt wie Themenflucht.

Die Liebesgeschichte ist äußerst schwach, da mit Vaughan ein Unsympath da ist, der nicht zu Lara passt. Sein arrogantes Auftreten mit Höhlenmenschenattitüden ist schwer erträglich. Manche andere Figuren sind der Autorin besser gelungen.

Das Julie Shackmann schreiben kann, zeigt zum Beispiel die reichhaltigen Beschreibungen des Aspirations Arts Festival, bei dem Lara mitmacht oder auch die Passagen, die in der Vergangenheit angesiedelt sind und in denen Glenlovatt Manor schön herausgestellt wird.

Die atmosphärischen Beschreibungen entschädigen für Schwächen bei der Figurenentwicklung und den 08/15-Plot.

Veröffentlicht am 16.03.2019

Leben nach dem Anschlag

Der Fetzen
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Dieses Buch berichtet von den Ereignissen vor, während und nach dem Attentat bei Charlie Hebdo, erzählt von einem Überlebenden. Philippe Lancon war Kolumnist bei Charlie Hebdo, dem Satire-Magazin. Er musste ...

Dieses Buch berichtet von den Ereignissen vor, während und nach dem Attentat bei Charlie Hebdo, erzählt von einem Überlebenden. Philippe Lancon war Kolumnist bei Charlie Hebdo, dem Satire-Magazin. Er musste mit ansehen, wie seine Kollegen getötet wurden, er selbst wurde auch schwer verletzt. 12 Menschen wurden getötet.

Man liest selten von solchen Ereignisse auf unmittelbare, detaillierte Art, dazu von einem Zeugen und Betroffenen, der wirklich schreiben kann. So wird der Bericht tatsächlich zu einem autobiografischen Roman.

Lange Passagen handeln von den Gesundheitsprozess. Die Gesichtsverletzungen waren schwer, lange Krankenhausaufenthalte und Operationen erforderlich.
Hilfreich waren kulturellen Themen, Musik und Literatur, wie Kafka, Proust, Thomas Manns Zauberberg und Bach sowie Jazz.

Mich hat die Haltung von Philippe Lancon beeindruckt und die Genauigkeit der Details seiner Schilderungen. Ein starkes Buch!

Veröffentlicht am 15.03.2019

Zwischen Klischee und Pointe

Mami muss mal raus. (Die Mami-Reihe 2)
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Zwar gehöre ich nicht zur Zielgruppe, aber da das Buch beim Eisele-Verlag erschienen ist wollte ich mal einen Blick riskieren. Es ist die Fortsetzung von Mami braucht nen Drink, den ich nicht gelesen habe.
Geschrieben ...

Zwar gehöre ich nicht zur Zielgruppe, aber da das Buch beim Eisele-Verlag erschienen ist wollte ich mal einen Blick riskieren. Es ist die Fortsetzung von Mami braucht nen Drink, den ich nicht gelesen habe.
Geschrieben ist das Buch in einer Art Tagebuchform, die aber eher an Blog erinnert. Naja!
Anfangs hat mich das Buch nicht überzeugt. Viele Klischees (die ja zutreffend sein können), einige Gags, die nicht zünden, Leerlauf im Plot.
Es funktioniert für mich erst dann, wenn wichtige Themen behandelt werden. Natürlich mit Humor.
Aber die Wiedereingliederung in den Beruf und Karriere nach mehrjähriger Pause und das ohne viel Verständnis oder Unterstützung des Ehemanns ist nicht einfach. Ellen verschweigt ihre Kinder sogar im Büro.
Schwierig wird es auch, wenn ihr Mann beruflich ins Ausland muss und sie alleine auf die Kinder aufpassen muss, obwohl vereinbart wurde, sich die Pflichten zu teilen.
Die Autorin hat ihre stärksten Momente, wenn sie die Streitereien und Auseinandersetzungen beschreibt. Da steckt viel Energie dahinter und ist glaubwürdig. Hinzu kommt die Ironie, die mal platt, mal gelungen wirkt.

Veröffentlicht am 15.03.2019

Biermanns Geschichten

Barbara
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In Barbara befinden sich eine ganze Reihe von kurzen Texten von Wolf Biermann mit autobiografischen Elementen, oft in der Vergangenheit angesiedelt. Man erfährt so einiges von der DDR und der Theaterwelt ...

In Barbara befinden sich eine ganze Reihe von kurzen Texten von Wolf Biermann mit autobiografischen Elementen, oft in der Vergangenheit angesiedelt. Man erfährt so einiges von der DDR und der Theaterwelt der sechziger Jahre.

Stilistisch ist das Buch im typisch spöttischen Biermann-Sound gehalten.
Oft integriert er seine bekannten Gedichte direkt in die Geschichten. Das ist gut gemacht.
Manche Abschnitte haben ernste Hintergründe, zum Beispiel schon in der ersten Story, in der gezeigt wird, wie die Stasi eine junge, alleinerziehende Frau erbarmungslos unter Druck setzt.
Sprachlich kann ich Wolf Biermann nicht zu den ganz Großen der Literatur dazuzählen (ich spreche nicht von seinen Gedichten und Liedertexten), oft wirkt er mit seiner Prosa wie der kleine Bruder von Günter Grass. Die Geschichten funktionieren dennoch, viele zeichnen sich aus durch Authentizität und Witz.

Zu den sehr guten Texten gehört Die Verhaftung der Schuldigen, in der Biermann als Mahnung gegen die schlimme Vergangenheit eine ganz eigenes Denkmal baut.
Amüsant der Text „Seelengeld“, ein Bericht über ein ungewöhnliches Biermannkonzert in den Niederlanden.
Biermann berichtet auch von seinen Begegnungen, zum Beispiel mit der afrikanischen Sängerin Miriam Makeba. Und dann gibt es natürlich auch Anekdoten über Manfred Krug.

Ab und zu gibt es auch langweilige Texte und Wolf Biermanns Angeberei kann nerven. Seine Stärken bleiben die sozialkritischen Passagen, die das Unrecht und die Methoden klar analysierten.
Wolf Biermann war immer eine Reizfigur, klar. Ich bin aber doch entsetzt, wie in den sozialen Medien von nicht gerade wenigen gegen ihn gehetzt wird. Da haben so manche jeden Anstand verloren.

Mir hat das Buch Spaß gemacht!